Protocol of the Session on October 9, 2008

aus Fördermitteln der Europäischen Union komplettiert. Im EU-Förderzeitraum 2007 bis 2013 stehen für 11 Thüringer Vorhaben insgesamt 26 Mio. € zur Verfügung. Davon sind 19 Mio. € EFRE-Mittel, 7 Mio. € kommen von Bund, Land und Kommunen. Diese Investitionen fließen in eine Denkmallandschaft, deren Vielgestaltigkeit und räumliche Dichte ebenfalls den Charakter Thüringens als Kulturland mit prägt.

Über 30.000 Bau- und Kunstdenkmale sowie 3.000 Bodendenkmale sind aus der Vergangenheit erhalten. Sie nehmen uns in die Pflicht, sie auch für die künftigen Generationen zu bewahren. Wesentliche Investitionen wurden in den zurückliegenden Jahren für das Weltkulturerbeensemble der Wartburg, das Kyffhäuser-Denkmal und den Baubestand der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten getätigt.

Weimar wird eine neue Mitte erhalten durch Aufwertung der Klassik Stiftung. In Thüringen hat die bundesweit drittgrößte Kulturstiftung ihren Sitz. Die Umstrukturierung der Klassik Stiftung Weimar auf der Basis des Gutachtens der Strukturkommission vom Juni 2005 befindet sich in ihrer abschließenden Phase. Im November 2007 billigte der Stiftungsrat das neue Bildungskonzept der Klassik Stiftung. Danach wird die Bildungsarbeit einschließlich der Museumspädagogik, zu der auch eine enge Zusammenarbeit mit Schulen und dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien gehört, intensiv ausgebaut. Noch in dieser Legislaturperiode soll der Reformprozess der Klassik Stiftung Weimar mit der Einbringung eines Gesetzentwurfs der Thüringer Landesregierung in den Landtag abschließend gesetzgeberisch geklärt werden. Damit würden die Zusammensetzung des Stiftungsrats, die Einführung eines wissenschaftlichen Beirats und neue Leitungsstrukturen geregelt. Bund und Freistaat Thüringen als Hauptzuwendungsgeber der Klassik Stiftung haben ihre Zuwendungen für die Jahre 2008 bis 2011 erhöht. Seitens des Landes wurden für 2008 die Mittel von ca. 6,8 Mio. € auf 8,1 Mio. € verstärkt. Mit der kurzfristigen Bereitstellung zusätzlicher Investitionsmittel des Bundes und des Landes Ende 2007 trat die erfreuliche Situation ein, dass Investitionsvorhaben, für deren Umsetzung längere Zeiträume veranschlagt waren, nunmehr zügig in Angriff genommen werden konnten. Hierbei handelt es sich um eine Summe von insgesamt 45 Mio. €, die der Deutsche Bundestag im Rahmen eines Kulturinvestitionsprogramms mit dem Nachtragshaushalt 2007 aufgelegt hat.

Dieser Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestages über die zusätzlichen Investmittel für die Klassik Stiftung Weimar ist an eine Komplementärfinanzierung des Landes gekoppelt, die durch Verpflichtungsermächtigungen im Doppelhaushalt

2008/2009 bis zum Jahr 2017 veranschlagt sind. Für die Realisierung des Sonderprogramms aus Landesmitteln liegt unter Hinzuziehung von EFREMitteln eine tragfähige Konzeption vor. Die Grundsanierung des Goethe-Schiller-Archivs wird aus Gründen der vorrangigen Bestandssicherung intensiv vorangetrieben und bis 2010 umgesetzt sein.

Im Rahmen des Liegenschaftskonzepts der Klassik Stiftung soll das Weimarer Schloss künftig der klar erkennbare inhaltliche und funktionale Ausgangspunkt des gesamten Angebotsprofils der Stiftung werden - die „neue Mitte“ Weimars also. Bund und Land stellen für die Umsetzung dieses Konzepts der „neuen Mitte“ in Weimar insgesamt 40 Mio. € für die denkmalgerechte Sanierung des Stadtschlosses bereit.

