Protocol of the Session on December 13, 2012

Es scheint also der Fall zu sein, dass doch noch nicht alles geklärt ist. Herr Eckardt, ich will sie gern mal mit Ihren Worten aus der Aktuellen Stunde zum Pflegepakt zitieren. Da sagten Sie, Zitat: „Nun geht es darum, den Pflegepakt umzusetzen, damit er nicht nur eine Willensbekundung bleibt.“ Was, wenn nicht eine Steilvorlage für uns, ist es, hier parlamentarisch darüber zu reden, wie wir im Pflegebereich in Thüringen ein My mehr machen können. Und der Pflegepakt wurde nicht parlamentarisch diskutiert. Wir haben hier 5 Minuten in Aktuellen Stunden jeweils mit Wortbeiträgen unsere Position klargemacht. Es hat niemals eine Beratung im Ausschuss gegeben, es hat hier keine vernünftige Auseinandersetzung damit gegeben, und Sie stellen sich hierhin und behaupten, alles wäre gesagt. Ich zitiere Sie noch mal: „Nun geht es darum, den Pflegepakt umzusetzen, damit er nicht nur eine Willensbekundung bleibt.“ - bitter.

Dann kommt als Nächster der Herr Koppe. Der hat darauf verwiesen, dass er - zumindest in der letzten Aktuellen Stunde - mit dem Pflegepakt so auch nicht einverstanden ist. Sie haben darauf verwiesen, was das Ministerium noch zusätzlich alles tun müsse. Also heute so zu tun, als ob Sie sich nicht mehr daran erinnern können, dass Sie vor drei Wochen Frau Taubert und das gesamte Ministerium auf internationale Messen zum Thema Pflege schicken wollen und heute sich hier in einer für meine Begriffe sehr zweifelhaften Art hinzustellen und zu meinen, Sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen beim Thema Pflege, finde ich schwierig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und ein anderer Punkt ist, Herr Kubitzki - das sage ich auch so offen -, unser Antrag ist aus dem Oktober 2012. Ist doch gut, wenn wir uns in vielen Punkten einig sind. Wäre ich der Ansicht, dass unser Antrag durch den Pflegepakt überflüssig sei, hätte ich ihn selbstredend zurückgezogen. Aber Ihre Wortbeiträge, die Tatsache, dass wir parlamentarisch nicht diskutiert haben, und die Tatsache, dass Sie nach wie vor auch einen Maßnahmenkatalog fordern, dass wir in vielen Punkten nicht weiter sind als Phrasen unter der Überschrift „die Pflegebranche hat Zukunft“, „wir steuern auf einen Pflegemangel zu“, „wir können die gut ausgebildeten Fachkräfte bei uns nicht halten“, das will doch keiner mehr hören. Hier müssen Taten folgen, und deswegen auch unser Drängen darauf, das parlamentarisch zu diskutieren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will das auch noch mal auseinandernehmen, warum wir mit verschiedenen Akteuren gemeinsam diesen Antrag erarbeitet haben. Da war unter anderem die Fachhochschule Jena beteiligt, der bpa, der heute schon öfter hier zitiert wurde, die Caritas und andere. Mit denen haben wir natürlich darüber geredet, wie wir Arbeitsbedingungen in Thüringen

auch jenseits bundesrechtlicher Rahmenbedingungen ändern können, wie wir diejenigen schützen können davor, dass sie ausgelaugt sind, wenn sie 10, 15 Jahre in dem Bereich gearbeitet haben, wie wir sie unterstützen können bei der Frage, wie geht gutes Gesundheitsmanagement bei Pflegekräften, wie gehen flexible Arbeitsmodelle, wie geht die Entlastung bei pflegefremden Tätigkeiten und wie können wir auch bessere Personalschlüssel erreichen. Das alles steht in Rede, ist ungeklärt und deswegen ist unser Antrag auch in dieser Ausführlichkeit hier in die Debatte gekommen.

