Protocol of the Session on January 24, 2008

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit der heutigen zweiten Beratung des Gesetzentwurfs zum Thüringer Architekten- und Ingenieurkammergesetz stehen wir am Ende eines sehr lange dauernden und nicht unbedingt rühmlichen Prozesses. Das muss ich hier so sagen.

(Beifall SPD)

Die parlamentarische Behandlung dieses Gesetzentwurfs, insbesondere im Bau- und Verkehrsausschuss - immer wieder verschieben, Absetzung von der Tagesordnung -, hat deutlich gemacht, dass die Landesregierung und die sie tragende CDU-Fraktion nicht mehr regierungsfähig sind.

(Unruhe CDU)

Ansonsten hätte man nicht zwei Jahre gebraucht, um dieses Gesetz zu verabschieden und so manche Erkenntnis, die dann plötzlich in der letzten Wochen bei den Damen und Herren der CDU angekommen ist, hätte man vielleicht auch schon eher bekommen können.

Bereits 2006 lag ein Referentenentwurf zum Kammergesetz vor, der insbesondere von den Betroffenen, nämlich der Architekten- und Ingenieurkammer, abgelehnt wurde. Das war in allen Beratungen klipp und klar. Wir hatten als SPD-Arbeitskreis bereits am 18.07.2006 ein Gespräch mit den Präsidenten beider Kammern, Herrn Prof. Mönnig und Herrn Strube, und beide forderten als wichtigsten Punkt als Eintragungsvoraussetzung ein Studium von mindestens acht Semestern, sprich den Masterabschluss, im Gesetz festzuschreiben. Die Ingenieurkammer hat als zweiten wichtigen Punkt den Schutz der Berufsbezeichnung „Ingenieur“ angesehen. Ich sage das auch selbst als Diplomingenieur, auch mir persönlich ist das sehr

wichtig. Deutsche Ingenieurleistungen hatten und haben auch im Ausland einen guten Ruf. Es gibt und gab viele berühmte Bauingenieure und Architekten, die ihre Wurzeln hier in Deutschland haben. Ich erinnere nur an August Röbling aus Mühlhausen, der die Brooklyn Bridge in den USA erbaut hat, aber auch andere berühmte Namen wären hier zu nennen. Ich kann nicht verstehen, warum wir von uns aus jetzt mit einer Aufweichung der Berufsbezeichnung Ingenieur letztendlich diese Leistung infrage stellen, während auf der anderen Seite man in den USA zurzeit dabei ist, mit deutscher Hilfe Diplomstudiengänge für den technischen Bereich aufzubauen. Der ehemalige Vorsitzende der Bundeshochschulrektorenkonferenz, Prof. Klaus Landfried, ist zurzeit als Berater in den USA tätig, um dort Diplomstudiengänge aufzubauen, und wir opfern letztendlich hier dem Bologna-Prozess eine wirklich hochrangige Ausbildung.

Herr Kalich, was den Bachelor betrifft: Wir diskriminieren keinen Bachelor, aber ich sehe es so, die Möglichkeit als ersten akademischen Abschluss den Bachelor zu erreichen, richtet sich insbesondere an jene Studenten, die während des Studiums feststellen, dass sie den Anforderungen des Masterstudiengangs nicht mehr gewachsen sind.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Das ist doch Käse, was Sie da erzählen.)

So einfach muss man es sehen.

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Nicht mal ansatzweise haben Sie das begriffen.)

Jeder, der letztendlich Wert darauf legt, später auch entsprechend tätig zu werden, hat ja die Möglichkeit, den Masterabschluss dranzuhängen. Ich sage auch, Thüringen als Land des Bauhauses mit einer Stiftung Baukultur, muss doch daran interessiert sein, dass insbesondere im Architektur- und Baubereich technische Höchstleistungen, aber auch kulturelle Höchstleistungen von Planern, Architekten und Ingenieuren angeboten werden. Dazu ist nun mal eine fundierte Ausbildung nötig. Dazu reicht nach unserer Auffassung und nicht nur nach unserer Auffassung, sondern auch nach der Auffassung der Kammern ein dreijähriges Bachelorstudium nicht aus.

