Protocol of the Session on May 4, 2007

Die Bearbeitung der Freistellungsanträge im Freistaat Thüringen ist weitestgehend abgeschlossen. 1992 waren noch insgesamt 13.000 registrierte Verfahren vorhanden; davon sind lediglich nur noch 2 Prozent in einem Ausgangsverfahren. Die Umsetzung hatte gerade in den Anfangsjahren mit großen Defiziten im Verwaltungsvollzug zu kämpfen, dies allein schon wegen der immer wieder erforderlichen Abstimmungen zwischen Land und Bund über Einzelmaßnahmen, über Kosten. Erst mit dem Abschluss des Generalvertrags mit der BvS, der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, im Jahre 1990 war Thüringen in der Lage, allein, ohne Abstimmung und sehr effizient Entscheidungen zu Sanierungsmaßnahmen zu treffen. Dieses war ein Novum. Thüringen hat dieses geschultert, natürlich auch mit einem Fragezeichen: Wird uns das dann in der Eigenverantwortung gelingen, wird es besser gelingen? Das Zutrauen war groß und es hat sich er

wiesen, dass es richtig war.

Meine Damen und Herren, wir haben im Rahmen der positiven Freistellungen insgesamt ca. 660 Mio. € an Altlastensanierungsmaßnahmen finanziert. Bislang sind seit 1994 ca. 450 Mio. € davon abgeflossen. Im Gegenzug - und das ist die Zahl, die dann entscheidend ist als Impuls, als Antwort auf den Impuls, auf die Vorleistungen - haben sich die freigestellten Unternehmen verpflichtet, Investitionen im Freistaat in Höhe von ca. 900 Mio. € zu tätigen und ca. 12.500 Arbeitsplätze zu schaffen bzw. zu erhalten. Meine Damen und Herren, so war es gedacht und so ist es alles in allem auch gekommen.

Meine Damen und Herren, wir kommen natürlich nicht umhin, kurz die Großprojekte zu erwähnen, die uns ja immer wieder beschäftigen, aber - und das ist manchmal bedauerlich - diese Vielzahl der anderen Projekte etwas an den Rand drängen. Insbesondere dann, wenn es in einem Großprojekt mal schwierig wird, ist das von besonderem Interesse. Gleichwohl darf es nicht in den Schatten stellen, was an vielzähligen Aufgaben geleistet wird und eben weniger dann im Fokus steht. Beim Großprojekt Rositz ist, wie Sie wissen - oder die, die sich damit befassten, insbesondere aus dem Ausschuss -, die Entnahme des flüssigen Teers beendet worden, wie geplant, im Dezember 2006.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Wie ge- plant?)

Die Vorbereitung der Verfüllung und Rekultivierung ist am Schluss ein Thema, was wir jetzt direkt vor uns haben. Wer in jüngster Zeit draußen gewesen ist oder Bilder gesehen hat, der wird schon sehr überrascht sein, dass man faktisch schon jetzt ein teilverfülltes Loch hat, nachdem das Planum hergestellt worden ist. Dass dieses ein großer und langjähriger Kraftakt war, brauche ich hier in dem Haus nicht zu sagen. Es sind viele, die sich mit diesem Thema befasst haben, aber wenn ich sage, diese geplante Entnahme Ende Dezember 2006, bezog sich das auf eine klare Ankündigung der zuständigen Landesentwicklungsgesellschaft im Jahr 2006, im Frühjahr 2006, nachdem man endlich nach all diesen Schwierigkeiten, die ja nachgewiesenermaßen immer wieder dazwischenkamen, hier das Ziel vor Augen hatte.

