(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Linker als Sie und populistischer als Sie kann man doch nicht sein.)
Selbst die Fraktion hier ganz links gilt ja schon beim eigenen Spitzenkandidaten als regierungsunfähig, jedenfalls hat er darauf bestanden, dass in seinem Kompetenzteam kein Mandatsträger aus Thüringen Verantwortung übernehmen kann; das muss ja Gründe haben. Aber zurück zur Rentenangleichung.
Ich weiß ja nicht, reden Sie einmal mit Bodo Ramelow darüber, warum aus Ihrer Fraktion kein Mandatsträger für Regierungsverantwortung infrage kommt,
bis auf eine, Frau Klaubert. Frau Klaubert ist sozusagen das Feigenblatt in diesem Team, aber das ist das Problem, was Sie untereinander austragen müssen, wenn Ihr Spitzenkandidat damit protzen muss, dass er ein CDU-Mitglied in sein Kompetenzteam gewonnen hat, aber die eigenen Leute draußen vor der Tür bleiben müssen - aber gut, das ist Ihre Sache.
Zurück zur Rentenangleichung: Herr Mohring, die sicherste Möglichkeit, rasch die Rentenangleichung Ost-West voranzutreiben, ist natürlich, die Lohnan
gleichung Ost-West voranzutreiben. Da weiß ich sehr wohl, dass Lohnfindung eine Aufgabe der Tarifpartner ist, aber es macht auch einen Unterschied, ob die Tarifpartner in den Lohnauseinandersetzungen öffentliche Unterstützung finden oder ob es immer wieder - und so ist das hier in Thüringen immer gewesen - eine Landesregierung gibt, die ihnen in den Rücken fällt und vor jeder Lohnerhöhung warnt. Dann sinkt nämlich die Durchsetzungskraft von Gewerkschaften. Das Ergebnis haben wir auf dem Tisch: Thüringen ist Schlusslicht beim Lohnniveau in Deutschland. Ich finde, das kann nicht so bleiben, denn nur ein steigendes Lohnniveau garantiert auch steigende Renten in diesem Land.
Im Übrigen, Frau Lieberknecht, würde allein die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von 7,50 €, wie das die Gewerkschaften beispielsweise diskutieren in dieser Größenordnung, die Renten ein gutes Stück nach oben bringen. Aber genau solche Entwicklungen blockieren Sie. Deshalb sage ich Ihnen, Ihre Debatte zur Rentenangleichung ist ein ganz gutes Stück scheinheilig.
Überholen ohne einzuholen, das gilt auch beim Bürgergeld, genau das gleiche Schema. Sie preisen auch heute wieder das Althaus’sche Bürgergeld als Allheilmittel sozialer Probleme in diesem Land. Ich empfehle Ihnen, sich mal ein paar Kommentare dazu anzuschauen von Wissenschaftlern beispielsweise, die sich intensiv damit beschäftigt haben. Zum Beispiel der Sachverständigenrat der Bundesregierung für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung hat sich das Althaus-Modell angesehen und nach den Berechnungen der Wirtschaftsweisen, Frau Ministerin, fehlen je nach Betrachtung 227 Mrd. oder 246 Mrd. €. 227 Mrd. € fehlen in diesem Modell. Vielleicht zum Vergleich, damit die Größenordnung ein bisschen deutlich wird: Der gesamte Bundeshaushalt beträgt aktuell 282 Mrd. €, das heißt, allein die Fehlsumme in Ihrem Modell kommt annähernd der Größe des gesamten Bundeshaushalts gleich. Was für einen Bären wollen Sie uns denn hier eigentlich aufbinden?
Ich weiß ja, dass es wehtut, Herr Mohring, sich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen. Deshalb lese ich Ihnen noch mal das Zitat vor aus dem Jahres
Hören Sie vielleicht mal zu, vielleicht können Sie ja was lernen dabei. „In der von Althaus vorgeschlagenen Version ist das bedingungslose Grundeinkommen nicht finanzierbar. Es reißt eine Finanzierungslücke von rund 227 Mrd. € in die öffentlichen Haushalte. Passt man einzelne Elemente des Konzepts so an, dass seine Finanzierbarkeit prinzipiell gewährleistet ist, lösen sich die vermuteten positiven ökonomischen Auswirkungen schlicht in Luft auf.“ Und dann empfiehlt der Sachverständigenrat im Übrigen zu der Arbeitsgruppe, die die CDU da eingerichtet hat und die zwei Jahre arbeiten soll: Wenn das Sachverständigengutachten ernst genommen wird, kann die Arbeit auch sehr viel schneller beendet werden. Im Übrigen kommen die Sachverständigen auch zu der Überzeugung, dass das Althaus-Modell erstens zu größerer Einkommensungleichheit führt und zweitens zu höherer Arbeitslosigkeit.
