Protocol of the Session on February 15, 2013

Ich will auch nicht verhehlen, dass das auch gilt, wenn es um das Thema der Gewerbetreibenden geht. Die Zahlen, die Abschätzungen darüber, wie viele GEZ-Gebühren gerade im gewerblichen Bereich nicht gezahlt worden sind, gehen von 40 bis 70 Prozent. 40 bis 70 Prozent der Gewerbetreibenden respektive der Betriebsstätten respektive der auch schon da notwendigen Dienst-Kfz, die hätten angemeldet werden müssen, weil es darin Geräte gab, haben nicht gezahlt. Auch das darf man nicht verschweigen, wenn es darum geht, dass das jetzige System gerechter ist und notwendiger ist.

Zum Gerechtigkeitsthema vielleicht noch eine Sache, die auch gerade die FDP immer ungern hört, weil sich dort in einer ganz unangenehmen Art und Weise FDP-Lobbyisten durchgesetzt haben, und zwar wiederum gegen ihre eigenen Leute. Es gibt eine Gebührenstaffelung zwischen Kleinund Großbetrieben.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Hört das denn nie auf?)

Ja, sehen Sie, Herr Kemmerich, das hört tatsächlich nie auf. Ich habe den Antrag nicht gestellt, den haben Sie gestellt, dann hören Sie sich das auch bitte noch mal an, da müssen Sie halt jetzt durch.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Ich mei- ne das, was Sie sagen.)

Ja, ja, das habe ich schon verstanden. Also da stellen wir mal fest, dass ein Betrieb unter neun Personen, die dort arbeiten, gar keine Rundfunkgebühr zahlt. Aber ein Betrieb, der zwischen 9 und 19 Beschäftigte hat, zahlt eine Rundfunkgebühr. Das sind pro Beschäftigtem 0,1 bzw. 0,05 Gebühren, wenn man so will, oder Beiträge. In der höchsten Staffel bei Großbetrieben mit über 20.000 Beschäftigten werden 180 Beiträge fällig. Das sind auf den Beschäftigten 0,009 Beiträge im Verhältnis zu 0,1 bei einem Kleinbetrieb, der im Übrigen 90 Prozent der beitragspflichtigen Beschäftigten im gewerblichen Bereich stellt.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Dafür wird die Betriebsabgabe abgeschafft, Herr Meyer.)

Das hat miteinander überhaupt gar nichts zu tun.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Doch.)

Nein, das hat es nicht, denn hier reden wir jetzt nämlich gerade über öffentlich-rechtlichen Rundfunk und nicht über das Steuersystem, das Ihnen nicht gefällt.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Nicht mit dem Wirtschaftsexperten streiten.)

(Unruhe FDP)

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch wenn es Ihnen leidtut, aber es ist nun mal keine Steuer, sondern wir reden hier über einen Beitrag und der hat etwas mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk zu tun und nicht mit dem von Ihnen als unangenehm oder ungerecht empfundenen Steuersystem in Deutschland.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Be- troffener Salon bellt.)

Ja, tut mir leid, ich bin gerade nicht richtig wirklich bei Ihnen.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Es geht um die Betriebsabgabe.)

Ich mache mal ein zweites Beispiel auf, wo durchaus auch dann DIE LINKE, wie ich finde, problematische Versuche macht, die Gerechtigkeit bei dem Thema der Kommunen und ihren Beiträgen zu verbessern. Ich finde die Regelung, die jetzt gerade herrscht, überhaupt nicht kompliziert. Die jetzige Regelung heißt - sehr vereinfacht dargestellt, aber viel komplizierter ist sie auch nicht -, wenn auf einem Grundstück öffentliche Verwaltung ist, egal ob in einem Haus oder in mehreren Gebäuden, ist das ein Beitrag. Aber jedes Grundstück mit öffentlicher Verwaltung zahlt extra, und auf jedes dieser Grundstücke wird ein Dienst-Kfz angerechnet. Das hat Folgendes zur Folge: Wenn Sie eine zersplitterte Verwaltung haben, müssen Sie regelmäßig auch mehr Dienst-Kfz haben wegen Botengängen etc. pp., das wird dadurch sozusagen kompensiert. Was nicht kompensiert wird, sind beispielsweise DienstKfz für den Fuhrpark, im Tiefbaubereich oder in einer Grünfläche. Das ist auch gut so. Denn ich würde mal behaupten, wer behauptet, dass in diesen Autos nicht Rundfunk gehört wird, der ist weltfremd.