(Beifall SPD)

Wir haben ja die Anhörung im Ausschuss dazu durchgeführt und es ist von allen Anzuhörenden, sowohl von der Architektenkammer als auch von der Ingenieurkammer und von Prof. Zimmermann als Vorsitzenden der Hochschulrektorenkonferenz, darauf hingewiesen worden, dass das dreijährige Bachelorstudium nicht ausreichend ist. Prof. Zimmer

mann ging sogar so weit, dass er zehn Semester gefordert hat. Auch der Weltverband der Architekten gibt als Empfehlung ein Regelstudium mit zehn Semestern als Vorgabe. Es laufen auf Kammerebene zwischen den Kammern der verschiedenen Bundesländer Abstimmungen, eine Angleichung hier zu finden, aber nicht eine Angleichung auf dem niedrigsten Niveau, sondern auf dem höheren Niveau. Es wäre für Thüringen auch ein Standortvorteil, wenn wir gerade im Bereich von Architektur, von Baukultur mit besonders hohen Leistungen punkten könnten. Dazu ist es auch notwendig, dass sich nicht jeder in die Listen der Kammern eintragen kann.

(Beifall SPD)

Wenn ich jetzt zu den einzelnen Punkten der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr noch mal komme, die letztendlich auf einem CDU-Antrag beruht, dann ist mit ihrem Punkt 1 keinerlei Schutz der Berufsbezeichnung „Ingenieur“ gegeben, sondern jeder, der ein Bachelorstudium absolviert hat, kann sich künftig „Ingenieur“ nennen. Das war nicht das Anliegen der Kammern und dem sind Sie hier auch nicht gefolgt. Was die Berufsbezeichnung „Beratender Ingenieur“ und die Eintragung in die Listen betrifft, meine Damen und Herren, das, was Sie hier vorgelegt haben, ist ganz einfach eine Mogelpackung. Sie sagen hier, in der Regel soll jemand den akademischen Grad „Master“ tragen und eine praktische Tätigkeit von zwei Jahren haben oder als Ausnahme den akademischen Grad „Bachelor“ tragen und eine praktische Tätigkeit von mindestens vier Jahren. Ja, was ist denn die Ausnahme, haben Sie mal mit einem Juristen über diese Formulierung geredet? Jeder kann dann kommen und sagen, ich bin die Ausnahme, und sich letztendlich einklagen, dass er in die Listen der Kammer aufgenommen werden muss. Das kann nicht Sinn und Anliegen dieses Gesetzes sein und das ist auch von den Anzuhörenden, von den Kammern, für die wir ja dieses Gesetz machen, letztendlich so nicht gewollt.

In einem Punkt können wir Ihnen zustimmen, deswegen haben wir das in unseren Änderungsantrag auch noch mal aufgenommen, das ist die Anerkennung derjenigen, die jetzt schon in die Kammern eingetragen sind und zu DDR-Zeiten nur dieses dreijährige Ingenieurstudium absolviert haben und dann auf Antrag hin nachdiplomiert wurden. Dem ist Folge zu leisten. Aber ansonsten lehnen wir Ihre Beschlussempfehlung ab. Wir haben deswegen heute auch noch mal unseren Änderungsantrag eingebracht, indem wir nämlich mit der Festschreibung einer mindestens vierjährigen Regelstudienzeit zum einen die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ schützen wollen, damit auch weiterhin im Ausland deutsche Ingenieurleistungen einen guten Ruf haben und mit einem hohen Anspruch an Fachlichkeit und Quali

tät verbunden sind, weil das letztendlich auch unseren künftigen Studenten und Absolventen helfen wird. Es wird ihnen nicht schaden.

(Beifall SPD)

Wir möchten natürlich auch eine klare Regelung, was die Eintragung in die Listen der Kammern als Beratender Ingenieur betrifft. Einen Punkt haben Sie in Ihrem Änderungsantrag überhaupt nicht aufgegriffen, das sind nämlich die Einwände der Architektenkammer. Es gab ja nicht nur die Einwände der Ingenieurkammer, sondern auch die der Architektenkammer. Im Gesetz ist festgeschrieben, dass ein Architekt eine mindestens vierjährige Regelstudienzeit zu absolvieren hat. Wenn er aber Innenarchitekt, Landschaftsarchitekt oder Stadtplaner wird, dann braucht er nur sechs Semester. Also ich verstehe nicht, warum man, wenn man ein einzelnes Haus als Architekt projektieren kann, einen höheren Abschluss haben muss, aber nur sechs Semester braucht, um eine ganze Stadt in den Sand zu setzen. Das muss mir dann schon mal jemand erklären. Die Architektenkammer hat sich erst in den letzten Tagen noch einmal mit einem Schreiben an uns gewandt und auf das Problem hingewiesen. Auch das greifen wir in unserem Änderungsantrag auf und, wie gesagt, wir übernehmen gern aus der Beschlussempfehlung die Regelung zu den Altabschlüssen.

