Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, erfreulicherweise haben die Verhandlungen zur Änderung des Staatsvertrags zu einem erfolgreichen Ende geführt werden können. Der Änderungsstaatsvertrag wurde am 30. November und am 1. Dezember 2006 unterzeichnet. Nunmehr liegt Ihnen das Zustimmungsgesetz zur Beschlussfassung vor. Hintergrund der Verhandlungen war die Ankündigung Hessens, sein Sparkassengesetz wie folgt zu ändern. Danach sollen hessische Sparkassen Stammkapital bilden können, das dann von hessischen Sparkassen, deren Trägern und insbesondere auch der Helaba erworben werden kann.
Die Thüringer Landesregierung stand diesem Vorhaben von Anfang an inhaltlich kritisch gegenüber. Sie lehnte eine Übernahme der hessischen Regelung für die Thüringer Sparkassen weiterhin ab. Aber auch ohne eine entsprechende Änderung des Thüringer Sparkassengesetzes wären die Thüringer Belange durch die Novellierung des Hessischen Sparkassengesetzes betroffen gewesen.
1. Thüringen kann besonders dann betroffen sein, wenn die Helaba von der Möglichkeit Gebrauch machen sollte, sich an hessischen Sparkassen zu beteiligen. Der Freistaat und die Thüringer Sparkassen sind an der Helaba beteiligt. Es besteht grundsätzlich kein Thüringer Interesse, dass die Helaba Kapital für den Kauf hessischer Sparkassen aufwendet. Im Ergebnis führt ein solcher Kauf zu einem Kapitalabfluss innerhalb des Sparkassenverbundes. Nutznießer wären allein hessische Kommunen. Außerdem würde der Erwerb von Sparkassenstammkapital an hessischen Sparkassen durch die Helaba zu einem noch stärkeren Übergewicht der Helaba auf dem hessischen Gebiet führen.
2. Die gemeinsame Sparkassenorganisation Hessen-Thüringen würde Schaden nehmen, wenn der Europäische Gerichtshof die Eingrenzung des Käuferkreises für das Stammkapital auf den öffentlichrechtlichen Bereich verwerfen würde. Diese Folgen galt es für Thüringen abzuwenden. Letztlich beschließt über die Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes aber der Hessische Landtag. Um trotzdem für die Thüringer Belange das Optimum zu erreichen, haben wir mit Hessen eine Änderung des Staatsvertrags verhandelt. Es kann in einer Bewertung der Verhandlungsergebnisse im Übrigen nur darum gehen, was Thüringen wirklich beeinflussen konnte und was letztlich beeinflusst wurde. Da kann man das Ergebnis aus meiner Sicht schon vorzeigen. Das sieht im Übrigen inzwischen auch der Landkreistag so. Er hat sich zwischenzeitlich um 180 Grad in seiner Meinung verändert.
1. Eine Beteiligung der Helaba an einer hessischen Sparkasse bedarf der Zustimmung der Landesregierungen beider Länder und somit auch der Zustimmung Thüringens. Damit hat sich Hessen einen Zustimmungsvorbehalt abringen lassen, der die Interessen Thüringens sichert, wenn die Helaba sich an einer hessischen Sparkasse beteiligen möchte. Ich weise nur der Ordnung halber darauf hin, dass wir als Land Thüringen 5 Prozent an der Helaba halten und dann ein Zustimmungsvorbehalt.
2. Der gleiche Zustimmungsvorbehalt besteht, wenn sich eine Tochtersparkasse der Helaba, zurzeit die Fraspa, am Stammkapital einer hessischen Sparkasse beteiligen würde. Damit ist sichergestellt, dass Hessen den vereinbarten Zustimmungsvorbehalt nicht über die Helaba umgehen kann.
3. Sollte der Europäische Gerichtshof die eingeschränkte Handelbarkeit verwerfen, es dürfen ja nur Sparkassen, deren Träger sowie die Helaba, Stammkapital erwerben, besteht kein Grund, die Privatisierung von Sparkassen zu befürchten. Hessen ist durch den Staatsvertrag und die aufgenommene Privatisierungsregelung, Privatisierungsverbot, das war vorher nicht im Staatsvertrag, dazu haben sich beide Länder vereinbart, muss Hessen dann zum vorhergehenden Recht zurückkehren. Die Möglichkeit, Stammkapital von Privaten erwerben zu lassen, ist ausdrücklich ausgeschlossen.
