Protocol of the Session on November 12, 2008

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Gut, das hätten Sie machen können.)

Entschuldigung, das ist eine Tischvorlage. Schauen Sie mal, wie sehr ich mich schon einlasse auf Ihre Einlassung. Also, die Thüringer Landesregierung wird aufgefordert, darauf hinzuwirken usw. und so fort. Träger der Wasserversorgung ist die Gemeinde Gerstungen. Ich wäre sehr damit einverstanden, wenn die Thüringer Landesregierung aufgefordert wird, die Gemeinde Gerstungen in ihrer Funktion als Aufgabenträger der Wasserversorgung für die Gemeinde zu unterstützen bei ihren Bemühungen, die notwendigen Vorsorgemaßnahmen zur Sicherung der Wasserversorgung der Gemeinde sofort zu ergreifen und die Finanzierung entsprechend dem Verursacherprinzip zu sichern. Das ist deshalb wichtig, weil natürlich nur die Gemeinde Gerstungen diese Bemühungen in die Wege leiten und durchführen kann. Sie braucht natürlich Unterstützung, denn die Aufgabe ist kompliziert genug und das Durchsetzen der Finanzierung über das Verursacherprinzip ist auch kompliziert genug und wird sicher einen langen Rechtsweg gehen. Aber dass die Gemeinde an diesem Punkt unterstützt werden muss, ist ohne jeden Zweifel, denn die leben heute ja im Grunde schon, auch wenn bislang das Trinkwasser noch nicht entsprechend beeinträchtigt ist, auf einer Bombe - sagen wir mal -; es kann jeden Moment durch eine geologische Umschichtung dort zu einem Fehler kommen und zu einem Durchbrechen der entsprechenden Versenkungslauge in die Trinkwasserreservoire. Deshalb muss die Gemeinde eigentlich jetzt schon die entsprechenden Vorsorgemaßnahmen erreichen, denn es könnte morgen schon passieren, dass ihr Trinkwasser nicht mehr nutzbar ist. Insofern wäre ich für eine entsprechende Umformulierung Ihres zweiten Punktes und dann natürlich für Einzelabstimmung, dass die Thüringer Landesregierung gebeten wird, die Gemeinde Gerstungen als Aufgabenträger der Wasserversorgung zu unterstützen bei ihrem Bemühen, die notwendigen Vorsorgemaßnahmen zur Sicherung der Wasserversorgung zu ergreifen und durchzuführen, und ihr zu helfen bei der Finanzierung entsprechend dem Verursacherprinzip. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Damit beende ich die Aussprache.

Ich frage in die Runde: Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des Antrags erfüllt ist, oder erhebt sich Widerspruch? Es gibt keinen Widerspruch. Damit ist das Berichtsersuchen erfüllt.

Wir kommen zu Nummer 2 des Antrags. Es liegt kein Antrag auf Überweisung an einen Ausschuss vor. Damit werden wir direkt über den Antrag abstimmen, über Nummer 2 des Antrags der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4370. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4616. Bitte?

Frau Präsidentin, ich beantrage im Namen der SPDFraktion namentliche Abstimmung.

Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4616. Ich bitte die Stimmkarten einzusammeln.

Hatte jeder die Möglichkeit, seine Stimmkarte abzugeben? Das ist offensichtlich der Fall. Dann beende ich die Abstimmung und bitte um Auszählung der Stimmen.

Ich gebe Ihnen das Ergebnis bekannt: Es wurden 32 Jastimmen abgegeben, 41 Neinstimmen und 1 Enthaltung. Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt worden (namentliche Abstimmung siehe Anlage 1).