Meine Damen und Herren, die Wismut ist jetzt vielfach diskutiert worden, ich brauche da nicht mehr groß auszuholen. Lassen Sie mich nur noch mal die Bedeutung nennen: Mit 6,2 Mrd. €, und davon 3,5 Mrd. € als Anteil für den Bereich Altenburger Land, ist es eine unglaubliche Sanierungsleistung, und zwar auch im Hinblick auf die dabei entwickelte Technik. Wir sehen, dass die Wismut mit diesem Know-how weltweit eine Nachfrage hat, und insofern

- volkswirtschaftlich bilanziert - wird auch ein gewisser Rückfluss dieser Investitionen in Form von unternehmerischer Tätigkeit im Ausland wieder zu verzeichnen sein.

Die Erfolge der Altlastenbearbeitung jenseits der Großprojekte - dort gibt es viele. Es sei nur als Beispiel genannt die Sanierung des ehemaligen Leuchtstoffwerks in Bad Liebenstein und der ehemaligen Kettenfabrik in Barchfeld und die derzeit laufende Sanierung am ehemaligen Standort der Farbenfabrik in Eisenach. Es sind etwa 480 Standorte, an denen privaten mittelständischen Unternehmen und Treuhandnachfolgeeinrichtungen Untersuchungs- und Sanierungsmaßnahmen im Rahmen der Freistellung finanziert worden sind; 200 davon sind bereits endgültig saniert worden.

Meine Damen und Herren, das sind diese vielzähligen Projekte, bei denen es sehr erfolgreich und auch oft ohne Überraschungen, was den Untergrund betrifft, läuft. Wir müssen, wenn wir unsere eigene Bilanz in Thüringen betrachten, auf vielen Schultern verteilt - Kommunen, Akteure wie Ingenieurbüros, Sanierungsunternehmen, allein, um diese Leistungen zu würdigen -, fair diese Themen auch darstellen und positiv darstellen. Das soeben Dargestellte macht deutlich, dass in Thüringen in den letzten 16 Jahren in Bezug auf den Schutz der Ressource Boden erhebliche Fortschritte geleistet worden sind. Wir brauchen also - noch mal kurz gesagt - hier keine Nachhilfe seitens der EU. Vielmehr müssen wir aufpassen, dass wir unsere Kräfte bündeln. Wenn ich vorhin erwähnt habe, dass Nordrhein-Westfalen über 10 Mio. € kalkuliert als dauerhafte Zusatzleistungen, die es aufbringen muss, verteilt auf Land und Kommunen - der größte Teil bei den Kommunen -, dann ist das in Thüringen nicht wesentlich weniger, was wir grob hochrechnen, wenn wir uns tatsächlich mit Datenlieferungen Richtung Brüssel befassen wollen. Dieses Geld und diese Menschen, die sich damit befassen, brauchen wir an anderer Stelle.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen Punkt anfügen. Das ist die Gesamtintegration der Thematik „Umgang mit Boden - Umgang mit Flächen“. Sie wissen, dass in einem weiteren Punkt Thüringen vorn ist in Deutschland, nämlich bei der Brachflächenbearbeitung. Wir sind das erste Bundesland, was eine vollständige Brachflächenerhebung gemacht hat, eine komplette Kartierung aller Brachflächen, aller ungenutzten Flächen in dem Freistaat. Es ist eine gewisse Größenkappung gemacht worden, damit nicht alle Kleinflächen hineinkommen. Aber wir kommen bei dieser Erhebung allein auf 6.800 ha, die ungenutzt sind und für eine Folgenutzung zur Verfügung stehen. Wenn man die kleinen und Kleinstflächen noch hinzunimmt, müssen wir extrapolieren - in einigen Pilotregionen wurde dieses

gemacht -, kommen wir auf 10.000 ha oder mehr. Dieses ist ein Thema. Es ist ein bundesweites Thema. Wir sind froh, dass wir hier einen Schritt weiter sind als manch andere Länder. Sie wissen, dass im Koalitionsvertrag dies ein gesonderter Passus ist. Dort heißt es, der Flächenverbrauch wird gesenkt bis 2020 auf 30 ha pro Tag.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Sehr ehrgeizig!)