Damit besteht auch Unabhängigkeit von den EUrechtlichen Beurteilungen. Des Weiteren sieht der Staatsvertrag neben redaktionellen Punkten folgen
Hessen und Thüringen wird die Möglichkeit eingeräumt, in der Helaba eine Anstalt öffentlichen Rechts für die Zwecke des Fördergeschäfts einzurichten. Dies geschieht ausdrücklich auf Wunsch Hessens. Damit kann Hessen für seine Landestreuhandstelle die Gewährungshaftung übernehmen. Die Landestreuhandstelle hat dann günstigere Finanzierungsmöglichkeiten. Für Thüringen ist insoweit eine Platzhalteroption eingeräumt. Bei uns erfolgt die Aufgabenwahrnehmung im Wesentlichen durch die Thüringer Aufbaubank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, dass die Thüringer Landesregierung hier einen bedeutenden Verhandlungserfolg erzielt hat, haben nicht zuletzt die Stellungnahmen des Thüringer Landkreistages und des Sparkassengiroverbandes bestätigt. Ich zitiere aus den Stellungnahmen: „Jenseits dieser Opposition des Verbandes“, gemeint ist die grundsätzliche Kritik an der Bildung und der Handelbarkeit von Stammkapital, „kann der Zustimmungsvorbehalt auch unter spezifisch thüringischen Gesichtspunkten betrachtet werden, das für die vorgesehene Regelung dem Freistaat Thüringen zusätzliche Möglichkeiten einräumt. Nachteilig angesehene Entwicklungen abzuwenden, kann als positiv bewertet werden.“ So die Stellungnahme des Sparkassengiroverbandes. Nun die Stellungnahme des Landkreistages, der es noch deutlicher formuliert: „In der Zusammenfassung erlauben wir uns zu bewerten, dass unsere Landesregierung unter den bestehenden von ihr nicht zu vertretenden Rahmenbedingungen eine zielführende Änderung des Staatsvertrages ausgehandelt hat.“ Dem ist nichts hinzuzufügen, vielen Dank.
Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat sich für die Fraktion der Linkspartei.PDS der Abgeordnete Huster zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will es gleich vorwegnehmen. An unserer Ablehnung an der geplanten Änderung des Sparkassenstaatsvertrags hat sich auch nach dem Gesagten und nach der Anhörung im Haushalts- und Finanzausschuss nichts geändert. Unser Nein wurde sogar gestärkt. Der Geschäftsführer des Thüringischen Landkreistages, Herr Vetzberger, stellte in seiner Stellungnahme klar, dass auch der Landkreistag grundsätzliche Bedenken bezüglich der Option zur Stammkapitalbildung hat und die dadurch eröff
nete Möglichkeit der Beteiligung der Helaba an hessischen Sparkassen ablehnt. Dennoch lobt Herr Vetzberger die Landesregierung für die Aushandlung zielführender Änderungen im Staatsvertrag. Frau Ministerin, Sie haben eben darauf verwiesen. Das mag auch richtig sein, aber nur unter der Annahme, dass die hessische Landesregierung nicht bereit ist, ihr Vorhaben grundsätzlich infrage zu stellen. Dies ist aber für uns entscheidend bei der Bewertung.
Meine Fraktion versteht unter grundsätzlichen Bedenken, dass keinesfalls eine Zustimmung infrage kommt, so lange die Stammkapitaloption im Vertragstext enthalten ist.
Meine Damen und Herren, der Sparkassen- und Giroverband sieht in der Bildung von Stammkapital die Gefahr einer Schwächung der Sparkassen und den Einstieg in eine materielle Privatisierung. Die Aussage im Staatsvertrag, dass es keine Privatisierung geben soll, wird als subjektive Positionierung gewertet, die allerdings keinen effektiven Schutz gegen die Gefahren der Stammkapitaloption bietet. Konsequenterweise führen diese für den Sparkassen- und Giroverband ebenso grundsätzlichen Bedenken zu einer klaren Ablehnung.