Da die Gewährung der Bundesmittel an die Voraussetzung gebunden ist, dass die Klassik Stiftung Weimar eine rechtlich weitreichende und gesicherte Position am Residenzschloss Weimar erhält, wird zwischen ihr und der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten zum 1. Januar 2009 ein Liegenschaftstausch vorgenommen, der diesen Bedingungen Rechnung trägt und auch der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten die Möglichkeit eröffnet, ihr Profil am Standort Weimar zu entwickeln.

Darüber hinaus wird der Schlösserstiftung das Eigentum an den Dornburger Schlössern übertragen - dem Renaissance- und Rokokoschloss -, so dass künftig alle drei dort befindlichen Schlösser in einer Hand verwaltet werden, nachdem bereits das alte Schloss Dornburg zum Bestand der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten gehörte.

Schloss Friedenstein in Gotha wird baulich und inhaltlich aufgewertet. Die bauliche und inhaltliche Neukonzeption für das Schloss Friedenstein in Gotha wird in den nächsten Jahren auf der Grundlage des vom Stiftungsrat der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten genehmigten Masterplans und der Neukonzeption der Stiftung Friedenstein umgesetzt. Hiervon sind die Museen, das Thüringische Staatsarchiv sowie die Forschungsbibliotheken betroffen, denen der Masterplan neue Perspektiven für ihre bauliche Entwicklung bietet.

Der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten und den Museen auf Schloss Friedenstein wird damit die Möglichkeit eröffnet, das Residenzschloss Gotha noch stärker als ein Juwel des mitteldeutschen Barock zu profilieren.

(Beifall CDU)

Die Thüringer Landesregierung wird noch in dieser Legislaturperiode einen Kulturwirtschaftsbericht vor

legen, der neben den Kernbereichen, wie z.B. Medien und Musikwirtschaft oder Kunstmarkt, auch den Zusammenhang zwischen Investitionen im Kulturbereich und der Entwicklung des Kulturtourismus als Wirtschaftszweig aufzeigt. Die Arbeit des beauftragten Expertenbüros „STADTart“ an diesem Kulturwirtschaftsbericht bewegt sich innerhalb des vorgesehenen Zeitrahmens, so dass dessen Fertigstellung bis Ende 2008 erfolgen kann.

Doch schon erste Zwischenergebnisse dieses Berichts bekräftigen den Befund der Statistiker, dass der Freistaat Thüringen seines reichen Erbes wegen bei den öffentlichen Kulturausgaben im besonderen Maße engagiert ist. An exemplarischen Fallstudien ist nachweisbar, dass durch diese Ausgaben die Entwicklung der Kulturwirtschaft und die Tourismuswirtschaft des Landes profitieren. Die Ergebnisse des Kulturwirtschaftsberichts werden aufzeigen, wo Thüringens Stärken und Alleinstellungsmerkmale zu verorten sind. Sie werden aber - und dies ist ja das wesentliche Anliegen des Projekts - vor allem deutlich machen, wie der Freistaat Thüringen, dieses fast idealtypische Kulturland, seine Stärken weiter ausbauen und bisher ungenutzte Synergien produktiv machen kann auch im Hinblick auf zielgruppenorientiertes Kulturmarketing.

Das letzte Quartal des Jahres 2008 ist angebrochen und kommende Herausforderungen kündigen sich an. 2009 begehen wir das Jahr der Demokratie, lenken drei Jubiläen den Blick auf die historische Zäsur der Jahre 1919, 1949 und 1989 - die erste deutsche Demokratie, als Weimarer Republik in die Geschichte eingegangen, die Verabschiedung des Grundgesetzes und schließlich die friedliche Revolution des Herbstes 1989 in der ehemaligen DDR, die eine Wiedervereinigung unseres Vaterlandes möglich machte. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle eine detaillierte Vorschau auf die zahlreichen Veranstaltungen dieses jubiläumsvollen Jahres zu geben. Aus der Fülle seien hier nur das Projekt „Demokratiekalender“ und ein Demokratiewettbewerb für Schüler und Jugendliche herausgegriffen. Jede dieser drei historischen Zäsuren, derer im Jahr der Demokratie zu gedenken sein wird, ist im Freistaat Thüringen gewissermaßen sinnlich fassbar, in Baudenkmalen oder Erinnerungsorten materiell dokumentiert - das Deutsche Nationaltheater Weimar als Tagungsort der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, die Grenzlandmuseen an der ehemaligen Trennlinie zweier politischer Systeme und die heute sowohl museal als auch archivisch genutzten Wirkungsstätten des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit mit seiner bedrückenden schriftlichen Hinterlassenschaft. Das Jahr der Demokratie, das wir am 1. Oktober im Landesfunkhaus eröffnet haben, baut an den Schulen auf drei Säulen auf: Unterricht, Schulleben und Wettbewerbe. Es gibt dazu auch

eine Homepage, auf der man sich entsprechend detailliert informieren kann.

