Lassen Sie mich zum Schluss noch ein anderes Problem sehr kurz ansprechen, und zwar ist das das Problem der Berufsausbildung ausländischer Jugendlicher, die im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung sind. Nach der Praxis der Arbeitsverwaltung können ausländische Jugendliche, die im Besitz einer Aufenthaltsgestattung oder Duldung sind, unter bestimmten Voraussetzungen auch in Thüringen eine Ausbildung beginnen. Die Arbeitsämter prüfen vor Erteilung der Arbeitserlaubnis lediglich, ob Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts die Erteilung zulassen. Auf die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts wird nicht abgestellt. Hieraus ergeben sich sowohl für die Auszubildenden als auch für die Ausbildungsbetriebe erhebliche Nachteile. Es hat sich allerdings die Praxis in Thüringen, und das finde ich gut, weitgehend durchgesetzt, dass junge Ausländer in Ausbildung in der Regel nicht abgeschoben werden. Aber es gibt Unsicherheit im Umgang mit gesetzlichen Grundlagen, falsche Aussagen gegenüber jugendlichen Ausländern und ihren Eltern gibt es sehr häufig.
Ich habe hier auch ein ganz konkretes Beispiel vor Augen aus meiner Heimatstadt Suhl. Dort hat sich eine engagierte Frau, die will ich auch mal mit Namen benennen, Frau Roswitha Steger, sie ist nämlich für ihr Engagement mit dem Ehrenpreis „Für mehr Demokratie“ durch meine Fraktion ausgezeichnet worden,
auf die Lehrstellensuche gerade mit ausländischen Jugendlichen begeben und in vier Fällen ist es ihr ganz konkret gelungen. Allerdings waren da sehr viele Initiativen notwendig, nicht nur Berufsausbil
dungsmessen besuchen, Gespräche mit Unternehmern. Sie hat beispielsweise auch Kontakt mit dem Chef der ARGE aufgenommen, mit zuständigen leitenden Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit in Südthüringen und die Probleme auf den Tisch gepackt. Es hat sich gezeigt, dass sich hier entsprechendes Engagement durchaus lohnt, weil es immer noch Vorbehalte auch bei Unternehmen gibt, ausländische Jugendliche einzustellen bzw. ihnen einen Ausbildungsplatz zu geben, dort, wo die Aufenthaltsdauer ungeklärt ist und wo es auch mögliche Risiken bei der Ausbildung gibt. Das sind Gründe, die darf man auch nicht einfach beiseite schieben. Klar ist allerdings, dass diese jungen Leute besondere Unterstützung brauchen, weil sie ihre Rechte oft zu wenig kennen, weil sie weggeschickt und auf Abwarten vertröstet werden. Deswegen ist es, glaube ich, notwendig, hier zu sagen - und wir haben in den Punkten 4 und 9 unseres Antrags entsprechende Vorschläge unterbreitet -, dass dringender Handlungsbedarf besteht, dass gehandelt werden muss. Ich bitte Sie, sich der Überweisung der Anträge an die beantragten Ausschüsse nicht zu verweigern, damit die Debatte unter anderem auch zu diesen und den anderen genannten Themen weitergeführt werden kann und dafür gesorgt wird, dass es entsprechende Schlussfolgerungen und Konsequenzen gibt. Danke.
Mir liegen jetzt seitens der Abgeordneten keine weiteren Redeanmeldungen - doch, Frau Abgeordnete Berninger, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich möchte einmal reagieren auf die Anfrage der Kollegin Stauche, wie es denn kommt, dass eine Ärztin aus Russland bei uns Asyl sucht. Frau Stauche, ist Ihnen nicht bekannt, dass die politische Opposition in Russland der Verfolgung ausgesetzt ist? Vielleicht empfiehlt sich die Zeitungslektüre. Sie werden mit Sicherheit einen weltberühmten Schachspieler finden, der aufgrund seiner Oppositionstätigkeit in Haft genommen wurde, oder vielleicht stößt Ihnen auch der Fall der ermordeten Journalistin auf. Diese Ärztin ist bestimmt nicht aus materiellen Gründen hierhergekommen, sondern weil sie tatsächlich verfolgt wird.