Als weiteren Sachverständigen möchte ich den Deutschen Städtetag anführen. Der Hauptausschuss des Deutschen Städtetags stellte am 15. Februar 2006 fest, dass die Strukturen und Strategien der kommunalen Sparkassen einem permanenten Überprüfungs- und Entwicklungsprozess unterzogen werden müssen. Gleichzeitig aber müssten alle Überlegungen zur Verbesserung der Strukturen aus Sicht des kommunalen Trägers daran gemessen werden, dass der örtlich bezogene öffentliche Auftrag sichergestellt und damit die Trägereinflüsse gewahrt bleiben. Der Hauptausschuss sprach sich deshalb gegen vertikale Verbünde in Form von Holding und Integrationsmodellen zwischen kommunalen Sparkassen und Landesbanken aus.
Zur Sicherstellung der angemessenen Erfüllung des öffentlichen Auftrags der Sparkassen sei die Aufrechterhaltung der öffentlichen Rechtsform in kommunaler Trägerschaft als allein mögliche Organisationsform zwingend geboten. Die Beteiligung Privater an den kommunalen Sparkassen - auch in Form einer Finanzbeteiligung ohne Mitwirkungsrechte - dagegen sei mit den wesentlichen Strukturmerkmalen und der öffentlich-rechtlichen Verfasstheit kommunaler Sparkassen nicht vereinbar. Wir teilen diese Auffassung.
Meine Damen und Herren, der Kern des neuen Staatsvertrags ist trotz aller Beteuerung und auch der Veränderung im Text der langsame Einstieg in die Privatisierung der Sparkassen in Deutschland. Das
Einfallstor, was hier zunächst geschaffen wird, ist die Erlaubnis zur Bildung von horizontal handelbarem Stammkapital. Gerade das Handeln mit Stammkapital bei den Sparkassen führt zur Ausbildung von den mit Sparkassenstrukturmerkmalen nicht vereinbarten Cherholderinteressen. Gerade das Interesse der Anteilseigner nach einem möglichst hohen Profit würde alles andere - zumindest auf lange Sicht - überlagern. Damit wäre es dann schließlich auch aus mit der öffentlich-rechtlichen Verfasstheit der Sparkassen.
Meine Damen und Herren, weil wir genau dieses nicht wollen, lehnen wir den vorgelegten Staatsvertrag grundsätzlich ab, zumal uns letztlich auch die Argumente nicht überzeugen können, wonach die gesamte Problematik letztlich auch vor dem EuGH Bestand haben würde. Entsprechende Schreiben nehmen wir zur Kenntnis, wir gehen allerdings nicht davon aus, dass uns das in der gesamten Problematik ausreichend Sicherheit verschafft. Deshalb werden wir den Staatsvertrag ablehnen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Finanzministerin, Sie loben sich für dieses Verhandlungsergebnis, und vielleicht war unter den gegebenen Umständen auch gar nicht mehr möglich, aber zufrieden sein kann man doch damit überhaupt nicht,
täuscht es uns doch hier vor oder verschleiert es den Blick dafür, dass die Landesregierung in diesem Punkt versagt hat.
Sie hat sich nicht gegen die Pläne des Landes Hessen zur Änderung dessen Sparkassengesetzes zur Wehr gesetzt.
Meine Damen und Herren, der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen ist ein Vorzeigebeispiel länderübergreifender Zusammenarbeit. Dieser Verband darf - auch im Interesse der Helaba, der Landesbank Hessen-Thüringen - nicht gefährdet wer
den. Mit der von Hessen initiierten Gesetzesänderung wird aber eine weitere Aushöhlung des Sparkassenwesens in Deutschland vorangetrieben. Meine Fraktion sieht sich mit ihrer Kritik auch in Übereinstimmung mit dem Thüringischen Landkreistag und dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen. Die Thüringer Sparkassen und ihre Träger haben nämlich kein Interesse daran, strukturpolitische Vorstellungen der Hessischen Landesregierung für das RheinMain-Gebiet mitzufinanzieren. Wer Thüringer Interessen in die zweite Reihe stellt, gefährdet letztendlich den Fortbestand der länderübergreifenden Sparkassenfinanzgruppe.