Aber man muss ja nicht nur die Sachverständigen zitieren, vielleicht nehmen wir auch mal ein CDU-Urgestein in der Sozialpolitik - Norbert Blüm. Der hat dazu einen sehr treffenden Satz gesagt, ich darf auch ihn zitieren: „Das Bürgergeld ist die Dampfwalze, die den Sozialstaat plattmacht.“
In einem Leitartikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung heißt es dazu: „Das Althaus-Konzept geht an die Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft. Die Gesellschaft wird zu dem Irrglauben verführt, Arbeit sei etwas, was man jederzeit tun, aber auch lassen könne, wenn es keinen Spaß mache. Mit dieser Haltung kann kein Land im Wettbewerb bestehen. Zudem läuft ein Grundeinkommen für jedermann einem Grundgedanken der christlichen Soziallehre zuwider, dem Prinzip der Subsidiarität.“ Dieses Prinzip immer wieder hochzuhalten, wird ja der Ministerpräsident sonst nicht müde; hier handelt er konträr zu diesem Prinzip.
Zum Abschluss vielleicht noch ein Kommentar aus der „Welt“. Da heißt es lapidar über das Bürgergeld von Dieter Althaus - das ist sehr einprägsam, Herr Mohring: „Das einzige Manko daran ist, dass es leider völlig unbrauchbar ist.“ Das ist gut auf den Punkt gebracht.
Nein, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, das Bürgergeld ist keine ehrliche Antwort auf unsere Probleme. Das Bürgergeld ist ein Luftschloss, mit dem Sie die Menschen hier im Land hinters Licht führen wollen, und deshalb packen Sie das endlich
Meine sehr verehrten Damen und Herren, knapp eineinhalb Stunden lang hat sich die Sozialministerin bemüht, den Eindruck zu erwecken, als wolle sie ein umfassendes Bild der Sozialpolitik abliefern. Aber viele Bereiche der Wirklichkeit sind ausgeblendet worden und manchmal ist es ja bedeutsamer, sich noch mal vor Augen zu führen, was nicht gesagt worden ist, zum Beispiel, was Sie alles gestrichen haben in den letzten Jahren. Seit 2004 hat die CDU-Fraktion, und zwar mit Ihnen als Fraktionsvorsitzende an der Spitze, den Sozialhaushalt massiv zusammengestrichen. Sie haben bei den Kindergärten massiv gekürzt. Es fehlen mittlerweile 44, 45 Mio. Zuschüsse aus dem Landeshaushalt in den Kindergärten. Wir wissen, wie die Situation dort ist. Die Anhörung hat es noch einmal deutlich gemacht, es fehlen 2.000 Stellen in den Kindergärten. Das ist Ihre Verantwortung als Fraktionsvorsitzende gewesen. So sind Sie mit den Kindergärten umgegangen.
Aber man kann auch weiter schauen: Für den Kinderschutz standen 2004 noch 670.000 € zur Verfügung. In diesem Jahr sind es noch ganze 160.000 €. Ein Fünftel der Mittel von 2004 ist im Kinderschutz übrig geblieben. Oder die Landesförderung für das Schulessen - komplett gestrichen unter Ihrer Führung. Die Jugendpauschale und Schuljugendarbeit hat die Landesregierung und hat diese Fraktion unter Ihrer Führung um ein Drittel gekürzt. Sie haben das Blindengeld erst abgeschafft und dann drastisch reduziert. Noch 2004 wurden 26 Mio. € im Haushalt für Blindengeld eingestellt. In diesem Jahr sind es noch ganze 9,7 Mio. €. Sie haben sich bei den Pflegeheimen aus der Investitionsförderung verabschiedet. Das heißt eine Mehrbelastung für die betroffenen Heimbewohner nach Aussagen der Träger von bis zu 400 € pro Monat. Das ist die Bilanz, die Sie als Fraktionsvorsitzende zu verantworten haben.