Ich beende diesen Tagesordnungspunkt 11 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 12

Fortschreibung des Nahver- kehrsplans für den Schienen- personennahverkehr (SPNV) Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/4373 -

Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung erstattet Sofortbericht. Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Wucherpfennig.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Freistaat Thüringen als Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr, kurz SPNV, ist gemäß ÖPNVGesetz des Landes verpflichtet, alle fünf Jahre für seinen Zuständigkeitsbereich einen Nahverkehrsplan aufzustellen bzw. fortzuschreiben. Der erste Nahverkehrsplan des Landes wurde nach der Regionalisierung des SPNV im Jahr 1998 veröffentlicht. Im Jahr 2003 erfolgte die erste Fortschreibung. Jetzt, nach erneut fünf Jahren, erarbeitet die Landesregierung die zweite Fortschreibung. Der Nahverkehrsplan enthält Bestandsanalysen des SPNV-Angebots und der Infrastruktur, Abschätzungen zum SPNV-Bedarf, Aussagen zur Angebotsgestaltung und Infrastrukturentwicklung, Aussagen zur Zukunft einzelner schwach nachgefragter Strecken sowie ein Konzept zur schrittweise zu vollziehenden vollständigen Vergabe von Verkehrsleistungen im SPNV unter Berücksichtigung der geltenden vergaberechtlichen Bestimmungen.

Im Sommer hat die gesetzlich vorgeschriebene Anhörungsphase zum Nahverkehrsplan stattgefunden. Mit der Anhörung hatte das Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Medien ein Unternehmen für Mobilitätsberatung und Infrastrukturplanung beauftragt. Dieses hat mit Schreiben vom 9. Juli 2008 den Entwurf der zweiten Fortschreibung des Nahverkehrsplans an die Anzuhörenden, das sind unter anderem die Landkreise und kreisfreien Städte als Aufgabenträger des Straßenpersonennahverkehrs, übersandt und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Diese Stellungnahmen sind inzwischen eingegangen, analysiert und bewertet worden. Darüber hinaus hat es mit einigen Vertretern der kommunalen Ebene ergänzend Gespräche gegeben. Die Ergebnisse der Anhörung wie auch der zusätzlichen Besprechung mit den kommunalen Aufgabenträgern sind in den Nahverkehrsplan eingeflossen. Der Nahverkehrsplan wird in Kürze, auf jeden Fall noch im IV. Quartal dieses Jahres, veröffentlicht. Derzeit befindet er sich in der Ressortabstimmung und wird nach deren Abschluss zunächst im Kabinett vorgestellt.

Auch wenn also noch keine endgültige Fassung vorliegt, möchte ich den Antrag der SPD dazu nutzen, den Landtag heute bereits über einige wesentliche Punkte des Nahverkehrsplans zu informieren. Zunächst aber muss ich feststellen, dass der Antrag der SPD-Fraktion insbesondere auf Angebotskürzungen, Aufgabe von Haltepunkten, Lücken im Schienennetz und Abbestellungen von SPNV-Leistungen, also nur auf Mängel abstellt. Wer aber die Entwicklung der letzten Jahren aufmerksam und objektiv verfolgt hat, dem müsste bekannt sein, dass sich der Schienenpersonennahverkehr in Thüringen insge

samt stark verbessert hat.

In diesem Zusammenhang verweise ich beispielsweise auf folgende Maßnahmen: Neu- und Ausbau von Zugangsstellen in Erfurt, Jena-Paradies, GeraSüd und Gera-Hauptbahnhof, Saalfeld, Neuhaus am Rennweg, Ausbau und Sanierung des Eisenbahnnetzes in den Relationen Eisenach, Erfurt, Gera, Eisfeld, Sonneberg, Neuhaus, Gotha, Mühlhausen, Leinefelde, Erfurt, Würzburg, Großheringen, Jena, Lichtenfels und Oberweißbacher Berg- und Schwarzatalbahn. Reduzierung von Mängelstellen im regionalen Schienennetz, Taktverdichtung und Schaffung neuer Linien und Direktverbindungen, Leistungsausweitung, - und das ist, denke ich, besonders bemerkenswert - von 17,8 Mio. Zugkilometer im Jahr 1995 auf 21,8 Mio. in diesem Jahr, das ist eine Steigerung von nahezu 20 Prozent.

