Protocol of the Session on November 11, 2004

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: In Thüringen wurde im Jahr 2003 in vier örtlichen Wasserversorgungsanlagen oder so genannten Dargeboten der öffentlichen Trinkwasserversorgung der Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser überschritten. Betroffen waren der Landkreis Altenburger Land, der Saale-Holzland-Kreis und der Saale-Orla-Kreis. Durch entsprechende Abhilfemaßnahmen verringerte sich im Laufe des Jahres die Zahl dieser Anlagen auf zwei, eine im Saale-HolzlandKreis und eine im Saale-Orla-Kreis, bei denen der Nitrat-Grenzwert noch überschritten war. Im Jahr 2004 wurde zusätzlich zu den zwei aus dem Jahr 2003 verbliebenen Dargeboten bei drei weiteren Anlagen - hier sind die Landkreise Greiz, Saalfeld-Rudolstadt und Sömmerda betroffen - der Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser überschritten. Davon erfüllt ein Dargebot - im Landkreis Sömmerda - bereits wieder die Anforderungen der Trinkwasserverordnung, so dass es gegenwärtig noch insgesamt vier Anlagen gibt, deren Nitratgehalt oberhalb des Grenzwertes liegt. Bei dem aus der Fernwasserversorgung bezogenen Trinkwasser traten keine Nitrat-Grenzwertüberschreitungen auf.

Zu Frage 2: Außer den vorher genannten Wasserversorgungsanlagen sind keine weiteren Dargebote mit einer Nitrat-Grenzwertüberschreitung bekannt geworden, so dass auch keine weiteren Kreise genannt werden können.

Zu Frage 3: Noch vorhandene Nitratbelastungen resultieren, wie in allen übrigen Ländern der Bundesrepublik auch, überwiegend aus - teilweise zeitlich weit zurückliegenden - landwirtschaftlichen Einflüssen.

Zu Frage 4: Trinkwasser ist das am besten kontrollierte Lebensmittel überhaupt. Für die Überwachung der Trinkwasserqualität sind die Wasserversorger selbst, die zuständigen Gesundheitsämter und die Landesregierung gemeinsam verantwortlich. Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Trinkwasser in Thüringen sind nahezu völlig ausgeschlossen. Wassergewinnungsanlagen, bei denen das geförderte Rohwasser den Grenzwert für Nitrat nach der Trinkwasserverordnung überschritten hat, wurden vorsorglich außer Betrieb genommen. Die meisten der betroffenen Versorgungsgebiete werden seitdem aus anderen Wassergewinnungsanlagen versorgt. In vielen Fällen konnte Fernwasser wirksam zur Verbesserung der Situation beitragen. Darüber hinaus wurden wenige Aufbereitungsanlagen mit Nitrateliminationen errichtet. Der Freistaat Thüringen hat im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten die notwendigen Investitionen der Wasserversorgung mit Fördermitteln unterstützt.

Danke. Gibt es Nachfragen? Bitte schön.

Es ist ja bekannt, dass die Landwirtschaft einer der Hauptverursacher der Nitrate ist. Meine Frage zielt jetzt noch mal konkret darauf ab. Ich möchte wissen, ob und in welchem Umfang über freiwillige Maßnahmen, die mit den Landwirten abgeschlossen werden, weiteren Nitrataustritten ins Grundwasser vorgebeugt wird?

Allein im Einzugsgebiet der Trinkwassertalsperre Zeulenroda sind mit derartigen Maßnahmen beachtliche Fortschritte erreicht worden. Aus meiner Erinnerung weiß ich, dass etwa die Nitratwerte um 50 Prozent im Rohwasser zurückgegangen sind.

Danke. Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke. Dann kämen wir zur letzten Mündlichen Anfrage für heute in Drucksache 4/318 des Abgeordneten Kummer, PDS-Fraktion.