Herr Abgeordneter, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage vom Abgeordneten Blechschmidt.

(Abg. Meyer)

Immer ran.

Bitte, Herr Blechschmidt.

Danke, Herr Präsident. Kollege Meyer, in der Diskussion - zumindest in meinem Beitrag - habe ich nicht das Modell infrage gestellt, wie gegenwärtig Beitrag von den Kommunen eingezogen werden soll, sondern es geht grundsätzlich um die Belastung, die daraus entsteht und die jetzt geführte Diskussion mit den Rundfunkanstalten, um die Gebühren runterzusetzen. Würden Sie dem jetzt zumindest recht geben und würden Sie darin das Problem sehen?

Ich habe verstanden, dass Sie das Problem darin sehen, ja. Ich nicht. Ich glaube, das Problem existiert in Wirklichkeit nicht. Es liegt nur daran, dass sich viele Kommunen schlicht und ergreifend nicht vorbereitet hatten. Wenn die wüssten, wie viel sie zahlen müssten, wären 80 Prozent der Klagenden zurzeit schon ganz ruhig, meiner Einschätzung nach. Aber der Vorschlag, den Sie gemacht haben, das war nicht Ihrer, sondern Sie haben als Beispiel eine Kommune ein Beitrag gebracht. Das geht natürlich überhaupt gar nicht. Warum die Kommune Köln einen Beitrag zahlen sollte und die Kommune Großbartloff auch, das ist auf gar keinen Fall gerecht. Vielleicht sollten Sie immer noch davon ausgehen, dass es auch - obwohl es jetzt um das Thema eines Gebäudes, einer Wohnung oder eines Betriebs geht - immer noch um die Möglichkeit des Nutzens des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht. Diese ist deutlich höher bei 20.000 Beschäftigten oder 20.000 Mitarbeitern in einem Großbetrieb im Verhältnis zu einem Kleinbetrieb oder einer kleinen Kommune.

Dass es Doppelzahlungen gibt, wie das immer die FDP nicht müde wird zu betonen, werden wir wahrscheinlich aus der Debatte nie rausbekommen,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wenn es so eine Belastung gibt, dann nicht.)

weil die FDP die Tatsache, dass der Namensvetter von Frau Marx schon mal gesagt hat, dass Menschen eben verschiedene Rollen haben - sie können mal Konsumenten und mal Produzenten sein und dementsprechend auch Dinge unterschiedlich nutzen, mal als Konsumgut und mal als Produktionsgut - und das in diesem Fall zutrifft, nicht mehr wird hören wollen. Es ist aber trotzdem so. Der

Rundfunkbeitrag und die Rundfunkgebühren gingen davon aus, dass man einerseits Rundfunk konsumieren kann und es andererseits benutzt, um damit etwas zu produzieren, zum Beispiel Autos verkaufen oder Autos vermieten oder was immer Sie möchten, meinetwegen auch Frisörsalons betreiben.

