Protocol of the Session on January 25, 2013

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der vierte Punkt ist Personalentwicklung und -abbau - da fehlt Ihnen der Mut, halbseiden und dünn. Der fünfte Punkt ist: Ausgaben senken und Neuverschuldung zurückführen. Soll ich Ihnen sagen, womit Herr Voß hier am Ende gehen wird? Dazu müssen Sie stehen, auch zu dem, was Ihre Vorgänger in der Legislatur gemacht haben. Unterm Strich 500 Mio. € Schulden in dieser Legislaturperiode, das wird übrig bleiben. Sich hier hinzustellen und die große Nummer vom Schuldenabbau zu spielen, was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind und was Sie hier reden? Sie haben keine Schulden abgebaut, Sie haben 500 Mio. aufgenommen und das wird auf der Habenseite im Geschichtsbuch zu Schwarz-Rot stehen und dann ist es auch gut. Das Papier, auf dem das Ganze dann steht, ist zu schade dafür.

Ich habe mich gestern wirklich in der Grundsatzdebatte vor den Beratungen der Einzelhaushalte sehr über die eine oder andere Aussage, insbesondere aus den regierungstragenden Fraktionen gewundert. Ich will das mal so sagen. Es ist ja mit der Wahrnehmung, wie es ist, vor allen Dingen mit der eigenen und Fremdwahrnehmung. Wir haben heute ja wieder - insbesondere muss ich das sagen männliche Kollegen gehört, einen männlichen Kollegen, der besonders dazu neigt, die Erfolge der CDU, die nicht vorhanden sind, größer zu reden als alles andere. Nur die Niederlagen, die werden immer verschwiegen. Das erledigt jetzt die Opposition.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Da hält sich die CDU die Ohren zu - unfassbar. Der Kollege Mohring, der nicht da ist, immer noch nicht, sprach von der beharrlichen Politik der CDU, der es quasi allein zu verdanken sei - ich habe Herrn Mohring gut zugehört -, dass es mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 vermutlich bald sechs schuldenfreie Haushalte in der Thüringer Geschichte geben wird. Das hat er gesagt.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Nein, er hat...)

Glauben Sie mir, eine Erfolgsquote von sechs Jahren von 24 Jahren, das ist gerade ein Viertel und keine Leistung und dazu müssen Sie stehen. Zu diesem Viertel Erfolg kommen 17 Mrd. € Schulden dazu. Das sage ich Ihnen ganz bewusst und deswegen fangen wir auch an dieser Stelle an, zu sagen, wir Abgeordnete tragen eben auch eine Verantwortung dafür, dass der Haushalt am Ende auch 2020 und darüber hinaus entscheidungsfähig ist. Deswegen legen wir auch Anträge vor, mit denen wir den Menschen zeigen, auch bei uns müssen wir sparen und das hier so abzutun, finde ich schwierig und finde ich unredlich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann hat Herr Mohring ja gemeint, überall da, wo die CDU nicht mitregieren würde, würde es Schulden vom Himmel regnen. Das ist spannend, dass Sie das sagen, denn ich habe mich mal umgeschaut, Mecklenburg-Vorpommern hat in 2007, 2008 und 2011 Schulden getilgt und 2009 und 2010 keine neuen Schulden aufgenommen. Soll ich Ihnen sagen, unter welcher Regierungsflagge? RotRot. Die GRÜNEN waren nicht dabei, aber Sie können sehen, die CDU ist nicht die einzige Partei, die fähig und willens ist, einen vernünftigen Etat aufzustellen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Denken Sie mal und wenn Sie ins Wochenende gehen, reflektieren Sie mal die Hybris, mit der Sie hier Politik machen. Das regt mich unheimlich auf,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wie man sich dermaßen gerieren kann. Ich kann es auch heute nicht verbergen, normalerweise gelingt mir das gut. Alle ostdeutschen Flächenländer haben seit 2005, alle, es geschafft, weniger Schulden im Etat aufzunehmen, die Nettokreditaufnahme zu senken. Dann so zu tun, als wäre die CDU die Partei, die man dafür braucht, halte ich für übertrieben. Im Gegenteil, ohne die CDU würde das besser laufen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Herr Mohring hat gestern gesagt, ohne uns wäre das Land nicht mehr handlungsfähig. Jetzt sage ich Herrn Mohring, wie es richtig heißen müsste: Wegen uns ist das Land nicht mehr handlungsfähig.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das hätte Herr Mohring sagen müssen. Das ist der Satz, der dazugehört, und das ist der Rest, der zur Wahrheit dazugehört. Jetzt sage ich Ihnen, was er noch hätte erzählen müssen. Er hätte auch von den

