Protocol of the Session on February 15, 2013

Herr Fiedler, ich habe es zumindest aus Ihrer Rede so herauslesen können, Sie haben zwar abgestellt, 200 und noch etwas mehr Seiten, haben Sie gesagt, sind mit den Funktionalteilen beschäftigt und

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: 30.)

ich sage mal 43 - ich habe nachgezählt, aber es ist egal - also ca. 43 sind nur Gebietsreform, trotzdem,

das hat einen bestimmten Titel und deswegen sagen wir - und das ist vollkommen normal -, man muss sich mit beiden Kriterien auseinandersetzen. Und noch eines geht gar nicht: Wenn man das anspricht, dass man beides tun muss, und wenn man dann in der Zeitung wörtlich liest: „Die SPD brennt das Land an“ - das ist eine Überschrift, das können Sie im Pressespiegel nachlesen -, das ist der Gipfel. Das ist nicht nur von der Wortwahl her sehr schwierig. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten viel gehört von den bildhaften Vergleichen, von den Niederschlägen und dem Regen in der Sahara und von den Seehunden mit der Hundeschule, aber dass die SPD das Land anbrennt, das ist nicht nur eine gefährliche Wortwahl, das war schon mal hier so, dass es Leute gab, die dieses Land angebrannt haben und Bücher und zum Schluss auch Menschen.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Aber jetzt übertreib es nicht.)

Dass die einen angeblich das Land anbrennen - ich habe die Überschrift nicht gemacht, Entschuldigung

(Beifall SPD)

und die anderen damit drohen, in andere Bundesländer zu wechseln, da muss ich sagen, Leute, habt ihr es nicht alle ein bisschen kleiner, bleibt doch bitte mal in der Mitte vom Fenster in dieser Debatte.

(Beifall SPD)

Wir müssen zurückkommen zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit diesem Gutachten und insoweit

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Du auch.)

- da bin ich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schon dankbar - ist es auch ganz gut, dass dieser Antrag hier mal vorliegt. Denn es gilt, das ist ein Gutachten der Landesregierung und die wird sich jetzt damit auseinandersetzen. Meine Fraktion fordert, das wissen Sie, dass man das in beiden Teilen tut, so wie es eben hier vorn auch aufgedruckt ist. Dazu ist eine Kommission gebildet worden und bis zur Sommerpause - wir haben es vorhin schon gehört von Frau Lieberknecht - will man prüfen, und dann - und das ist eben jetzt der Punkt, an dem ich ein Problem habe mit diesem Antrag, Herr Meyer - kommen wir ins Spiel. Denn selbstverständlich hat die Landesregierung ein Recht, eine zeitlang all das, was hier drinsteht auf den 200 Seiten Funktionalund den paar 40 Seiten mit der Gebietsreform zunächst einmal zu prüfen. Was immer dann dabei herauskommen wird, Sie fordern jetzt bereits ein Vorschaltgesetz. Das werden wir dann sehen und Sie können sich sicher sein, meine Fraktion wird diesen Prozess in der Landesregierung auch versuchen konstruktiv zu begleiten. Aber erst dann - und

das ist das Problem mit diesem Antrag - kommen wir ins Spiel und können entscheiden, wie wir dann auch politisch damit umgehen.

Dann wird es im Übrigen auch sehr spannend, Herr Kuschel. Ich habe vorhin schon wieder die Offerte vernommen, die Sie schon mehrfach meiner Fraktion gemacht haben, und da rechnen Sie uns immer vor, dass es hier ganz andere Mehrheiten im Hause gebe und dass es von heute auf morgen auch möglich wäre, dass wir hier eine Regierungsumbildung wie auch immer - machen. Das nehme ich ja immer auch sehr amüsiert zur Kenntnis, wobei - das muss ich Ihnen auch sagen, Herr Kuschel, und das ist schön, dass ich mal die Gelegenheit dazu habe ich mir nicht immer ganz sicher bin, ob das die Mehrheit Ihrer Fraktion auch so sieht, denn es gibt bei Ihnen einige Teile der Abgeordneten, deren Lieblingsfeind sitzt ja nicht etwa rechts von der SPD, sondern in der SPD selbst.