Was die Mehreinahmen angeht, von denen geredet wird. Erstens: Ob es wirklich welche gibt, weiß keiner seriös. Zweitens haben die öffentlich-rechtlichen Anstalten - zumindest bei denen, die damit betroffen gewesen sind, und das bin ich gewesen als einer, der ja, wie Sie wissen, auch nicht nur betroffen, sondern auch noch involviert ist als Rundfunkrat - mehrfach gesagt, dass es natürlich nicht angehen kann, dass durch den Systemwechsel Mehreinnahmen kommen. Sollte es zu Mehreinnahmen kommen, wird die KEF dafür sorgen, dass das festgestellt wird und diese Mehreinnahmen zu zwei möglichen Sachen verwendet werden. Entweder dieses Geld wird den Gebührenzahlerinnen und -zahlern zurückgegeben in Form einer Reduzierung in der Zukunft oder es wird zurückgestellt und weitere Kostenaufwüchse, die es natürlich auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt wegen erhöhter Personalkosten oder Sachkosten oder was auch immer, dann in den Folgejahren verwendet und dadurch der Beitrag stabil gehalten wird. Dementsprechend kann von mangelnder Transparenz meiner Ansicht nach keine Rede sein.

Auch noch eine Bemerkung kurz zu dem Thema der Rundfunkräte, dass die geheim tagen. Ich bin auch für öffentliche Tagungen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

aber ich verstehe, ehrlich gesagt, nicht so ganz, warum die Analogie bei diesem Thema immer nicht so trägt. Nehmen wir mal beispielsweise den heute gegründeten Zweckverband für die E.ON-Aktien. Es ist ein öffentlich-rechtliches Instrument. Möchten Sie, dass dieser Zweckverband öffentlich tagt? Doch wohl hoffentlich nicht. Da geht es nämlich um viel Geld. Wenn ein Stadtwerk tagt, dann erwarten Sie auch nicht, dass es öffentlich tagt. Warum eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt öffentlich tagen soll, um 8 Mrd. € öffentliche Gelder zu verwalten - jetzt mal alle zusammen genommen - das erschließt sich mir tatsächlich nicht, überhaupt nicht, kein Stück.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben hier schon mehrfach darauf hingewiesen, die Evaluation in 2014 ist keine große Errungenschaft der jetzigen hitzig geführten Debatte, sondern Tatsache, weil bereits im Vorhinein bei den Gesprächen mit den Lobbygruppen - und Lobbygruppen meine ich in diesem Fall ganz neutral positiv - die öffentlich-rechtlichen Anstalten sich hingestellt und gesagt haben, okay, wir wollten erst in

drei Jahren evaluieren, das machen wir jetzt schon nach zwei Jahren. Wir wollen euch nicht diese Flanke bieten und sagen, wir wollen drei Jahre lang von euch abkassieren ungerechtfertigterweise. Das ist richtig so und da kann man dann 2014 mal sehr gespannt sein, was das Ganze bedeutet.

In dem Zusammenhang will ich aber durchaus auch mal ein kritisches Wort an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verlieren. Die Öffentlichkeitsarbeit des Mitteldeutschen Rundfunks zu diesem Thema hätte optimaler sein können, und zwar nicht so sehr in der Frage, ob die Bilder- und die Plakatkampagnen gut sind, die jetzt gerade laufen, sondern in der Frage - und das möchte ich als Rundfunkrat behaupten -, dass wir vor drei Jahren bereits Modellrechnungen bekommen haben von Hunderten von real existierenden Unternehmen beispielsweise, über die Frage, werden sie dadurch mehr oder weniger belastet, wenn wir es so oder anders tun. Diese Modellrechnungen aufzubereiten und in der Debatte zur Verfügung zu stellen, das wäre sehr sinnvoll gewesen. Natürlich muss man das früher tun, natürlich ist das getan worden, und dieselben Briefe, die wir jetzt von den Lobbyisten - wie gesagt, neutral gemeint - bekommen, haben wir vor drei Jahren ja auch schon bekommen als Rundfunkräte. Da hat sich an den Argumentationen nichts geändert. Warum auch? Die Argumentationen sind ja aufseiten der Lobbyistenverbände richtig, das kann man ja gar nicht bestreiten. Deshalb will ich mich auch gar nicht in dem Kleinkram verlieren. Natürlich kann es sein, da hat Herr Blechschmidt viele Beispiele gebracht, wo wir werden nachsteuern müssen, wir jetzt als Gesetzgeber durch die Änderung des Rundfunkstaatsvertrags, das ist alles möglich. Ich glaube trotzdem feststellen zu können, dass auch aktuell jetzt schon die behaupteten 90 Prozent, die es entweder gar nicht getroffen hat oder die sogar mittlerweile einen Vorteil davon haben, sich an der Debatte gar nicht mehr beteiligen. Das gilt im Übrigen auch für einige Hotelbereiche. Das mit den Hostels ist hier mehrfach diskutiert worden, das ist wirklich ein unangenehmes Thema für alle Beteiligten. Aber auch da will ich noch mal sagen, die Hostels haben vielleicht die Schwierigkeit, dass argumentiert wird, man kann dort empfangen. Wenn das Hostel ein WLAN zur Verfügung stellt, können sie Rundfunk mittlerweile auch über das WLAN empfangen, egal, wie viele Rundfunkgeräte im Zimmer sind, das ist ja das Problem, dem wir gegenübergestanden haben. Insofern verliert das Argument, obwohl ich dem sehr sympathisch gegenübergestanden habe, dass es dort gar keine Fernseh- oder Rundfunkgeräte gibt, natürlich langsam aber sicher dann doch an Relevanz. Das ist nun mal nicht zu ändern.

