Protocol of the Session on March 21, 2013

Bevor ich grundsätzlich vor allem Kritik äußere, möchte ich auch etwas positiv erwähnen. Der Artikel 1 des vorgelegten Gesetzentwurfs Herr Prof. Herz hat es gerade auch noch mal als wesentliche Änderung hervorgehoben -, der sich mit den Änderungen des Strafvollzugsgesetzes und des Jugendstrafvollzugsgesetzes befasst und diese Strafhaft tatsächlich therapiegerichteter gestalten will, um möglichst Sicherungsverwahrungen, die angeordnet sind, zu vermeiden, das finde ich sehr positiv. Wesentlich dabei finde ich auch, dass die Anforderung, dass die Gefangenen zu motivieren sind, jetzt im Gesetz steht, und dass diese Motivationsversuche zu dokumentieren sind. Das ist sehr wichtig und positiv zu erwähnen.

Zum Thema Sicherungsverwahrung aber generell: Das Wort ist zumindest vielen Menschen durch insbesondere die mediale Berichterstattung bekannt als Wort. Viele Menschen wissen, dass es dabei um die Frage geht, Menschen, von denen man sagt, dass von ihnen nach einer begangenen Straftat noch Gefahren für andere Menschen ausgehen würden, dass man die in der Sicherungsverwahrung „wegsperrt“. Solche Themenstellungen, gera

de auch was emotionale, gefühlte Sicherheit oder Verunsicherung angeht, sind leider prädestiniert für aus dem Bauch heraus geführte Debatten, oftmals bis hin zum alles andere als hilfreichen Stammtischniveau, meine Damen und Herren. Ein Landtag aber, der sich mit einer solchen Thematik auseinandersetzt und als Gesetzgeber beschäftigen muss, ist gehalten, die Sache sehr differenziert, sachlich und überlegt zu betrachten und sachlich nach wirksamen Lösungen zu suchen, die auch grundrechtsfest sind, meine Damen und Herren.

Die grundlegende Problematik oder die Frage, die der Landtag zu diskutieren hat, ist die, wie wir Rückfalltaten von Straftätern und Straftäterinnen verhindern können und damit potenzielle weitere Opfer schützen. Aber wie wir das tun können, ohne dass die Straftäterinnen mehr als notwendig und möglicherweise grundrechtswidrig in ihren Rechten eingeschränkt werden. das ist der Rechts- und Interessenkonflikt, den ich heute Morgen schon benannt habe und den wir sachlich und differenziert versuchen sollten zu lösen. Dass dieser Konflikt nicht ausgelöscht oder gelöst ist, hat die Gesetzesberatung im Bundestag, vor allem auch die Anhörung im Rechtsausschuss gezeigt. Da gab es mit dem Rechtswissenschaftler Prof. Kinzig einen Sachverständigen, der mit Blick auf die damals noch geplanten neuen Regelungen davor gewarnt hatte, dass sie bei der Prüfung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erneut als Verstoß gegen die Menschenrechte definiert und moniert werden könnten.

Für uns und für zahlreiche Anzuhörende ist das Instrument der Sicherungsverwahrung selbst das Problem. Auch andere Anzuhörende, wie zum Beispiel Herr Peter Asprion, ein Diplom-Pädagoge, der sich seit etwa 20 Jahren mit Bewährungshilfe und tatsächlich auch persönlich mit ehemals Sicherungsverwahrten beschäftigt, hat sich - also er und andere haben sich - für die Abschaffung der Sicherungsverwahrung ausgesprochen und als Alternative umfassende therapeutische Konzepte gefordert, damit eine wirksame Behandlung der Täter und Täterinnen erreicht werden kann und damit auch die Wiedereingliederung in die Gesellschaft möglich wird. Damit gehen wir ganz konform. Eigentlich geht der Grundgedanke unseres Strafrechts damit auch konform. Grundsatz ist, dass wirksame Resozialisierung der beste Schutz vor weiteren Straftaten ist.

