Protocol of the Session on March 21, 2013

Ja, man kann das so und so sich alles zurechtlegen. Aber das ist nicht mein Thema. Ich wollte eigentlich in die Debatte noch mal mit einfügen, dass gerade auch, und da muss ich sagen, bin ich nicht konform mit dem Bundestag. Viele Gesetze müssen über den Bundestag erst einmal die Voraussetzungen schaffen, dass wir in den Ländern überhaupt etwas machen können. Aber eins, was ich bis heute noch nicht begreife, dass der Bundestag, ich sage jetzt einmal, die aus den neuen Ländern Kommenden überprüft hat und die Altländer nicht. Ich muss Ihnen sagen, egal welche Partei und wen das betrifft, auch das ist ein Thema. Wir wissen, wo diese Damen und Herren, MfS und andere, überall tätig waren.

(Beifall CDU)

Ja, man kann es bedauern, aber leider Gottes ist es so passiert. Und ich sage Ihnen noch eins, es hat mich in der Seele geschmerzt, damals noch in der Volkskammer, ich habe versucht, dagegen vorzugehen mit meinen kleinen bescheidenen Möglichkeiten, dass eins zu eins damals noch von Norbert Blüm die ganzen Leute in die Arbeitsagenturen etc. übernommen wurden. Da wurde gar nicht nachgefragt, die wurden übernommen, teilweise, nicht in allen Ländern, wurden die Personenschützer eins zu eins übernommen, als ob die aus einer rechtsstaatlichen Formation herauskamen, die wurden eins zu eins übernommen. Das gab es z.B. auch in Sachsen, was ich heute noch tief bedauere, dass man solche Dinge durchgeführt hat und solche Dinge überhaupt gelaufen sind, meine Damen und Herren. Ich werfe das auch der alten Bundesrepublik vor und das kann man doch heute noch sagen. Das ist Geschichte, wir können es nicht mehr ändern. Das Einzige, was wir noch machen können und ich sage Ihnen klar, wir wollen hier keine Hexenjagd oder irgend so was machen, überhaupt nicht -,

(Beifall CDU)

aber es muss auch noch möglich sein, und Sie sagen immer, die Leute haben es ja gewusst. Wir haben doch ein Beispiel hier sitzen. Ich habe Respekt davor, dass Herr Kuschel sich hier schon mal erklärt hat, sage ich noch mal, ich habe Respekt davor. Aber nichtsdestotrotz war er nun mal Stasispitzel. Das muss man einfach sagen können. Nur unter dem Motto, das haben doch die Wähler gewusst - woher denn? Herr Kuschel ist meines Wissens über die Liste in den Thüringer Landtag gekommen und nicht vor Ort, wo die Wähler ihn alle kannten und wo die Dinge klar waren.

(Beifall SPD)

Auch das sollte man nicht vergessen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Vorher hat er seine Akten offengelegt.)

Du hast die Debatte vielleicht nur von draußen mitgehört, mein lieber Bodo. Ich habe nur noch mal darauf hingewiesen, weil das so jetzt dargestellt wurde, als wäre doch alles bekannt. Es rutschen auch Leute über Listen hinein und nicht über die Direktmandate und ob das dann bekannt war oder nicht bekannt war.

(Unruhe DIE LINKE)

Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Verlängerung den Opfern gegenüber notwendig ist. Ich bin der festen Überzeugung, und das sind wir als regierungstragende, oder ich sage es mal anders, als große Parteien, jetzt nenne ich es mal, die großen Parteien sind Gott sei Dank in dem Lande dazu noch in der Lage und fähig, dass sie so eine Verlängerung hinkriegen.

(Beifall SPD)

Ich würde mir wünschen, dass insbesondere BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das hier mit unterstützen und nicht laufend noch dagegen vorgehen, das kann ich nicht nachvollziehen, will ich nicht nachvollziehen, wird mir nie in meinen Kopf gehen.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist vorhin genannt worden, wir sollten doch einfach nicht vergessen, es kommen immer noch - „Rosenholz“ ist schon genannt worden - Akten, es liegen noch jede Menge Säcke von Akten herum, was da noch alles zum Vorschein kommt.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viele werden noch unruhig auf ihrem Stuhl hin und her rutschen, kommt es denn noch oder kommt es denn nicht oder hat das Versprechen meines Führungsoffiziers und anderer standgehalten, dass das Zeug vernichtet wurde. Jetzt wird durch den MDR aus meiner Sicht eine sehr gute Aufarbeitung gemacht, mit Filmen, über die wir jetzt mitbekommen, wie überhaupt die Diktatur gelaufen ist. Jetzt kommt es zum Vorschein. Man sollte die meisten Filme davon in den Schulen anwenden und einmal im Monat so einen Film dort zeigen und einmal im Monat das mit auswerten, damit in Zukunft nie wieder so etwas passieren kann, dass die Jugend nicht nur verklärt wird und die Kindheit und die Jugend verklärt wird mit roten und blauen Halstüchern und macht da irgendwo eine Fete, sondern dass dahinter eine Diktatur stand, die nach innen gerichtet war, die die Menschen zugrunde gerichtet hat, ganze Familien zugrunde gerichtet hat und Familien auseinandergerissen hat. Bis in die Schlafzimmer hinein wurde hier spioniert. Wo sind wir denn nur eigentlich, dass

wir uns heute hier über vielleicht juristische Dinge auseinandersetzen? Man könnte durchaus über § 8 und ähnliche Dinge reden, die haben wir aber durch. Sie haben ein Minderheitenvotum vom Verfassungsgericht vorgelesen, ich konnte es in der Kürze nicht prüfen, ich vermute, es war eine Verfassungsrichterin, die von Ihnen gestellt wurde.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Richtig.)

