Protocol of the Session on June 5, 2008

Weitere Nachfragen gibt es nicht. Danke schön. Dann setze ich jetzt Ihr Einverständnis voraus, dass noch die letzte Mündliche Anfrage aufgerufen wird? Das Einverständnis ist vorhanden, dann verfahren wir so. Es ist die Anfrage der Abgeordneten Enders, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/4164.

Silberbergtunnel der ICE-Strecke Ebensfeld-Erfurt

Die Ausschreibung zur Errichtung des Silberbergtunnels der ICE-Strecke Ebensfeld-Erfurt ist erfolgt. Zum Monat Mai 2008 sollte die Auftragsvergabe erfolgen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist der Landesregierung bekannt, wie viele Angebote im Ergebnis der Ausschreibung eingegangen und in der Prüfung berücksichtigt worden sind?

2. Ist der Landesregierung bekannt, ob bereits eine Auftragsvergabe erfolgt ist? Das ist aber soeben gerade beantwortet worden.

3. Wenn noch keine Auftragsvergabe erfolgt ist: Welche Gründe liegen für die noch nicht erfolgte Vergabe vor und wie ist seitens des Auftraggebers der Fortgang des Vergabeverfahrens geplant (z.B. Nach- verhandlung im rechtlich zulässigen Rahmen, Neu- ausschreibung usw.)?

Es antwortet Minister Wucherpfennig.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Enders beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Nein.

Zu Frage 2: Nach Mitteilung der für das Projekt verantwortlichen DB-Projekt Bau GmbH ist noch keine Vergabe erfolgt. Der Staatssekretär Hütte hatte soeben darauf hingewiesen.

Zu Frage 3: Bisher sind im Vergabeverfahren der DB-Projekt Bau GmbH noch keine Ergebnisse erzielt worden, die zu einer Vergabe führten. Nach deren Auskunft ist ein Übergang in ein Verhandlungsverfahren gemäß Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen VB erfolgt, um mehr Wettbewerb zu erreichen. Die DB-Projekt Bau GmbH geht nicht davon aus, dass durch das laufende Verhandlungsverfahren Verzögerungen im Gesamtprojekt entstehen. Es wird eine Vergabe noch in diesem Jahr angestrebt. Vielen Dank.

Danke. Es gibt eine Nachfrage. Abgeordnete Enders.

Können hier schon konkretere Aussagen getroffen werden? Sie haben gesagt, die Auftragsvergabe in diesem Jahr, kann man sich da vielleicht irgendwo schon mal auf einen Monat festlegen?

Das kann ich nicht sagen. Da haben wir nachgefragt und haben keine andere Auskunft erhalten.

Danke schön. Damit sind alle Mündlichen Anfragen abgearbeitet. Ich schließe die Fragestunde.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf, und zwar den ersten Teil

Aktuelle Stunde

a) auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Landesweite Umsetzung des Mo- dellvorhabens ‚Weiterentwickelte Grundschule’“ Unterrichtung durch die Präsi- dentin des Landtags - Drucksache 4/4127 -

Ich eröffne die Aussprache und als erste Rednerin hat das Wort Abgeordnete Ehrlich-Strathausen, SPDFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, als ich den Titel der Aktuellen Stunde zum ersten Mal gelesen habe, habe ich erst einmal gestutzt. Modellvorhaben „Weiterentwickelte Grundschule“ - was ist das eigentlich? Erst nach und nach wurde mir klar, dass die CDU-Fraktion offenbar nicht einmal die korrekte Bezeichnung der vom eigenen Kultusministerium initiierten Projekte kennt, denn gemeint sind die sogenannten Erprobungsmodelle zur Weiterentwicklung der Thüringer Grundschulen. Das möchte ich Ihnen gern noch einmal auf den Weg geben. Heißt aber übersetzt, die Hortkommunalisierung durch die Hintertür.