Sehr geehrte Kollegin Meißner, ich hatte einen juristisch wohl formulierten Beitrag Ihrerseits zum Thema Kommunalwahlrecht für Drittstaatenangehörige erwartet und bin nicht enttäuscht worden. Natürlich haben Sie aber Dinge gesagt, die man auch anders auslegen kann. Wir haben uns ja in der Begründung unseres Antrags darauf bezogen, dass mittlerweile
in 16 europäischen Ländern unter unterschiedlichen Voraussetzungen die Wahlmöglichkeiten für NichtEU-Bürger und -Bürgerinnen ermöglicht worden sind. Meine ganz persönliche Überzeugung ist, dass eine mangelnde Wahlbeteiligung kein Grund ist, das Wahlrecht in diesen Ländern wieder abzuschaffen bzw. hier bei uns gar nicht erst einzuführen. Ich denke, Demokratie muss erlernt werden und man muss auch zu Beginn einer solchen Neuregelung damit rechnen, dass die Leute sich zunächst einmal schwer tun.
1993 wurde auf europäischer Ebene das Programm eines einheitlichen Binnenmarkts und Sozialraums verabschiedet. Dieses wird bis heute versucht einzuhalten und durchzusetzen, mit verschiedenen Regelungen auf nationalstaatlicher Ebene umzusetzen, und ich denke, das müsste auch für demokratische Rechte gelten. 1972 hat die Bundesrepublik Deutschland ein in einer Anhörung des Deutschen Bundestags im September benanntes großes Experiment gewagt, nämlich, da wurde auf betrieblicher Ebene den Ausländerinnen und Ausländern das volle aktive und passive Wahlrecht eingeräumt. In der Anhörung hat der Experte von der Uni Münster dazu ausgeführt, dass die volle Partizipation hier volle Integration und optimale Ergebnisse ermöglicht. Sowohl dieser Experte als auch meine Fraktion und, ich glaube, auch die Fraktion der SPD hier in Thüringen und die rheinland-pfälzische SPD sind der Meinung, dass dies auch für die Demokratie auf kommunaler Ebene gelten sollte.
Frau Meißner, Sie haben Kriterien benannt am Beispiel der Einbürgerung, ab wann man wählen darf, nämlich die vollständige Integration, die deutsche Sprache und die Berufstätigkeit. Wenn ich das sehr eng auslege, dann haben Sie gerade Menschen ohne Erwerbstätigkeit die Qualifikation abgesprochen, auf kommunaler Ebene wählen zu dürfen. Ich hoffe, Sie haben sich da versprochen oder Ihr Mitarbeiter hat es Ihnen falsch aufgeschrieben.
Vielleicht noch ein Verweis auf die Regelungen zur Staatsbürgerschaft. Der von mir eben schon benannte Experte von der Uni Münster hat in der Anhörung im Bundestag darauf verwiesen, dass die 1900 eingeführten Regelungen zur Staatsbürgerschaft einer nationalistischen Idee entspringen, dass sie zwar im Bundesrecht immer noch gelten, aber dass Deutschland als Einbürgerungsland und als weltoffenes Land inzwischen sehr viel weiter sein müsste. Deswegen noch mal mein Appell: Stimmen Sie der Überweisung dieses Antrags zu, alternativ, stimmen Sie dem Antrag auf Einführung des Kommunalwahlrechts für Drittstaatenangehörige zu.
Noch mal zur Klarstellung, weil ich das Gefühl habe, es ist nicht deutlich genug von mir gesagt worden. Wir beantragen, das gesamte Paket an den Innen
ausschuss, den Gleichstellungsausschuss und den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zu überweisen, wobei wir die Federführung beim Gleichstellungsausschuss sehen möchten. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Fraktion DIE LINKE will durch eine Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes sowie durch zahlreiche Maßnahmen und Initiativen im Bereich der Flüchtlingspolitik die Situation der im Land lebenden Flüchtlinge problematisieren.