Misserfolgen der CDU reden müssen, von der hemmungslosen Schuldenpolitik.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Darüber hat er eben nicht gesprochen. Er hat nicht darüber geredet, dass wir es beispielsweise als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind, die es schaffen, bei allen Dingen, die wir uns vorstellen, wie wir Thüringen zukunftsfest aufstellen wollen, sogar 200 Mio. € in Rücklagen zu stecken, weil das unsere Idee von einer atmenden Schuldenbremse ist, weil wir jetzt in einer konjunkturell guten Zeit sind. Das hat er nicht erwähnt. Stattdessen sehen Sie, wie Sie Politik machen, noch einmal: 500 Mio. € Schulden stehen am Ende der Legislatur unter Ihrer Gesamtrechnung. Er hat auch nicht darüber geredet, dass nach wie vor der Grund für diese Schuldenberge darin liegt, dass wir die falschen Strukturen haben. Thüringen ist zu kleinteilig und die Experten, Wissenschaftler, die Beamten und ehemaligen Staatssekretäre, die mögen ja alle unterschiedlicher Auffassung sein und man kann das sicherlich nicht in kurzer Zeit miteinander besprechen, aber jeder, der sagt, dass Thüringen zu kleinteilig ist, der hat auch recht, und jeder, der sagt, dass wir zu viel Personal haben, auch der hat recht, weil nun mal Thüringen keine Insel ist und auch das muss die CDU lernen, dass man den Vergleich mit anderen auch an der Stelle nicht scheuen muss, und dazu muss man auch stehen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ihr GRÜ- NEN habt doch von Kommunalpolitik null Ah- nung.)

Hinzu kommt, dass die Pensionskassen des Landes nicht genug gefüllt sind. Das wissen Sie alle. Deswegen 20 Jahre Strukturpolitik der CDU hier allein nur als Erfolg zu verbuchen, das ist eine echte Luftbuchung.

Dann kommt Nummer 3. Ich übernehme gern den Part, das noch zu ergänzen, was verfehlte Investitionen angeht. Sie stellen sich also hier hin und sagen, lassen Sie uns doch nicht nur schlechte Dinge erzählen, die 20 Jahre sind richtig gut gelaufen. Was ist denn mit den Folgekosten für Spaßbäder, die wir einpreisen müssen in den Landeshaushalt?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Was ist denn mit dem Flughafen, den keiner braucht? Die Beschäftigungstherapie für Herrn Carius ist, einen Flughafen zu unterhalten und Planungen für Straßen vorzunehmen, die in Thüringen keiner braucht,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

genauso wie übrigens das Ministerium, das hat seine Rede vorhin auch gezeigt.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Falsch.)

Unsinnige Verkehrsprojekte, das ist das, wofür Sie stehen, und uns vorzuwerfen, wir wollen die Natur verschandeln, um Autobahnen quer durch den Thüringer Wald zu bauen und ich weiß nicht, welche Straßen noch und Brücken und andere Dinge, die kein Mensch braucht und völlig überdimensioniert sind, das ist Ihr veralteter Investitionsbegriff, weil Sie nicht lernen, dass jede Investition in Beton immer auch Folgekosten nach sich zieht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ärgert mich deswegen, weil Thüringen eigentlich auch die Wiege der Nachhaltigkeit ist. Die junge Anna Amalia, die hat vor über 200 Jahren sehr wohl entdeckt, dass es eben in Zeiten knapper Kassen und vor allen Dingen, wenn man sich sehr genau überlegen muss, wie man der Natur auch das zurückgibt, dass kommende Generationen auch noch wirtschaften können, dass man sich sehr genau überlegt, wie man heute und jetzt wirtschaftet und haushaltet, aber Sie haben es ja nicht so mit Geschichte, besonders nicht mit den letzten 22 Jahren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sage ich Ihnen, Investitionen, und zwar die richtigen Investitionen in die Zukunft, sind der Schlüssel. Wir haben gefordert, vor allen Dingen in Bildung zu investieren, und zwar in den letzten drei Jahren immer wieder. Wer uns da missverstehen will, der soll es tun. Ich sage, hier und heute Investitionen in Bildung haben für GRÜNE immer Vorrang, das wissen Sie auch. Ich erinnere an unseren Antrag „Perspektiven für Thüringer Lehrerinnen und Lehrer schaffen“. Darin haben wir die Landesregierung aufgefordert, jedem Absolventen der universitären Lehrerausbildung in Thüringen innerhalb eines Jahres einen Platz für den Vorbereitungsdienst an Thüringer Schulen anzubieten. Aber bis heute gibt es kein Konzept - Minister Matschie ist gerade nicht da -, vor allen Dingen auch, wie die gute Arbeit, die FSU, die Universität Erfurt und andere bei der Lehrerausbildung leisten, am Ende nachhaltig Thüringen zugute kommen kann. Dazu gehört auch, wenn man hier steht und sagt, folgende Neueinstellungen wird es geben, dass man auch sagt, wie viele ältere Lehrer in Rente gehen und wie viele am Ende dem Land zur Verfügung stehen. Es kann doch nicht sein, dass immer zwei Zahlen gegeneinander gestellt werden und diese Unehrlichkeit im Raume steht. Ich möchte nicht, dass den Menschen in Thüringen ein X für ein U vorgemacht wird. Deswegen muss hier auch eine Strategie her.