Der Thüringer Landesregierung ist es ein vordringliches Anliegen, dass aus der vielfältigen Erinnerungsarbeit des Jahres 2009 das Bewusstsein für die Stärken unserer Demokratie erwachsen möge

(Beifall bei der CDU)

und wir mit Stolz auf das in Thüringen seit 1990 Erreichte zurückschauen. Hier haben Kultur und Bildung eine politische Funktion zu erfüllen, zeigt sich ihr Nutzen für unser Gemeinwesen wohl am unmittelbarsten. Wir setzen neue Impulse in der Thüringer Bildungspolitik. Wir werten die frühkindliche Bildung auf. Am 27. September 2008 hatten wir in der Messe Erfurt die Auftaktveranstaltung zur Implementierung des Thüringer Bildungsplans für Kinder bis 10 Jahre. Bis zum Ende des Jahres 2010 gilt es nun, sich mit den Ideen und Inhalten des Thüringer Bildungsplans in Ruhe vertraut zu machen.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Nicht in Ruhe.)

Entsprechend einer Forderung des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes ist der Bildungsplan als Arbeitsgrundlage für die pädagogische Arbeit und für Bildungsqualität insbesondere in den Kindertageseinrichtungen und Grundschulen, aber auch im Bereich der Kindertagespflege und darüber hinaus konzipiert. Er setzt die Leitlinie der Reformpädagogik um. Er geht vom Kinde aus, das aktiv und kompetent seine eigene Entwicklung und Bildung mitgestaltet. Er beschreibt, was Kinder für ihre Entwicklung brauchen, wie Lernprozesse moderiert werden und wie man Kindern in der Entwicklung ihrer Stärken zur Seite stehen kann. Er formuliert den Anspruch der Kinder an die Gesellschaft. Er stellt das Kind in seiner Individualität in den Mittelpunkt und betont sein aktiv handelndes Erobern der Welt. Der Bildungsplan bezieht sich nicht auf einzelne Altersabschnitte, sondern umfasst die gesamte kindliche Entwicklung zwischen dem ersten und dem zehnten Lebensjahr. Wir machen mit diesem Bildungsplan eines deutlich: Bildung fängt nicht erst in der Schule an, Bildung beginnt bereits mit der Geburt, wenn das Kind mit seiner Umwelt in Beziehung tritt und mit der Hilfe, Fürsorge und Liebe seiner Eltern die neue Welt mit allen Sinnen erschließt.

(Beifall CDU)

Die primäre Erziehungsverantwortung liegt selbstverständlich bei den Eltern. Sie sind in einer freien Gesellschaft verantwortlich für ihre Kinder und können über die Grundrichtung der Erziehung ihrer Kinder selbst frei bestimmen. Dies ist ihr natürliches

Recht, aber auch eine Pflicht. Das wird von unserer Thüringer Verfassung und dem Grundgesetz auch eindeutig gestützt und gefordert. So unbestritten dieses Recht und diese Pflicht der Eltern sind, so sehr ist hier doch auch die Tatsache zu beachten, dass Bildung mehr ist als Erziehung und dass unsere Gesellschaft die Aufgabe hat, Eltern mit dieser Verpflichtung nicht allein zu lassen.