Wir haben derzeit einen Flächenverbrauch von immer noch knapp 100 ha pro Tag in Deutschland, je nachdem, wie die Wirtschaftsentwicklung gerade ist. Das heißt, es sind etwa 200 Fußballfelder pro Tag, die umgenutzt werden, nicht versiegelt, aber umgenutzt werden. Da wir gleichzeitig die Thematik ungenutzter Flächen haben, muss eines der Ziele sein, dieses zusammenzuführen. Flächenwiedernutzung vor Flächenneunutzung, das ist die Losung, und zwar auch oder vielleicht gerade im Kontext mit einer demographischen Entwicklung.

Meine Damen und Herren, wenn Sie unseren Landesentwicklungsplan 2004 sehen, der den großen Rahmen vorgibt, werden Sie genau diesen Punkt an vielen, vielen Stellen finden. Es ist dort eine erfolgreiche Grundlage geschaffen, die den Weg weisen soll für die weiteren Regelungen in den Häusern. Wir haben nach der landesweiten Erfassung auch schon die Lösungsansätze zumindest pilothaft im Auge. 2007 soll mit Unterstützung unseres Hauses beispielgebend an zehn dieser Fälle eine vorgeschlagene Nachnutzung weitergetragen werden. Von der kürzlich im Staatsanzeiger veröffentlichten Förderrichtlinie des TMLNU wird ein Schub zur Revitalisierung von Brachflächen im ländlichen Raum erwartet und analog dem Ministerium für Bau und Verkehr über das Projekt „Genial zentral“ ein Schub für die Revitalisierung von Flächen im Innenstadtbereich. Ich glaube, mit so einer Dublette sind wir sehr gut gerüstet, um uns dieses Themas konzentriert anzunehmen.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt: Flächenpool. Wir haben in unserem Gesetz für Natur und Landschaft von 2006 diesen Begriff „Flächenpool“ neu installiert, nachdem wir Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen steuern wollen entlang einer Prioritätenliste, so dass es auch in entlegenen Regionen fernab der Eingriffe möglich ist, positiv Flächen zu revitalisieren und zu reaktivieren. Alles in allem heißt das Gebot: intelligentes Flächenmanagement. Gut gesagt, schwierig gemacht, allein mit dem Verweis auf die vielen Eigentümer. Die Kommunen wissen es am besten: Der Großteil der Flächen, der ihnen teilweise zu schaffen macht in Form von Brachflächen, ist in Privathand und entzieht sich dem Zugriff. Ein zweiter großer Punkt ist die Thematik Bahn.

Wir haben mit der Bahn mittlerweile mehrere Gespräche geführt, dass auch die Bahnbrachflächen in regionale und lokale Entwicklungskonzepte einfließen können.

Meine Damen und Herren, ein letzter Punkt - Bodenschutz und Klima: Böden sind zugleich Senken und Quellen für Kohlendioxid. Bedingt durch den Wandel des Klimas sind Veränderungen der natürlichen Bodenfunktion zu erwarten mit gravierenden Auswirkungen auf Bodentemperatur, Wasserhaushalt, Stoffumwandlung. Dies wiederum hat natürlich erhebliche Rückwirkungen nicht nur auf das Klima, sondern dann auch auf die direkte Bodennutzung. Hier wissen wir noch nicht genug von diesen Prozessen. In enger Verbindung mit all dem ist gleichzeitig die verstärkte Bodennutzung zu sehen. Darüber hinaus kommt es darauf an, die Rolle des Bodens als Klimafaktor auch stärker in das Bodenbewusstsein zu bringen. Wir kommen hier um eine zusätzliche Facette einer integrierten Bodenschutzpolitik nicht umhin.

Letzter Punkt - Bodenbewusstsein stärken: Ganz nebenbei sollten wir die Thematik Boden stärker auch in den Bildungseinrichtungen thematisieren.