(Beifall Abg. Bärwolff, DIE LINKE)

Da klatscht er schon, es ist aber nicht nur er. Das ist mir auch ein Bedürfnis, das mal zu sagen: Ich weiß ja, es gibt eine gewisse Eifersucht auch auf unsere Fraktion Ihrerseits, das glaube ich schon, schon allein deswegen, weil wir jemanden in unseren Reihen haben, der Marx heißt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Ihnen nur sagen, Herr Kuschel - zurück zum Thema: Es wird spannend, wenn wir uns politisch dann nach der Sommerpause mit dem Thema auseinandersetzen müssen, weil - und jetzt sind wir mal ganz ehrlich - so ganz klar die Frontlinien, wie wir sie hier beispielsweise im Landtag immer wieder versuchen aufzubauen, auch draußen im Lande zwischen den Parteien nicht verlaufen. Ich lese ja mit Interesse, dass zum Beispiel eine Landrätin der Partei DIE LINKE im Moment auch in die geöffneten Stenoblöcke der Zeitung reindiktiert. Nein, nein, es wäre schön, wenn wir erst einmal eine Kommunal- und eine Funktionalreform machen und ganz zum Schluss dann die Kreise. Das ist ja hoch interessant, dass wir das so vernehmen. Das war - das muss man auch ganz ehrlich sagen - nicht immer die Auffassung von Frau Enders, als sie noch hier an diesem Pult gestanden und zu diesem Thema gesprochen hat.

(Beifall SPD)

Das wird also in der Tat eine sehr spannende Sache werden. Das ist aber bereits alles eingeleitet und deswegen sagen wir, Herr Meyer, diese Kommission, die jetzt gegründet wurde von der Regierung, muss selbstverständlich auch liefern, da bin ich ganz bei Ihnen. Wir brauchen dazu nicht unbedingt diesen Antrag. Ich bin jetzt ein Mensch, der regierungstragend ist, also in einer Fraktion, die regierungstragend ist, und wir glauben da schon der Ministerpräsidentin, wenn sie ankündigt und sagt,

22 Jahre hatten wir bislang Zeit, jetzt lassen Sie uns noch diese 22 Wochen, so habe ich das richtig verstanden. Aber dann muss sie liefern, selbstverständlich, und zwar nicht nur so, in beiden Teilen und darauf sind wir sehr gespannt und dann, Herr Meyer, treten wir in eine Debatte ein.

(Beifall SPD)

Wer wären wir denn als Sozialdemokraten, die schon seit einiger Zeit - und Sie wissen das - hier vorn stehen und immer werben, dass wir eine Funktional- und Gebietsreform in diesem Land in Angriff nehmen können, wenn wir uns dann einer inhaltlich sehr ausgewogenen Debatte durchaus stellen können! In diesem Sinne verstehen Sie bitte, dass wir diesen Antrag für heute ablehnen, dass wir aber dennoch selbstverständlich auch nach der Sommerpause und dazwischen sowieso und auch während des Prozesses, wenn sich diese Regierungskommission finden wird, sehr, sehr gern als Gesprächspartner zur Seite stehen. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Hey. Als Nächster hat jetzt das Wort Abgeordneter Uwe Barth für die FDP-Fraktion.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich muss zunächst gestehen, dass die größte Spannung oder einer der größten Spannungspunkte vor Beginn des Tagesordnungspunkts für mich auch darin bestand, wer denn zum Thema reden wird vonseiten der Landesregierung. Die Ministerpräsidentin, der ich ausdrücklich danke für den Bericht an dieser Stelle, hat ja eine Umstrukturierung offenkundig vorgenommen, die sich in den Organigrammen so noch nicht wiederfindet. In dem Organigramm, was ich habe vom Innenministerium, da steht als Datum, glaube ich, 1. Oktober 2012 drauf, gibt es eine Abteilung, die heißt „Kommunale Angelegenheiten“ und in dieser Abteilung gibt es ein Referat, das heißt „Kommunale Strukturen“. Dass der Minister, in dessen Haus diese Abteilung und dieses Referat sich finden, in einer Regierungskommission, die sich zum Thema „Kommunale Strukturen“ nun und darum geht es ja wohl auch, wenn ich das alles richtig verstehe - sich nicht mit findet - Herr Kollege Kuschel, Sie haben recht, das ist nicht an uns, das zu entscheiden, aber bewerten und kommentieren darf man es schon -, da muss ich schon sagen, Herr Minister, sehr verehrter Herr Geibert, ich würde mir Gedanken machen, wenn einem eine von drei Fachabteilungen, die man ja nur hat, wegbricht. Man kann das auch als Misstrauensvotum betrachten.