(Beifall CDU)

Es geht nicht um eine Konkurrenz staatlicher Angebote zum Erziehungsrecht der Eltern. Es geht um eine Ergänzung und, wenn dies von den Eltern gewollt und angenommen wird, um die Verzahnung der elterlichen Bildung und Erziehung mit unterstützenden und fördernden professionellen Angeboten. Kinder haben ein Recht auf Bildung, auf eine Bildung, welche die Persönlichkeit, die Begabungen, die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des jeweiligen Kindes voll zur Entfaltung kommen lässt, und zwar von Anfang an. Bedeutende Pädagogen haben dies erkannt, etwa Comenius, Pestalozzi, Friedrich Fröbel, Maria Montessori. Neuere Erkenntnisse der Gehirnforschung und Entwicklungspsychologie sind sich einig, die frühe Kindheit, vor allem die erste Lebensdekade und davon wiederum die ersten drei Jahre, ist die lernintensivste Zeit und somit die prägendste Phase in der Entwicklung eines Kindes. Es gilt, diese lernintensive Zeit der ersten Jahre positiv und kindgerecht zu nutzen. Niemand will einem Kind seine Kindheit nehmen, aber Voraussetzung für Bildungsfähigkeit ist auch eine hohe Bindungsfähigkeit. Insoweit ist die Förderung der Kinder in der Familie ein besonders hochzuhaltendes Gut, das auch durch den Besuch von Krippen und Kindergärten allein nicht ersetzt werden kann. Der Bildungsplan soll unseren Kindern helfen, aus ihren Talenten das Beste zu machen. Dieser Orientierungsrahmen erleichtert auch den entscheidenden Übergang vom frühkindlichen Bereich in die Grundschule.

(Beifall CDU)

Der Bildungsplan ist mit den Thüringer Lehrplänen für allgemeinbildende Schulen kompatibel. Es ist ein Bildungsplan der zweiten Generation, dem es durchgehend gelingt, das Bild vom Kind als Subjekt seines Lernens umzusetzen. Der Bildungsplan formuliert klar die Ansprüche des Kindes gegenüber der Gesellschaft, adäquate Bildungsgelegenheiten bereitgestellt zu bekommen. Bildung fördern, Qualität sichern, das sind die Ziele des Bildungsplans.

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Dann tun Sie es doch.)

Mit dem Bildungsplan werten wir die Trias der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung ent

scheidend pädagogisch auf, stellt doch die Frühförderung entscheidende Weichen für die Bildungsbiographie, zudem trägt sie zur Entkopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg wesentlich bei. Die überdurchschnittliche Betreuungsquote und die Betreuungszeiten sind Beweise für die hohe Akzeptanz unserer Familienpolitik. Drei Viertel aller zweijährigen und rund 96 Prozent der dreijährigen Kinder besuchen eine Kindertageseinrichtung. Thüringen hat bundesweit den größten Anteil von Kindern in Ganztagsbetreuung, und zwar in jeder Altersgruppe. Rund 83 Prozent der unter Dreijährigen und rund 88 Prozent der über Dreijährigen besuchen länger als sieben Stunden täglich eine Einrichtung. Die Mehrzahl der Kinder besucht die Kindertagesstätten mindestens vier Jahre. Laut BertelsmannLänderreport „Frühkindliche Bildungssysteme 2007“ liegt Thüringen bei der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung bundesweit im Spitzenfeld der Länder. Die Betreuungsquoten und Betreuungszeiten sind im Bundesvergleich überdurchschnittlich.

Beim Qualifikationsniveau des Personals und beim Finanzierungsanteil des Landes ist Thüringen Spitze. Rund 94 Prozent der Erzieherinnen, das sind 22 Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt, verfügen in Thüringen über einen Fachschulabschluss. All dies zeigt den hohen Stellenwert, den die Thüringer Landesregierung der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung beimisst. Dies werden wir auch zukünftig weiterhin tun. Ich darf deshalb wörtlich aus der Initiative „Für Thüringen“ der CDU-Fraktion zitieren: „Insbesondere streben wir an, dass mit der Umsetzung des Thüringer Bildungsplans mehr Zeit für die Arbeit mit Kindern bleibt und der Austausch zwischen Grundschulen und Kindertagesstätten intensiviert wird.“ Wer wirksam fördern will, muss früh beginnen. Der Biologe Hubert Markl hat eine treffende Metapher geprägt, Kleinkinder sind für ihn „geborene Lernstaubsauger“, die alles Mögliche an sich ziehen und erlernen. Kleine Kinder sind Erkenntniswiesen. Hirnforscher wie Ernst Pöppel haben nachgewiesen, die Prägung des Gehirns erfolgt in der frühen Lebensphase. Hier gibt es natürliche Lernfenster, in denen Lernvorgänge leichterfallen. Mit dem Bildungsplan dokumentieren wir die herausragende Bedeutung der frühkindlichen Bildung und Erziehung für die gesamte Persönlichkeitsentwicklung. Wir machen aber zugleich deutlich: Die Familie ist der erste und wichtigste Ort der grundlegenden Wertevermittlung und frühkindlichen Bildung.