(Beifall bei der SPD)

Eine integrierte Betrachtung neben der selektiven Betrachtung naturwissenschaftlicher Disziplinen bietet sich gerade beim Boden an, zusammengeführtes Wissen zu bündeln; Boden-Leben, Boden-Chemie, Boden-Physik, Boden-Technik, Boden-Ingenieurwesen, alles ruht quasi auf diesem Substrat. Man kann insofern sagen, „auf dem Boden der Tatsachen stehen“ bekommt eine neue Bedeutung: „sich bodenständig erweisen“ im doppelten und besten Wortsinn. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich frage: Wer wünscht die Aussprache zum Sofortbericht? Die Fraktionen der Linkspartei.PDS, der SPD und der CDU. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Kummer, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte mal mit einer Zahl anfangen, die mit Bodenschutz im Moment noch relativ wenig zu tun hat. Thüringen hat seit 1989 15 Prozent seiner Bevölkerung verloren. Jetzt können Sie mir vielleicht die Frage beantworten, welche entgegengesetzte Zahl es im Bereich des Bodenschutzes gibt, die sehr, sehr dras

tisch für die Probleme steht, die wir in diesem Bereich haben. Es gibt kein Angebot. In etwa die gleiche Zahl betrug die Zunahme der Verkehrs- und Siedlungsfläche im gleichen Zeitraum. Meine Damen und Herren, wenn man das statistisch so weiterrechnen würde, dann könnte man sagen, der letzte Thüringer wird dann das Licht ausmachen über einer vollständig versiegelten Fläche. Ich glaube, das ist ein Zustand, bei dem ich mich dem Motto des Staatssekretärs „Taten statt Daten“ anschließen möchte. Wir müssen etwas dagegen unternehmen und da ist sicherlich das Brachflächenkataster ein erster Schritt, aber, meine Damen und Herren, er reicht bei Weitem noch nicht aus.

Wir müssen etwas tun, dass wir z.B. das Bauen auf der grünen Wiese erschweren, massiv erschweren, dass wir neue Flächenversiegelungen teuer gestalten, so teuer, dass man sich das dreimal überlegt, ob man das tut, und es muss teurer werden als die Revitalisierung von Brachflächen, von bereits vorhandenen versiegelten Flächen, die nicht weiter benötigt werden. Wir müssen aber auch etwas tun, dass wir zum Beispiel den Neubau von Straßen bei immer weiter zurückgehender Bevölkerung vermeiden. Da, muss ich sagen, muss man schon einen massiven Vorwurf auch an die Landesregierung erheben. Wenn ich an unseren Entwurf des Landesverkehrsprogramms denke, der uns zur Verfügung gestellt wurde; die Frage Vermeidung von Flächenversiegelung, die Frage Vermeidung von Verkehr, Vermeidung von Straßenneubauten spielen darin überhaupt keine Rolle. Da geht es immer nur darum: höher, schneller, weiter. Wenn ich mir dann ansehe, was wir an Autobahnbaumaßnahmen in den letzten Jahren hatten und im Moment auch noch haben, und dann sehe, dass wir zum Beispiel von der A 71 zur A 73 in dem Dreieck an der Landesgrenze eine Schnellstraße noch bauen wollen, dass ich schnell von einer Autobahn zur anderen fahren kann und nicht erst bis zum Kreuz und dann wieder zurückfahren muss, dann frage ich mich: Was wollen wir denn noch an Versiegelung, an Verkehr herbeirufen für eine immer weiter zurückgehende Bevölkerung? Das ist der falsche Schritt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Da muss man eben auch einmal darüber nachdenken, inwieweit kann ich Verkehrsströme von der Straße auf die Schiene verlegen, denn es ist schon ein Unterschied, ob ich eine Straße oder eine Schiene habe. Unter den Schienen kann Wasser zumindest noch versickern. Die Schieneninfrastruktur braucht wesentlich weniger Fläche als die Straßeninfrastruktur.