Von den Befürworterinnen und Befürwortertern der Sicherungsverwahrung wird behauptet, sie sei ein Mittel, das diesen Rechts- und Interessenkonflikt zwischen rückfallgefährdeten Straftäterinnen und potenziellen weiteren Opfern zum Ausgleich bringen könnte. Aber die Vorgeschichte der heutigen Sicherungsverwahrung und auch die rechtspolitische Vorgeschichte, die zu den Gesetzesänderungen und auch zu den jetzt vorliegenden Gesetzent

(Staatssekretär Prof. Dr. Herz)

würfen geführt haben, sprechen eine ganz andere Sprache. Sie sprechen dafür, dass das Instrument der Sicherungsverwahrung abgeschafft werden muss und, wie es beispielsweise Herr Asprion fordert, durch neue Therapiekonzepte zu ersetzen ist. Dafür haben sich auch meine Kolleginnen in der Bundestagsfraktion der LINKEN in der Debatte im Bundestag ausgesprochen und auch die bundesrechtlichen Regelungen abgelehnt. Selbst nicht gerade als links verschriene Praktikerinnen und Praktiker, z.B. ehemalige OLG-Präsidenten, sagen, dass eine therapeutische Unterbringung für die Betroffen besser und im Sinne der wirksamen Resozialisierung besser und zielführender ist als eine „aufgehübschte“ Sicherungsverwahrung, will ich das mal nennen. Dabei muss natürlich gesagt werden, dass es bei diesen therapeutischen Maßnahmen nicht ausschließlich um die klassische Unterbringung in psychiatrischen Kliniken geht. Es gibt vielfältigere Möglichkeiten, die auch in der Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages angesprochen waren. Es geht eben nicht nur um die Unterbringung in geschlossenen Einrichtungen, sondern es gibt auch gut konzipierte ambulante Angebote, die wirksam helfen können. Leider findet die differenzierte Diskussion um diese therapeutischen Konzepte zu wenig statt. Das mag auch daran liegen, dass das Thema in der Öffentlichkeit, in der öffentlichen Debatte sehr emotional besetzt ist. Ich will einmal etwas vorlesen, was Herr Asprion in der Stellungnahme im Bundestag aufgeschrieben hat. Er hat da gesprochen von inzwischen beinahe panikartigen und hysterischen Zügen, deren Ergebnis ist - Zitat -, „dass nach Auffassung der kriminologischen Literatur diese Angst und Unsicherheit in keiner Weise mehr mit der tatsächlichen Bedrohung durch Straftäter und deren Delikte korreliert.“ Er hat da - ich weiß nicht - 10 oder 11 Beispiele aufgeschrieben, wohin das in der Praxis führt. Ich will nur einmal drei oder vier davon vorlesen. Er schreibt: „Aus der Sicherungsverwahrung entlassene Männer bekommen keinen Wohnraum. Das geht so weit, dass beispielsweise städtische Wohnbaugesellschaften, die sozialen Wohnungsbau betreiben, ausdrücklich die Vermietung an diese Personen verweigern. Inzwischen gibt es ein erstes Gerichtsurteil, das eine vorangegangene Sicherungsverwahrung als außerordentlichen Kündigungsgrund für ein Mietverhältnis ansieht.“ Er schreibt weiter als Beispiel: „Banken verweigern die Eröffnung eines Girokontos und lassen sich nicht dadurch beeindrucken, dass diese Männer weder Schulden haben noch in irgendwelchen Schuldnerkarteien geführt werden.“ Er schreibt: „Ähnlich zur Wohnungssituation sieht es mit Arbeit und Beschäftigung aus.“ Er zitiert die Mitarbeiterin einer karitativen Einrichtung: „Der Gipfel der Absurdität, der mir begegnete, ist die Äußerung einer Mitarbeiterin in einer karitativen Einrichtung, dass eine Beschäftigung kein Problem wäre, wenn er nur jemanden umge