Auch die Tatsache - da bin ich jetzt allerdings auch mal ganz Finanzer -, dass statt einer vollständigen Befreiung aller Blinden und Tauben (und damit

auch deren Angehörigen) jetzt eine Drittelgebühr (die jetzt auch dafür sorgt, dass alle Angehörigen wenigstens einen kleinen Teil mitbezahlen) natürlich in bestimmten Fällen wieder Ungerechtigkeiten produziert, mag sein, dass es aber nicht im Allgemeinen möglicherweise eine gerechtere Lösung hat auch im Verhältnis der Behinderten zu den nicht behinderten Menschen oder zu anders behinderten Menschen, das möchte ich auch noch mal diskutieren bei der Gelegenheit.

Last, but not least, vonseiten der FDP und ihrer Lobbygruppe wird gern auch die Notwendigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks überhaupt infrage gestellt. Herr Barth hat das heute hier nicht getan, daran werde ich ihn bei Gelegenheit erinnern. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist, auch wenn die einen ihn immer gern noch etwas mehr mit Nachrichten und …

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Herr Meyer, da brauchen Sie mich nicht erinnern, das vergesse ich nicht!)

Ich vergesse das nicht, das war das Thema, darum ging es mir. Okay, also Herr Barth vergisst nicht, dass er den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gut findet, das merke ich mir.

Was die Staatsferne des öffentlichen Rundfunks angeht: Wenn er nicht staatsfern wäre, könnte es eine Steuer sein. Da der Beitrag aber keine Steuer ist und auch keine sein darf, werden meiner Ansicht nach auch die Verhandlungen vor den deutschen Gerichten, die zu dem Thema in Aussicht stehen, nicht von Erfolg gekrönt sein. Wir jedenfalls sind nicht der Ansicht, dass der FDP-Antrag sinnvoll und notwendig ist und werden ihn deshalb ablehnen in Einzelabstimmung. Danke.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das ist zuläs- sig, da brauchen Sie das nicht in einem sol- chen Tonfall zu sagen. Wissen Sie eigentlich, wer in Köln regiert?)

Ja, und ist nicht mehr der Papst, ich weiß.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Rot-Grün.)

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter. Als Nächster hat Abgeordneter Döring von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, das Thema neuer Rundfunkbeitrag treibt im Moment ja viele von uns um, wir haben es in der Debatte bisher gehört. Es gibt ja ein Memo am Morgen, das ist der tägliche Pressespiegel des MDR und die ersten Seiten sind seit Wochen gefüllt mit der Schlagzeile

(Abg. Meyer)

„Rundfunkgebühren“. Auch die FDP im Thüringer Landtag treibt das hier um.