Erlauben Sie mir, dass ich zunächst auf die im Antrag für eine menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik in Thüringen erhobenen Forderungen eingehe. Die Fraktion DIE LINKE verlangt, dass die Landesregierung auf der Grundlage des § 58 Abs. 6 des Asylverfahrensgesetzes eine Rechtsverordnung erlässt. Hierdurch soll es den Asylbewerbern ermöglicht werden, sich vorübergehend in ganz Thüringen aufzuhalten. Darüber hinaus soll in bestimmten Fällen, etwa zur Teilnahme an politischen Veranstaltungen, auch ein Aufenthalt außerhalb Thüringens erleichtert werden. Der Wunsch, sich im ganzen Land aufhalten zu können, ist sicherlich nachvollziehbar, dennoch sind aber selbstverständlich die für Asylbewerber geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu beachten. So sieht § 56 des Asylverfahrensgesetzes unmissverständlich vor, dass der Aufenthalt von Asylbewerbern grundsätzlich auf das Gebiet der zuständigen Ausländerbehörde beschränkt ist. Natürlich ist es dem Asyl Suchenden nach § 58 Asylverfahrensgesetz auch während des Verfahrens erlaubt, ohne eine vorherige Erlaubnis Termine etwa bei Behörden und Gerichten wahrzunehmen. Ebenso soll für eine Vorsprache bei Bevollmächtigten eine Erlaubnis zum Verlassen des zugewiesenen Aufenthaltsbereiches erteilt werden. Darüber hinaus kann die zuständige Ausländerbehörde in Einzelfällen Ausnahmen zulassen.
Ich will auch nicht verschweigen, dass der Vollzug dieser Regelungen in der Vergangenheit durchaus nicht immer unproblematisch war. Diese zumeist durch die örtliche Lage einiger Gemeinschaftsunterkünfte bedingten Schwierigkeiten konnten aber dadurch behoben werden, dass sich die betroffenen Flüchtlinge in Absprache mit den Ausländerbehörden in Bereichen angrenzender Landkreise und kreisfreier
Städte aufhalten dürfen. Durch diese pragmatische Verfahrensweise konnte und kann auch zukünftig sowohl dem berechtigten Anliegen der Asylbewerber als auch der Intention des Asylverfahrensgesetzes meines Erachtens hinreichend Rechnung getragen werden. Der von der Fraktion DIE LINKE angestrebte Regelungsinhalt würde die durch Bundesrecht vorgegebene Grenze überschreiten und letztlich zu einer weitgehenden Aufhebung der für Asylbewerber geltenden räumlichen Beschränkungen führen und das kann ich nicht unterstützen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch teile ich nicht die Auffassung, wonach das Asylbewerberleistungsgesetz auf eine Gleichwertigkeit der verschiedenen Formen der Leistungsgewährung abstellt und es den Leistungsbehörden freisteht, generell Barleistungen zu erbringen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 2 des Asylbewerbergesetzes sind vorrangig Sachleistungen zu gewähren. Das heißt, zunächst kommen Wertgutscheine, dann andere unbare Abrechnungen und erst zuletzt Barleistungen in Betracht. Zudem muss die Gewährung von Geldleistungen nach § 3 Abs. 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich sein. Es müssen also konkrete, sich aus der Unterbringungssituation, den örtlichen Gegebenheiten oder der Person des Leistungsberechtigten ergebende Sachverhalte vorliegen, die ungeachtet des vom Gesetz gewollten Vorrangs der Sachleistungsgewährung einen Rückgriff auf die Form der Barleistung nahelegen und auch sachlich rechtfertigen. Da das Asylbewerberleistungsgesetz also gerade keine gleichrangige Ausreichung von Bargeld vorsieht, ist auch eine entsprechende Änderung der Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht möglich.
Vielen Dank. Ich dachte schon, Herr Scherer, Sie würden nie mehr Luft holen. Sie haben zur Forderung meiner Fraktion, die Rechtsverordnung zum Thema Residenzpflicht zu verfassen und damit die Regelung der Residenzpflicht aufzuweichen gesagt, das würde sich nicht auf bundesrechtlichem Rahmen bewegen.
Meine Frage: Es gibt in Mecklenburg-Vorpommern und in Hessen entsprechende Regelungen, handelt damit zum Beispiel Roland Koch in Hessen rechtswidrig, indem er die Residenzpflicht auf die Regierungsbezirke ausgeweitet hat bzw. diese Regelung nicht anfechtet?
Ich habe vorhin gesagt, grundsätzlich enthält das Bundesrecht bestimmte Regelungen, die eine Aufhebung der Residenzpflicht nicht rechtfertigen. In Hessen ist - soweit ich die Regelung kenne, ich kenne sie nicht ganz genau - die Residenzpflicht ja nicht komplett aufgehoben, sie ist etwas ausgeweitet.