Meine Damen und Herren, da Hessen und Thüringen über diese gemeinsame Sparkassenorganisation miteinander verbunden sind, hätte die Thüringer Landesregierung den hessischen Alleingang verhindern müssen. Unser Ministerpräsident hätte das Problem zur Chefsache machen müssen und mit
Ministerpräsident Koch klären müssen, aber davor hat sich Herr Althaus gedrückt. Vielleicht hatte er Angst, aus Wiesbaden mit der blutigen Nase zurückzukommen, und so wurde die Finanzministerin nach Hessen geschickt.
Aber dann sind die Hessen hierhergekommen, darüber werden wir nicht streiten. Aber mit einer solchen Halbherzigkeit der Landesregierung wurde noch nie ein Kampf gewonnen. Das, was Sie uns hier als großes Ergebnis verkünden, ist doch lediglich Schadensbegrenzung. Man muss allerdings sehen, dass der vorliegende Gesetzentwurf der Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes überhaupt erst möglich und im Nachhinein legitimiert wird, wenn wir dieses Gesetz zu dem Staatsvertrag hier beschließen.
Am 31. März dieses Jahres hat die CDU-Fraktion zudem einen Fehler begangen. Der Antrag „Verhinderung schädlicher Auswirkungen auf die Thüringer Sparkassen und das Sparkassenwesen in Deutschland“ wurde von der CDU-Mehrheit abgelehnt, nicht weil es inhaltliche Differenzen gab, sondern weil der Antrag von der falschen Fraktion eingereicht worden war. Damit wurde ein vollkommen falsches Signal nach Hessen gewandt und Ihnen, Frau Ministerin, auch noch der Wind aus den Segeln genommen.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion kritisiert den vorgelegten Gesetzentwurf auch wegen Mängeln bei der Sicherung von Arbeitnehmerrechten und fehlenden gesetzlichen Regelungen zur Gleichstellung. Trotz der Bemühungen von Betriebs- und Personalräten der Sparkassenorganisationen gibt es im Gesetzentwurf keine Festlegung dazu. Über diese Details hätten wir gern im Haushalts- und Finanzausschuss noch einmal beraten und deshalb ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum die CDU-Fraktion diese Eile an den Tag gelegt hat und morgen in zweiter Beratung dieses Gesetz schon beschließen will. Es ist nicht erkennbar für uns, dass eine abschließende Beratung im Januar-Plenum zu irgendwelchen Problemen geführt hätte, deshalb beantrage ich die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Haushalts- und Finanzausschuss. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Gäste, seit April dieses Jahres beschäftigen wir uns nun schon mit der Veränderung im Sparkassengesetz in Hessen und vor allen Dingen auch mit den Auswirkungen auf uns Thüringer. An dieser Stelle möchte ich noch einmal sagen: Ein Sparkassengesetz in Hessen kann man als Thüringer Abgeordneter weder beschließen noch ablehnen. Hier wird mitunter der Eindruck erweckt, als könnten wir direkt Gesetzgebungen des Nachbarlandes Hessen beeinflussen - das ist nicht so.
Ausführlich haben wir im Ausschuss und auch hier im Plenum über die Verhandlungen mit den Hessen diskutiert, umso unerträglicher finde ich es mittlerweile, dass Sie immer wieder die gleichen Behauptungen, Unterstellungen und Vorwürfe gegen die Thüringer Landesregierung richten, insbesondere natürlich gegen die Finanzministerin.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich der Finanzministerin danken. Sie hat ein Maximum für die Sicherung Thüringer Interessen erreicht und, ich denke, ich bin nicht der Einzige, der das so sieht. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, darf ich mal kurz einen Artikel aus dem „Freien Wort“ zitieren, wo in einem Interview der Vorstandsvorsitzende der