Protocol of the Session on April 25, 2013

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das umstrittene Betreuungsgeld spaltet die Eltern in Deutschland. Knapp jeder zweite Befragte sprach sich für eine Abschaffung aus. Nach Einsparmöglichkeiten gefragt, meinten 53 Prozent, dass die Gutverdienerfamilien mit mehr als 100.000 € brutto im Jahr auch auf das Kindergeld verzichten können. Die Argumente, meine Damen und Herren, für das Erziehungsgeld und gegen das Erziehungsgeld, da gebe ich Ihnen recht, sind umfassend ausgetauscht. Aber lassen Sie mich noch einmal ein Argument aufgreifen für das Erziehungsgeld, denn das war immer, den Beruf der Mutter mehr anzuerkennen. Deshalb, meine Damen und Herren, erlaube ich mir auch die Fragestellung, wenn jetzt Eltern doppelt Geld erhalten, bedeutet das mehr Anerkennung? Ich denke Anerkennung für den Beruf Mutter ist nicht mit dem Zahlen von Geld verbunden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Unterstützung klassischer Familienleistungen entspricht womöglich nicht nur einem traditionellen Rollenverständnis, sondern auch einem gesunden Realitätssinn von Vätern und Müttern, weil die Studie zeigt, dass die gesellschaftliche Wirklichkeit, gerade was das Arbeitsleben betrifft, nicht mit dem Wunsch vieler Eltern übereinstimmt. Das Problem ist bekannt. Kinderlose Paare leben weitgehend gleichberechtigt, beide arbeiten, die Hausarbeit wird geteilt. Doch das ändert sich grundsätzlich mit der Geburt des ersten Kindes, und gerade was die Aufteilung von Arbeit und Kinderbetreuung angeht, da klaffen die Wünsche und die Wirklichkeit enorm

auseinander. Deshalb, meine Damen und Herren, bleiben wir dabei. Wir sehen sowohl das Thüringer Erziehungsgeld als auch das Betreuungsgeld als eine familien- und bildungspolitische Fehlentscheidung an.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wenn es dann aber auf Bundesebene eine solche Leistung gibt, ist es doch gänzlich absurd, in Thüringen an diesen Ausgaben festzuhalten. Deshalb, meine Damen und Herren, haben wir nochmals den Versuch unternommen, dieses Erziehungsgeld in Thüringen abzuschaffen. Ich beantrage für meine Fraktion die Fortsetzung der Beratung im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.

Meine Damen und Herren, auch wenn wir - ich habe es nicht gezählt - 12-mal, haben Sie gesagt, über das Erziehungsgeld hier gesprochen haben, dann sollten wir uns vielleicht mal darauf besinnen, was wir mit diesem Geld, was wir für diese auch in der Studie zum Ausdruck gekommene Fehlentscheidung für so eine Maßnahme, was wir alles erreichen können auf familienpolitischen Gebieten, wenn wir dieses Geld für andere Aufgaben, wie zum Beispiel für Eltern-Kind-Zentren und anderes einsetzen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Pelke von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Werter Herr Koppe, auch ich bin heute bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass alle Argumente im Prinzip ausgetauscht worden sind, Sie Ihrer Nichthoffnung Ausdruck verleihen, indem Sie sagen, in dieser Legislaturperiode wird sich nichts ändern aus möglicherweise unterschiedlichen Gründen bei den unterschiedlichen Fraktionen. Ja, Herr Koppe, da gebe ich Ihnen recht, Koalition ist Koalition, Koalitionsvertrag ist Koalitionsvertrag, und Sie werden sich wahrscheinlich auch nicht immer freuen, wenn Ihnen Frau Merkel sagt, wo es langgeht, aber es ist nun mal so, da muss man durch.

(Beifall SPD)

Sie haben ganz deutlich gesagt, der Wähler entscheidet. Ja, der Wähler entscheidet und wenn wir dann im September mit Rot-Grün die Verantwortung in Berlin übernehmen, wird natürlich auch das Betreuungsgeld wieder abgeschafft

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und dann haben wir das Problem geregelt. Das mal vorweg.