Über dieses Thema haben wir schon des Öfteren im Ausschuss und auch hier zur Aktuellen Stunde beraten; die letzen Male im Januar und Februar. Ich kann mich erinnern, dass für diese Aktuelle Stunde die LINKE heftig von der CDU kritisiert worden ist. Deshalb frage ich mich, was jetzt den Neuigkeitswert der Aktuellen Stunde eigentlich ausmacht. Vielleicht die Tatsache, dass es zum ersten Mal die CDU ist, die Diskussionsbedarf sieht zur Hortkommunalisierung, denn alle bisherigen Initiativen sind ja von der Opposition ausgegangen. Aber ich vermute eher, die Aktualität liegt in der Zuschreibung „landesweite Umsetzung“ verborgen. Die Vermutung liegt nämlich nahe, dass die Mehrheitsfraktion heute dafür sich selbst

feiern will, dass es gelungen ist, viele kommunale Schulträger in die Erprobungsmodelle zu pressen. Ich sage ganz bewusst „zu pressen“ und ich erkläre Ihnen das auch gleich, denn von echter Freiwilligkeit kann in diesem Zusammenhang wirklich keine Rede sein.

Es läuft hier vielmehr ein abgekartetes Spiel und ich möchte das noch einmal aufdecken. Den an den Erprobungsmodellen teilnehmenden Schulträgern wird eine langfristige Personalplanung im Hort ermöglicht. Die Grundschulen, die außerhalb dieser Modellregion agieren, leiden massiv darunter, dass das Kultusministerium nur noch zeitlich befristete und nicht verlängerbare Anstellungen von Horterzieherinnen vornimmt. Das führt zu beträchtlichen Unruhen bei Lehrern, Erziehern und Eltern außerhalb der Modellregion und es verstärkt wiederum die Bereitschaft der dortigen Schulträger, ebenfalls an den Erprobungsmodellen teilzunehmen.

Das ist die Realität Ihrer landesweiten Umsetzung, Herr Minister Müller. Sie bieten den kommunalen Trägern nicht etwa ein Plus an schulischer Bildungsqualität gegenüber dem Normalzustand, nein, Sie haben das Normalmaß bei den personellen Rahmenbedingungen derart verschlechtert, dass der kommunalen Seite gar nichts anderes übrig bleibt, als sich im Interesse ihrer Schule an den Erprobungsmodellen zu beteiligen. Sie ködern zu nun besseren Bedingungen die Schulträger, und zwar um die Regierungserklärung von Dieter Althaus - ich erinnere mich noch sehr genau daran - vom September 2004 umzusetzen, nachdem über Jahre ein großer Widerstand von den betroffenen Schulen gekommen ist.

Aber das ist nicht unser einziger Kritikpunkt an diesem Modellvorhaben. Es kommt dort auch noch zu der von uns seit Langem prognostizierten Zersplitterung der bisher einheitlichen Personalverantwortung für die Horterzieher, das zeigt auch die geschlossene Vereinbarung ganz deutlich. Ein zunehmend kleinerer Teil - ich habe es das letzte Mal von dieser Stelle hier schon erklärt, ich versuche es heute noch einmal, in der Hoffnung, dass es der CDU jetzt verständlicher wird - der Horterzieherinnen verbleibt im Landesdienst und ist lediglich dem Weisungsrecht des Kultusministeriums unterstellt. Ein zunehmend größerer Teil unterstützt die Horterzieherinnen voll und ganz dem jeweiligen Schulträger. Bei der Mehrheit der Horterzieherinnen an den Erprobungsmodellen kann das Land daher bereits in wenigen Jahren keinerlei Dienst- und Fachaufsicht mehr wahrnehmen und damit ist die pädagogische Einheit von Grundschule und Hort an dieser Stelle beendet. In den Modellregionen wird die Thüringer Schule so, wie man sie jetzt kennt und schätzt, nicht mehr existieren.