Umsetzung des Aktionsplans Hochwasserschutz Elbe

Im Aktionsplan Hochwasserschutz Elbe, der von der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE) vor etwa einem Jahr herausgegeben wurde, spielt Thüringen durch das Saale-Einzugsgebiet eine nicht unwichtige Rolle. So können die Saale-Talsper

ren den Hochwasserverlauf an der Elbe bedeutsam beeinflussen. Auch das Informationssystem zur Früherkennung im Hochwasserentstehungsgebiet der Saale ist wichtig für den Aufbau eines gemeinsamen Hochwasservorhersagesystems.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welches Konzept gibt es zur Einbindung der Saale-Talsperren in ein wirksames Hochwasserschutzsystem an der Elbe und welche Veränderungen an Pegelständen sind dabei nötig?

2. Wie ist der Stand bei der vorgesehenen Modernisierung der Datenfernübertragungssysteme und Hochwassermeldepegel sowie dem Aufbau von 28 landeseigenen Ombrometern einzuschätzen?

3. Welche weiteren Maßnahmen sind im Rahmen des Aktionsplans in Thüringen bis wann umzusetzen?

Danke. Es antwortet Minister Dr. Sklenar.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Kummer beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: In Auswertung der Hochwasser- und Niedrigwasserereignisse der letzten zehn Jahre, der neuen Regelabgabe von 6 m³/s und der Wassergüteentwicklung wird zugunsten der Hochwasserminderung in der Saale unterhalb der Saale-Talsperren eine Erhöhung des Hochwasserrückhalteraums im Sommer von bisher 25 Mio. m³ auf 35 Mio. m³ und im Winter von bisher 40 auf 55 Mio. m³ angestrebt. Die Unterschreitungen der bisherigen mittleren Pegelstände in den Talsperren würden dann in den Sommermonaten ca. 0,5 bis 1,5 m betragen. Die Auswirkungen auf das Hochwassergeschehen der Elbe sind dabei als gering einzuschätzen.

Zu Frage 2: Die Hochwassermeldepegel in Thüringen werden seit dem August-Hochwasser 2002 sowohl baulich als auch ausrüstungsseitig verstärkt modernisiert. Technisch überholt wird auch das Kommunikationssystem für Hochwassernachrichten und Wetterdaten, das das Kernstück des Hochwasserwarnund -meldedienstes in Thüringen darstellt. Bezüglich des weiteren Aufbaus des Niederschlagsmessnetzes steht eine Vereinbarung zwischen dem Deutschen Wetterdienst und der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie kurz vor dem Abschluss. In dieser ist festgehalten, dass der DWD zusätzlich zu

seinen neuen hauptamtlichen Wetterstationen im Freistaat Thüringen 20 nebenamtliche Wetterstationen und 28 automatische Wetterstationen betreibt bzw. neu einrichtet. In Abstimmung zwischen dem DWD und TLUG ist weiterhin ein Verdichtungsmessnetz von 20 Ombrometerstationen geplant, das durch das Land eingerichtet und betrieben wird.

Zu Frage 3: Gemäß § 80 Thüringer Wassergesetz gelten die in Arbeitskarten der oberen Wasserbehörde dargestellten Gebiete, die bei Hochwasser überschwemmt werden, nur bis zum 31.12.2010 als Überschwemmungsgebiete. Das TLUG und die Staatlichen Umweltämter für die fachtechnische Ermittlung an den Gewässern erster bzw. zweiter Ordnung sowie das Thüringer Landesverwaltungsamt für die amtliche Feststellung durch Rechtsverordnung sind intensiv mit den notwendigen Arbeiten befasst, um die betroffenen Gebiete endgültig im Rahmen der Flächenvorsorge für den Hochwasserschutz zu sichern. Mit dem Aufbau eines Retentionskatasters für die wichtigsten Gewässer Thüringens wurde die Erkundung der bisher nicht in Anspruch genommenen Rückhalteräume, vor allem an eingedeichten Gewässern, eingeleitet. Einzelne Planungen und Baumaßnahmen wurden für Polder im Unstrutgebiet bereits veranlasst. Weiterhin ist das Forschungsprojekt der Universität Bochum "Integrierte Nutzung des technischen Hochwasserrückhaltens in Poldern und Talsperren" am Beispiel des Flussgebietes der Unstrut, dessen Laufzeit bis zum Jahre 2007 veranschlagt ist, beim Bundesministerium für Bildung und Forschung beantragt. Die im Rahmen des Hochwasserschutzkonzepts der Thüringer Landesregierung zu erlassenden investiven Hochwasserschutzmaßnahmen im Elbeeinzugsgebiet haben jeweils nur örtliche Wirkungen und werden für die Elbe selbst nicht wirksam. Einer formalen Aufnahme in das Aktionsprogramm bedarf es daher nicht.