bracht hätte.“ Er schreibt: „Ärzte müssen mit Mühe überzeugt werden, dass diese Männer Patienten sind, die auch medizinische Hilfe in Anspruch nehmen können müssen.“ Er hat noch mehr solcher Beispiele aufgeschrieben oder auch mündlich vorgetragen, die zeigen, was passieren kann, wenn Dinge aus dem Bauch heraus angstbesetzt sind mit einem ganz nachvollziehbaren Sicherheitsempfinden, was aber eben nicht sachlich begründet ist. Worauf ich hinaus will, ist, dass dieses Aus-demBauch-heraus-Agieren nicht die Art und Weise sein darf, wie wir in der parlamentarischen Diskussion mit dem Thema „Sicherungsverwahrung“ umgehen sollten. Schaut man sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte genauer an, wird deutlich, diese beiden Gerichte verlangen gar nicht zwingend die Weiterführung des Instruments der Sicherungsverwahrung. Ich will einmal die entscheidende Formulierung zitieren. Das Gericht sagt: „… wenn der Gesetzgeber das Instrument der Sicherungsverwahrung beibehalten möchte …“. Wenn man dann noch die kritischen Äußerungen der beiden Gerichtsurteile liest, da merkt man, diese Hohen Gerichte unterstützen eher die Position der Abschaffung der Sicherungsverwahrung. Da möchte ich anmerken - ich meine aufmerksam zugehört zu haben und auch aufmerksam die Gesetzentwürfe gelesen zu haben -, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist überhaupt nicht erwähnt worden. Es war ja nicht das Bundesverfassungsgericht, was von sich aus geurteilt hat, das hatte ja früher eigentlich anderslautende Entscheidungen getroffen, sondern das war ja der internationale Rüffel sozusagen, den die Bundesrepublik bekommen hat. Wenn man das nicht erwähnt in der Begründung und der Einbringung des Gesetzes, dann kann schon der Eindruck entstehen, dass man das irgendwie unter den Teppich kehren will. Ich will das nicht unterstellen, ich will nur darauf hinweisen.

Kern der verfassungsrechtlichen Kritik sind das Doppelbestrafungsverbot und das von EGMR und Bundesverfassungsgericht geforderte Abstandsgebot für jede Form der Sicherungsverwahrung und für die nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrungen auf das Rückwirkungsverbot. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte betonte, dass das Doppelbestrafungsverbot eine zentrale Regelung der Europäischen Menschenrechtskonvention ist. Er stuft anders als die deutschen Gerichte die Sicherungsverwahrung als Strafe bzw. mit Freiheitsentzug als Strafhaft vergleichbare Maßnahme ein und begründet das damit, dass sie eine erzwungene Freiheitsentziehung ist wie eine Strafhaft und dass sie der Strafhaft auch in der inhaltlichen Ausgestaltung gleicht, zumal sie auch im Großen und Ganzen generell in den üblichen Strafvollzugsanstalten durchgeführt wird. Laut Gericht ändert an dieser Bewertung auch die Tatsache nichts, dass es bei der Unterbringungsausstattung

und auch in Fragen der Bekleidung gewisse Unterschiede zu den Strafgefangenen gibt. Kritisch wird durch den EGMR auch bewertet, dass die Sicherungsverwahrung keine Höchstdauerbegrenzung hat. Der EGMR erteilt damit nicht der weiteren Therapie und Betreuung rückfallgefährdeter Straftäter eine Absage, aber er macht klar, diese Maßnahmen sind in Inhalt und Ausgestaltung ganz klar von der Strafhaft zu trennen und auch klar getrennt von Justizvollzugseinrichtungen; zumindest lesen wir das so. Dieser kritischen Rechtsprechung hat sich das Bundesverfassungsgericht im Mai 2011 angeschlossen. Ich will nicht noch mal alles wiederholen, was dort geurteilt wurde, aber das Bundesverfassungsgericht - und das ist, denke ich, bemerkenswert - hat deutlich gemacht, dass es den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als eine höhere Instanz anerkennt und daraufhin auch seine Ansichten in Bezug auf die Sicherungsverwahrung in wesentlichen Bestandteilen korrigiert. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil den Begriff und Inhalt des Abstandsgebotes ganz klar herausgearbeitet. Der Leitsatz 3 b der Entscheidung vom 4. Mai 2011 lautet: „Die Sicherungsverwahrung ist nur zu rechtfertigen, wenn der Gesetzgeber bei ihrer Konzeption dem besonderen Charakter des in ihr liegenden Eingriffs hinreichend Rechnung und dafür Sorge trägt, dass über den unabdingbaren Entzug der ‚äußeren’ Freiheit hinaus weitere Belastungen vermieden werden. Dem muss durch einen freiheitsorientierten und therapiegerichteten Vollzug Rechnung getragen werden, der den allein präventiven Charakter der Maßregel sowohl gegenüber dem Untergebrachten als auch gegenüber der Allgemeinheit deutlich macht. Die Freiheitsentziehung ist - in deutlichem Abstand zum Strafvollzug … - so auszugestalten, dass die Perspektive der Wiedererlangung der Freiheit sichtbar die Praxis der Unterbringung bestimmt.“ Das Abstandsgebot hatte das Bundesverfassungsgericht schon 2004 entwickelt, dort aber damals die geltende Rechtslage noch für verfassungsgemäß erklärt, das dann aber korrigiert nach dem EGMR-Beschluss.