(Beifall SPD)

Dann ist ja in der vorigen Woche gesagt worden, nachdem im Gesetzentwurf immer auf die Regelstudienzeit abgehoben wurde, wir heben jetzt nicht mehr auf die Regelstudienzeit ab in unserer Beschlussempfehlung, sondern wir gehen jetzt auf die Abschlüsse, nämlich den Bachelor und den Master. Aber das zieht sich nicht durch das ganze Gesetz durch, das Gesetz ist Stückwerk. Man hat das nur für den Teil der Ingenieure getan. Bei den Architekten ist man weiter bei den Regelstudienzeiten geblieben - also nicht mal hier haben Sie folgerichtig mit Ihrer Beschlussempfehlung geändert. Deswegen bitte ich noch einmal darum, auch im Interesse der Betroffenen, denn wir beschließen das Kammergesetz für die Kammern, für die Architekten, für die Ingenieure, stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu. Ansonsten sehen wir uns leider gezwungen, das Gesetz abzulehnen.

(Beifall SPD)

Das Wort hat Abgeordnete Holbe, CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich begrüße auch recht herzlich die Vertreter der betroffenen Kammern, die heute diese Diskussion hier begleiten. Der Ausschuss für Bau und Verkehr hat in mehreren Sitzungen über dieses Gesetz beraten. Völlig richtig, Frau Doht, Sie haben das herausgestellt, dass der Zeitumfang doch etwas umfangreicher war als bei anderen Gesetzesvorlagen, die wir zu beraten haben. Aber ich denke, das kann man durchaus positiv werten und nicht hier die Regierungsfähigkeit infrage stellen. Das ist ja wohl ein bisschen weit hergeholt. Wir haben hier eine umfangreiche Anhörung gehabt und Stellungnahmen erhalten und wir haben hier mit diesem Gesetz über die Architektenkammer und den Schutz der Berufsbezeichnungen die Beratung durchgeführt auch vor dem Hintergrund und unter dem Aspekt, dass die Umsetzung der europäischen Rechtsprechung - hier die Richtlinie vom 07.09.2005, geändert am 20.11.2006 - über die Anerkennung der Berufsqualifikationen mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge notwendig war und um zum anderen einheitliche Regelungen für die Berufstätigkeit der Architekten und Ingenieure zu finden. In der mündlichen Anhörung, die wir durchgeführt haben, in den Stellungnahmen, die uns erreicht haben von der Architektenkammer, der Ingenieurkammer und dem Vorsitzenden der Hochschulrektorenkonferenz, haben sich mehrere Punkte herauskristallisiert, die ich hier noch einmal benennen möchte und die auch Schwerpunkt in unseren Beratungen waren:

- Forderung nach der Regelstudienzeit von vier Jahren bzw. acht Semestern als Grundvoraussetzung für die Eintragung in die Liste der Bauvorlageberechtigten der Beratenden Ingenieure, aber auch der nachweisberechtigten Ingenieure und in die Architektenliste,

- Festlegung der Fort- und Weiterbildungspflicht,

- Nachweisführung durch die Kammermitglieder,

- Forderung, dass die Kammer den Ingenieurtitel verleiht unter der Voraussetzung der Mitgliedschaft in der Ingenieurkammer,

- Festlegung von Sanktionstatbeständen bei Nichtzahlung von Mitgliedsbeiträgen oder groben Pflichtverletzungen wie zum Beispiel der fehlende Versicherungsschutz,

- Schutz der Berufsbezeichnung „Ingenieur“,

- Aufnahme von Regelungen für das Versorgungswerk,

- eine Forderung zum Beispiel für die Mitglieder der Kammern unter Verzicht auf die Bauvorlageberechtigung,

- die Fortführung der Berufsbezeichnung „Architekt“ nach dem Renteneintrittsalter zu führen und

- die Forderung, dass nachweisberechtigte Ingenieure Mitglied der Ingenieurkammer sein müssen.