Meine Damen und Herren, wir haben aber auch Probleme dort, wo der Boden noch nicht zubetoniert

ist. Ich denke hier im Bereich des Waldbodens zum Beispiel an die leider wieder zunehmende Versauerung, an die leider wieder ansteigende Stickstoffbelastung der Waldböden. Und wir haben es auch mit einer zunehmenden Bodenverfestigung zu tun. Der Boden merkt sich so etwas. Der Boden merkt sich, wenn ich mit schwerer Technik darüberfahre. Er ist über viele Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte dann verdichtet und hat wesentlich schlechtere Bodeneigenschaften. Deshalb muss man sehen, dass man auch so etwas vermeidet. Bei dieser Frage kommen wir natürlich auch zur Landwirtschaft. Auch dort haben wir damit zu kämpfen, dass es solche Erscheinungen gibt. Herr Staatssekretär ist vorhin schon kurz auf die Frage der Entwicklung landwirtschaftlicher Böden eingegangen. Ich möchte hier aus dem Landwirtschaftsbericht 2006 zitieren: „Die Bodenuntersuchungsergebnisse 2001 bis 2004 von insgesamt 557.000 ha landwirtschaftlicher Fläche weisen auf einem erheblichen Flächenanteil eine niedrige bis sehr niedrige Kalk-, Phosphor- und Magnesiumversorgung aus. Über die Hälfte des Grünlandes und 40 Prozent des Ackerlandes sind unzureichend mit Phosphor versorgt und erfordern zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit eine verstärkte Zufuhr dieses Nährstoffs. Bei Kalium beträgt der Anteil unterversorgter Böden 38 Prozent des Grünlandes und 19 Prozent des Ackerlands.“

Meine Damen und Herren, das ist eine Entwicklung, die auch Sorgen macht, noch dazu auch Sorgen macht, wenn ich darüber nachdenke, dass ja unsere Kalilagerstätten in ca. 35 Jahren auch erschöpft sind und man sich dann die Frage stellen muss, wie soll landwirtschaftliche Produktion weiter erfolgen, wie soll eine ausreichende Nährstoffversorgung des Bodens dann weiter erfolgen. Das sind Dinge, über die muss man sich klar werden. Darüber muss man sich rechtzeitig Gedanken machen, um zukunftsfähig auch mit Boden umzugehen. Wir brauchen die Bodenfruchtbarkeit. Auch das ist ein Punkt, Herr Staatssekretär. Sie haben Boden- und Klimaschutz schon angesprochen. Auch Bodenfruchtbarkeit ist für den Klimaschutz wichtig, gerade wenn Thüringen darauf setzen will, erneuerbare Energien vor allem über die Biomasse zu gewinnen. Denn die Biomasse entsteht nun einmal auf Boden und dazu brauche ich auch leistungsfähige Böden und muss hier etwas tun, um die Leistungsfähigkeit des Bodens zu erhalten.

Ich komme zu einem anderen Bereich des Bodenschutzes und das ist der Bodenschutz im Bergbau. Herr Staatssekretär, die Wismut haben Sie als zentrales Projekt aufgeführt. Eine gigantische Kraftleistung, die hier erbracht wurde, um Bergbaufolgen zu beseitigen, um Folgen von Umweltfrevel zu beseitigen, ich sage es so deutlich, und dass jetzt eine so phantastische Blumenschau in dieser Uranbergbaufolgelandschaft entstanden ist, das ist wirklich ein

Punkt, wo man sagen kann, hier kann Sanierung von Altlasten gefeiert werden und dazu ist ja die Bundesrepublik komplett eingeladen auf einer BUGA.

Aber wir haben natürlich auch noch Probleme in Bereichen, wo wir mit der Sanierung noch nicht so weit vorangekommen sind. Das wird viele Haushaltsmittel in den nächsten Jahren noch in Anspruch nehmen und wir haben das Problem, dass Bergbau natürlich weiter existiert. Wenn ich mir dann ansehe, dass im Moment das UVP-Gesetz in der Richtung noch einmal geändert werden soll, dass UVP-Pflichtigkeit, die Umweltverträglichkeitspflicht, für Tagebaue von 10 ha Fläche auf 25 ha Fläche hochgesetzt wird, das heißt, es ist dann wesentlich leichter, Tagebaue bis 25 ha zu errichten. Dann glaube ich, ist das der falsche Schritt. Wenn ich mir dann die gleiche Tabelle anschaue und sehe, dass ich bis 5 ha Moorfläche auch noch nicht UVP-pflichtig bin, dann ist das nicht nur ein fatales Signal in Sachen Bodenschutz, sondern auch ein fatales Signal in Sachen Klimaschutz, denn gerade die Moore haben eine große Klimaschutzrelevanz.

