Der Petitionsausschuss stellte sich auf die Seite des Petenten. Der Ausschuss vertrat gegenüber dem Kultusministerium die Auffassung, dass der vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehene Wechsel von Klasse 6 der Regelschule in Klasse 7 des Gymnasiums auch die Möglichkeit umfasse, von Klasse 7
der Regelschule in Klasse 7 des Gymnasiums zu wechseln. Denn das Gesetz sei nicht nur nach seinem Wortlaut, sondern auch nach seinem Sinn und Zweck auszulegen. Der Ausschuss bat die Landesregierung, das Gesetz dementsprechend auszulegen und im Sinne des Schülers zu entscheiden.
Die Landesregierung blieb bei ihrer bisherigen Auffassung und lehnte den Übertritt in die 7. Klasse des Gymnasiums ab.
Ich danke für die Berichterstattung, Herr Wehner, und eröffne die Aussprache. Wünscht jemand das Wort zu diesem Bericht? Das ist offensichtlich nicht der Fall, dann beende ich diesen Tagesordnungspunkt.
Thüringer Gesetz zu dem Staats- vertrag über die Vergabe von Stu- dienplätzen (Thüringer Studien- platzvergabegesetz - ThürStVG -) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/2949 - ERSTE BERATUNG
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Thüringer Landesregierung legt Ihnen heute den Gesetzentwurf zu einem Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen zur Beratung vor und bittet um die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Das Gesetz ist erforderlich, nachdem die Regierungschefs der Länder am 22. Juni letzten Jahres den neuen Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen unterzeichnet haben. Der Landtag wurde nach Artikel 67 Abs. 4 der Verfassung des Freistaats Thüringen vom Abschluss dieses Staatsvertrags unterrichtet. Seit dem Wintersemester 1973/74 führt die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen in Dortmund die Studienplatzvergabe in bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen durch.
Grundlage für die ZVS ist der infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 1972 abgeschlossene Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20. Oktober 1972. Er regelt das zen
trale Zulassungsverfahren in bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen sowie die einheitliche Ermittlung und Festsetzung von Studienplatzkapazitäten der Hochschulen, um eine erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazitäten zu gewährleisten. Da das am 4. September 2004 in Kraft getretene Siebente Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes das Hochschulzulassungsverfahren in bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen - das sind zurzeit Biologie, Medizin, Pharmazie, Psychologie und Zahnmedizin - grundsätzlich geändert hatte, war der Abschluss eines neuen Staatsvertrags nötig. Einen Schwerpunkt bilden dabei die Entwicklung des Kapazitätsrechts sowie die Erweiterung der Aufgaben der Zentralstelle. Diese soll künftig verstärkt koordinierende und unterstützende Dienstleistungsaufgaben in den Zulassungsverfahren der Hochschulen wahrnehmen.
3. die Rechtsgrundlagen zur Vergabe von Studienplätzen im Hochschulauswahlverfahren und für die Zulassung ausländischer Studienbewerber.
Außerdem regelt das Gesetz die Ermächtigungsgrundlagen zum Erlass der von dem Staatsvertrag erforderlichen Rechtsverordnung und ergänzende Regelungen zur Festsetzung von Zulassungszahlen in Studiengängen außerhalb der Verfahren der Zentralstelle.
Wesentlicher neuer Inhalt des Staatsvertrags wiederum ist die Neuordnung des Vergabeverfahrens. Das geänderte Auswahlverfahren wird übrigens aufgrund entsprechender Übergangsbestimmungen im Hochschulrahmengesetz bereits seit dem Wintersemester 2005/2006 auch an den Thüringer Hochschulen angewandt. Danach werden ein Fünftel der Studienplätze nach dem Grad der Qualifikation - also die Abiturbesten -, ein Fünftel nach der Wartezeit und drei Fünftel nach dem Ergebnis eines eigenen Hochschulauswahlverfahrens der jeweiligen Hochschule vergeben.
Im Hochschulauswahlverfahren vergeben die Hochschulen die entsprechenden Studienplätze nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts. Außerdem soll durch die Aufhebung des Artikels 7 Abs. 6 des bisher geltenden Staatsvertrags die ländereigene Weiterentwicklung des Kapazitätsrechts ermöglicht werden.