Werte Kollegen, meine Damen und Herren, Sie sehen, dass es doch eine Reihe wichtiger Schwerpunkte in den Stellungnahmen war, die es intensiv zu prüfen und zu bewerten galt. Einem Großteil der Forderungen konnte nicht entsprochen werden, sowohl aus sachlichen als auch aus fachlichen Erwägungen heraus. Einige möchte ich Ihnen erläutern, insbesondere die Hauptforderung zur Eintragung in die Listen, die ich gerade vorgetragen habe, mit einer Regelstudienzeit von acht Semestern. Es kann nicht sein, dass wir in Thüringen ein Gesetz verabschieden, das unsere eigenen Ingenieure und Architekten im Rahmen ihrer Berufsausführung schlechter stellt, verschärfte Zulassungsbedingen fordert und Regelungen aufnimmt, die diese Berufsgruppen maßgeblich benachteiligt, ganz zu schweigen davon, dass dies einen hohen Bürokratieaufwand schaffen würde, um dessen Abbau wir uns ja ständig bemühen und den Sie, meine Damen und Herren auf den Oppositionsbänken, auch ständig einfordern. Auch dies war ein Aspekt, weshalb wir die bisher drei eigenständigen Gesetze zu einem zusammengefasst haben, um einheitliche Regelungen für die Berufsfelder der Architekten und Ingenieure zu schaffen, um deren Organisation und Kammertätigkeit für eine Zusammenarbeit zu erleichtern.

Wesentlicher Punkt der Diskussion - wir haben es von Herrn Kalich und Frau Doht schon vorgetragen bekommen - war die Festlegung der Berufsbezeichnungen, die in § 1 Abs. 1 bis 7 festgeschrieben wurden und damit die Voraussetzungen, die zum Führen des Titels „Ingenieur“, „Architekt“, „Stadtplaner“, „Beratender Ingenieur“ berechtigen. Hier bin ich den Kollegen aus dem Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien und aus dem Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit für die fachliche Begleitung sehr dankbar.

In § 1 werden Anspruchsnormen formuliert in Bezug auf die von den Kammern vorgetragenen Qualitätsansprüche, an die tätigen Ingenieure und Architekten zu denken. Ein wichtiges Hauptaugenmerk, das wir nicht vernachlässigt haben, denn im Sinne des Verbraucherschutzes ist es wichtig, hier eine qualitätsvolle Leistung abzuliefern, die wir unseren Architekten und Ingenieuren keinesfalls absprechen.

In § 9 des Gesetzes sind die Voraussetzungen für die bauvorlageberechtigten Ingenieure mit Verweisung auf die Thüringer Bauordnung geregelt. Zurzeit arbeitet Thüringen in einer Arbeitsgruppe mit anderen Bundesländern zusammen, um bundeseinheitliche Regelungen im Baurecht in einer Musterbauordnung zu fassen. Diese Arbeitsgruppe wird ihre Tätigkeit in 2009 beenden. Danach werden wir hier noch einmal eine parlamentarische Befassung unseres Thüringer Bauordnungsgesetzes haben und auch hier hinsichtlich der Bauvorlageberechtigung die geforderten Qualitätsansprüche einarbeiten.

Natürlich haben wir im Rahmen des Bologna-Prozesses die festgelegten Hochschulabschlüsse in dieses Gesetz einzuarbeiten. Mit der Benennung der Bachelor- und Masterabschlüsse in einem Architekten- und Ingenieurkammergesetz ist Thüringen damit das erste Bundesland, das dies so formuliert. In welchem Zeitrahmen und mit welchen Inhalten Bachelor- und Masterabschlüsse an den Berufsakademien, den Fachschulen bzw. den Universitäten unterrichtet und letztlich verliehen werden, entscheiden die Hochschulen in eigener Autonomie. Vor dem Hintergrund der Umsetzung des Bologna-Prozesses 1999 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums bis 2010 erfolgt die Umstellung der bisherigen Diplomstudiengänge auf Bachelor und Master entsprechend den genehmigten Akkreditierungen in diesen Studiengängen. Hier liegt zweifelsohne eine hohe Verantwortung bei den Hochschulen und diese wird von ihnen auch wahrgenommen. Wir sind ziemlich am Ende der Umstellung dieses Prozesses der Studiengänge in Thüringen und halten diesen vorgegebenen Zeitplan ein. Es ist ganz richtig, dass gesagt wurde, in der Regel wird der Bachelor in drei Regelstudienjahren erworben, also mit sechs Semestern, beim Master werden zwei weitere Regelstudienjahre nötig sein. Da der Bachelor den ersten Grad der akademischen Ausbildung innehat, muss er natürlich auch den Zugang zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit in seinem Berufsfeld als Beratender Ingenieur erhalten. Natürlich sehen wir genauso diese Unterschiede in der Zeitdauer des theoretischen Unterrichts in den Abschlüssen zum Bachelor und Master und die damit erworbenen Kenntnisse. Deshalb war es für uns folgerichtig, diese Unterschiede zu bewerten und ihre Anerkennung im Beratenden Ingenieur zu modifizieren. Wir haben uns ja generell von den Studienzeiten nach Jahren und Semestern gelöst und legen hier den jeweiligen Abschluss zugrunde. Dabei ist der Master die Regel. Ich denke, es können auch dann nicht nur Ausnahmen genehmigt werden vonseiten der Ingenieurkammer, man muss hier schon ein hohes Augenmerk darauf haben, ansonsten würde man diese Regel zerstören und das ist sicher auch nicht so gewollt und nicht so abgefasst.