Ein letzter Kritikpunkt: Die den Schulträgern gewährte Kompetenz, eigenverantwortlich Neueinstellungen vorzunehmen, führt unweigerlich zu einem niedrigeren Qualifikationsniveau an den Grundschulhorten. Warum? Die Vereinbarung, die das Kultusministerium mit den Modellregionen geschlossen hat, spricht eine deutliche Sprache, und zwar, dass 75 Prozent des neu einzustellenden Hortpersonals aus Fachkräften bestehen müsste, aber was sich dahinter konkret verbirgt, ist nicht definiert worden. Noch fragwürdiger gestaltet sich die Bestimmung zum sonstigen Personal, was 25 Prozent der neu einzustellenden Hortkräfte ausmacht: Handwerker, ehrenamtlich tätige Personen, Senioren, Eltern, volljährige Schüler usw. - Sie können das selber lesen - diese werden also vom Kultusministerium als vollwertiger Ersatz für die Horterzieher betrachtet. Also Gründe, sich als Bildungspolitikerin über die landesweite Umsetzung zu freuen, kann ich daher nicht erkennen. Dass Sie die Grundschulen weiterentwickeln? Ich sage, Sie entwickeln sie kaputt. Deswegen bleibt die SPD bei ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dieser Kommunalisierung, egal in welcher Mogelpackung sie daherkommt, und wir werden im Jahr 2009 die nötigen Weichenstellungen vornehmen, um diese pädagogische

(Beifall SPD)

Einheit aus Grundschule und Hort in Thüringen auch flächendeckend weiterhin zu bewahren. Danke schön.

(Beifall SPD)

Danke schön. Jetzt erteile ich das Wort Herrn Abgeordneten Emde, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann die Kritik von Frau Ehrlich-Strathausen nicht so richtig verstehen.

(Zwischenruf Abg. Ehrlich-Strathausen, SPD: Sie hatten etwas im Ohr.)

Gehört habe ich Sie schon, aber nicht verstanden. Ich weiß auch nicht so ganz genau, worauf Sie eigentlich abzielen. Denn wenn wir als Thüringer CDU die offene Ganztagsgrundschule weiterentwickeln und die SPD doch immer nach ganztägigen Schulangeboten ruft, dann müssten Sie schon lange auf unserer Schiene sein. Frau Ehrlich-Strathausen, wahrscheinlich sind Sie eine der letzten, die immer noch Kassandrarufe ausschickt. Andere Ihrer Parteikollegen sind schon lange auf dem Weg, dieses Mo

dellvorhaben hin zur offenen Ganztagsgrundschule mitzugestalten. Wir haben jetzt 5 von 23 Kreisen und kreisfreien Städten, die in diesem Modellvorhaben mitmachen, und sieben stehen schon Schlange. Das heißt, demnächst sind es mehr als die Hälfte der Gebietskörperschaften in Thüringen, die an diesem Modellvorhaben mitwirken wollen.

Warum ist das denn so? Es gibt nun einmal mit diesem Modellvorhaben gute Chancen für die Verbesserung unserer Grundschulen als offene Ganztagsschule. Es ist so, dass neue Schulkonzepte die Qualität dieser Grundschulen steigern. Die Eltern freuen sich über mehr und bessere Betreuungsangebote und die Schulen und ihr soziales, kommunales Umfeld rücken näher zusammen. Alles das wollen doch meines Wissens die SPD und DIE LINKE auch. Wenn ich an die Diskussion in der Enquetekommission „Erziehung und Bildung in Thüringen“ zurückdenke, dann war doch wohl Konsens, dass die Schule stärker zum Kommunikationszentrum in ihrem sozialen Umfeld, das heißt in ihrer Kommune, werden soll.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das geht doch alles nur dann, wenn es mehr, wenn es konkretere, wenn es direktere Verantwortung der kommunalen Ebene gibt. Insofern sollten Sie einmal aufhören mit Ihren Kassandrarufen.

(Zwischenruf Abg. Ehrlich-Strathausen, SPD: Zusätzlich, zusätzliches Personal!)

Jetzt haben Sie ja schon mitbekommen, dass die kommunalen Verantwortungsträger dieses Modell begrüßen. Jetzt sagen Sie, na gut, in fünf Jahren wird erst alles schlecht. Lassen Sie es ganz einfach sein, denn, Frau Ehrlich-Strathausen, wenn Sie immer solche Worte wählen wie „Hortkommunalisierung durch die Hintertür“ oder „ein abgekartetes Spiel“, verpassen Sie dem Ganzen ein Negativimage, wollen es nach unten ziehen und das ist der Sache nicht gerecht. Sie sind einfach unmodern und nicht auf der Höhe der Zeit.