Eine Bemerkung möchte ich mir natürlich in der Richtung noch erlauben: Auch über die neuen Vorhaben im Gipsabbau sollte man in diesem Zusammenhang auch noch einmal nachdenken, denn hier haben wir es mit sehr wertvollen Böden zu tun, gerade was den Naturschutz angeht.

Meine Damen und Herren, eine Bemerkung noch zu der Frage Altlastensanierung wollte ich eigentlich nicht bringen, aber Herr Juckenack hat ja das Beispiel Teersee Rositz vorhin angesprochen und da möchte ich dann doch zumindest noch sagen, das "wie geplant" ist sicherlich in den Augen der Rositzer schon ein wenig Hohn, denn man hat sehr, sehr lange darauf gewartet, dass der Teersee endlich nicht mehr mit seinem Gestank die Umgebung belästigt. Es ist eine Altlast schon aus Zeiten des Ersten Weltkrieges, sehr, sehr alt also. Da haben viele Generationen Mist gebaut, um es einmal so deutlich zu sagen. Es wurde allerhöchste Zeit, dass wir hier mit der Sanierung zum Abschluss kommen. Da hat es viele Versprechungen gegeben, die schon vielfach gebrochen worden sind, bis wir jetzt endlich an dem Punkt sind.

Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss noch kurz auf ein paar neue Altlasten und dann zur europäischen Bodenschutzstrategie kommen. Ich glaube, wir brauchen auch eine europäische Bodenschutzstrategie gerade in Sachen neue Altlasten. Wenn ich zum Beispiel an die drohende Versalzung der Werra-Auen durch die neue Salzeinleitung, die geplant ist, denke, wenn ich an die Schadstoffanreicherung auf Böden durch entstehende Müllverbrennungsanlagen denke, dann sind das sicherlich