Wenn sich, meine Damen und Herren, immer deutlicher abzeichnet, dass der zukünftige Umgang mit für weiterhin gefährlich gehaltenen und rückfallgefährdeten Straftätern ganz klar nicht nur vom Abstandsgebot gekennzeichnet sein muss, sondern auch vom Therapiegrundsatz - Therapiegebot will ich das sogar nennen -, dann ist die Konsequenz, die Sicherungsverwahrung ist abzuschaffen, denn mit Blick auf eine wirksame Therapie und Unterstützung gibt es bereits Maßnahmeformen und Maßregeln, die entwicklungs- und erweiterungsfähig sind. Die Maßregel der Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung ist dabei nur ein Ansatzpunkt von vielen Möglichkeiten.

Die sehr starke Orientierung auf therapeutische Konzepte für die betroffene Personengruppe in

sehr weitem Abstand zu jeder Form der faktischen Strafhaft ist auch aus dem Grund geboten, dass es hier um Personen geht, die zusätzlich zu ihrer verbüßten Strafe und im Anschluss daran wieder in eine Form der Freiheitsentziehung gehen sollen. Und das deshalb, weil andere Leute mit mehr oder weniger tragfähigen Analyse- und Prognoseverfahren zu der Annahme kommen, dass der oder die Betroffene in Zukunft weitere Straftaten der gleich schwerwiegenden Art begehen könnten - Konjunktiv, meine Damen und Herren.

Wie wenig belastbar das ist, das möchte ich noch mal mit etwas belegen, was Herr Asprion in der Anhörung gesagt hat. Er hat ausgeführt: „Bei bundesweit ca. 70 bis 80 inzwischen entlassenen Verwahrten nach dem Urteil aus Straßburg und nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2011 kam es nach meiner Kenntnis bislang zu einem einschlägigen Rückfall, über den die Presse berichtet hat. Der Fall hat sich im Raum Dortmund zugetragen, ging durch die Presse mit der gleichzeitigen Information, dass diese Person als nicht mehr gefährlich eingeschätzt oder begutachtet worden sei.“ Der letzte Satz, das stimmte gar nicht. Die Person war gar nicht begutachtet worden, sie war ja entlassen worden, weil das Verfassungsgericht und der EGMR die Grundrechtswidrigkeit der Maßnahme festgestellt hat.

Ich kann mich nicht erinnern, dass in der Debatte im Bundestagsrechtsausschuss jemand diesen Zahlen widersprochen hätte. Herr Asprion ist nicht widerlegt worden bei den Zahlen, dass von den eben ca. 70 bis 80 nur ein einschlägiger Rückfall bekannt geworden ist.

Meines Erachtens belegt das unter anderem, wie wenig belastbar diese Prognose über die zukünftige Gefährlichkeit dieser Personen ist. Ich will nicht möglicherweise real existierende Gefahren für künftige Verbrechensopfer verharmlosen. Ich möchte so nicht missverstanden werden. Ich will auch nicht alle Verbrecher entlassen, wie mir das vorhin in einer Zwischenfrage unterstellt worden ist. Aber es gilt gerade nicht die zwingende Schlussfolgerung „einmal ein Verbrecher, immer ein Verbrecher“, meine Damen und Herren.

Ich möchte noch einen entscheidenden Makel der Entstehung der Sicherungsverwahrung wenigstens erwähnen: Die Geschichte der Sicherungsverwahrung in Deutschland beginnt mit dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher vom 24. November 1933. Auch dort wurde sie schon als Maßregel der Besserung und Sicherung konzipiert und bezeichnet und ging dann, das Gesetz wurde formal abgeschafft, aber trotzdem faktisch unverändert in die neue Rechtsprechung der Bundesrepublik über.