Der zweite Punkt, der uns wichtig ist, ist, dass Pflegekräfte es aus der Vergangenheit gewohnt sind, dass eigentlich mehr über sie geredet wurde, aber weniger mit ihnen. Deswegen auch unsere Idee einer Pflegekammer. Im Übrigen ist es im Augenblick auch in der Diskussion in Bremen, dort hat die CDU einen entsprechenden Antrag gestellt. In Niedersachsen hat die SPD gesagt, ja, wir wollen mit denjenigen, die es betrifft, reden, wir wollen in einer Pflegekammer die Debatte mit denjenigen führen, im Übrigen ergebnisoffen führen, da geht es auch nicht darum, in irgendeiner Form Ideologiepflege zu betreiben, was das Argument von Herrn Koppe ist, wenn ihm nichts anderes einfällt, sondern es geht darum, mit denjenigen darüber zu sprechen, wie sie in ihrem Beruf am allerbesten arbeiten können und auch ihre Interessen selbst in die eigenen Hände nehmen können.

Der dritte Punkt, der uns wichtig ist und der auch nach wie vor ungelöst ist, ist die Frage der Erhöhung der Ausbildungskapazitäten durch Einführung einer solidarischen Umlagefinanzierung in der Altenpflege. Natürlich kann es nicht sein, dass wir an der Stelle die Situation haben, gehen Sie mal in die Pflegeheime, dass auf der einen Seite händeringend nach Personal gesucht wird, auf der anderen Seite die Leute, die selbst im Pflegebereich arbeiten, sagen übrigens am Küchentisch zu Hause, ich empfehle meiner Familie oder meinen Kindern oder meinen Familienangehörigen nicht, im Bereich Pflege zu arbeiten. Das beginnt bei der Ausbildungsvergütung, die nicht gewährleistet ist, und endet bei den direkten Arbeitsbedingungen.

Dann geht es natürlich auch um die Frage von Gender-Gesichtspunkten,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

an der Stelle auch um die Frage, in welcher Welt die FDP eigentlich nach wie vor lebt, dass sie meint, dass die Tatsache, dass insbesondere Frauen im Pflegebereich arbeiten, selbstredend ist. Das ist natürlich nicht selbstredend,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern da würde ich Sie bitten, einfach mal im Jahr 2012 anzukommen, sich unsere Gesellschaft anzuschauen und darüber nachzudenken, was gute

Arbeit eigentlich ist. Vielleicht auch mal mit Jungen und Mädchen zu sprechen, wie Berufsberatung und Berufsfindungsphase im Augenblick ausgestaltet sind, ob man davon sprechen kann, dass wir auf einen modernen Arbeitsmarkt im Pflegebereich zusteuern. Ich behaupte nein.

Darüber hinaus muss es weitere niedrigschwellige Qualifizierungsangebote geben. Es braucht also einen ganz bunten Strauß von verschiedenen Ideen. Es sagt doch gar keiner, dass der Pflegepakt der Landesregierung etwas Schlechtes ist. Worum es aber geht, ist, dass wir, wie gesagt, erstens keine parlamentarische Debatte geführt haben und zweitens es Absichtserklärungen genug gegeben hat. Das Papier, auf dem dieser Pflegepakt steht, ist geduldig. Wir sind es nicht und deswegen fordern wir auch die Debatte darüber ein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seitens der Abgeordneten habe ich jetzt keine weiteren Redemeldungen. Für die Landesregierung Frau Ministerin Taubert, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Siegesmund, ich denke, Sie haben an ganz vielen Stellen all den Akteuren Unrecht getan. Gerade die Punkte, die Sie aufgezählt haben, darunter war auch das betriebliche Gesundheitsmanagement, da haben Sie gesagt, das ist ungeklärt. Was soll ich denn mit den Trägern klären? Sie müssen es selber machen und sie tun sehr viel.

(Beifall FDP)

Und deswegen finde ich, es ist nicht richtig, in einem pauschalen Rundumschlag zu sagen, da ist nichts gemacht, wir müssen etwas tun.

(Beifall FDP)

Deswegen, denke ich, haben auch die vier anderen Fraktionen, außer der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hier im Landtag gesagt, es wäre gut gewesen, Sie hätten den Antrag zurückgezogen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir sollen immer alles zurückzie- hen.)