Quellen von Schadstoffen auf Böden, über die wir auch nachdenken müssen. Wenn wir dann sehen, dass gerade in der Grenzregion zu Heringen die Vorbelastung des Bodens erst ermittelt wird, nachdem die Genehmigung für die Müllverbrennungsanlage schon durch ist, dann ist das auch ein Punkt, der nicht gerade für Bodenschutzstrategie spricht. Hier wünschte ich mir eine etwas andere Vorgehensweise.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Da sind europäische Richtlinien manchmal sehr hilfreich. Ich sage es ganz deutlich: Ich bin dankbar, dass wir eine Wasserrahmenrichtlinie haben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Juckenack, wenn Sie sagen, wir brauchen keine Nachhilfe von der Europäischen Union, ich glaube, gerade der Bereich Wasserrahmenrichtlinie macht es deutlich, dass wir ein wenig Nachhilfe durchaus gebrauchen können. Wenn jetzt schon klar ist, dass wir für über 50 Prozent der Thüringer Gewässer die maximale Verlängerungsfrist von 12 Jahren in Anspruch nehmen müssen, um den guten Zustand zu erreichen, zeigt es ja, wo wir stehen. Ich glaube, auch im Boden haben wir noch Reserven, über die wir nachdenken sollten, und da tun europäische Richtlinien wirklich gut, um sich da einen Kopf zu machen. Natürlich darf es keine Bürokratiearie werden, wozu die Europäische Union ein bisschen neigt. Aber wir sollten sehen, dass wir dann Einfluss nehmen, dass eine solche Bodenschutzrichtlinie der Europäischen Union konkrete Forderungen einführt und konkret etwas für den Schutz des Bodens in Europa tut. Das wäre die richtige Strategie. Man kann dort auch deutlich machen, wo Bürokratie vermieden werden sollte. Aber die Anforderung europaweit zu stellen und uns zu einem Handeln, zu einer Umsetzung von Bodenschutzstrategien zu zwingen, ich glaube, das ist ein richtiger Weg, damit kommen wir vorwärts, damit können wir gemeinsam kämpfen gegen eine weitere Zunahme der Versiedlung trotz abnehmender Bevölkerung, gegen eine weitere Belastung des Bodens, gegen eine weitere Verseuchung des Bodens und dazu sollten wir diesen Antrag heute auch zum Anlass nehmen. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat die Abgeordnete Becker, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Boden ist neben Luft und Wasser unsere wichtigste Lebensgrundlage. Er ist Lebensraum für eine Vielzahl von lebenden Organismen, Erzeuger von Lebensmitteln und Biomasse, er liefert Rohstoffe wie Ton, Sand und leider auch Gips. Ich glaube, Herr Prof. Juckenack, Ihr Vortrag und Ihre Rede haben eigentlich gezeigt, dass wir ganz klar eine europäische Bodenschutzrichtlinie brauchen. Die Ablehnung von Thüringen kann ich nach Ihrem Vortrag überhaupt nicht mehr nachvollziehen. Natürlich sehen wir auch, dass es keinen bürokratischen Überbau geben muss, dazu hat Herr Kummer auch schon etwas gesagt. Ja, die EU neigt dazu, aber gerade die Beispiele beim Klimaschutz und bei der Wasserrahmenrichtlinie zeigen, dass wir diesen europäischen Rahmen dringend notwendig haben. Ich glaube, Thüringen tut sich da keinen Gefallen, wie Sie es ja vorhin sagten, als Vorreiter zu stehen, um diese europäische Bodenschutzrichtlinie infrage zu stellen. Ich glaube, wir sollten uns mit diesem, was Sie hier vorgetragen haben, an die Spitze stellen und eine fordern, weil wir doch etwas vorzuweisen haben in Thüringen. Sie haben einiges davon angesprochen und deshalb kann ich diese Ablehnung wirklich nicht nachvollziehen. Die Beispiele sind auch schon hier genannt worden.

Was ich auch schade fand, Herr Prof. Juckenack, ist, dass Sie den Klimaschutz hinten angestellt haben. Ich glaube, wir haben im Moment eine Chance, diese Chance müssen wir nutzen, um auch dem Bodenschutz, den Boden ins Bewusstsein der Menschen zu rücken, um ihnen zu zeigen, wie wichtig dieser Boden, die Grundlage für das menschliche Leben, ist. Ich glaube, in dieser Diskussion, die wir jetzt führen, zum Klimawandel haben wir endlich die Chance, es einer breiten Öffentlichkeit darzustellen, wie wichtig dieser Boden ist. Ich sage nur, dass Sie es heute mehr ans Ende gestellt haben, ich hätte mir das mehr im Mittelpunkt gewünscht, als Ihre Ablehnung zu dieser europäischen Bodenschutzrichtlinie.

Sie haben einiges zum Klimawandel gesagt, dem kann ich nichts hinzufügen. Das ist so und wir müssen sehen, dass wir da das Bewusstsein der Menschen wirklich stärken und das Gut Boden für sie auch näherbringen. Eines der größten Probleme in Bezug auf die Bodennutzung ist die Versiegelung von Flächen; auch dazu haben Sie schon einiges gesagt. Uns ist es immer noch nicht gelungen, von diesen 200 Fußballfeldern herunterzukommen, obwohl ich schon 15 Jahre mit diesem Bild leben muss und die Bundesregierung sich ja ein sehr hohes Ziel gesetzt hat mit dem Jahre 2020, wo sie sagt, es sollen nur noch 30 ha Neuversiegelung in Deutschland zugelassen werden. Ich weiß im Moment wirk

lich nicht, wie wir das erreichen sollen, weil wir doch eigentlich das ganze Gegenteil tun. Da sehe ich schon noch Widersprüche und auch da sehe ich wieder, dass der europäische Rahmen uns vielleicht nutzen könnte.