Dies, meine Damen und Herren, sind nur einige Beispiele für die erfolgreiche ÖPNV-Politik des Landes. Auch mit dem neuen Nahverkehrsplan werden wir den Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs fortsetzen. So sollen innerhalb des Gültigkeitszeitraums des neuen Nahverkehrsplans weitere Angebotsverbesserungen durchgesetzt werden. Beispielsweise wollen wir neben einer Vielzahl kleinerer Maßnahmen erreichen, dass neue, durchgehende Regionalexpressverbindungen zwischen Erfurt und Altenburg sowie zwischen Jena und Nürnberg geschaffen werden, dass es zu deutlichen Reisezeitverkürzungen zwischen Erfurt und Würzburg sowie auf der MitteDeutschland-Verbindung kommt, dass die MitteDeutschland-Verbindung mit Unterstützung des Landes weiter zweigleisig ausgebaut und das Zugangebot in der Folge weiter verdichtet wird und dass in der Hauptverkehrszeit zusätzliche Züge zwischen Erfurt und Meiningen angeboten werden sowie dass der Altenburger Raum durch den Citytunnel an die Innenstadt von Leipzig, den Flughafen Halle-Leipzig und die Stadt Halle direkt angebunden wird. Einige der soeben genannten Maßnahmen, wie etwa die Verkürzung der Fahrzeit zwischen Erfurt und Würzburg, werden bereits mit dem Winterfahrplan 2008/2009 wirksam, den die Nahverkehrsgesellschaft Thüringen morgen der Öffentlichkeit vorstellen wird.

Gegenwärtig wird in der Presse über die Stilllegung von Zugangsstellen im SPNV diskutiert und zum Teil auch spekuliert. Lassen Sie mich dazu feststellen, dass von den insgesamt 324 Zugangsstellen in Thüringen in dem ab 14. Dezember 2008 gültigen Winterfahrplan nur eine Zugangsstelle nicht mehr bedient wird, nämlich die von Unterloquitz auf der Strecke Saalfeld - Lichtenfels. Das ist in diesem Fall mit Bauarbeiten begründet. Damit die Reisenden von und nach Lichtenfels auch weiterhin ihre Anschlusszüge in Saalfeld erreichen, muss der Halt in Unterloquitz entfallen, aber das nur vorübergehend.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal deutlich herausstellen, dass es nie die Absicht des Landes war, alle in der zur Anhörung gestellten Entwurfsfassung des Nahverkehrsplanes genannten 36 Zugangsstellen mit weniger als 20 Einsteigern aufzugeben. Dies ist dem § 6 Satz 2 ÖPNV-Gesetz geschuldet, Stichwort Bestandsanalyse. Vielmehr müssen und sollen diese unterfrequentierten Haltestellen im Hinblick auf ihre Attraktivitätssteigerung und ihren langfristigen Erhalt untersucht werden.

Mit dem vorliegenden Antrag möchte die SPD-Fraktion auch über die Folgen der Aufgabe von Haltepunkten und Zugangsstellen für die räumliche Verfügbarkeit des SPNV informiert werden. Dazu kann ich Folgendes sagen: Die räumliche Verfügbarkeit des SPNV ist nur ein Baustein bei der Bewertung von Zugangsstellen. Klar dürfte sein, dass bei jedweder Aufgabe von Zugangsstellen die räumliche Verfügbarkeit des SPNV sinkt. Allerdings ist die entscheidende Fragestellung, wie die betreffenden Ortschaften unter dem Gesichtspunkt der Daseinsvorsorge mit öffentlichen Verkehrsmitteln angeschlossen sind. Deshalb ist es angesichts der weiterhin bestehenden schwierigen Finanzlage von besonderer Bedeutung, alle Anstrengungen zu bündeln, um die öffentlichen Verkehrsangebote wirtschaftlicher zu gestalten. Hierzu müssen Land, Landkreise und Kommunen gemeinsam Überlegungen anstellen, wie parallele Angebote vermieden werden können. Künftig wird es unter Beachtung wirtschaftlicher Kriterien und der demographischen Entwicklung immer wichtiger, die öffentlichen Verkehre auf Schiene und Straße aufeinander abzustimmen und zu verbinden. Die Verknüpfung der Verkehrsträger wird deshalb auch ein Schwerpunkt des Nahverkehrsplans sein.