Nein, wir haben ja mehrfach darüber gesprochen, Herr Adams. Entschuldigung, Herr Adams, ich will mal sagen, es war nicht nur die SPD, es war nicht nur die CDU, es war die Fraktion DIE LINKE und es war die FDP,

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

es haben vier Fraktionen genau das Gleiche gesagt in diesem einen Fall, nämlich es wäre besser gewesen, sich diese zum Teil jetzt am Ende, wie ich finde, auch peinliche Diskussion zu ersparen.

(Beifall SPD, FDP)

Lassen Sie mich einiges dazu sagen, was ich denke, was man noch mal betonen muss. Ich will noch mal ganz deutlich sagen, auch für die Menschen, die heute bei uns zu Besuch sind: Wir reden über eine gesetzlich festgelegte Maßnahme „Pflege“, die auf Bundesebene geklärt ist mit einem Teilkaskosystem. Wir reden darüber, dass wir als Land/Kommunen in Thüringen verpflichtet sind, den Menschen die finanzielle Hilfe zu geben, wenn sie selber den anderen Teil der Teilkaskoversicherung eben nicht bezahlen können. Das ist unser Part. Den haben wir im Pflegepakt ganz deutlich beschrieben und gesagt, wir sind bereit, da auch mehr Geld hinzugeben. In der Diskussion, die wir heute und gestern zum KFA hatten, unter dem Aspekt, dass wir auch als Freistaat weniger Geld haben, ist das, denke ich, eine Zusage, die darf man auch mal loben. Das Dritte sind die Betroffenen und die Familien. Die müssen diesen Rest bezahlen. All diese Maßnahmen sind deswegen ebenso zählebig und schwierig, weil wir auch in Thüringen wissen, die Bevölkerung hat zum Teil auch nicht die Mittel zur Verfügung, um so ausreichend mitzufinanzieren. Der Pflegepakt hat dazu geführt, dass sich die Parteien an einen Tisch gesetzt haben, die wir als Landesregierung an den Tisch bitten können. Sie müssen nicht kommen, aber sie sind zumindest weit überwiegend gekommen. Das sind die Kostenträger, das sind die Leistungsanbieter und das sind wir als Freistaat gemeinsam mit den Kommunen. Das ist der Mehrwert, den der Pflegepakt gebracht hat. Klar ist vieles gesetzlich geregelt, aber sich zusammenzusetzen, einmal außerhalb des Protokolls darüber zu reden, was kann jeder Einzelne verbessern, das ist der Mehrwert.

Ich will auch noch mal auf die Pflegekammer kommen. Die ist hier sehr schön dargestellt worden. Frau Siegesmund, Ihnen ist offensichtlich nicht bewusst, was eine Pflegekammer wäre, zumindest wie ich Kammern in dem Sinne verstehe, wenn...

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich meine nicht die IHK.)

Ja, und wenn das so ist - Ärztekammer wäre ein schönes Beispiel im Bereich der Gesundheit, dafür bin ich zuständig -, dann wäre das kein Diskussionsgremium, dann wäre das eine Standesvertretung.

(Beifall SPD, FDP)

Die wird eingerichtet, damit diese Standesvertretung zum Beispiel die qualitativen Anforderungen an die Ausbildung mit beschreibt. Das heißt, es geht überhaupt nicht darum, dass man anders mit

(Abg. Siegesmund)

den Pflegevertretern redet als heute, sondern sie können nur bestimmte Teile selber regeln. Insofern sage ich, wenn man reden will, dann muss man den Vorschlag der LINKEN aufgreifen und sagen, wir machen einen Arbeitskreis, runden Tisch, was auch immer, zu diesem Thema. Ich kann für die Landesregierung, für mein Ministerium sagen, wir haben natürlich auch mit den Pflegekräften gesprochen und ihre Anregungen mit aufgenommen.

Ich will auch eines noch zur Frage der Umlagefinanzierung sagen: Wir haben über 10 Mio. € dafür bezahlt, dass die, die jetzt kritisieren, geklagt haben. 10 Mio. € - völlig unsolidarisch von diesen Anbietern, dazu gehört auch der bpa und deswegen bin ich einfach nicht bereit, noch einmal so etwas zu tun. Das war für einzelne Heime eine Gelddruckmaschine und Sie können nicht von mir verlangen, dass ich Steuergelder auf diesem Wege noch mal ausgebe.