(Abg. Jung)

(Unruhe FDP)

Ja, bravo, na klar, Sie haben das Thema mit dem Wähler angefangen, und ob Sie überhaupt noch mitspielen, das wollen wir doch erst einmal sehen, keine Ahnung, das sehen wir im September.

An die Fraktion DIE LINKE: Ganz herzlichen Dank, dass Sie sich, Kollegin Jung, zum 12., 13., 14. Mal, wurscht, wir machen das jetzt schon ewig das Spiel, um das Erziehungsgeld kümmern. Ja, nahtlos zu dem, was Sie gesagt haben, ja. In Ihrer Begründung zum Gesetzentwurf steht das alles drin, was ich, ich glaube, das letzte oder das vorletzte Mal oder wann auch immer gesagt habe, wir müssen das Geld nutzen, dass wir die Kitas zu ElternKind-Zentren ausbauen können für die Familienund Bildungsarbeit für viele, viele andere Dinge, ja. Ich habe Ihnen - und wenn Sie das zum 12., 13. oder 14. Mal wieder hören wollen, damals gesagt: Wir haben die Position als SPD-Fraktion, ja, Abschaffung des Erziehungsgelds. Dazu stehen wir, das haben wir nun x-mal gesagt und ich habe Ihnen immer ganz deutlich gemacht - da brauchen wir ja nicht drum herumreden -, wir haben einen Koalitionspartner, wir haben einen Koalitionsvertrag und der Koalitionspartner sagt Nein, wir behalten das Erziehungsgeld, ergo wird im Moment dieses nicht abgeschafft. Die Diskussion haben wir auch beim Landeshaushalt geführt. Es gibt einen Doppelhaushalt, für die beiden Jahre ist das Erziehungsgeld vorgehalten und, ich sage mal so - auch das habe ich immer deutlich gemacht -, wenn irgendwann einer kommt und klagt und sagt, es ist eine Doppelfinanzierung, dann muss sowieso neu darüber diskutiert werden, wenngleich ich es auch immer schade finde, dass dann Juristen politische Entscheidungen übernehmen müssen, aber das ist meine ganz persönliche Meinung.

(Beifall SPD)

Insofern sage ich es an dieser Stelle noch mal ganz deutlich: Ja, wir wollen das Erziehungsgeld abschaffen. Nein, wir können dies im Moment nicht umsetzen, weil es einen Koalitionsvertrag gibt, den wir erfüllen und der Koalitionspartner sagt, wir wollen das Erziehungsgeld weiter behalten. Ich sage, das Erziehungsgeld ist im Doppelhaushalt zunächst vorgesehen. Ich habe Ihnen eben gesagt, wenn das juristisch zu bewerten ist, dann werden wir weitersehen auf einer anderen Ebene und - das habe ich schon gleich am Anfang erwähnt -, wenn wir neue Verhältnisse auf der Bundesebene haben, dann werden wir uns natürlich auch des Themas annehmen, denn es ist müßig, darüber zu reden und - Herr Gumprecht, tut mir leid - immer wieder von Wahlfreiheit zu sprechen. Das haben wir alles schon ausgetauscht. Es braucht das Erziehungsgeld nicht, schon gar nicht als Anerkennung von Frauenarbeit, Mutterarbeit wie auch immer. All das haben wir schon deutlich gemacht. Aber wir haben

das genauso mit unserem Koalitionspartner mehrfach diskutiert wie auch mit Ihnen im Hause. Insofern sage ich Ihnen heute nichts Neues, es ist, wie es ist. Deswegen werden wir diesen Antrag auch nicht an den Ausschuss überweisen, weil wir uns ansonsten wieder etwas papageienartig wiederholen. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Siegesmund von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gumprecht, es kommt immer darauf an, welche Umfrage man zitiert. Es gibt das Politbarometer, was schon zwei, drei Monate alt ist, wo 71 Prozent der Menschen in der Bundesrepublik sich gegen das Betreuungsgeld ausgesprochen haben, das ist der erste Punkt. Der zweite, es kommt natürlich immer darauf an, wie Sie die Frage stellen. Möchten Sie eine gute Kita-Infrastruktur oder möchten Sie das Betreuungsgeld. Da muss man dann immer schauen, was die Zahlen am Ende sagen. Ich sage Ihnen, dass es eine deutliche Mehrheit in diesem Land gegen das Betreuungsgeld gibt, und das wird hoffentlich am 22. September sich ganz schnell von selbst erledigen, nämlich gar nicht erst eingeführt werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daran arbeiten wir.

