Protocol of the Session on June 8, 2006

(Zwischenruf Abg. Skibbe, Die Linkspar- tei.PDS: 55 waren es nur.)

55 waren es? Also meine letzte Information, die ich gelesen hatte, da waren es 57 Stimmen, beim Nachzählen waren es, glaube ich, 55 Stimmen. Aber wir streiten uns nicht um drei Stimmen hin oder her. Verloren ist verloren, das ist nun mal so.

(Unruhe im Hause)

Es geht einfach darum, dass hier jetzt natürlich eine Analyse stattfinden muss. Ich bin auch sehr dafür und wir werden uns natürlich auch ausgiebig damit auseinandersetzen, wo kommt diese oder jenes her. Ich muss einige Dinge leider wiederholen. Es geht bis dahin, dass man eine Wahlpflicht wieder einführt; was man alles so draußen hört: Wahlpflicht, fliegende Wahlurne, Zusammenlegung von Rat und Bürgermeister und so weiter. Es kommen auf einmal sämtliche Dinge wieder hoch, wovon man meint, dass sie besser sind, bis zu Kosten sparen, dass man also die Wahlen billiger gestalten muss.

Ich denke, man muss das wirklich mit Ruhe analysieren, um überhaupt erst einmal zu Ergebnissen zu kommen. Wenn man sich die einzelnen Zahlen anschaut, sieht man auch, dass in den Regionen sehr unterschiedlich gewählt wurde. Man muss auch mal sehen, in manchen Städten war es klar und in manchen Kommunen war es von vornherein klar und wo

anders gab es wieder bestimmte Befindlichkeiten. Da hat die Parteipolitik in der Regel sogar eine sehr untergeordnete Rolle gespielt. Das sollte man nicht vergessen. Bei der Kommunalwahl spielt in der Regel die Person eine wichtige Rolle, nicht die alleinige, aber eine wichtige Rolle. Ich möchte auch deutlich machen, meine Damen und Herren, wir haben uns schon vor langer Zeit zur Urwahl entschieden. Ich weiß, dass es da auch in den eigenen Reihen viele gibt, die das da und dort auch anders sehen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Jetzt.)

Dass die Urwahl vielleicht nicht das - nicht nur jetzt, so einfach geht es doch nicht, wenn wir die Zahlen zusammenzählen, kommt immer noch heraus, dass wir immer noch insgesamt die meisten Oberbürgermeister und Landräte stellen.

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Was?)

Soll ich Ihnen die Zahlen vortragen? Ich habe sie hier. Ich habe sie doch hier, soll ich sie Ihnen vorlesen?

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Herzli- chen Glückwunsch, Herr Fiedler.)

Ja, das möchten Sie gern, damit meine Zeit noch kürzer wird - das fällt aus.

(Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, das Entscheidende wird sein, wir werden die gesamten Daten auswerten. Das kann jede Fraktion für sich machen. Wir werden Überlegungen anstellen, wie können wir dazu beitragen, dass wieder mehr Menschen zur Wahl gehen. Das ist das Entscheidende. Wir müssen es attraktiv machen und ich stimme eben nicht unbedingt zu, dass man mit mehr Bürgerbefragung, Bürgerbegehren die Demokratie stärkt, sondern es gibt auch den gegenteiligen Punkt, dass gerade die Gewählten, ob das die Gemeinderäte, Stadträte etc. sind, dass man ihnen damit Kompetenzen wegnimmt, und wir finden dort keine Leute mehr. Also man muss beides betrachten, damit man das Ganze überhaupt im Gesamtzusammenhang sieht. Ich denke, man muss vielleicht auch darüber nachdenken - und auch das ist an uns herangetragen worden -, warum müssen wir denn überhaupt zweimal wählen - Stichwahl. Wählen wir doch gleich, wer im ersten Wahlgang - da waren eben eins, zwei, drei, vier Kandidaten - die Mehrheit hat, der ist gewählt. Also es gibt dort mehrere Dinge, die von verschiedenen Seiten herangetragen werden. Doch am Ende muss das alles noch einmal betrachtet werden.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bemühen wir uns gemeinsam, dass wir wieder mehr Leute an die Wahlurnen bekommen.

Herr Abgeordneter Fiedler, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ja, ich schaue ja schon drauf, Frau Präsidentin, die wollten mich immer aus der Hütte locken. Sie haben es nicht ganz geschafft.