Sie haben es angesprochen, es gab 2002/2003 ein beispielhaftes Brachflächenmanagement-Projekt an der Fachhochschule Nordhausen, wo Sie ja in Ihrer anderen Tätigkeit auch federführend dafür eingetreten sind. Wir haben eine Grundlagenbasis, auf der wir auch handeln könnten; nur würde ich Sie bitten, doch diese Grundlagen auch einmal dem Wirtschaftsminister weiterzugeben und der LEG, dass sie danach auch arbeiten und nicht auf der grünen Wiese riesengroße Industriegebiete anbieten und wie jetzt in Meiningen wieder diese Diskussionen auslösen. Wir haben noch die Daten, dann soll diese Landesregierung auch komplex damit umgehen und nicht mit der einen Hand die Daten vorlegen und die andere macht das Gegenteil weiter, dann nutzen wir keinem in diesem Land. Ich glaube, da sind noch große Potenziale für uns vorhanden. Auch muss ich sagen, dass wir selber gerade bei der Flächenversiegelung alle ein Stück beitragen können, weil das wichtig ist, dass die Menschen auch sehen können, wie sie im Klimaschutz und im Bodenschutz selber sich einbringen können. Gerade bei der Bodenversiegelung nutzt das auch. Wenn man im ländlichen Raum vor seine eigene Haustür schaut, ist es wirklich notwendig, dieses Stückchen jetzt auch noch zu betonieren, dieses auch noch zu pflastern, oder wäre es nicht schön, wenn man da auch mal eine Fläche brach liegen lässt. Da spielt das ja schon eine Rolle, wie mit der Regenwasserversiegelung von Flächen umgegangen wird. Da wird einiges in den Zweckverbänden getan, aber ich glaube, das könnten wir noch weiter transportieren, dass jeder ein Stück Anteil an der Verbesserung des Klimas haben kann, indem er nicht alles versiegelt, was vielleicht im ersten Moment als günstig erscheint, und im zweiten Moment dann doch wieder sagen, ach, hätte ich es doch nicht gepflastert, hätte ich es doch nicht versiegelt.

Ein wichtiger Punkt meiner Meinung nach ist auch - den Sie auch kurz angesprochen haben - der Bedarf an Rohstoffen in Thüringen. Auch Herr Kummer hat das schon angesprochen. Da tut doch im Moment diese Landesregierung wieder alles, um sehr unglaubhaft zu sein und ihre Glaubwürdigkeit weiter infrage zu stellen. Im Wahlkampf 2004 hat Herr Althaus in Nordhausen versprochen, dass es keine weiteren Gipsabbaue im Landkreis Nordhausen mehr geben soll, dass es auf die Flächen begrenzt bleiben soll, die schon vorhanden sind. Wir wollen natürlich auch keine Arbeitsplätze im Landkreis Nordhausen gefährden, obwohl, wenn man das gegenrechnet zwischen denen, die im Tourismus entstehen und die wirklich im Gipsabbau sind, dann gibt es auch eine

ganz andere Rechnung. Aber nichtsdestotrotz wurde gerade jetzt wieder ein neuer Hauptbetriebsplan im Himmelsberg zugelassen und es wurde auch noch ein Brief öffentlich, den Herr Minister Reinholz an die Planungsgemeinschaft geschrieben hat, in dem er auffordert, dass Flächen aus dem Landschaftsschutz herausgenommen werden sollen und der Gipsindustrie doch zur Verfügung gestellt werden sollen - und das ist das ganze Gegenteil von Bodenschutz, das ist das ganze Gegenteil zum Klimaschutz, das ist die Verdummung der Menschen vor Ort. Ich glaube, Sie tun sich damit keinen Gefallen.