Herr Koppe, an einem Punkt muss ich Ihnen ganz deutlich und sehr dringend widersprechen. Es gibt in diesem Haus eine Mehrheit gegen das Landeserziehungsgeld.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vier von fünf Fraktionen - Frau Pelke, danke für die klaren Worte - mit der FDP gemeinsam lehnen das Landeserziehungsgeld ab. Das sind 58 Abgeordnete. Wenn das mal nicht eine glatte Mehrheit ist.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das werden wir gleich bei der Abstimmung sehen.)

Ja, wenn das mal nicht die glatte Mehrheit ist, wenn da nicht das Wörtchen „wenn“ wäre und - Frau Pelke hat das ja sehr deutlich gemacht - es an anderen Dingen liegt oder, sagen wir mal. an einer Fraktion liegt, die eben nach wie vor sich gegen gute Betreuung an erster Stelle und für die Herdprämie ausspricht, und das mit einer Vehemenz, die ich auch überraschend finde.

(Abg. Pelke)

(Beifall DIE LINKE)

Herr Gumprecht, Sie sagten ja vorhin, Sie bleiben bei Ihrer Meinung, das ganz klar. Ich hatte so ein bisschen die Hoffnung, seit den Haushaltsberatungen ist ja auch Zeit vergangen, dass sich vielleicht doch was getan hat. Soll ich Ihnen sagen, warum? Ich habe Ihnen damals sehr aufmerksam zugehört und Sie haben im Rahmen der Haushaltsberatung folgenden Satz gesagt, Zitat: „Der Sozialhaushalt und die Sozialpolitik folgt dem Motto Sparsamkeit wo möglich, Akzente setzen wo nötig.“ Und da dachte ich, da hat Herr Gumprecht aber wirklich mal recht.

(Zwischenruf Abg. Gumprecht, CDU: Ja.)

Beim Thema Landeserziehungsgeld wäre dann die Schlussfolgerung: Sparsamkeit und Akzente setzen an der richtigen Stelle heißt, das Landeserziehungsgeld abschaffen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Also der erste Schritt ist getan. Ich will Ihnen das kurz vorrechnen. Seit 1998 hat das Landeserziehungsgeld das Land Thüringen weit mehr als 310 Mio. € gekostet plus der eine oder andere Euro für Zinsen, die aufgebracht werden mussten - Verwaltungskosten, Schulden, die entstanden sind usw. -, 310 Mio. €, die verpufft sind, weil bislang nicht nachweisbar ist, dass es in irgendeiner Form familienpolitisch relevant ist. Jedenfalls sagt das die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zum Stichwort „soziale Mobilität“. Das Landeserziehungsgeld hat keine sozialpolitische Relevanz für dieses Thema, nämlich die Schwächsten wirklich zu fördern.

Das ist der Punkt, warum wir auch nach wie vor der festen Überzeugung sind, dass Sie hier auf dem Holzweg sind.

Es ist richtig, die Argumente zu dem Thema sind ausgetauscht, aber an zwei Stellen will ich jetzt trotzdem noch mal was sagen. Es ist eben falsch, Herr Gumprecht, zu sagen, es sei ein Instrument der Gerechtigkeit, wenn es insbesondere einkommensschwachen Familien einen starken Anreiz bietet, frühkindliche Förderangebote an Kitas nicht wahrzunehmen. Das ist falsch. Deswegen finde ich, wenn man über den Gerechtigkeitsbegriff wirklich sprechen möchte, muss man das aus einer anderen Perspektive tun. Sie wissen so gut wie ich, dass gerade Kinder aus prekären Verhältnissen öfter krank sind, dass sie sich weniger gesund ernähren usw. usf. Und wenn man wirklich soziale Mobilität fördern will, ist das Landeserziehungsgeld keine gute politische Maßnahme.