Eine Zusatzfrage, bitte schön.

Herr Minister, die Talsperre Windischleuba liegt ja auch in dem Hochwasserschutzgebiet im Einzugsgebiet der Elbe. Die Maßnahmen, die dort vorzunehmen sind, stellen sich als Neubau- und Erweiterungsmaßnahme für den Hochwasserschutz dar. Planung und Ausführung der Arbeiten sollten durch den Freistaat Sachsen auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Freistaat Thüringen erfolgen. In der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage in Drucksache 4/245 teilen Sie mir mit, dass die unterschriebene Vereinbarung noch nicht vorliegt. Meine Frage nun in dem Zusammenhang: Woran liegt es, dass diese Vereinbarung noch nicht vorliegt? Sie war

doch schon fast fertig. Wird daran noch gearbeitet?

Es gab einige rechtliche Bedenken, die noch bearbeitet werden sollten, was vor allem die Rückübertragung der Talsperre betraf. Sie wissen ja, die Talsperre gehört dem Freistaat Sachsen zurzeit und der Freistaat Sachsen ist auch derjenige, der die Reparaturen und die Arbeiten durchzuführen hat. Damit sind wir uns auch einig, aber es gibt noch einige rechtliche Bedenken, was die Rückübertragung betrifft. Deswegen ist die Vereinbarung nicht unterschrieben. Aber trotzdem kann der Freistaat Sachsen die Reparaturen durchführen.

Eine weitere Nachfrage.

Herr Minister, habe ich das jetzt richtig verstanden, dass es eine formale Aufnahme auch der Saaletalsperren in den Aktionsplan nicht geben wird? Ich habe den Aktionsplan so gelesen, das stand auch eindeutig drin, man hatte die ganzen Talsperren im Elbeeinzugsgebiet aufgelistet und da waren die Saaletalsperren aufgrund der doch relativ großen Speicherkapazität an ganz hervorragender Stelle mit genannt, als Talsperren, die den Hochwasserabfluss der Elbe doch bedeutend beeinflussen können, soweit es technische Bauwerke überhaupt bedeutend können. Da gebe ich Ihnen natürlich Recht, dass man damit keinen absoluten Hochwasserschutz hervorrufen kann. Sollen die dann nicht in ein internationales Konzept mit eingebunden werden, um hier insgesamt etwas für die Elbe zu tun, ist das richtig?

Herr Kummer, Sie haben es selbst schon gesagt, ich habe diesen Aktionsplan der internationalen Kommission hier, natürlich gehören die mit dazu. Aber trotzdem geht es ja hauptsächlich darum, dass an der Elbe selber einige Maßnahmen getroffen werden. Und die Maßnahmen, die wir gemacht haben, die von unserer Seite aus notwendig sind, das hatte ich bereits gesagt, sind ja durchgeführt worden und haben eine geringe Auswirkung auf das Hochwasser in der Elbe.

Danke, Herr Minister. Damit ist die Fragestunde beendet.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 31

Aktuelle Stunde

a) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: "Kommunalisierung der Thüringer Schulhorte" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 4/264

Mir liegt eine Wortmeldung des Abgeordneten Döring, SPD-Fraktion, vor. Bitte, ich erteile Ihnen das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Ignoranz ist nicht Nichtwissen, sondern nicht wissen wollen.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Der kann nicht anders.)

Sie, meine Damen und Herren von der CDU, wollen nicht wissen, dass der Hort als integrativer Bestandteil der Grundschulen sinnvoll ist. Sie wollen nicht wissen, dass die tägliche enge Zusammenarbeit von Lehrern und Erziehern ein wesentlicher Baustein der inneren Schulentwicklung der Grundschule ist, und Sie wollen auch nicht wissen, dass bei der Umsetzung der veränderten Schuleingangsphase die Erzieher wesentlich zur individuellen Förderung beitragen. Mit der Kommunalisierung der Horte sind Sie auf einem Holzweg und wenn Sie ihn noch so sehr asphaltieren, er wird sich als Sackgasse erweisen. Als organisatorischer Bestandteil der Grundschule ist der Hort ein struktureller Vorteil und der darf nicht aufgegeben werden. In seiner jetzigen Form ermöglicht der Hort die gemeinsame Arbeit am pädagogischen Profil, die Förderung lernschwacher und besonders begabter Schüler und nicht zuletzt auch die optimale Nutzung der verschiedenen Professionen zur Gestaltung der Schule. Deshalb ist es kurzsichtig und unverantwortlich, dieses Entwicklungspotenzial zu verschleudern.

