Protocol of the Session on November 16, 2007

Die Bundesregierung plant, im kommenden Jahr die Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung der Empfänger von Arbeitslosengeld II um 2,9 Prozent (das sind etwa 400 Mio. €) zu reduzieren. Zudem soll die Anpassungsformel für die Berechnung des Bundesanteils geändert werden. Als Grund wird die rückläufige Zahl der Arbeitslosengeld-II-Bedarfsgemeinschaften angeführt. Die kommunalen Spitzenverbände lehnen die Reduzierung des Bundesanteils an den Kosten für Unterkunft und Heizung

ab. Experten verweisen darauf, dass trotz der Abnahme der Zahl der Bedarfsgemeinschaften die Ausgaben der Kommunen für die Kosten von Unterkunft und Heizung gestiegen sind.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Pläne der Bundesregierung?

2. Wie entwickelten sich bei ARGEn und Optionskommunen in Thüringen von Januar bis September 2007 die Fallzahlen der Arbeitslosengeld-II-Bedarfsgemeinschaften, der Erwerbstätigen mit Ansprüchen auf Unterkunftskosten nach Hartz IV und der Gesamtkosten für Unterkunft und Heizung der Empfänger von Arbeitslosengeld II im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum?

3. Welche Auswirkungen hätte die geplante Reduzierung der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung auf die Kommunen und die Empfänger von Arbeitslosengeld II in Thüringen?

4. Erwägt die Landesregierung, in geeigneter Weise tätig zu werden, um eine Reduzierung der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung zu verhindern?

Für die Landesregierung antwortet Herr Wirtschaftsminister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Leukefeld für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Die Fragen 1 und 4 möchte ich gern gemeinsam beantworten: Die Landesregierung hat der Stellungnahme des Bundesrats - Bundesratsdrucksache 713 aus 2007 - zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Drittes Gesetz zur Änderung des Zweiten Bundessozialgesetzbuches“ am 9. November zugestimmt. Die Position der Landesregierung deckt sich mit der des Bundesrats. Im Kern wird vom Bundesrat eine Änderung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung gefordert. Ziel ist es, eine Änderung der Anpassungsformel nach § 46 Abs. 7 SGB II zu erreichen. Die bisherige Anpassungsformel orientiert sich an der Entwicklung der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II. Aus Sicht des Bundesrats sollte sich diese zukünftig an der Entwicklung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II ausrichten. Insofern ist die Landesregierung über den

Bundesrat tätig geworden.

Zu Frage 2: Die durchschnittliche monatliche Anzahl der Bedarfsgemeinschaften betrug im Zeitraum Januar bis September 2006 in Thüringen ca. 163.000. Im gleichen Zeitraum des Jahres 2007 waren es durchschnittlich 149.000. Zu der Problematik der sogenannten Aufstocker veröffentlichte die Bundesagentur für Arbeit die Sonderberichte „Anrechenbare Einkommen und Erwerbstätigkeit“. Nach dem Sonderbericht vom März 2006 mit Datenbasis vom September 2005 und dem Sonderbericht vom August 2007 mit Datenbasis Januar 2007 erzielten jeweils ca. 14 Prozent oder ca. 40.000 der von den Thüringer ARGEn betreuten Hilfebedürftigen Einkommen aus der Erwerbstätigkeit. Die durchschnittlichen monatlichen Aufwendungen der Thüringer Kommunen für Leistungen für Unterkunft und Heizung betrugen im Zeitraum Januar bis September 2006 ebenso wie im entsprechenden Zeitraum 2007 ca. 35 Mio. €.

Zu Frage 3: Unter der Voraussetzung von identischen Gesamtausgaben der Thüringer Kommunen nach § 22 Abs. 1 SGB II in Höhe von ca. 424 Mio. € in den Jahren 2007 und 2008 würden ca. 11 Mio. € Bundeserstattungen im Jahr 2008 weniger fließen. Die tatsächliche Höhe der KdU-Ausgaben 2008 ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nur schwer abschätzbar. Bei weiterer günstiger Entwicklung der Konjunktur könnte es im Jahr 2008 auch zu einem Rückgang der Zahl der Bedarfsgemeinschaften und damit zu einem Rückgang der Ausgaben der Kommunen bei den Kosten für Unterkunft und Heizung kommen. Auf den Leistungsanspruch der ALG-IIEmpfänger wirkt sich die geplante Gesetzesänderung natürlich nicht aus.