Wir sollten uns sehr ernsthaft mit dem Ergebnis auseinandersetzen und zum gegebenen Zeitpunkt und nicht drei Tage nach der Wahl sollte man das weiter analysieren.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Hauboldt, Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Auswertungen, Analysen und Auswirkungen der letzten Kommunalwahl in Thüringen beschäftigen, das haben wir gerade gehört, zurzeit nicht nur Politikwissenschaftler, sondern auch Parteistrategen aller Couleur und natürlich auch den Innenminister Dr. Gasser. Das Fazit der Parteien wird durch Zahlenmaterial, Einschätzungen und perspektivische Schlussfolgerungen untermauert. Wir wissen, die Regierungspartei, Herr Fiedler, auch wenn Sie die Zahlen jetzt nicht genannt haben, hat sichtlich verloren und die Opposition auf beiden Seiten hat kräftig gewonnen. Doch unabhängig von den unterschiedlichen Einschätzungen zu den Wahlergebnissen gibt es ein schmerzliches Resultat, das ist hier ebenfalls benannt worden, nämlich die geringe Wahlbeteiligung. Ich darf Sie daran erinnern, der erste Urnengang, hier sind gerade einmal um die 40 Prozent Wahlbeteiligung erreicht worden und bei der Stichwahl, bei diesem notwendigen Urnengang, haben gerade mal 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihre Option wahrgenommen. Dies sage ich auch, in Erahnung an eine schlechte Wahlbeteiligung hatten wir bereits in mehreren Gesetzen vorgeschlagen, u.a. die unterschiedlichen Legislaturperioden auf kommunaler Ebene anzugleichen. Dies würde bedeuten, dass Oberbürgermeister, Bürgermeister, Landräte, Gemeinderäte, Stadträte und Kreistage an einem Tag gewählt werden könnten.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Damit sind nicht nur die von Ihnen, von der CDU, mit Vorliebe genutzten Scheinkandidaturen weitestgehend ausgeschlossen, sondern es würde hier auch für mehr Transparenz unter der Bevölkerung gesorgt werden. Das sage ich auch ganz bewusst, mit dem Verlust wichtiger Bürgermeister- und Oberbürgermeisterämter könnte Ihnen, meine Damen und Herren hier aus der Mitte dieses Hauses, spätestens 2009 zur nächsten Kommunalwahl dieser mangelnde Gesetzespassus enorme Probleme bereiten. In Thüringen wird mittlerweile so häufig gewählt - und diee Aussage habe ich auch durch Wähler erhalten -, dass man fast glauben könnte - so gab es den Ausspruch -, man wäre in einer Bananenrepublik.

Meine Damen und Herren, wir sind der Überzeugung, dass mit einem einheitlichen Wahltag für alle Gremien und Funktionen ein Beitrag geleistet werden kann, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Dieser Vorschlag ist nicht neu, deshalb nochmals eine Bemerkung, weshalb nun heute, Frau Taubert, die Aktuelle Stunde. Was der Innenminister bereits einen Tag nach der Wahl verkündete - und, Herr Fiedler, hier geht es nicht darum, heute schon aktuelle Ergebnisse auf den Tisch zu legen oder Schlussfolgerungen, aber, ich sage, drei Tage vor der nächsten Kommunalwahl 2009 ist es halt auch nicht angebracht. Da wissen wir genau, mit welchem Ergebnis das ausgeht. Der Innenminister teilte mit, darüber nachdenken zu wollen, die unterschiedlichen Wahltage zusammenzulegen. Noch im Herbst 2004, als unser Kommunalwahlrechtsmodernisierungsgesetz hier in diesem Hause beraten wurde, war ja bekanntlich die Landesregierung anderer Auffassung. Am 8. Oktober 2004 sagte der damalige Staatssekretär Herr Baldus

(Zwischenruf Baldus, Staatssekretär: Auch der heutige.)