Zweiter Punkt - Wahlfreiheit: Ja, die endet im Übrigen auch in Thüringen, Herr Gumprecht. Wenn Sie vor Ihrer Wunsch-Kita stehen, das Kind praktisch

schon angemeldet haben für den Platz an der Kita, wenn es mal zwei Jahre alt wird, schon jahrelang vorher und die Kita sagt nein, unsere Listen sind voll, gehen Sie woandershin. Deswegen sage ich Ihnen, heute davon auszugehen, mit dem Landeserziehungsgeld tun wir das, was Familien am Anfang brauchen, dann sind Sie wirklich auf dem Holzweg, weil das nicht so ist, sondern Wahlfreiheit endet auch heute oft genug an den Toren der Kitas, die ellenlange Wartelisten haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da kann ich Ihnen auf Anhieb und gern und im Anschluss auch genug Kitas in Thüringen nennen, wo das der Fall ist. Deswegen, wenn Sie wirklich was für die Frauen, für die Familien tun wollen, um den Wiedereinstieg in den Job zu erleichtern, dann kein Kulturkampf mehr, wirklich nicht, sondern an dieser Stelle endlich eine klare, eine mutige Entscheidung.

Jetzt will ich noch einen Satz sagen zur Kindergrundsicherung: Nein, diese liegt ganz woanders, sie liegt auf einer ganz anderen Ebene als das Landeserziehungsgeld. Es geht um eine Unterstützungsleistung für Minderjährige. Das heißt, es geht deutlich über den Zeitraum des Landeserziehungsgeldes hinaus, weil viele familienbezogene Leistungen eben falsch anknüpfen und falsch justiert sind. Wir wollen zusammenfassen den Kinderzuschlag, das Kindergeld, wir wollen das Ehegattensplitting abschaffen, zu einer Leistung gebündelt, damit deutlich den Verwaltungsaufwand reduzieren, der sich daraus ergibt und 160 Mio. € auf der einen Seite Verwaltungsaufwand sparen und dafür eine gebündelte Leistung in Höhe von 300 € monatlich, um Kindern tatsächlich ein gutes Leben zu ermöglichen und weg davon zu kommen, dass Kinder für manche Familien ein Armutsrisiko sind. Das ist die GRÜNE Kindergrundsicherung. Unterstützt wird das Ganze vom Bundesrechnungshof insofern diese Worte will ich zum Schluss noch in den Saal bringen -, als dass dieser sagt, im derzeitigen System des Familienlastenausgleichs ist die notwendige Klarheit in den Finanzbeziehungen der öffentlichen Haushalte nicht gewahrt. Wenn an erster Stelle steht gute Leistungen für Familie, heißt das eine Bündelung und genau überlegen, wo fließen welche Mittel hin, das gilt für das Betreuungsgeld ebenso wie für das Landeserziehungsgeld. Unsere Idee ist eine Kindergrundsicherung auf Bundesebene und damit sind Landeserziehungsgeld und Betreuungsgeld mehr als überflüssig. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Für die Landesregierung hat Herr Staatssekretär Dr. Schubert um das Wort gebeten.

(Abg. Siegesmund)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, fast alle Vorredner haben es schon gesagt, ich will es noch mal kurz wiederholen, wir beschäftigen uns heute nicht zum ersten Mal mit dem Gesetzentwurf oder mit dem Thema sowieso und auch nicht erst in dieser Legislaturperiode, sondern schon seitdem es praktisch eingeführt worden ist. Da haben sich die Positionen seitdem, glaube ich, auch nicht verändert, sondern die Fraktionen und Parteien, die dahinterstehen oder nicht, haben ihre Position seitdem beibehalten und auch immer hier vertreten.