Mit der Schaffung des Zugangs für die Berufsgruppe der Beratenden Ingenieure für den Bachelor wollen wir natürlich die fehlenden theoretischen Kenntnisse durch die praktischen Kenntnisse aufwerten, anerkennen. Das heißt, dass diejenigen, die mit dem Bachelor abschließen, eine entsprechend längere praktische Tätigkeit nachweisen müssen und dass dieser Nachweis selbstverständlich auch im Sinne ihrer künftigen Berufsausübung sein muss, das sei hier nur noch mal herausgestellt. Es kann nicht sein, dass ich mit dem Fahren von Taxis oder mit anderen Gelegenheitsjobs letztlich die Erlangung der Voraussetzungen erhalte, um als Beratender Elektroingenieur tätig sein zu können. Das ist nicht sachdienlich und das ist auch so extra und explizit geregelt worden.

Im Hochschulgesetz haben wir im Übrigen gerade darauf abgestellt, dass die Praktiker, dass junge Leute, die über die Berufsschulausbildung mit einem Beruf abgeschlossen haben, ihren Meister gemacht haben, auch den Zugang bekommen, eine akademische Ausbildung aufzunehmen, weil gerade auch hier dieser praktische Ansatz wichtig ist. Wenn ich an die Kollegen denke, die zu DDR-Zeiten in drei Jahren ihren Abschluss als Fachschulingenieur gemacht haben, dass die auch heute und in der Vergangenheit eine qualitätsvolle, gute Arbeit in der Wirtschaft geleistet haben, traue ich es mir nicht zu, ihnen diese qualitätsvolle Arbeit abzusprechen und auch nicht, wie Sie es hier in Ihren Worten mit formuliert haben, Frau Doht, einen minderwertigen Abschluss erhalten zu haben, indem sie ihr Studium nur auf drei Jahre geführt haben.

Ein weiterer Standpunkt, meine Kollegen, den ich Ihnen hier einfach nur einmal in Erinnerung bringen möchte, das ist die Forderung der Industrie- und Handwerkskammer, die ständig nach möglichst kurzen Abschlüssen in den Ausbildungszeiten im Sinne der Sicherung des Fach- und Führungskräftenachwuchses gerade hier in Thüringen ruft. Ich denke, auch dem sollte man sich hier nicht verschließen, junge Leute mit entsprechenden Abschlüssen und Befähigungen in die Berufsfelder einzuführen und über die praktische Tätigkeit ihnen auch dann die weiteren Möglichkeiten ihrer höherwertigen Berufsbildung zu erschließen.

Ich möchte noch einmal auf einen Aspekt eingehen, den wir etwas ausführlicher geregelt haben im Zusammenhang mit dieser praktischen Tätigkeit. Beim Master haben wir eine Praxiszeit von zwei Jahren, die in einem Zeitraum von drei Jahren abzusichern ist, und beim Bachelor eine Praxiszeit, wie bereits erwähnt, von vier Jahren, die in einem Zeitraum von fünf Jahren abgeleistet werden sollte. Ich glaube, dass diese Lockerung hier sehr sinnvoll ist, gerade im Hinblick auf die jungen Absolventen, die im An

schluss an eine Ausbildung ihren Wehrdienst antreten müssen oder wollen, oder an junge Frauen, die sich für ein Kind entscheiden und ihr Mutterschaftsjahr in Anspruch nehmen, oder jemand, der eine Unterbrechung durch die Pflege von Familienangehörigen übernimmt. Sicher nur einige Beispiele, wo wir der Meinung sind, diesen Spielraum gerade für junge Menschen einzurichten. Ich möchte noch einmal auf die Hauptforderung der Ingenieurkammer eingehen, um einen weiteren Aspekt vorzutragen. Hier meine ich die Forderung für die Mindeststudienzeit von acht Jahren. Mit Blick auf die anderen Bundesländer, wie Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, ist eine Mindeststudienzeit von drei Jahren gefordert entsprechend dem Muster-Ingenieurgesetz. Einige Länder knüpfen die Eintragungsvoraussetzungen an den erfolgreichen Abschluss des Studiums in den entsprechenden Fachrichtungen an einer anerkannten Hochschule. Das sind die Länder Bayern, Berlin, Saarland, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und auch unsere Nachbarn Sachsen und Sachsen-Anhalt. Ein erfolgreicher Abschluss wird mit dem ersten akademischen Grad, also nach drei Jahren, erreicht.