Im Anhörungsverfahren, in dem die Thüringer Hochschulen, die Landesrektorenkonferenz, die Konferenz der Thüringer Studierendenschaften, die Sprecherinnen der Gleichstellungsbeauftragten der Thüringer Hochschulen beteiligt waren, haben die Anzuhörenden insgesamt zustimmende Stellungnahmen abgegeben. Ich bitte Sie um eine zustimmende Beratung des Gesetzentwurfs. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte zunächst eine generelle Kritik am Verfahren üben, zumindest aus parlamentarischer Sicht. Wir haben wieder einen Staatsvertrag, den wir vorher nicht diskutiert haben. Ein anderer Weg wäre möglich gewesen. Wir halten das Parlament für die richtige Stelle, sich auch eine Meinung zu bilden, Willen zu bilden und die Landesregierung auch ein Stück weit zu legitimieren, in Verhandlungen zu gehen. Das alles ist nicht passiert. Vermutlich sollte deswegen auch dieser Staatsvertrag ohne Aussprache durchgewunken werden, aber das können wir leider nicht tun.
Natürlich verweisen Sie darauf, dass der vorliegende Staatsvertrag eine rein technische Anpassung sei und auch bei entsprechenden Stellen und in der Anhörung Zustimmung gefunden hat. Aber bei genauem Hinsehen wird deutlich, dass an dieser Stelle die grundsätzlichen Probleme der Hochschulen - nicht nur in Thüringen - offensichtlich werden. Als Anlass für den Staatsvertrag wird durch den Einreicher die Änderung des Hochschulrahmengesetzes im Jahr 2004 benannt, es hat aber auch mit Sicherheit etwas mit der Föderalismusreform zu tun, die fast alle Zuständigkeiten zukünftig auf die Länder verteilt. Diese getroffenen Entscheidungen halten wir auch heute noch für einen grundsätzlichen Fehler. Mit diesem Staatsvertrag wird auch die Doppelzüngigkeit der Argumentation der Protagonisten der Föderalismusreform deutlich. Einerseits soll alles in Länderhoheit bleiben, andererseits müssen Sie jedoch zugeben, dass die Studienplatzvergabe doch nicht ohne vertraglich abgesicherte Abstimmung mit anderen Bundesländern machbar ist. Es bleibt darum unverständlich, warum die gleiche Einsicht beispielsweise beim Abitur oder einheitlichen Regeln in anderen Bereichen der Wissenschaft nicht vorhanden ist. Die Föderalismusreform ist eben nicht aus inhaltlichen, sondern wohl doch aus machtpolitischen Erwägungen beschlossen worden.
Sehr geehrte Damen und Herren, kommen wir nun zu den Auswirkungen auf Thüringen: Ich glaube, dieser Staatsvertrag kommt vor allem der Landesregierung gerade recht, unterstützt er doch trefflich die Positionen der Landesregierung in Bezug auf die Verhandlungen mit den Hochschulen um den künftigen Etat für die Hochschulen. In der letzten Aktuellen Stunde haben wir bereits auf die Probleme hingewiesen. Sowohl in dem sogenannten Optimierungspapier als auch in dem Papier „LUBOM-Thüringen 2008“ wird deutlich, wohin die Reise geht. Es wird nicht nur mit der Streichung der 200 Stellen gearbeitet, sondern über die Schließung von Studienrichtungen diskutiert. Die neuen Regelungen, die dem Staatsvertrag zugrunde liegen, spielen dabei der Regierung in die Hände. Insbesondere die Möglichkeit der ländereigenen Weiterentwicklung des Kapazitätsrechts, in welchem es besonders um die Ausstattung mit Stellen für die Studiengänge geht, ermöglicht es der Regierung, die Daumenschrauben bei den Hochschulen anzulegen. Mit Verweis auf den Staatsvertrag können hier die Sparauflagen gesetzlich sanktioniert und administriert werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, längerfristig benötigen wir eine Stärkung der Hochschulen und eine adäquate Ausfinanzierung gepaart mit der nötigen Autonomie.
Die Hochschulen müssen zu Anziehungspunkten werden, damit sich ein Studium lohnt, und sie müssen Wettbewerbsvorteile im Kampf um die klügsten Köpfe erarbeiten können. Das, was diese Regierung dagegen tut, ist genau das Gegenteil davon und es ist thüringenfeindlich.