Ein Weiteres zu diesem Umlagesystem: Wenn wir wollen, dass wir einen gemeinsamen Pflegeberuf haben, Krankenpflegerausbildung, Kinderkrankenpfleger/-innen-Ausbildung, Altenpfleger/-innen-Ausbildung, dann müssen wir natürlich auch eine einheitliche Finanzierung haben. Bei den Krankenpflegerinnen und Kinderkrankenpflegerinnen haben wir bereits über das System Krankenversicherung die Finanzierung. Deswegen muss es bei der Pflege natürlich ganz genauso sein. All das, was ich gerade beschrieben habe, haben wir als Gesundheitsministerinnen/Gesundheitsminister vereinbart. Wir haben das an den Bund weitergegeben, ist alles schon erledigt, so dass das, was Sie beschrieben haben, auch diesen Prozess konterkarieren würde. Wir wären dann auch nicht dabei.

Ich will auch noch etwas zum dritten Ausbildungsjahr sagen. Der Freistaat hat dafür keine gesetzlichen Kompetenzen, sondern er wird immer wieder aufgefordert, da, wo andere ihre Ressourcen nicht so einsetzen, wie wir uns das wünschen, finanziell einzuspringen. Das kann meines Erachtens nicht sein. Wir haben aber eine Klärung herbeigeführt. Die Klärung ist jetzt da. Das war ein schwieriger Prozess, weil es um die Qualität der Ausbildung auch geht, also das war für Kultus natürlich eine wichtige Maßnahme, auf der anderen Seite eine Finanzierung. Ich kann sagen, auch als betroffene Tochter, ich habe meine Mutter in einem Pflegeheim, ich zahle eine Ausbildungsumlage, die dort erhoben wird für die Ausbildung dieser jungen Leute. Ich denke, das kann in anderen Pflegeeinrichtungen auch gemacht werden. Wir haben das Problem beim ambulanten Dienst, dass das dort weitaus schwieriger ist. Aber wir müssen der Bevölkerung sagen, wenn wir all das machen wollen, dann kostet es für sie auch Geld. Eine Pflege muss anständig bezahlt werden. Wenn wir wollen, dass Pflege nicht mehr nur weiblich ist im Sinne von nur weibliche Angehörige, sondern wenn professionelle

Pflege, die auch weit überwiegend weiblich bleiben kann, aber wenn die gut bezahlt werden soll - und das wollen wir, meines Erachtens alle fünf Fraktionen hier im Landtag -, dann heißt das auch, dann müssen wir der Bevölkerung sagen, das kostet Geld, mehr als es jetzt kostet. Es muss mehr mit der Pflegeversicherung ausgeglichen werden. Ich denke, es ist unausweichlich, dass da Prozentpunktanteile erhöht werden. Es kommt aber eben auch auf die Betroffenen zu und ihre Angehörigen, dass das, was die Menschen sich erspart haben und was sie an Rentenleistungen haben am Ende dann auch für die Pflege vollständig eingesetzt werden muss, und zu dieser Wahrheit stehe ich persönlich, muss man sagen, und dann kann man, glaube ich, auch in der Pflege eine bessere Qualität und auch Motivation erreichen. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD)

Es gibt noch eine Redemeldung vom Abgeordneten Eckardt für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wollte eigentlich der Frau Kollegin Siegesmund eine Zwischenfrage stellen, wurde aber leider vom Präsidium übersehen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Sie haben nun mehrfach die Aktualität Ihres Antrags begründet. Ich möchte einmal den Punkt 6 des Antrags vorlesen: „sich für eine höhere Vergütung der Pflegefachkräfte einzusetzen und die laufenden Verhandlungen zusammen mit den Trägern und Pflegekassen für einen Pflegepakt bis 1. November 2012 erfolgreich zu beenden“.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Antrag ist vom Okto- ber.)

Nur zur Information, wir schreiben heute den 13.12.2012 und der Pflegepakt ist schon längst unterschrieben. Danke schön.

(Beifall SPD)

Das wäre auch ein bisschen lang für eine Frage gewesen. Ich habe keine weiteren Redeanmeldungen

(Unruhe DIE LINKE)