zu dieser Frage zum Gesetzentwurf meiner Fraktion - ich zitiere, Frau Präsidentin: „Die Kopplung der Amtszeit der Bürgermeister bzw. Landräte mit der Amtszeit der Vertretungskörperschaften ist abzulehnen.“ Auch heute, gut, Ihre Meinung hat sich diesbezüglich nicht geändert, ich bin gespannt, was der Herr Minister Gasser dazu äußert. Das war damals die erste Lesung zu unserem Gesetzentwurf, die CDU wollte leider nicht einmal diese Frage in den Ausschüssen mit uns diskutieren. Insofern ist es für mich erfreulich, dass der Innenminister nun mitteilt, über eine Angleichung der Wahltermine nachzudenken. Wir laden Sie, Herr Dr. Gasser, gern zu uns in unsere Fraktion ein, um tiefgründig mit Ihnen diese Frage zu erörtern. Wenn Sie sich schon gedanklich auf die Linkspartei.PDS zubewegt haben, dann sollte, denke ich, auch dieser Schritt zu überwinden sein.

Selbst Herr Mohring als CDU-Generalsekretär hat sich öffentlich dazu geäußert, ob das gegenwärtige Wahlrecht tatsächlich geeignet sei, die Bürger zum Urnengang zu bewegen. Doch ich sage auch, Herr Mohring, mit Ihnen hätte ich so meine Probleme, eine Einladung auszusprechen. Wir belassen es erst einmal beim Innenminister.

Herr Dr. Gasser, ich bin ein zutiefst optimistisch ausgerichteter Mensch und freue mich über Ihr Nachdenken, ich betone aber auch, wenn auch ein entsprechendes Handeln daraus erwächst. Ich darf nochmals in Erinnerung rufen, wo wir dringenden Handlungsbedarf sehen:

1. Angleichung der Amtszeiten von Gemeinderat und Bürgermeister sowie Kreistag und Landrat bei Beibehaltung der Direktwahl,

2. Senkung des Wahlalters auf 16,

3. die Abschaffung der 5-Prozent-Hürde, wobei ich nur noch einmal erinnere an die laufenden Verfahren. Es ist ja angekündigt, dass es demnächst ein Gerichtsurteil geben soll.

Herr Minister, abschließend sei mir noch eine Bemerkung erlaubt, nämlich dass der Losentscheid, z.B. bei der Bürgermeisterwahl in Blankenhain, kein geeignetes Mittel -

(Zwischenruf aus dem Hause: Bad Berka.)

Bad Berka, Entschuldigung -, kein geeignetes Mittel für die Wahl eines Bürgermeisters ist. Das zeigt, dass die Ernsthaftigkeit einer Wahl zumindest...

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

... dabei verloren geht. Ich nehme die halbe Minute noch in Anspruch, die meine Vorgänger auch hatten.

Dass Thüringer Wähler - diese Bemerkung zum Schluss -, die innerhalb unseres Freistaats, Herr Minister, von A nach B umgezogen sind, in einer Frist von drei Monaten weder in A noch in B wählen dürfen, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Ich denke, jetzt ist die Zeit reif, auch vollkommen unaufgeregt Korrekturen im Wahlrecht vorzunehmen. Wir sollten nicht zögern, dieses zu tun. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Mir liegen keine weiteren Redemeldungen von Abgeordneten vor. Herr Minister Gasser, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, bevor ich auf die „Anregungen“ der Vorredner eingehe, lassen Sie mich bitte Folgendes sagen: Die Bürgermeister und Landratswahlen vom 7. Mai 2006 und die nachfolgenden erforderlichen Stichwahlen am 21. Mai 2006 sind abgeschlossen. Mit Ausnahme der kleinen Gemeinde Fretterode im Eichsfeldkreis, in der noch eine Wiederholungswahl zu erfolgen hat, konnten alle Ämter vorerst besetzt werden. Abzuwarten bleibt nunmehr noch, ob sich diesbezüglich Änderungen durch rechtsaufsichtliche Entscheidungen in amtlichen Wahlprüfungsverfahren oder Wahlanfechtungsverfahren ergeben. Ob es zu solchen Verfahren kommt, ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Soweit es aus entsprechendem Anlass geboten ist, werden die Kommunalaufsichtsbehörden die Einzelfälle gewissenhaft prüfen und entscheiden.