(Beifall CDU)

Dies hat die Landesregierung mit der Familienoffensive deutlich gemacht und dies wollen wir mit dem neuen Vorstoß der CDU-Fraktion verstärken, das Thüringer Landeserziehungsgeld von 2010 an bereits für die Einjährigen zu zahlen. Kommt es dazu,

dann investiert der Freistaat zusätzlich 28 Mio. €, die auch den Kindertagesstätten zugute kommen. Dann fließen schon unter Berücksichtigung der heutigen Betreuungsquoten zusätzlich rund 4 Mio. € jährlich in die Einrichtungen. Der Bildungsplan berücksichtigt die drei wesentlichen Dimensionen von Bildung - die personale, die soziale und die sachliche Dimension. In das Bildungsverständnis des Thüringer Bildungsplans sind die Ergebnisse des 12. Kinder- und Jugendberichts eingearbeitet. Der Betreuungsplan ist konzeptionell auf zahlreiche in Thüringen laufende Projekte der frühkindlichen Bildung abgestimmt. Ich nenne das BLK-Verbundprojekt TransKiGs „Stärkung der Bildungs- und Erziehungsqualität in Kindertageseinrichtungen und Grundschule und Gestaltung des Übergangs vom Kindergarten in die Schule“. Ich nenne die Schuleingangsphase, weise hin auf die Initiative zur Erweiterung des gemeinsamen Unterrichts von Kindern mit und ohne Behinderung, auf ein qualifiziertes Unterstützungssystem im frühkindlichen Bildungsbereich. Ganz bewusst haben wir in Zusammenarbeit mit den Kirchen auch das Kapitel „soziokulturelle, moralische und religiöse Bildung“ in den Bildungsplan aufgenommen. Bei der Implementierung des Bildungsplans bauen wir auf ein Netzwerk der Institutionen und Träger, bauen wir auf die Eltern, auf alle Partner von Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder bis 10 Jahre. Thüringen widmet nicht nur mit dem Bildungsplan der frühkindlichen Entwicklung und Bildung in den ersten 10 Jahren die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Zugleich wird hier ein neues Bildungsverständnis deutlich: Bildung als sozialer Prozess, an dem sich neben Fach- und Lehrkräften auch Kinder, deren Eltern und andere Partner an Bildung, Erziehung und Betreuung beteiligen. Mit dem Bildungsplan stellen wir in Thüringen nicht mehr die Institutionen, sondern das Kind, dessen Entwicklung und Bildung in den Mittelpunkt. Dies passt gut zum Land eines Friedrich Fröbel, Vater des Kindergartens. Und dies passt gut zum Kernland der Reformpädagogik, deren Devise war - vom Kinde aus. Thüringen setzt mit dem Bildungsplan, der ständig fortgeschrieben werden soll, auf Qualität und Professionalität in der frühkindlichen Bildung. Mit der noch besseren Verzahnung des frühkindlichen Bereichs mit der Grundschule oder der Förderschule trägt der Bildungsplan entscheidend zu mehr Chancengerechtigkeit bei. Damit wird der Freistaat seine Spitzenposition als Bildungsland auch im frühkindlichen Sektor weiter ausbauen. Zur Implementierung dieses Plans sind 2,2 Mio. € vorgesehen. Wir haben vor wenigen Tagen im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden und der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege die Vereinbarung unterzeichnet. Damit kann die Qualifizierung aller Beteiligten bis zum Ende des Jahres 2010 erfolgreich realisiert werden. Was sind die tragenden Säulen unserer Bildungspolitik? Wir gehen vom Primat des Elternrechts auf

Bildung und Erziehung aus. Die Wahlfreiheit für die Eltern hat Vorfahrt vor jeglichem Staatsdirigismus.