Wir sind hier in Thüringen und ich bin der Meinung, dass man das Bundesgesetz nicht so weit aufweichen kann, dass letztlich eine Residenzpflicht überhaupt nicht mehr besteht. Das habe ich vorhin auch zum Ausdruck gebracht und dabei bleibe ich auch.
Ich hatte gerade aufgehört bei der Frage, ob eine Ausreichung von Bargeld als Grundsatz möglich ist, und hatte dies verneint. Ebenso halte ich die Forderung der Fraktion DIE LINKE, die von Thüringen aufzunehmenden Flüchtlinge und Asylbewerber künftig nicht mehr auf der Grundlage der jeweiligen Bevölkerungszahl der Landkreise und kreisfreien Städte, sondern unter Berücksichtigung der regionalen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten zu verteilen, nicht für zielführend. Die derzeit vorgenommene Zuweisung ausländischer Flüchtlinge auf die Landkreise und kreisfreien Städte entsprechend ihrer jeweiligen Einwohnerzahl gewährleistet, dass die mit der Aufnahme und Unterbringung verbundenen Belastungen wie auch die damit einhergehenden Vorteile für die Kommunen gerecht verteilt werden.
Nicht zu unterschätzen ist auch, dass ein festgelegter Verteilschlüssel den Landkreisen und kreisfreien Städten eine gewisse Planungssicherheit im Hinblick auf bereitzuhaltende Unterbringungskapazitäten bietet. Es ist selbstverständlich, dass das Landesverwaltungsamt bei der Verteilung von Asylbewerbern auf soziale und familiäre Aspekte der Betroffenen Rücksicht nimmt. Dies war bisher schon so und wird auch in Zukunft so bleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich teile die Auffassung, dass sowohl bei der Anerkennung von ausländischen Abschlüssen als auch im Hinblick auf erforderliche Maßnahmen zur Nach- und Anpassungsqualifizierung Handlungsbedarf besteht. Viele bleibeberechtigte Zuwanderer stehen vor dem Problem, dass ihre im Herkunftsland erworbenen
Berufs- und Hochschulabschlüsse in Deutschland nicht oder nur teilweise anerkannt werden. Das hat vielfach zur Folge, dass sie keine Anstellung finden oder nicht ihrer Qualifikation entsprechend beschäftigt werden.
Dieses Problem haben auch die für Integrationsfragen zuständigen Minister der Länder am 30.09.2008 in Hannover diskutiert. Im Ergebnis dieses Treffens sprachen sich alle Ländervertreter für eine Vereinfachung der Anerkennungsverfahren für im Ausland erworbene Abschlüsse aus und beschlossen hierzu Gespräche mit den Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz, der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz und der Wirtschaftsministerkonferenz zu führen.
Ebenso beschäftigt sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge derzeit im Rahmen der Erarbeitung eines bundesweiten Integrationsprogramms mit diesem Thema und wird voraussichtlich im Frühjahr des nächsten Jahres hierzu Vorschläge unterbreiten. Ich bin zuversichtlich, dass wir bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse wie auch bei der Frage einer Nachqualifizierung schon bald Fortschritte erzielen werden. Eine Beauftragung des Bundesinstituts für Berufsbildung halte ich gegenwärtig insoweit nicht für erforderlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes im Jahr 2005 stehen mehrere gesetzliche Instrumentarien zur Verfügung, die es den Ausländerbehörden ermöglichen, langjährig geduldeten Flüchtlingen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Auch trug der Bleiberechtsbeschluss der Innenminister und -senatoren vom November 2006 zur Lösung humanitärer Probleme bei. Diese rechtlichen Möglichkeiten werden im Interesse der Betroffenen durch die Ausländerbehörden auch in großer Anzahl genutzt. So konnten nach den Maßgaben des IMK-Beschlusses seit 2006 435 Personen bis zum 30.09.2008 und 456 Personen nach der gesetzlichen Altfallregelung des Aufenthaltsgesetzes Aufenthaltserlaubnisse erteilt werden. Darüber hinaus erhielten bis zum 30. Juni 2008 695 Personen, deren Ausreise aus rechtlichen oder ärztlichen Gründen nicht möglich ist, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5. Besteht trotz dieser gesetzlichen Regelung aus humanitären Gründen noch weiterer Handlungsbedarf, so kann dem im Einzelfall durch eine Befassung in der Härtefallkommission Rechnung getragen werden. Auf Ersuchen dieses Gremiums erhielten bislang 309 Personen ein Aufenthaltsrecht. Die Gewährung eines Aufenthaltsrechts aus humanitären Gründen setzt aber stets voraus, dass sich diese Zuwanderer während ihres jahrelangen Aufenthalts im Bundesgebiet um Integration bemüht haben, über deutsche Sprachkenntnisse verfügen und bereit sind, sich in unseren Kulturkreis einzubringen. Das bloße Abstellen auf einen mehrjährigen Aufenthalt im Bun