Auch ist die öffentliche Verkehrserschließung mit einem abgestimmten Angebot aus Straßen- und Schienenpersonennahverkehr grundsätzlich in allen Landesteilen sichergestellt. Das heutige SPNV-Angebot orientiert sich an der Nachfrage. In den Räumen ohne direktes Eisenbahnangebot gibt es in der Regel ein bedarfsgerechtes Angebot im straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr. Der Personennahverkehr auf der Schiene mit seinen die Fläche erschließenden und Landesgrenzen übergreifenden Linien wird allerdings weiterhin das Rückgrat des öffentlichen Verkehrsnetzes bilden. Der Leistungsumfang soll dabei im Wesentlichen beibehalten werden. Es ist demnach derzeit grundsätzlich nicht beabsichtigt, SPNV-Linien aufzugeben oder im wesentlichen Umfang Leistungen abzubestellen. Voraussetzung für die Beibehaltung und die Weiterentwicklung der SPNV-Leistungen sind unter anderem die erforderliche Instandhaltung bzw. der Ausbau der Infrastruktur, die Vermeidung konkurrierender öffentlicher Verkehrsleistungen sowie die kontinuierliche Finanzausstattung des Landes.

Meine Damen, meine Herren, Sie können sicher sein, die Landesregierung wird sich vehement dafür einsetzen, denn wir wissen um die Bedeutung des Verkehrsträgers Schiene für unser Land und seine Bewohner. Wir werden deshalb die Weiterentwicklung des Schienenpersonennahverkehrs auch künftig mit den uns von Ihnen bereitgestellten Finanzmitteln aktiv unterstützen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke, der Sofortbericht ist gegeben. Wer wünscht die Aussprache zum Sofortbericht? SPD-Fraktion, CDU-Fraktion und auch die Fraktion DIE LINKE. Dann eröffne ich die Aussprache. Als erster Redner hat das Wort Abgeordneter Lemke, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister, mit dem Sofortbericht haben Sie schon eine ganze Menge Schärfe aus dem ursprünglichen Entwurf herausgenommen. Es ist positiv zu bewerten, dass Sie auf die Stellungnahmen und Analysen durch die Anzuhörenden so eingegangen sind, dass dieser Entwurf überarbeitet worden ist. Es ist auch sehr positiv, wenn von den 36 Zugangsstellen, die als „eventuell wegfallend“ formuliert worden sind, eine übrig geblieben ist. Das ist ausgesprochen gut. Es ist auch gut, dass die zur eventuellen Abbestellung anstehende Strecke jetzt nicht abbestellt wird. Sie sagten uns, im Vergleich zu den letzten 13 Jahren hätte sich die Leistung deutlich gesteigert. Das ist richtig. Aber was Sie nicht sagen, Herr Minister, und das ist nicht gut - wenn wir die letzten vier Jahre nehmen, da sind 400.000 Zugkilometer weniger angefallen. Das ist auch eine Entwicklung im SPNV, die darf man an der Stelle dann nicht verschweigen.

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Da ha- ben Sie wenigstens einen Punkt zu sa- gen gehabt.)

Ich habe noch mehr Punkte.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Bisher war es nur Positives.)