(Beifall CDU)

Wir setzen auf frühe Förderung. Auf den Anfang kommt es an. Familien, Kindertagesstätten und Kindergärten sind Orte der Bildung, nicht nur Orte der Bewahrung und Betreuung. Wir setzen auf Wahlfreiheit der Eltern. Wir verwirklichen Bildungsgerechtigkeit durch individuelle Förderung und Differenzierung. Wir fördern alle Kinder, nicht nur Benachteiligte oder Eliten, sondern alle Schüler gleichermaßen, jedes individuell und mit den Ressourcen, die für das einzelne Kind erforderlich sind. Bildung für alle, Aufstieg durch Bildungsdurchlässigkeit auf verschiedenen Stufen, das ermöglichst das gegliederte Thüringer Schulwesen - kein Abschluss ohne Anschluss. Bildungsgerechtigkeit entscheidet sich im Unterricht. PISA hat gezeigt, nicht primär die äußeren Rahmenbedingungen, sondern die Qualität des Unterrichts entscheiden über den Lernerfolg. In Thüringen, auch das ist ein Resultat der PISAStudie, gelingt die Entkopplung von sozialer Herkunft und realen Bildungschancen weitgehend. Hier leisten wir Gleiches wie europäische Spitzenländer, z.B. Schweden. Heterogenität, Differenzierung, Individualisierung und gemeinsamer Unterricht, das sind unsere zentralen Prinzipien für eine kindgerechte, begabungsgerechte Schule. Wir wollen die kindgerechte Schule, nicht das schulgerechte Kind. Fordern und Fördern, beides brauchen wir im Unterricht. Schatzsuche statt Defizitfahndung, das macht die neue Lernkultur aus. Unsere Schulen vermitteln Wissen und Werte gleichermaßen. Es genügt eben nicht, wenn die Schule nur Kulturtechnik vermittelt. Bildung hilft, Orientierungslosigkeit zu verhindern. Nicht nur in Zeiten demographischen Rückgangs gilt, jedes Kind hat Talent und jedes Talent ist wertvoll. Es ist die Aufgabe der Eltern und Aufgabe der Schule, diese jeweils verschiedenen Talente zu entdecken und so gut wie möglich zu fördern. Schon Anfang des 19. Jahrhunderts hat der Pädagoge Friedrich Herbart von der Verschiedenartigkeit der Köpfe gesprochen. Genau das gilt es heute wieder im Unterricht zu beachten, den professionellen Umgang mit der Heterogenität. Wir wollen nicht die eine Schule für alle, sondern die richtige Schule für jeden. Erzwungenes gemeinsames Lernen in der Einheitsschule ist für uns kein Modell mit Zukunft. Wir wollen das gemeinsame Lernen in einem differenzierten Schulwesen verwirklichen. Differenzieren statt nivellieren, das ist der richtige Weg.

(Beifall CDU)

Wir geben jedem die Chance, seinen Weg zu gehen. Chancengerechtigkeit heißt aber nicht, jeden

zum gleichen Weg zu zwingen.