Frau Abgeordnete!

Meines Erachtens oder unseres Erachtens entspricht dieses aber - ich komme zum Ende - einer Grundannahme von Strafrecht als Täterstrafrecht, die überholt sein sollte. Deswegen, meine Damen und Herren, sagen wir: Weg mit der Sicherungsverwahrung zugunsten alternativer therapeutischer Unterstützungskonzepte. Ich hoffe, wir kommen zu einer fruchtbaren Debatte.

Frau Berninger, das ist jetzt eine halbe Minute über der Zeit.

Ja. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Ich rufe als Nächsten auf für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Scherer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will mal zunächst mit ein oder zwei Sätzen auf das eingehen, was die Kollegin Berninger hier gesagt hat. Wenn ich Sie richtig verstehe, sagen Sie, keine Sicherungsverwahrung. Was ist denn die Alternative dazu? Die Alternative ist doch hoffentlich nicht ein Umerziehungslager, so wie es zu kommunistischen Zeiten möglich war.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie arbeiten mit Unterstellungen.)

Was soll denn die Alternative sein? Sie müssen sich doch mal damit vertraut machen, dass es natürlich Straftäter gibt, die gefährlich sind und die natürlich auch psychotherapeutisch und auf andere therapeutische Art und Weise behandelt werden können. Die gibt es natürlich. Aber es gibt natürlich auch andere, das können Sie doch nicht einfach negieren, es gibt auch welche, die sind schlicht nicht therapierbar. Dafür gibt es genügend Hinweise, da gibt es auch genügend Sachverständige, die Ihnen das noch einmal erklären können. Lassen Sie mich einmal ausreden, am Schluss können wir dann noch einmal Ihre Frage beantworten.

Ich hätte Ihnen jetzt die Frage gestellt, wann Sie die Frage von Frau Berninger beantworten möchten.

Das habe ich vorweggenommen. Danke schön.

Man kann nicht einfach sagen, wir schaffen die Sicherungsverwahrung ab oder wir machen keine Sicherungsverwahrung, es gibt für alles eine Alternative. Es gibt eben nicht für alles eine Alternative zur Sicherungsverwahrung. Wenn Sie therapeutische Zwecke ansprechen: Ein wesentlicher Inhalt der Sicherungsverwahrung ist doch die therapeutische Behandlung, damit die Sicherungsverwahrung so schnell wie möglich abgebrochen werden kann und ausgesetzt werden kann.

(Beifall CDU)

Sie können doch nicht sagen, wir lassen jeden Straftäter, auch wenn er gefährlich sein sollte per Gutachten, den lassen wir auf die Menschheit los, er wird schon freiwillig in die Behandlung kommen. Was machen Sie denn, wenn er nicht freiwillig in die Behandlung kommt? Was machen Sie dann? Dann schicken Sie einen freundlichen Einladungsbrief oder was? Das ist doch keine Lösung und wir müssen uns doch mal davon frei machen. Natürlich ist das ein schwerwiegender Eingriff in die Freiheit, das ist völlig klar. Dafür gibt es ja die entsprechenden Urteile, die vorschreiben, dass die Sicherungsverwahrung anders aussehen muss als eine Strafhaft. Das ist das Abstandsgebot, das ist das UltimaRatio-Prinzip, dass die Rechtsprechung angewandt hat oder vorgeschrieben hat. Das haben wir doch alles und dazu dient doch genau dieses Gesetz, über das wir jetzt reden. Lachen Sie doch nicht. Das ist so, wie es ist.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ich freue mich über Ihren Vortrag, Herr Kollege.)

Das ist gut, ja. Da klatschen Sie doch mal.