(Abg. Hey)

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Wir ar- beiten sehr gut zusammen.)

Dass Sie zusammenarbeiten, daran besteht überhaupt kein Zweifel, aber, Herr Voß, mich würde mal interessieren, was Sie denken würden, wenn die Ministerpräsidentin eine Haushaltskommission ins Leben rufen würde und Sie wären dort nicht Mitglied.

(Beifall Abg. Kuschel, DIE LINKE)

Ob Sie dann so entspannt hier sitzen würden und sagen würden, wir arbeiten doch gut zusammen, da habe ich, vorsichtig gesagt, so meine Zweifel und Sie haben die auch.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ein Wider- spruchsrecht hat er im Kabinett auch nicht mehr.)

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Besser als vorher.)

Also ich lasse das jetzt mal so ein bisschen laufen. Das wird spannend. Wir klären das alles vorher, da ist ja die Frage, wozu wir die Kommission überhaupt noch brauchen, die Regierungskommission. Also es ist und bleibt ein bemerkenswerter und spannender Vorgang und ich bin auch sehr gespannt darauf, wie sich die Mitglieder der Regierungskommission, die jetzt berufen sind, in den Fragen, die zu entscheiden sind, positionieren und wie es da auch gewisse Entwicklungen vielleicht geben wird. Das hat hier in dem Hohen Haus ja schon eine Enquetekommission gegeben, deren Vorsitzender, wenn ich mich recht erinnere oder wenn ich das recht weiß, ist ja eines der Mitglieder, die jetzt diese Regierungskommission leiten.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Ja, qualifiziert.)

Wollen wir mal sehen, wie sich die Positionen dann vielleicht auch weiter entwickeln. Aber ich will trotzdem noch mal ein paar Sätze, auch wenn es jetzt im Wesentlichen um das sogenannte blaue Wunder ging, und, Frau Ministerpräsidentin, wenn jemand sein „blaues Wunder“ erlebt, das ist normalerweise auch keine so sehr positive Ankündigung, die man damit verbindet.

(Beifall FDP)

Zu dem Antrag von den GRÜNEN, dem zumindest das Verdienst gebührt, dass auf diesem Weg die Debatte hier im Landtag über das Gutachten und die Gebietsreform mal stattfindet.

(Beifall FDP)

Dass die GRÜNEN Sympathie für Großkreise, Großgemeinden haben, das ist nicht so furchtbar neu. Sie hatten auch ein eigenes Gutachten, das verschweigen Sie aus Gründen, die man auch

nachvollziehen kann. Ich kann mich erinnern, Sie haben es uns auch allen freundlicherweise geschickt, was da drinsteht. Wenn das eigene Gutachten zu der Erkenntnis kommt, dass man mit einer Gebietsreform kein Geld einsparen kann, dann werden die Argumente dünn, insbesondere dann, wenn das das einzige Argument ist, was man die ganze Zeit hat.

(Beifall FDP)

Wolfgang Fiedler hat ausdrücklich recht, wenn er sagt, dass es bei der Frage der Effizienz nicht nur um die Größe der Kommunen und Kreise geht und auch nicht nur ums Geld und dass in dem Gutachten nicht drinsteht, wie viel Geld man spart. Das hat auch einen Grund, weil eben keiner weiß, wie viel Geld man spart, weil man eben kein Geld spart.

(Beifall FDP)

Das ist der Grund, weshalb zu dem Thema nichts drinsteht. Ich erinnere immer wieder gern an eine Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung, die vor etwas mehr als einem Jahr in Greiz, ist es, glaube ich, gewesen

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Gera.)

- in Gera, danke -, stattgefunden hat, wo man Kollegen aus den befreundeten, benachbarten Landtagsfraktionen eingeladen hat, die dort mal berichten sollten über ihre Erfahrungen mit einer Gebietsreform. Die haben im Wesentlichen davon berichtet, dass es mehr Geld kostet. Das ist so ein Punkt, wenn man das Ganze darauf aufbaut, wird die Luft oder das Eis relativ schnell sehr dünn.

(Beifall FDP)

Vielleicht war das auch ein bisschen der Hintergrund, Herr Kollege Meyer, dass Sie in den Haushaltsberatungen beantragt hatten, noch mal 500.000 € für ein weiteres Gutachten zur Gebietsreform einzustellen. Man kann Gutachten auch so lange machen lassen, bis irgendwann mal eines dabei ist, welches das gewünschte Ergebnis erbringt.

(Beifall FDP)