Ich kann weitergehen - Unterstützung für den Verbraucherschutz: Gerade haben Sie wieder angemahnt, dass wir da mehr brauchen bei dem Verbraucherschutz und den Schuldnerberatungsstellen. Sie haben das zusammengestrichen, um ein Drittel haben Sie die Ausgaben gekürzt und in der Folge sind Angebote zurückgegangen von den Beratungsstellen.
Sie wissen genau wie ich, dass die Insolvenz der Verbraucherzentrale in Thüringen nur im letzten Moment noch abgewendet werden konnte. Sie haben
auch 1 Mio. € bei den Frauenhäusern gestrichen. Folge war, dass neun Häuser deswegen geschlossen werden mussten. Zu all dem haben Sie heute nichts gesagt. Das ist aber Ihre Verantwortung, denn Sie sind nicht nur seit vier Monaten Sozialministerin, Sie waren davor Fraktionsvorsitzende und diese Fraktion hat all diese Kürzungen hier im Landtag durchgesetzt.
Aber es gibt nicht nur die Kürzung der Vergangenheit, sondern der Sozialetat wird auch weiter abgesenkt. Auch dazu haben Sie nichts gesagt. In diesem Jahr stehen im Haushalt noch 412 Mio. €, im nächsten Jahr sind es dann noch 399 Mio. €; weitere 13 Mio. € Kürzungen im kommenden Jahr.
Das erste Merkmal der CDU-Sozialpolitik sind also massive Kürzungen in den letzten Jahren. Dass Sie jetzt an einigen Stellen wieder etwas korrigieren wollen, das will ich anerkennen. Aber es macht all die Kürzungen bei Weitem nicht wett, die Sie in den letzten Jahren hier vollzogen haben.
Das zweite Merkmal sind Planlosigkeit, Zickzack und Chaos. Ich muss noch einmal daran erinnern, ohne jedes Mitleid haben Sie damals das Blindengeld abgeschafft und haben das hier auch im Landtag mit großen Worten begründet. Als dann die Betroffenen vor der Staatskanzlei demonstrierten, taten Sie ganz verwundert.
Aber wer meinte, dass die Betroffenen nach diesen Protesten die Landesregierung dann vielleicht wieder an ihrer Seite gehabt hätten - weit gefehlt. Erst durch massiven wiederholten Druck in der Öffentlichkeit und durch den Blindenverband und die Behindertenverbände ist es überhaupt gelungen, das Blindengeld wieder einzuführen - mit wesentlich verschlechterten Leistungen. Das zeigt Ihre völlige Planlosigkeit in der Sozialpolitik: Abschaffen, uns hier Gründe nennen, dann wieder einführen, aber die Leistungen massiv kürzen.
Ihre Planlosigkeit und schlechtes Handwerk zeigen sich auch bei einem anderen Thema. Mit wie viel Tamtam haben Sie schon vor Jahren uns den wieder entdeckten DDR-Ehekredit verkaufen wollen? Immer mal wieder taucht das Thema auf wie Loch Ness, dann ist es wieder verschwunden. Es wird nicht greifbar. Sie wissen auch warum, weil inzwischen klar ist, dass die ganze Sache rechtlich überhaupt nicht möglich ist. Das hätten Sie aber schon längst wissen können, wenn Sie nicht jahrelang nur Ankündigungen gemacht hätten, sondern sich auch mal der Mühe unterzogen hätten zu überprüfen, ob das, was Sie da
Der Zickzackkurs war auch in der Gesundheitsreformpolitik erkennbar. Erst hat Thüringen, zum Beispiel anders als Sachsen, im Bundesrat der Bayernklausel zugestimmt. Dann haben Sie plötzlich gemerkt, was das für Thüringen bedeutet, dass nämlich Thüringen dadurch wesentlich weniger Einnahmen zur Verfügung hat, und haben begonnen zu jammern.
Zum Glück, muss ich sagen an dieser Stelle, hat die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt für Sie die Kohlen aus dem Feuer geholt und ein Modell entwickelt, nach dem Thüringen jetzt nicht auf zusätzliche Einnahmen verzichten muss.