Wir entwickeln die Grundschulen weiter. Die Thüringer Grundschule leistet Hervorragendes. Ich konnte mich bei meinen Schulbesuchen vielfach davon überzeugen. Die Thüringer Grundschule kann sich auch im Bundesvergleich sehen lassen. Sie hat eine höchst anspruchsvolle Stundentafel, mit die höchste Wochenstundenzahl, die engste Verzahnung zwischen unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Angeboten. Die Thüringer Grundschule hat, verglichen mit anderen Ländern, das engagierteste Personal, das sich zu seiner Aufgabe, Verantwortung für den Erfolg zu übernehmen, auch bekennt. Das haben die Befragungen der Lehrkräfte zu IGLU, der internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung, ergeben. Mehr als zwei Drittel aller Grundschüler besuchen in Thüringen einen Grundschulhort. Damit weist der Freistaat im Bundesdurchschnitt die höchste Betreuungsquote auf. Für jeden Schüler, der dies wünscht, steht an einer Staatlichen Grundschule in Thüringen ein Hortplatz zur Verfügung. Die Grundschule war in Thüringen von Anfang an aufgeschlossen für Reformen. Wir gehen seit einiger Zeit in der Grundschule erfolgreich neue Wege, die ich ausbauen will. Wir haben im Interesse individueller Förderung die Schuleingangsphase als bedeutsames Schulentwicklungsprojekt geschaffen. Die Schuleingangsphase ermöglicht eine hohe Lernqualität und verbessert die Bildungschancen aller Kinder. Es ist unser erklärtes Ziel, die Schuleingangsphase an allen Thüringer Grundschulen in den nächsten Jahren zu etablieren. Wir in Thüringen sind stolz darauf, dass wir den Fremdsprachenunterricht in der Grundschule als eines der wenigen Länder nicht auf eine Sprache verengen. Trotz drastischen Schülerrückgangs in den vergangen Jahren wollen wir, soweit möglich, wohnortnahe Bildungsangebote erhalten. Auch wenn wir bereits in früheren Jahren etliche Grundschulen schließen mussten, so bleiben wir bei unserem Ziel, kurze Wege für kurze Beine. Im Schuljahr 2001/2002 hatten wir mit damals gut 12.000 Schulanfängern den demographischen Tiefpunkt erreicht. Inzwischen hat sich die Zahl der Schulanfänger wieder bei etwa 17.000 stabilisiert. Wir sind dabei, die Grundschule inhaltlich und strukturell weiterzuentwickeln. Das Modellvorhaben „Weiterentwicklung der Thüringer Grundschule“ ist - das zeichnet sich jetzt bereits ab - ein großer Erfolg. Die Landkreise Eichsfeld, Greiz, Saalfeld-Rudolstadt und Sömmerda sowie die Stadt Erfurt beteiligen sich bereits an dem Erprobungsmodell. Der Unstrut-HainichKreis, die Stadt Jena, die Landkreise Kyffhäuserkreis, Saale-Orla-Kreis, Wartburgkreis, Ilm-Kreis und Hildburghausen werden sich anschließen. Den Schulträgern werden für die Dauer der Erprobungsphase die Erzieher zur Verfügung gestellt. Dabei verbleibt die Dienst- und Fachaufsicht über das Erzieherpersonal beim Land. Das Land wird weiterhin seine Verant

wortung wahrnehmen. Eine vollständige Kommunalisierung der Grundschulen steht derzeit nicht zur Debatte.

(Beifall CDU)

Welche Ziele verbinden wir mit dem Erprobungsmodell? Wir setzen auf eine verstärkte Kooperation von Land und Kommunen. Die Einheit von Bildung, Erziehung und Betreuung in den jeweiligen Sozialräumen soll zu einer höheren Bildungsqualität in den Regionen führen. Wir entwickeln für unterschiedliche Regionen Thüringens differenzierte Reformen ganztägiger Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungsangebote. Und wir wollen Erfahrungen sammeln, wie die Regionen, orientiert an ihren Bedingungen, gemeinsam mit Grundschulen ein verlässliches Netzwerk mit Partnern des Sozialraumes schaffen, etwa durch Einbringung der Bereiche Sport, Kultur, Vereine, Jugendarbeit. Ziel dieses Modells ist es, die Einheit von Bildung, Erziehung und Betreuung in den Sozialräumen in einer neuen Qualität zu erreichen. Wir sind derzeit dabei, mit dem ThILLM den Thüringer Lehrplan für die Grundschule weiterzuentwickeln. Wir wollen dabei die Ergebnisse der Evaluation der Thüringer Lehrpläne, vorgenommen von der Universität Zürich, und den Thüringer Bildungsplan für Kinder bis 10 Jahre ebenso berücksichtigen wie die veränderten Steuerungsansätze zur Qualitätsentwicklung. Wir wollen das neuere Steuerungswissen, das uns PISA, IGLU, DESI - Deutsch-Englische Schülerleistungen international, ich will das hier mal nennen -, die sieben KMK-Handlungsfelder, die Ländervergleiche, die Kompetenztests und Schulversuche geliefert haben, in den Lehrplänen berücksichtigen. Auch neuere erziehungswissenschaftliche lern- und entwicklungspsychologische sowie neurobiologische Erkenntnisse werden in den Lehrplan einfließen. Projekte, wie EULe (Entwicklungsprogramm für Unterricht- und Lernqualität), hi.bi.kus (Entwick- lungsprogramm hirngerechter Bildung in Kinder- garten und Schule), Erkenntnisse aus dem vernetzten Wissen - all dies muss Konsequenzen für die Lehrpläne haben. Lehrpläne müssen ständig weiterentwickelt werden. Die Reform der Lehrpläne ist nie zu Ende. Wir stärken gezielt die Allgemeinbildung und die mathematisch-naturwissenschaftlich-technische Bildung. Wir werden in den Klassenstufen 5 bis 10 des Gymnasiums und der Regelschule weitergehende Reformen vornehmen. Wir entwickeln das Thüringer Patent, die Regelschule, weiter. In der Regelschule werden wir das neue Fach „Mensch-Natur- Technik“ einführen. Die technische Linienführung wird im neuen Lehrplan in diesem Fach stärker ausgeführt werden. Dies stellt auch eine Entwicklung dar, die insbesondere mit Blick auf die Geschlechtergerechtigkeit die Jungen stärker ansprechen wird. Wir werden in Klassenstufe 5/6 der Regelschule eine zweite Fremdsprache als Angebot nicht ver