Was wird besser, wenn das Hortpersonal in eine andere Verantwortlichkeit übergeben wird? Sie bleiben deshalb eine überzeugende Antwort auf diese Frage schuldig, weil es keine überzeugende Antwort auf diese Frage gibt.

(Beifall bei der SPD)

Sie können nicht ein schlüssiges Argument anführen, das für einen solchen Strukturwandel spricht. Meine Damen und Herren von der CDU, leichtfertig legen Sie die Ergebnisse der Enquetekommission, die den Schulhort als "strukturell beispielhaft" bezeich

net hat, zur Seite. Leichtfertig ignorieren Sie die Arbeitsergebnisse Ihres eigenen Instituts, des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien. Hier sind die Erzieher längst in die Schulentwicklungsprozesse einbezogen. Und ein solcher Entwicklungsweg darf nicht einfach abgebrochen werden. Auch ist es eine Farce zu behaupten, Sie wollen den Elternwünschen besser gerecht werden.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das ist aber ein Witz.)

Die vielen Protestbriefe zeigen für mich und für jeden anderen klar und eindeutig, dass die Eltern nur einen Wunsch haben, sie wollen, dass sich der Schulhort in der jetzigen Struktur weiterentwickelt.

Meine Damen und Herren von der CDU, mit Ihrer widersinnigen Beschwichtigungspolitik machen Sie sich unglaubwürdig. Es bleibt bei einer Kommunalisierung der Schulhorte eben nicht alles beim Alten, sondern pädagogisch, rechtlich und auch organisatorisch ergibt sich eine grundlegend neue Situation. Sie verkünden die Strukturänderung im Rahmen einer Regierungserklärung der Einsparung, sagen aber gleichzeitig, es gehe nicht um Abbau und Einsparung. Ich frage mich, wer soll Ihnen das glauben? Vor einem Jahr erklärte der Ministerpräsident, ich zitiere: "Wir werden nichts daran ändern, dass Hortnerinnen im Landesdienst stehen." So viel zur Glaubwürdigkeit.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Man kann eben nicht nur über die Probleme von heute, sondern auch über die Zitate von gestern stolpern. Meine Damen und Herren, je leerer die Versprechungen, umso voller die Absicht. Dies betrifft auch das oberflächliche Schreiben des Kultusministers an die Erzieher. Die dort abgegebenen Versprechungen, es würde bei einer Kommunalisierung zu keinen Kündigungen bei den Erziehern kommen, sind zumindest Wunschdenken, wenn nicht gar bewusste Augenwischerei.

Meine Damen und Herren, ich sage eindeutig, dass wir hier endgültig daran denken müssen, dass der Hort wirklich als struktureller Bestandteil der Schule erhalten bleiben muss. Das ist, denke ich, für uns klar und eindeutig. Und wenn ich das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichts vom 12.10.2004 mir noch einmal anschaue, hier ging es ja auch um die Kommunalisierung von Landesbediensteten, auch das hat klar bekräftigt, dass hier Ihre Aussage, dass Kündigungen überhaupt nicht stattfinden werden, nicht haltbar sein kann.

Meine Damen und Herren, fest steht, die Übernahme des Hortes durch die Kommune hat - ob man will

oder nicht - früher oder später die Trennung von Schule und Hort zum Ergebnis. Und dieser nüchternen Feststellung der Horterzieherinnen der Neulandschule Gera ist nichts hinzuzufügen. Ich kann Sie nur bitten, überdenken Sie Ihre Pläne.

Herr Abgeordneter Döring, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Danke. Noch ist es nicht zu spät und ich hoffe, dass Sie wirklich noch einmal die Sache überdenken. Danke.