Es gibt keine weiteren Nachfragen? Doch, der Abgeordnete Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, mit welcher Begründung hat denn die Landesregierung im Bundesrat dieser Kürzung von 11 Mio. € für die Thüringer Kommunen bei den Kosten der Unterkunft zugestimmt?

Herr Kuschel, wenn Sie meinen Ausführungen gefolgt sind, hätten Sie feststellen müssen, dass wir davon ausgehen und dass es sich auch tatsächlich so dargestellt hat, dass sich nicht an der Anzahl, sondern an den Kosten orientiert wird. Und wenn

die Anzahl entsprechend zurückgeht, gehen auch die Kosten zurück.

Es gibt eine weitere Anfrage.

Herr Minister, wie erklären Sie dann, dass bei den Landkreisen und kreisfreien Städten insbesondere wegen der extremen Erhöhung der Betriebskosten zwar die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften sich reduziert hat, aber die Kosten der Unterkunft entweder stagnieren oder sich erhöhen? Damit bleibt es bei einer realen Kürzung, die dadurch entsteht.

Herr Kuschel, Sie haben mich immer noch nicht verstanden. Im Bundesrat haben wir der Tatsache zugestimmt, dass man sich an der Höhe der Kosten orientiert und nicht an der Anzahl. Die Anzahl wird sich reduzieren, damit werden sich auch die Kosten reduzieren. Und für die Zukunft soll sich weiterhin an den Kosten orientiert werden. Damit sind die Kommunen wieder gleichgestellt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Aber die Kosten reduzieren sich nicht 1 : 1.)

Herr Kuschel, es scheint in allen Landkreisen zu funktionieren, nur in einem oder zwei offensichtlich nicht.

Es gibt keine weiteren Anfragen. Ich rufe auf die Anfrage des Abgeordneten Kummer in der Drucksache 4/3522.

Öffentliche Förderung der K + S Kali GmbH

Die K + S Kali GmbH hat zurzeit ein massives Problem bei der Entsorgung ihrer Abwässer. Immer wieder droht sie damit, Arbeitsplätze abzubauen, wenn ihr nicht erlaubt wird, ihre Abwasserentsorgung weiter unter gleichbleibender, wenn nicht sogar steigender Belastung der Umwelt durchzuführen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Fördermittel erhielt die K + S Kali GmbH für ihre Thüringer Betriebsteile bisher insgesamt vom Freistaat Thüringen?

2. Ist der Landesregierung bekannt, welche Fördermittel das Unternehmen für seine Thüringer Betriebsteile von Bund und EU erhielt, und welche davon wurden durch das Land kofinanziert?

3. Mit welchen Zielen bzw. Auflagen im Bereich des Umweltschutzes war die Vergabe dieser Mittel verbunden?

4. War die Vergabe von Fördermitteln an den Erhalt bzw. die Neuschaffung von Arbeitsplätzen gebunden?

Für die Landesregierung antwortet Minister Dr. Sklenar.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Kummer beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1:

1.1. Projekt Werra-Weser-Entsalzung nach Verwaltungsabkommen von 1992 im Zeitraum bis 1999 insgesamt ca. 60 Mio. DM, aufgeteilt auf die Bundesländer Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen zu je 10 Prozent und dem Bund zu 50 Prozent.

1.2. Projektbetriebsstelle Unterbreizbach aus der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" im Jahr 2002 mit ca. 7 Mio. € zu je 50 Prozent von Thüringen und vom Bund finanziert.

Zu Frage 2: Siehe Antwort zu Frage 1. Ob darüber hinaus Mittel des Bundes bzw. der EU an das Unternehmen ausgereicht worden sind, ist nicht bekannt.