Noch ein paar generelle Ausführungen zur zentralen Vergabestelle von Studienplätzen: Auswahlgespräche und Zulassungsbeschränkungen sind der falsche Weg, um den Zugang zu den Hochschulen zu erweitern und soziale Ungerechtigkeit im Studium abzubauen. Die Fraktion der Linkspartei.PDS fordert schon deshalb eine Ausweitung der Studienplatzkapazitäten anstelle individueller Auswahlverfahren. An den Hochschulen sollen bei einem Mangel an Studienplätzen bundesweite Regelungen greifen, die die Möglichkeit einer gezielten Förderung bisher unterrepräsentierter Gruppen an den Hochschulen bieten.
In Zusammenarbeit mit den Ländern soll hierzu die Rolle der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen gestärkt und das dortige Vergabeverfahren reformiert werden. Weiter müssen in die Zusammenarbeit mit den Ländern bundesweit einheitliche Regelungen vereinbart werden, die den Übergang aus der beruflichen Bildung in die Hochschulen erleichtern. Im Übrigen wäre hier auch ein Instrument - und ich will dies nicht als Versuch des Zentralismus verstanden wissen -, die demographischen Brüche etwas abzumildern. All diese Schritte sind für uns in dem Staatsvertrag nicht beinhaltet. Wohl wissend aber, dass Sie entsprechende Stellen angehört haben und es dort die Zustimmung gab, werden wir uns der Stimme enthalten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Gäste, noch bis vor wenigen Minuten war ich in der Hoffnung, dass es auch bei einem in diesem Hause sonst immer konträr diskutierten Gebiet wie der Hochschulpolitik möglich ist, einen breiten Konsens zu finden. Doch die Hoffnung stirbt wohl zuletzt.
Aus Sicht meiner Fraktion bietet der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung wenig Anlass zu parlamentarischen Auseinandersetzungen, aber es wurde soeben versucht, hier eine andere Sicht der Dinge darzustellen. Im Gesetzentwurf geht es im Wesentlichen um die verfassungsrechtlich notwendige Zustimmung des Landtags zu der am 22.06.2006 unterzeichneten Novellierung des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen. Ich kann Ihnen bereits jetzt sagen, dass sich die SPD-Fraktion dieser Zustimmung trotz einiger Bedenken, die sich auf das Umfeld der staatsvertraglichen Regelung beziehen, nicht verweigern wird.
Die Neufassung des Staatsvertrags vollzieht Vorgaben der 7. Novelle des Hochschulrahmengesetzes vom 28.08.2004. Es hat also fast zwei Jahre gedauert, bis die Länder sich über einen Staatsvertrag zu dieser Hochschulrahmengesetzesnovelle einig waren, obwohl sie doch deren Kernbestimmungen vorher selbst mit dem Bund ausgehandelt hatten. Nun, fast ein weiteres Jahr später, befinden sich die Landtage endlich im Ratifizierungsprozess dieses Staatsvertrags. Ich denke, das ist ein gutes Beispiel dafür, warum die Ausweitung der Länderkompetenzen in der Bildungs- und Hochschulpolitik, wie sie
Man hätte seinerzeit wirklich den umgekehrten Weg gehen und den Bund mit einer umfassenden Rahmengesetzkompetenz ausstatten sollen, dann blieben uns heute derart umständliche Verfahren zur Realisierung selbst unstrittiger Reformen des Hochschulrechts erspart. Das aber nur am Rande.
Zurück zum neuen Staatsvertrag und seinen wesentlichen Bestimmungen. Dem Vertragswerk zufolge ändert sich das Hochschulzulassungsverfahren der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen, kurz ZVS, für bundesweit zulassungsbeschränkte Studiengänge - zurzeit sind dies Biologie, Medizin, Zahnmedizin, Pharmazie und Psychologie - dergestalt, wie von Minister Goebel vorhin schon ausgeführt, dass künftig 20 Prozent der betreffenden Studienplätze von der ZVS nach Abiturnoten und weitere 20 Prozent nach Wartezeit vergeben werden, während die Hochschulen selbst 60 Prozent der Studienplätze nach internen Hochschulauswahlverfahren in eigener Verantwortung besetzen können.
Nach der bisherigen staatsvertraglichen Regelung galt das Auswahlrecht der Hochschulen für lediglich 24 Prozent der von der ZVS erfassten Studiengänge. Mit der Novellierung des Staatsvertrags ist also eine deutliche Ausweitung der Hochschulkompetenz verbunden. Das liegt in der Logik des seit Jahren von nahezu allen Bundesländern angestoßenen Prozesses, den Hochschulen mehr Autonomie einzuräumen. Deshalb ist der neue Staatsvertrag auch grundsätzlich zu begrüßen; die Tücke steckt jedoch, wie bei den hochschulrechtlichen Vereinbarungen der Länder, nur allzu oft im Detail.