Herr Matschie, vielleicht wird ihm das ja ausgerichtet, ich hätte ihm jetzt gern einmal die Frage gestellt: Wie viele CDU-Bildungsminister gibt es ei

gentlich im Augenblick in der Bundesrepublik? Weiß das jemand von Ihnen?

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Auf alle Fäl- le zu wenige.)

Herr Fiedler, keinen. Die CDU-Bildungspolitik ist abgewählt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In keinem einzigen der 16 Bundesländer gibt es einen CDU-Bildungsminister.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Gucken Sie, wie wir in Thüringen dastehen.)

Die Menschen haben klug entschieden, weil Sie es nicht können; weil Sie es nicht können, nehmen Sie sich dessen an. Herr Matschie hat, und das ist die Konsequenz, Rückenwind. 16 Kultusminister, davon keiner von den bildungsfernen Parteien, können sich entscheiden, können sich zusammensetzen und können miteinander reden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An dieser Stelle sage ich Ihnen, er hat alle Möglichkeiten loszulegen, nur bleibt es im Augenblick deutlich immer noch hinter allen Erwartungen, die wir, übrigens wir als GRÜNE auch, an die SPD haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die verpassten Chancen dieser Legislatur - ich will sie zum Schluss zusammenfassen: Es gab immer zarte Versuche, tatsächlich auch Strukturreformen zu machen. Herr Voß hat das versucht an der einen oder anderen Stelle, und ja, die Reform des KFA ist richtig, aber das Ganze dann wieder aufzuweichen und zusätzlich noch einmal Wahlgeschenke obendrauf zu legen, nimmt uns dann an der Stelle auch wieder die Freude, das sage ich Ihnen ganz bewusst. Seien Sie doch wenigstens einmal konsequent. Sie können es nicht, Sie wollen es nicht, ich weiß es nicht. Wir stellen fest, dieser Doppeletat, der am Ende Schwarz-Rot und das Glück oder auch Unglück dieser Legislatur besiegelt, zeigt, dass Sie keine Strukturreform hinbekommen haben, dass wir bei der Energiewende nach wie vor auf der Stelle treten. Er zeigt, dass Sie für Schulden stehen. Er zeigt, dass Sie einen Entscheidungsstau für die nächste Legislatur zurücklassen, den man erst einmal aufarbeiten muss, und zwar einen gewaltigen. Er zeigt, dass Sie es nicht hinbekommen haben, die großen Projekte dieser Legislatur - wir reden nachher noch über E.ON - wirklich souverän anzupacken. Ich habe die Souveränität an dieser Stelle wirklich vermisst. Ich hoffe, dass das Ganze sich noch lösen lässt. Dieser Doppeletat zeigt vor allen Dingen eines - und das ist auch mein letzter Satz -, dass CDU-Politik sich wirklich in diesem Land überlebt hat.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete Siegesmund. Das Wort hat jetzt der Herr Finanzminister Dr. Voß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

(Heiterkeit im Hause)

Was ist los?

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Hat nichts mit dir zu tun, Wolfgang.)