Wahlanfechtungs- und Wahlprüfungsverfahren sind im Übrigen wichtige Instrumente der Rechtsstaatlichkeit; sie gewährleisten die korrekte Besetzung der kommunalen Ämter. Das hatten wir ja nicht immer so. Daneben sind sie eine wichtige Schule des Lebens für Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerber, die bei künftigen Kommunalwahlen antreten wollen. Denn aus der Rechtsprechung ergeben sich beispielsweise wichtige Anhaltspunkte für die Einhaltung der Grenzlinien zwischen erlaubter Wahlwerbung durch Amtsinhaber als Privatpersonen und verbotenem Einsatz von öffentlichen Mitteln zur Wählerbeeinflussung. Hier sind bei dieser Wahl einige Dinge feststellbar, die möglicherweise nicht korrekt waren.

Ebenso werden z.B. unterschiedliche Auffassungen zur Auslegung wahlrechtlicher Bestimmungen, die gelegentlich Anlass für Wahlanfechtung sind, durch die Gerichte nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechend geklärt. Diese Ergebnisse der Rechtsprechung werden selbstverständlich in die Fortentwicklung des Thüringer Kommunalwahlrechts einfließen. Wahlverstöße hingegen, die durch persönliches Fehlverhalten von einzelnen an der Wahldurchführung beteiligten Personen verursacht werden, sind jedoch weder durch Gesetzesänderungen noch durch Maßnahmen der Kommunalaufsicht zu vermeiden.

Die Landesregierung hat sich für diese Legislaturperiode die Novellierung des Thüringer Kommunalwahlrechts zum Ziel gesetzt. Die Erfahrungen der Kommunalaufsichtsbehörden und der kommunalen Wahlorgane vor Ort, der kommunalen Spitzenverbän

de und des Landesamts für Statistik, dessen Aufgabe die Erfassung und Auswertung der Wahlergebnisse ist, bilden die Grundlage für die Novellierung. Das für das Kommunalwahlrecht zuständige Referat im Thüringer Innenministerium ist laufend mit der Auswertung der bei den vergangenen Thüringer Kommunalwahlen gewonnenen Erfahrungswerte befasst. Es wird zu den Bürgermeister- und Landratswahlen dieses Jahres eine Umfrage bei den Kommunalaufsichtsbehörden und Wahlleitern durchführen, um die aktuellen Erfahrungen einbeziehen zu können. Auch Ihre heute vorgetragenen Anregungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden mit Blick auf möglichen Novellierungsbedarf zur Auswertung gelangen.

Jetzt noch einige Anmerkungen zu Frau Enders, Frau Taubert, Herrn Fiedler, Herrn Hauboldt. Mir ist aufgefallen, dass uns die Aktuelle Stunde eigentlich nur wenige Millimeter vorangebracht hat. Herr Fiedler hat die richtige Frage, denke ich, gestellt. Wir müssen überlegen, wie wir mehr Menschen an die Wahlurnen bekommen, und man muss auch Fragen mit bedenken. Das ist vielleicht das, was Herr Hauboldt angesprochen hat. Ich habe mich keineswegs - das hat Frau Groß schon bemerkt - Ihnen gedanklich angenähert. Sondern es war eine Präsentation, da fragte eine Journalistin, ob ich der Auffassung sei, dass man eine Zusammenlegung der Wahlen Bürgermeister, Landräte und der Parlamente machen sollte. Das war eine Frage, die sich mir bislang so nicht aufgedrängt hatte. Da habe ich geantwortet - ja weil sich nicht der Sinn ergab, dass man damit eine höhere Wahlbeteiligung erreichen kann -: Auch über diese Frage werden wir nachdenken. Wenn ich sage, wir werden darüber nachdenken, bedeutet das, dass wir das prüfen werden,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, Die Links- partei.PDS: Wie lange dauert das? Mal sehen.)

ob dies - Herr Kuschel, langsam, gemach, gemach - Auswirkungen haben wird. Ich sagte gerade, aber Sie haben mir offenbar nicht zugehört, dass wir eine Novellierung der Kommunalwahlordnung durchführen wollen. In diesem Kontext werden wir auch diese Frage prüfen. Mehr hatte ich nicht gesagt. Und Nachdenken, Herr Kuschel, ist ja wohl auch in Thüringen noch erlaubt, da werden Sie mir sicherlich zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, wir müssen schauen - es ist in der Tat so, die Wahlbeteiligung ist nicht besonders begeisternd -, was wir machen, ob man durch entsprechende Informationskampagnen dazu kommen kann, dass mehr Bürger zur Wahlurne gehen. Frau Enders hatte das ja schon angesprochen mit der niedrigen Wahl