(Beifall CDU)

Ich denke, die Landesregierung sollte mit den anderen sieben Trägern, die jetzt schon ihren Willen zur Mitwirkung bekundet haben, möglichst schnell konkret werden, dass diese dann in das Modellvorhaben eintreten können. Für unsere Fraktion kann ich nur sagen, man sollte mit der kommunalen Ebene noch viel mehr darüber sprechen, wie die Kommunen auch in anderen inhaltlichen Fragen von Bildung und Erziehung weiter in Verantwortung gehen können. Das würde unsere Schulen und natürlich auch die Ganztagsgrundschulen voranbringen. Danke schön.

(Beifall CDU)

Danke. Weitere Redemeldungen von Abgeordneten liegen mir jetzt vor. Frau Abgeordnete Reimann, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich habe mich bewusst nicht angemeldet gehabt, weil es mir wie Frau Ehrlich-Strathausen ging, ich wollte erst einmal den Neuigkeitswert der Aktuellen Stunde erfahren. Denn es ist tatsächlich so, Ende Februar war der Brief an die Landräte schon raus. Das, was Sie jetzt erzählt haben, ist für mich zumindest nicht neu und ich war neugierig, was da denn jetzt wohl kommen wird. Was ist denn jetzt hier aktuell, dass ich mich jetzt noch einmal hier vorbewegen muss.

(Unruhe CDU)

Es ist tatsächlich so, dass mir da irgendwie nach wie vor die Fantasie fehlt. Aber, Herr Emde, ich muss im Namen mehrerer Mitglieder unserer Fraktion Ihnen einmal sagen: Kassandra hatte recht! Wir werden uns wieder sprechen. Dass die Kommunen mehr Eigenverantwortung für ihre Bildungseinrichtungen haben wollen, das ist nicht neu. Aus einer Mangelsituation heraus zu sagen, weil es einen Mangel gibt, geben wir das jetzt einmal an die Kommunen ab, um das Erziehernomadentum in Thüringen zu probieren - in Ilmenau laufen gerade Verträge aus, in Erfurt werden gerade Ausschreibungen getätigt, die kommen dann alle hierher, dann laufen hier die Verträge aus und dann gehen Sie woanders hin -, wenn wir das unterstützen wollen und das sozusagen mit einer Absenkung dessen, was die Erzieher verdienen statt E 8 wie bisher dann nur noch E 6 und möglicherweise ein paar Großomis, die ja ehrenamtlich die Arbeit im Hort machen können, oder wie 74 Stellen im Eichsfeld 1-Euro-Jobber, also wenn das die Qualität der guten Schule sein soll, die kommunal verantwortet wird, dann kann ich nur sagen, dem stimmen wir nicht zu.

(Beifall DIE LINKE)

Ich weiß auch wirklich nicht - wenn man einen Mangel feststellt, wie zum Beispiel bei den Chemielehrern, dann kann man doch nicht durch die Kommunalisierung der Chemielehrer diesen Mangel auffangen. Also wo liegt der Sinn dieses ganzen Projekts! Wenn man wirklich etwas kommunalisieren und die Bildungsverantwortung auf die untere Ebene geben will, dann nehmen Sie doch Ihre finnischen Erfahrungen - ich erzähle das schon seit Langem, im Land

tagswahlprogramm stand das bei uns beim letzten Mal schon drin - und kommunalisieren Sie die Schulämter, das heißt, schaffen Sie sie ab und geben den Landkreisen wirklich die Verantwortung. Das wäre doch mal ein erster Schritt.

(Beifall DIE LINKE)

Natürlich schauen wir uns vor Ort die Modellprojekte an und wir sehen auch die Vorteile, die die Landräte darin sehen. Aber im Endeffekt ist es wiederum nur ein Sparmodell. Also wenn 25 Prozent nicht ausgebildetes Personal dort arbeiten soll und, wie Sie selber in dem Mustervertrag gelesen haben, unsere Bachelorabsolventen jetzt als Nichtausgebildete gelten und neben den Omis im Ehrenamt arbeiten dürfen, ich weiß nicht, wo da die Qualität von Unterricht in Bezug auf den Ganztagsunterricht in Verbindung mit dem Hort sein soll.