pflichtend für die einzelne Schule einführen. Regelschüler sollen die Chance, nicht die Verpflichtung haben, eine zweite Fremdsprache von Anfang an erlernen zu können. Der durchgängige integrative Kurs Medienkunde von der Klassenstufe 5 bis 10 soll entwickelt werden. Wir werden die Regelschule in Richtung mehr gemeinsames Lernen, individuelle Förderung - ich nenne nur die flexiblen Stunden -, bessere Förderung der Schulausgangsphase, Stärkung des praktischen Profils weiterentwickeln. Unser Ziel lautet: Jeden Schüler mitnehmen, keinen zurücklassen. Wir werden die Durchlässigkeit unseres Schulsystems auch mit dieser Reform und Weiterentwicklung stärken.

Wir führen an den Regelschulen den Schulversuch „Individuelle Abschlussphase“ ein. Ziel dieses Schulversuchs ist es, die Zahl der Schulabgänger ohne Schulabschluss zu verringern. Thüringen liegt mit 7,19 Prozent Schulabgängern ohne Schulabschluss unter dem Bundesdurchschnitt von knapp 8 Prozent. Ein zweites Ziel verbinden wir mit diesem Schulversuch. Wir wollen die Zahl der Absolventen der Regelschule mit unmittelbarem Anschluss an eine qualifizierte schulische oder berufliche Ausbildung erhöhen. Hierbei setzen wir auf Kooperation mit berufsbildenden Schulen und Praxispartnern, die Bildungswege zur Hochschulzugangsberechtigung aufzeigen. Derzeit gibt es 25 interessierte Schulen für diesen Schulversuch. Bildungschancen verbessern, schulische Abschlüsse sichern und den Einstieg in das Berufsleben optimieren, das sind die Ziele dieses Schulversuchs. Dazu ist eine intensive Verbindung der bisher entwickelten Präventions- und Interventionsmaßnahmen wie Praxisklassen, Kooperation von Regelschule mit Grundschule und berufsbildender Schule notwendig. Zielgruppe sind also besonders leistungsfähige Schüler auf der einen und Schüler mit ungünstigen Lernvoraussetzungen und Abschlussgefährdungen auf der anderen Seite. Diese Schüler erhalten eine individuelle Bildungswegplanung, berufliche Orientierung und Übergangsbegleitung sowie passfähige und bedarfsgerechte Angebote für Praktika und Entwicklungsmöglichkeiten. Partner des Schulversuchs sind das ThILLM, das Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft, Unternehmen der Region und die Jugendhilfe.

Wir verbessern die Studierfähigkeit durch Reform des Gymnasiums. Ein erster, mehr äußerer Anstoß zur Weiterentwicklung des Gymnasiums war die demographische Entwicklung. Weniger Schüler heißt zwangsläufig weniger Kurswahlmöglichkeiten. Das eigentliche Ziel der Oberstufenreform ist es aber, die allgemeine Studierfähigkeit zu verbessern. Wer in Thüringen Abitur ablegt, soll in der Lage sein, jedes Fach zu studieren. Die Verbesserung der Unterrichtsqualität steht also auch hier im Vordergrund. Die neue Lernkultur fordert mehr Partizipation der

Schüler in Bezug auf das Beobachten, Einschätzen und Bewerten ihrer Leistungen. Vier Hauptziele verfolgt die Weiterentwicklung der Oberstufe:

1. die bessere individuelle Förderung,

2. die Stärkung der Sprachenbildung,