desgebiet kann keinesfalls eine derartige Privilegierung rechtfertigen. Ich sehe da keine Notwendigkeit für eine Neufassung der Bleiberechtsregelung und lehne eine entsprechende Bundesratsinitiative ab.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Fraktion DIE LINKE versucht zum wiederholten Mal den Eindruck zu erwecken, dass sich die Landesregierung nur unzureichend um die bei uns lebenden Flüchtlinge kümmert. Dem will ich entschieden entgegentreten. Das Thüringer Innenministerium unterstützt allein in diesem Jahr die Integration von Flüchtlingen und bleibeberechtigten Zuwanderern mit mehr als 30 Projekten unter finanziellem Einsatz von 500.000 €.
Lassen Sie mich einige wenige Beispiele aus dem Bereich der Flüchtlingssozialarbeit anführen. Das Thüringer Innenministerium fördert zusammen mit dem Thüringer Sozialministerium und der Europäischen Union das Projekt „Sprach- und Kulturmittler für den Gesundheitsbereich“. Im Rahmen dieses Projektes werden bis 2011 bis zu 80 mehrsprachige Zuwanderer zu Themen des Gesundheitsbereiches geschult. Die Qualifizierungsmaßnahmen widmen sich dabei Techniken des Dolmetschens und Übersetzens unter Einbeziehung der wichtigen Bereiche der interkulturellen Kompetenz. Oder etwa die vom evangelischen Kirchenkreis in Erfurt durchgeführte Beratung von Flüchtlingen und Asylbewerbern, auch hier leistet das Thüringer Innenministerium einen finanziellen Beitrag. Zusätzlich zu den vom Land unterstützten Projekten wurden für dieses Jahr noch weitere 10 Maßnahmen zur Verbesserung der Flüchtlingssozialarbeit aus Mitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds bewilligt. Nicht vergessen werden darf auch, dass das Thüringer Innenministerium, obwohl hierzu keine rechtliche Verpflichtung besteht, den Landkreisen, kreisfreien Städten für die soziale Betreuung der aufgenommenen Flüchtlinge Geld zur Verfügung stellt, allein im letzten Jahr 600.000 €. Zudem unterstützt auch - und das soll nicht vergessen werden - der Ausländerbeauftragte des Landes vielfältige Aktivitäten zur Integration der Zuwanderer.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat bei der Integration von Zuwanderern, aber auch bei der Unterstützung der Flüchtlingssozialarbeit viel auf den Weg gebracht. Zur Forderung der Fraktion DIE LINKE, ein Konzept zur Förderung eines landesweiten Beratungsnetzes vorzulegen, kann ich nur sagen, die Phase der Erarbeitung theoretischer Ansätze haben wir hinter uns. Wir fördern längst konkrete Projekte, die den bei uns lebenden Flüchtlingen unmittelbar zugutekommen. Die Notwendigkeit für einen Erlass zur Klarstellung des § 10 der Beschäftigungsverfahrensverordnung sehe ich ebenfalls nicht. Mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäi
schen Union vom 19. August 2007 wurde § 10 der Beschäftigungsverfahrensverordnung geändert. Danach findet keine Vorrangprüfung und auch keine Prüfung der Arbeitsbedingungen mehr statt, wenn sich der Ausländer seit mehr als vier Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit Aufenthaltsgestattung in Deutschland aufgehalten hat. Mit dieser Regelung soll es geduldeten Ausländern nach längerem Aufenthalt im Bundesgebiet erleichtert werden, sich durch betriebliche Ausbildung zu qualifizieren und ihren Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit zu bestreiten. Hierdurch erhalten die betroffenen geduldeten Ausländer einen uneingeschränkten und mit deutschen Ausbildungs- und Arbeit Suchenden gleichrangigen Zugang zur Ausbildung und zur Beschäftigung. Es ist aber auch selbstverständlich, dass geduldete Ausländer, die etwa ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen, auch nicht in den Genuss dieser Vergünstigungen kommen können. Vor diesem Hintergrund eindeutiger Gesetzeslage erübrigt sich weiteres Handeln.