(Beifall FDP)

Das ist nicht die eigene Truppe, das war die FDP eben.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also lassen Sie mich mal im Text weitermachen. Wesentlicher Inhalt der Sicherungsverwahrung und gerade dieses Gesetzes, über das wir dann debattieren im Ausschuss, das ist doch gerade das, wie gestalte ich die Sicherungsverwahrung so, dass das von der Rechtsprechung postulierte Abstandsgebot auch eingehalten wird, dass es eben nicht der normale Strafvollzug ist, sondern dass es nur noch die Einschränkungen enthält, die unbedingt notwendig sind. Das ist der Sinn dieses Gesetzes. Jetzt kann man anfangen, darüber zu debattieren, welches sind die Einschränkungen, die unbedingt notwendig sind? Ist das so, wie es jetzt hier steht? Ist es so richtig oder geht es noch etwas offener, als es hier steht? Darüber kann man ja im Ausschuss debattieren, ob es da noch offener geht,

aber von vornherein zu sagen, Sicherungsverwahrung ist Unsinn, dazu gibt es in meinen Augen einfach keine Alternative. Ansonsten lasse ich bei dem geringen Besuch hier jetzt mal das weg, was hier sonst noch alles steht. Ich habe, glaube ich, das Wesentliche gesagt und wir werden die Überweisung an den Ausschuss beantragen. Danke schön.

(Beifall CDU, FDP)

Herr Abgeordneter Scherer, schauen Sie mal, Frau Abgeordnete Berninger steht sehnsüchtig fragenden Auges am Mikrofon und Sie haben gestattet, dass Sie die Antwort geben.

Sie wollen noch was fragen, Entschuldigung. Bitte schön.

Ja, ich wollte Ihnen eine Frage stellen zu der Unterstellung, wir wollten Umerziehungslager einrichten, und zwar wollte ich fragen: Herr Scherer, was ist denn so schwer daran zu verstehen, wenn ich sage, weg mit der Sicherungsverwahrung zugunsten alternativer therapeutischer Unterstützungskonzepte?

Weil das keine Alternative für mich ist. Das ist nur für einen Teil dieser ehemaligen Straftäter eine Alternative, aber bei weitem nicht für alle.

Ich rufe jetzt für die FDP-Fraktion den Abgeordneten Bergner auf.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir beraten heute über das „Gesetz zur Schaffung und Änderung der für Thüringen geltenden Vollzugsgesetze“. Hiermit reagiert Thüringen auf das Urteil vom 4. Mai 2011 des Bundesverfassungsgerichts. Um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes auch in Thüringen umzusetzen, liegt uns ein Artikelgesetz der Landesregierung vor.

Sehr geehrte Damen und Herren, es wurde schon einiges gesagt und deswegen will ich mich kurzfassen. Artikel 1 des Gesetzentwurfs enthält das Thüringer Strafvollzugs- und Jugendstrafvollzugsergänzungsgesetz. So viel zum Kurzfassen. Das Gesetz versucht mit verschiedenen Maßnahmen zu ermöglichen, dass trotz einer angeordneten und vorbehaltenen Sicherungsverwahrung eine Vollstreckung

dieser nach der Haftverbüßung von vornherein zu vermeiden ist. Dies soll durch einen Anspruch auf wirksame Behandlungsangebote, einen individuellen Vollzugsplan, Pflicht zur Motivierung der Strafgefangenen und rechtzeitige Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt oder Abteilung erfolgen.

Artikel 2 des Gesetzentwurfs sieht ein Thüringer Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz vor. So weit es ersichtlich ist, wurde im Wesentlichen das Sicherungsvollzugsgesetz aus Hessen übernommen. Das hessische Sicherungsvollzugsgesetz ist vom 5. März 2013 und somit noch sehr jung. Es soll ebenfalls am 1. Juni 2013 in Kraft treten und die Kollegen aus Hessen haben, so weit ich es in der Kürze überblicken konnte, eine gute Arbeit geleistet und mit dem Gesetz die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt. Dass Thüringen das Gesetz aus Hessen übernimmt, ist kein Makel, Frau Kollegin, selbstverständlich. Damit haben wir zum einen die Kooperation mit Hessen zur Unterbringung in der JVA Schwalmstadt und zum anderen müssen wir in Thüringen das Rad nicht immer neu erfinden. Auch wenn die einzelnen Länder zuständig sind, ist es nicht immer gut, wenn jeder seine eigene provinzielle Suppe kocht.

(Beifall FDP)

Welche Schwierigkeiten verschiedene Gesetze haben können, werden wir vermutlich noch bei der neuen JVA mit Sachsen erleben dürfen oder müssen, meine Damen und Herren. Ich denke, alles Weitere sollten wir im Justizausschuss diskutieren und beantrage ebenfalls namens meiner Fraktion die Überweisung an den Justiz- und Verfassungsausschuss. Ich danke Ihnen.