Würden wir auf die Forderung der Kammern eingehen, hieße dies eine Inlanddiskriminierung unserer Absolventen. Diejenigen, die in anderen Ländern die Eintragung erhalten haben, haben auch in Thüringen die Möglichkeit, tätig zu werden, während die Thüringer dafür mehr Zeit benötigen und damit schlechter gestellt wären. Die Ingenieurkammern müssten sämtliche mit den Ländern vereinbarte Verwaltungsvereinbarungen zur Gleichwertigkeit der Eintragung neu vereinbaren mit der Folge, dass die Thüringer Ingenieure in anderen Ländern ein komplizierteres Verfahren zur Eintragung durchlaufen müssten als andere. Dies könnte natürlich den Wegzug junger, gut ausgebildeter Ingenieure, vielleicht sogar Studenten, nach sich ziehen und das kann politisch nicht gewollt sein. Unsere Studenten müssen hier nach ihrem erfolgreichen Studienabschluss die gleichen Chancen erhalten. Da bin ich, Frau Doht, anderer Meinung als Sie, indem Sie behaupten, dass wir mit der Forderung nach vier Jahren der Kammern und der Eintragung den jungen Leuten bessere Voraussetzungen bieten, weil die Qualität dahinter steht. Ich denke, das ist schlichtweg falsch. Wir würden genau das Gegenteil erhalten.

Ein weiterer durch uns vorgeschlagener Änderungsantrag in § 38 soll der Klarstellung dienen. Sie haben das auch in Ihrem Antrag aufgegriffen. Ich denke, da stimmen wir überein, dass die in der Liste nach § 1 Abs. 5 eingetragenen Beratenden Ingenieure Bestandsschutz erhalten, um weiterhin tätig sein zu können. Mit der Umstellung der Hochschulabschlüsse werden in einer Übergangszeit noch Inge

nieure ausgebildet, deren Ausbildungszeit von denen des Bachelor und Master abweichen können. Für diese Betroffenen wurde ebenfalls die Zugangsberechtigung für die Tätigkeit als Beratender Ingenieur eingeräumt.

Nun lassen Sie mich noch einmal ganz kurz auf einen Punkt in Ihrem Änderungsantrag eingehen, in dem Sie in Nummer 2 unter Punkt 1 b fordern, dass neben der vierjährigen Regelstudienzeit die praktische Arbeit von fünf Jahren nachzuweisen ist. Wir haben ja hier in diesem Gesetz auch eine Anpassung erreicht mit unseren Änderungen, dass für die kleinen Architekturfelder, die Stadtplaner, der Innenarchitekt und der Landschaftsarchitekt zusammen mit dem Abschluss des Bachelors in den naturwissenschaftlichen und technischen Berufsfeldern der Ingenieurwissenschaften, wo vorher ebenfalls diese fünf Jahre verankert waren, wir hier ausdrücklich auf vier Jahre geändert haben, so dass hier wieder eine Ungleichbehandlung zwischen diesen kleinen Architekturfeldern und den Ingenieuren zustande kämen. Schon deshalb, denke ich, ist diese Änderung, die von Ihnen vorgetragen wird, abzulehnen.

Ihnen liegt in Drucksache 4/3725 die Änderung zum Regierungsentwurf vor. Ich denke, wir haben die Bedenken der Kammern ausgiebig gewürdigt. Wir haben in unseren Änderungen zeitgemäß auf die neuen akademischen Abschlüsse reagiert, ohne jedoch einen Sonderweg für Thüringen beschreiten zu wollen und unsere Studenten bei der Berufsausübung in den Architekturfachrichtungen, in den Ingenieurwissenschaften und in ihrer praktischen Tätigkeit in allen deutschen und europäischen Ländern nicht einzuschränken, die Grundlagen gelegt. Ich bitte Sie im Namen meiner Fraktion um Ihre Zustimmung. Danke schön.