Die von der Fraktion DIE LINKE beabsichtigte Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes kann ich ebenfalls nicht mittragen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE soll zum einen bei der Aufnahme ausländischer Flüchtlinge eine Gleichrangigkeit zwischen Gemeinschafts- und Einzelunterbringung sowie eine Aufnahme in Form des betreuten Wohnens hergestellt werden. Zudem sollen Flüchtlinge künftig grundsätzlich spätestens nach einem Aufenthalt von 12 Monaten eine Wohnung erhalten. Von einer Einzelunterbringung soll nur dann abgesehen werden, wenn durch das Verhalten des Betroffenen eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu befürchten ist oder der öffentlichen Hand hierdurch erhebliche Mehrkosten entstehen würden. Mir ist natürlich bekannt, dass die im Land aufgenommenen Asylbegehrenden einen Aufenthalt in einer Gemeinschaftsunterkunft nicht selten als belastend empfinden. Auch habe ich durchaus Verständnis dafür, dass nicht wenige Flüchtlinge lieber in einer eigenen Wohnung leben möchten.
Die im vorliegenden Gesetzentwurf enthaltene Regelung, wonach die kommunalen Aufnahmebehörden über die Art der Unterbringung von Flüchtlingen frei entscheiden können, ist allerdings in rechtlicher Hinsicht nicht zulässig. Nach der eindeutigen Regelung des § 53 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes sind Asylbewerber in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. In Übereinstimmung mit dieser bundesgesetzlichen Vorgabe sieht auch das Flüchtlingsaufnahmegesetz des Landes vor, dass vorrangig eine Aufnahme in Gemeinschaftsunterkünften zu erfolgen hat. Eine Regelung im Hinblick auf eine Aufnahme von Flüchtlingen in Form des betreuten Wohnens enthält das Flüchtlingsaufnahme
gesetz nicht. Für eine derartige Bestimmung sehe ich derzeit auch keine Notwendigkeit. Allerdings besteht nach § 2 Abs. 3 des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes die Möglichkeit, insbesondere Familien und Alleinstehenden mit Kindern eine Wohnung zuzuweisen, sofern der öffentlichen Hand hierdurch keine Mehrkosten entstehen. Dass, meine Damen und Herren, die Landkreise und kreisfreien Städte diese Ausnahmeregel unter Berücksichtigung auch der Interessen der Asylbegehrenden verantwortungsbewusst anwenden, das verdeutlichen meines Erachtens die nachfolgenden Zahlen. Mit Stand vom 15. September 2008 waren in Thüringen insgesamt 2.913 Asylbewerber und Geduldete untergebracht, davon bewohnten 1.246 Personen eine eigene Wohnung. Es befanden sich damit also annähernd 43 Prozent der Flüchtlinge in Thüringen in Einzelunterbringung.
Dagegen ist die im Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE vorgesehene weitergehende Bestimmung, wonach spätestens nach einem Aufenthalt von einem Jahr Flüchtlingen eine Wohnung zugewiesen werden soll, sofern hierdurch keine erheblichen Mehrkosten entstehen, mit der geltenden Rechtslage nicht vereinbar.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der im vorliegenden Gesetzentwurf zum Ausdruck kommenden Wertung, wonach eine Aufnahme von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften menschenunwürdig sei, möchte ich mit Nachdruck widersprechen. Nicht wenige Organisationen und Vereine betreuen und beraten unter anderem im Rahmen von Projekten, die aus Mitteln des Landes oder der EU gefördert werden, fachkundig die in Gemeinschaftsunterkünften lebenden Flüchtlinge. Darüber hinaus kontrolliert das Landesverwaltungsamt die kommunalen Gemeinschaftsunterkünfte und achtet dabei auf die Einhaltung einschlägiger Vorschriften. Mir ist aber auch bekannt, dass die kommunalen Unterkünfte unterschiedlich ausgestattet sind. Ich kann mir daher durchaus vorstellen, künftig Mindeststandards für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften vorzugeben.