Der ÖPNV produziert in der letzten Zeit folgende Schlagzeilen: „Busse und Bahnen haben Hochkonjunktur“, „Immer mehr Pendler steigen auf Bus und Bahn um“, „Hohe Spritpreise treiben Menschen in Busse und Bahnen“. Alles das sind Schlagzeilen, die uns bezüglich Umwelt- und Klimaschutz hoffnungsfroh stimmen könnten. Hier bietet sich eine Chance, den ÖPNV nachhaltig gegenüber dem motori

sierten Individualverkehr nach vorne zu bringen. Eine gute Möglichkeit bietet sich mit der Fortschreibung des Nahverkehrsplans für den Schienenpersonennahverkehr, die jetzt ansteht. Der Minister hat es gesagt, es ist in der Ministerbesprechung und wird demnächst vorgestellt. Wir können dem hoffnungsfroh entgegensehen, was denn da alles an Überraschungen drin ist. Leider wird die Landesregierung diese Chance nicht so nutzen, wie es möglich und nötig wäre, es sei denn, sie überarbeitet den Entwurf grundlegend, das hat sie in Teilen getan, und trotzdem beinhaltet er noch entscheidende Mängel, worauf ich später noch zurückkommen werde. Meine Hoffnungen halten sich deshalb angesichts des bisherigen Wirkens dieser Landesregierung in überschaubaren Grenzen. Aber der Reihe nach. Um es vorweg zu sagen, Thüringen hat trotz viel zu langer CDU-Herrschaft ein relativ dichtes Schienennetz, das ist gut so.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Das muss nicht nur so bleiben, es muss durch Reaktivierung erweitert werden. Die Landesregierung formuliert zwar im vorgelegten Entwurf, Sie wolle durch die Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV und hier insbesondere des SPNV dafür sorgen, dass die Konkurrenzfähigkeit des SPNV gegenüber dem MIV spürbar größer wird, und die Kundenakzeptanz steigt. Ihre Ankündigung, 36 Zugangsstellen aufzulassen - man kann auch schließen dazu sagen, damit weiß man besser etwas anzufangen - und die Relation Fröttstedt-Friedrichroda abzubestellen, haben Sie ja heute zurückgenommen.

(Unruhe CDU)

Sie haben mit dieser Ankündigung für viel Unruhe, Unverständnis und Ablehnung gesorgt. Und ganz viele Anzuhörende haben sich dagegen gewehrt.

(Zwischenruf Wucherpfennig, Minister für Bau, Landesentwicklung und Medien: Bestandsanalyse.)

Ja, sie haben sich gewehrt und damit Erfolg gehabt. Und das ist gut.

Sie haben mit Ihren Ansagen eigentlich Ihre selbst formulierten Ziele konterkariert. Das Schienennetz wird das Grundangebot des ÖPNV darstellen. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, ist es jedoch notwendig, das System Schiene in einen entsprechenden Zustand zu versetzen. Hier gibt es große Defizite, die, wenn man so weiterarbeitet wie bisher, weder kurz- noch mittelfristig abgebaut werden können. Das bedeutet wiederum, dass hier eine wirkliche Alternative zum motorisierten Individualverkehr weiter auf sich warten lässt. Der vorgelegte Plan

listet zwar Schwachpunkte auf, zeigt jedoch weder wann, noch wie man diese beseitigen will. Festlegungen zu Streckengeschwindigkeiten sind nur dann sinnvoll, wenn sie auch umgesetzt werden können. Auf fast allen Thüringer Strecken kann die angestrebte Reisegeschwindigkeit aufgrund von Mängeln in der Infrastruktur nicht erreicht werden. Statt diese Mängel zu beseitigen, wollten Sie - muss ich ja jetzt sagen -, Bedarfshalte wegfallen lassen, um die Reisezeit zu verkürzen.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: War das früher schön bei der Reichsbahn.)