Habe ich doch richtig gedacht. Ich konnte es nicht prüfen, ich will der guten Frau nichts nachsagen, sie hat ihr Minderheitenvotum abgegeben, das ist ihr gutes Recht im Rechtstaat. Trotzdem hat das Gericht anders entschieden. Das muss man doch sagen dürfen. Ich denke, wir sind es den Menschen schuldig, die hier dieses durchlitten haben. Wir sind es uns als Parlament schuldig, denn in der öffentlichen Verwaltung, in bestimmten Dingen verlangen wir das. Ich durchlebe gerade so eine ähnliche Diskussion in meiner Nähe in einer Kommune, wo jemand sein Kreuz halt nicht gemacht hat, wo wir dort das Instrumentarium haben. Da ist das „war ich“ oder „war ich nicht“ und kann mein Kreuz hinmachen, dort oder dort, und es ist anders entschieden worden. Er hat es anders gemacht. Die Gerichte kehren mittlerweile das alles schon unter den Tisch. Vielleicht waren es auch - das Innenministerium ist gar nicht da…

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Nicht wich- tig.)

Ich finde es auch bedauerlich, meine Damen und Herren, wir haben es heute schon mehrfach gehabt, ich freue mich über die anwesende Ministerin und drei Staatssekretäre haben es auch noch geschafft, bei so einem Thema hier zu bleiben. Meine Damen und Herren, das zeigt doch eigentlich, wo wir hingekommen sind. Nicht mal die Regierung hält es für notwendig, bei so einem wichtigen Thema hier dabei zu sein.

(Beifall SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es geht nämlich auch darum, wenn wir in den öffentlichen Dienst schauen, vor Ort, wie dort dilettantisch Bescheide erstellt werden, dass die Gerichte das wegwischen und dass sich dort bestimmte Leute durchmogeln können. Mir fällt nichts mehr ein.

Wir, die großen Parteien, sollten dabei bleiben. Ich wünsche mir, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mitmachen, von der FDP bin ich mir sicher, dass die mitmachen, und von dem Rest habe ich es nie erwartet. Jedenfalls sollten wir das so durchziehen und nicht noch um einzelne Absätze streiten, sondern um das Ganze geht es hier.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Herr Adams zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen hier im Thüringer Landtag. Herr Fiedler, ich möchte mich für weite Teile Ihrer Rede außerordentlich bedanken. Ich möchte mich auch, sehr geehrter Herr Kollege Untermann, bei Ihnen für Ihren emotionalen und sehr authentischen Bericht bedanken. Es ist wichtig, dass so etwas hier in diesem Hause und überall in der Gesellschaft immer wieder gesprochen und gehört wird. Das ist außerordentlich wichtig.

(Beifall CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dennoch, und darum bitte ich das Plenum auch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit - worum geht es denn heute in der Debatte in diesem Gesetz?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das müssen wir uns doch mal genau anschauen. Herr Fiedler, Sie haben Herrn Korschewsky vorgeworfen, dass er nur über Täter spricht. Aber was soll er denn machen, wenn er ein Gesetz hier zur Debatte hat, das nur über Täter spricht?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dieses Gesetz spricht leider nicht über Opfer. Dieses Gesetz, das wir heute beraten, hat leider nicht den Opferblick.

(Unruhe CDU, FDP)

Es hat nicht den Opferblick. Warum sträuben Sie sich denn, solche Elemente des Opferblicks viel mehr in das Gesetz hineinzunehmen?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Warum sträuben Sie sich denn, Elemente des Täter-Opfer-Ausgleichs einzufordern, dass sich die Täter stellen müssen?

(Unruhe CDU, SPD, FDP)

Warum schreien Sie jetzt los und warum sind Sie nicht bereit, eine solche Debatte zu führen? Sie werfen vor, dass nur über Täter gesprochen wird, und wollen zu Recht mehr über die Opfer sprechen. Das machen wir und das wollen wir auch. Aber Sie können dann nicht ein Gesetz seit vielen Jahren einfach nur im Datum und der Geltungsdauer fortschreiben und sich nicht diesem schwierigen Punkt wirklich einmal annehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, worum geht es denn? Es geht uns doch, das habe ich aus

allen Reden hier entnehmen können, um Aufklärung, um Aufarbeitung. Aber ist denn der Aufarbeitung gedient, wenn wir extrem fokussiert nur auf Täter schauen, nur auf eine ganz bestimmte Sorte von Tätern, nämlich hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeitern der Staatssicherheit? Ist denn dieses DDR-Regime wirklich nur durch hauptamtliche und inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit getragen worden?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Gab es nicht unglaubliches Unrecht in der Volksbildung? Müssen wir das nicht einmal zum Thema machen?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Recknagel, FDP: Ja, ja.)

Gab es nicht unglaubliches Unrecht von Abteilungsleitern in unseren Betrieben gegenüber ihren Mitarbeitern?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Gab es nicht unglaubliches Unrecht von Unteroffizieren in der Nationalen Volksarmee gegenüber ihren Soldaten?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)