Zu Frage 3: Ziel des Projekts Werra-Weser-Entsalzung war die rasche Sanierung von Werra und Weser durch verschiedene Maßnahmen mit der Folge, die damalige hohe Salzbelastung der Werra drastisch zu senken. Dieses im Verwaltungsabkommen festgeschriebene prioritäre Umweltanliegen wurde erreicht, was sich im seither geltenden Grenzwert von 2.500 mg Chlorid/Liter am Pegel Gerstungen und der dazu notwendigen Salzlaststeuerung anschaulich ausdrückt. Im Projekt Betriebsstätte Unterbreizbach gab es keine konkreten Beauflagungen im Bereich des Umweltschutzes.

Zu Frage 4: Das Projekt Werra-Weser-Entsalzung war an keine Vorgaben für Arbeitsplätze gebunden, hat aber Arbeitsplätze erhalten und gesichert. Die GA-Förderung des Projekts Betriebsstätte Unterbreizbach ist verbunden mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen und der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die Zweckbindungsfrist und der Überwachungszeitraum für das geförderte Projekt enden im Jahre 2010. Ich weise aber noch darauf hin, dass die im Zuge der Verwahrung des Altbestandes der Thüringer Betriebsteile an der Werra eingesetzten Finanzmittel grundsätzlich keine Fördermittel sind. Sie dienen der Bedingung eines gesetzlichen Anspruchs der K + S Kali GmbH nach Umweltrahmengesetz für die Beseitigung ökologischer Altlasten.

Gibt es jetzt eine weitere Nachfrage? Frau Abgeordnete Wolf, DIE LINKE.

Es kann sein, dass ich es nicht schnell genug verstanden habe. Es wäre schön, wenn Sie noch einmal etwas dazu sagen könnten, was in Unterbreizbach mit dem Geld gemacht wurde. Steht das in irgendeinem Zusammenhang mit dem Rollloch oder bin ich da jetzt auf dem völlig falschen Zug?

Da müsste ich mich erst mal kundig machen, das weiß ich im Moment auch nicht. Es ging darum, dass die Arbeitsplätze erhalten werden, neue geschaffen wurden. Sicher ist das im Zuge mit dem Rollloch letztendlich passiert. Aber, Frau Wolf, da können wir gerne noch einmal nachschauen, dann kann ich Ihnen eine Antwort zukommen lassen.

Ich rufe nun die Frage des Abgeordneten Baumann, SPD-Fraktion, in der Drucksache 4/3524 auf.

Geplanter Umzug der Verwaltungsstelle Biosphärenreservat Rhön

Einem Pressebericht im Freien Wort/Meininger Tageblatt vom 7. November 2007 zufolge habe der Landrat des Wartburgkreises, Herr Reinhard Krebs, vor dem Gemeinderat Zella am Montag, dem 5. November 2007, verkündet, dass nach einer Entscheidung von Thüringens Umweltminister Dr. Volker Sklenar die Thüringische Verwaltung des Biosphärenreservats Rhön ihren Sitz zukünftig - allerdings erst ab

2009 - in der Propsteianlage Zella haben werde. Aus dieser Berichterstattung und den Äußerungen der vom Wegzug betroffenen Kommunalpolitiker gehe hervor, dass sie weder über diese Entscheidung informiert wurden, noch in den Entscheidungsprozess eingebunden gewesen seien.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann ist die Entscheidung zu dieser Standortverlagerung des Thüringer Verwaltungssitzes gefällt worden?

2. Wieso wurden die Vertreter der örtlichen Gebietskörperschaften des jetzigen Verwaltungssitzes Kaltensundheim nicht in den Entscheidungsprozess mit einbezogen und zu welchem Zeitpunkt sollten diese über die Pläne in Kenntnis gesetzt werden?

3. In welchem Umsetzungsstadium befindet sich der Vorgang Standortverlagerung der Thüringer Verwaltungsstelle Biosphärenreservat Rhön bzw. wurden bereits vertragliche oder anderweitig rechtlich bindende Voraussetzungen geschaffen, die diesen Entscheidungsprozess unumkehrbar machen?

4. Welche Rolle haben bestehende und gut funktionierende, lokale Kooperationsnetzwerke der hiesigen Verwaltungsstelle in Kaltensundheim für die Entscheidung zur Standortverlagerung gespielt?

Für die Landesregierung antwortet Minister Dr. Sklenar.