Bei den Schildbürgern wären Sie mit solchen Vorschlägen sicher eine große Nummer, in einer nachhaltigen Verkehrspolitik jedoch sind Sie damit verkehrt. Reisegeschwindigkeit ist zwar eine wichtige Komponente für die Reisenden, aber erst das Gesamtpaket mit funktionierenden Anschlussbedingungen, kurzen Verbindungszeiten, attraktiven Fahrpreisen, gutem Service und verständliche Fahrpläne erhöhen die Attraktivität des SPNV. Bei der geringen Größe Thüringens ist es nicht das Wichtigste, dass ein Zug mit 120 km/h oder 90 km/h durch die Gegend braust

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Doch, genau das ist wichtig.)

und man dadurch günstigstenfalls, Frau Tasch, wenige Minuten schneller von A nach B kommt. Was wirklich wichtig ist und von den Menschen gewollt wird, ist ein leicht verständliches, gut handhabbares und kostengünstiges Produkt.

(Beifall DIE LINKE)

Hier bleiben Sie mit Ihrem Plan in vagen Ankündigungen stecken, die weder sagen wie, noch wann erkannte und bekannte Defizite behoben werden können und sollen. Es nützt nichts, nur zu sagen, dass es Schwachstellen bei der Verknüpfung zwischen Bus und Bahn, zwischen MIV und Bahn, das sogenannte Park and Ride, zwischen Fahrrad und Bahn, das sogenannte Bike and Ride gibt. Es nützt auch nichts, diese Schwachpunkte zu kategorisieren in vordringlichen, dringlichen und sonstigen Bedarf, wenn zu dieser Kategorisierung nicht mindestens eine Zeitleiste mit genannt wird, zumindest als Willensbekundung, wann diese Schwachstellen beseitigt werden sollen, dann ist das Aufgeschriebene nichts wert. Unverbindliche Aussagen sind leider das Markenzeichen dieses Plans.

Ich will Ihnen einige Belege dafür nicht schuldig bleiben. Nehmen wir die Bedienungsstandards im SPNV. Sie verkünden Taktbeziehungen von 120 bzw. 60 Minuten. Bei einigen Relationen sollen kürzere Takte

möglich sein. Was heißt denn das? Steckt da tatsächlich etwas dahinter? Bei Vergleich mit der Entwicklung der Zugkilometerleistung kommt man zu dem Schluss, entweder ist das wieder eine inhaltsleere Ankündigung oder sie beabsichtigen Kürzungen an anderer, nicht genannter Stelle. Sie überlassen es der Phantasie des Lesers, zu welchem Ergebnis er kommt. Nehmen wir den Bereich Tarife. Der inzwischen geltende Tarifdschungel, zu dem ich bisher von der Landesregierung kein kritisches Wort gehört habe, wird von Jahr zu Jahr oder von Fahrplanwechsel zu Fahrplanwechsel undurchsichtiger. Wirklich lukrative Angebote, die es gab und teilweise auch noch gibt, können von den Kunden nur unter großen Mühen erkannt und genutzt werden. Von Jahr zu Jahr werden diese angepasst, das heißt, sie werden teurer und unlukrativer oder sie verschwinden ganz.

Auch im vorliegenden Plan kein Ansatz, wie man zugunsten der Bahnfahrer den Tarifdschungel lichten will. Was wir doch in diesem Plan finden, ist der unzweideutige Aufruf zu Fahrpreiserhöhungen. Im Text heißt es dazu, ich zitiere: „Gleichzeitig ist auf eine angemessene Tarifergiebigkeit zu achten, um den Zuschussbedarf für die öffentliche Hand möglichst gering zu halten.“ Hier haben Sie die Maske endgültig fallen lassen und sehr deutlich gemacht, welchen Wert der ÖPNV für Sie hat, wie Sie Daseinsvorsorge verstehen. Sie haben sich damit selbst entlarvt und anders lautende Ankündigungen in Sonntagsreden als pure Heuchelei erkennbar gemacht.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Parolen!)