Als problematisch hat sich in den vergangenen Monaten ausgerechnet die reale Handhabung der Hochschulauswahlverfahren herausgestellt, also die praktische Umsetzung dessen, was eigentlich im Sinne der Hochschulen gedacht ist. Da die deutschen Hochschulen bei den Auswahlverfahren weitgehend unkoordiniert vorgegangen sind, die Studienplatzbewerber sich jedoch in der Regel bei mehreren Hochschulen gleichzeitig um einen Studienplatz beworben haben, ist es oftmals zur Vergabe von Studienplätzen mehrerer Hochschulen an ein und denselben Bewerber gekommen. Damit aber nicht genug des Durcheinanders. Aufgrund der vielfach erst kurz vor Semesterbeginn oder mitunter auch überhaupt nicht erfolgten Absage von Studienplatzbewerbern mit Mehrfachbewerbungen an jene Hochschulen, die für sie dann doch nicht infrage gekommen sind, hat die reale Studienplatzausnutzung an vielen Hochschulen im Wintersemester 2006/2007 außerdem
nicht die durch die Hochschulauswahlverfahren eigentlich festgelegten Kapazitäten erreicht. Die Hochschulen gingen bei ihren Vorausberechnungen nämlich davon aus, dass der allergrößte Teil derjenigen, die von ihnen eine Studienplatzzusage erhalten, ihr Studium auch tatsächlich antritt. So etwas wie Mehrfachbewerbungen war da überhaupt nicht vorgesehen. Im ersten Anlauf ist die Ausweitung der Hochschulkompetenzen bei der Vergabe von bundesweit zulassungsbeschränkten Studienplätzen also wegen fehlender Abstimmungen über die Ländergrenzen hinweg deutlich daneben gegangen. Auch dies könnte man unter den fragwürdigen Segnungen des hochschulpolitischen und hochschulrechtlichen Föderalismus verbuchen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, es ist klar geworden, dass die jetzige Novellierung des Staatsvertrags noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Gerade bei den konkreten Durchführungen der Hochschulauswahlverfahren besteht noch deutlicher Koordinierungsbedarf der Länder, wenn sich die prinzipiell sehr zu begrüßende Ausweitung des Auswahlrechts der Hochschulen nicht langfristig zu einem Debakel entwickeln soll. Hier müssen die Kompetenzen der ZVS schleunigst in der Weise ausgeweitet werden, dass sie die Organisation und Abwicklung der Hochschulauswahlverfahren künftig bundesweit koordiniert begleiten. Dieser Problematik hat sich die Kultusministerkonferenz ja auch bereits angenommen. Ich bin gespannt, wie lange sie brauchen wird, um bundesweit eine praxisfähige Lösung im Sinne der Hochschulen durchzusetzen.
Eine Reform der ZVS scheint mir aber auch in anderer Hinsicht vonnöten. Bund und Länder haben sich auf einen Hochschulpakt 2020 geeinigt. Eines seiner Ziele ist es, dass die neuen Bundesländer künftig in ganz erheblichem Umfang Studierende aus dem Westen gewinnen. Wer die bislang äußerst geringe Neigung westdeutscher Abiturienten und Studierenden kennt, sich an einer ostdeutschen Hochschule einschreiben zu lassen, weiß, dass solch ein Prozess nicht dem Selbstlauf überlassen bleiben darf. Ich halte daher einen Ausbau der ZVS zu einer Art zentralen Servicestelle für die länderübergreifende Organisation der ins Auge gefassten studentischen West-Ost-Wanderung und für das dabei anfallende Zulassungsmanagement für dringend notwendig. Auch hier besteht eindeutiger Regelungsbedarf, der über die jetzige Materie der Staatsvertragsnovellierung weit hinausgeht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe versucht, Ihnen in der Kürze einige Problemfelder aufzuzeigen, aus denen sich weitere Formen der ZVS und des jetzigen Verfahrens der Studienplatzvergabe zwingend ergeben. Hier besteht für die nächste Zeit erheblicher Handlungsbedarf. Der
Staatsvertragsnovellierung in ihrer jetzigen Gestalt kann meine Fraktion jedoch - ich sagte das bereits - aus prinzipiellen Erwägungen trotzdem zustimmen, denn sie bietet den Hochschulen im Grundsatz eine beachtliche Ausweitung ihrer Kompetenzen. Ich danke Ihnen.