Seien Sie doch nicht so pessimistisch. Zum einen stand in den letzten Tagen in der Zeitung - Sie haben es gelesen -, dass der Bevölkerungsrückgang in Thüringen gebremst ist. Zum anderen würde ich doch auch mal etwas optimistischer sein. Es liegt im Entscheidungsbereich der jungen Leute, ob in Zukunft Kinder kommen oder nicht. Ich denke schon, darauf sollten wir auch vertrauen. Es hat sich vielleicht altersmäßig etwas herausgeschoben gegenüber früheren Zeiten, also warten wir das doch mal ab und seien wir etwas optimistischer.
Herr Minister, ich hatte ja vorhin zu § 58 Abs. 5 ausgeführt, dass ich den gern verändert hätte, und zwar im Wassergesetz, weil ich hier eine Begrenzung des Anschluss- und Benutzungszwangs für bestimmte Grundstücke gern vorgenommen hätte, um Grundstücke im wirklich ländlichen Raum vom Anschlussund Benutzungszwang in Zukunft auszuschließen. Eine solche Änderung wäre meiner Ansicht nach im Kommunalabgabengesetz aber fehl am Platz. Deshalb wollte ich Sie fragen, ob Sie der Meinung sind, solche Änderungen sollten im Kommunalabgabengesetz dann auch vorgenommen werden.
Ich denke, das diskutieren wir dann in den Ausschussberatungen. Den zweiten Teil Ihrer Anregung habe ich natürlich aufgenommen. Ich dachte nur, dass vielleicht bei Ihnen eine Fehleinschätzung bezüglich des § 58 vorliegen würde, aber darüber können wir uns dann im Ausschuss, in den Ausschussberatungen unterhalten.
Ich möchte das eine oder andere noch sagen. Herr Kuschel, Sie haben vorhin aus meiner Sicht diesen Zinsaufwand in Höhe von 2 bis 3 Mio. Moratorium in Zusammenhang gebracht oder vielleicht sogar den Eindruck erweckt, als hätte die Landesregierung damals die Auffassung vertreten, das sei die Gesamtbelastung aus der Umstellung des Kommunalabgabengesetzes. Das ist nicht der Fall, sondern das war ausschließlich der kalkulierte Betrag für den Zeitraum des Moratoriums. Darauf lege ich großen Wert, dass dies noch mal klargestellt wird. Sie haben dann die Verbandsverantwortlichen beschimpft, die angeblich die Autorität des Ministerpräsidenten untergraben hätten und haben die rhetorische Frage gestellt: Warum lassen Sie es zu, dass man Bürger in Ihrem Namen belügt? Wir haben keinen Einfluss darauf, was Menschen tun und wie sie sich verhalten und welche Meinungen sie äußern. Das ist, glaube ich, der Grundunterschied zwischen der Einstellung, die die Landesregierung hat und die Sie haben. Wir können Ihnen das nicht untersagen und wir wollen Ihnen das auch nicht untersagen.
Sie hatten - es war alles meines Erachtens etwas in die Richtung Nörgeln gehend, was Sie angeführt hatten - sich einen Gutachter gewünscht, der sich mit dem Thüringer Abgabenrecht beschäftigt hat. Ich gehe mal davon aus, dass es keinen Gutachter gibt, der sich speziell mit dem Thüringer Abgabenrecht beschäftigt. Im Übrigen ist das Thüringer Abgabenrecht mit Ausnahme eines Punktes natürlich an die Dinge gebunden, die sich in 50 Jahren in der Rechtsprechung entwickelt haben. Deswegen werden Sie einen solchen Gutachter, denke ich, nicht finden.
Sie hatten ebenfalls mehrere Gutachten angemahnt, die wir hätten einholen sollen. Uns reicht ein Gutachter, weil dieses Gutachten so fundiert ist, dass es alle Fragen beantwortet. Aber wenn Sie zusätzliches Geld haben, dann sollte vielleicht die PDSFraktion hergehen und sollte noch einen oder mehrere Gutachter beauftragen. Sie werden aus meiner Sicht nicht zu einem anderen Ergebnis kommen.
Es wurde dann noch von Ihnen angeführt, dass diese Regelung bei übergroßen Grundstücken im Abwasserbereich einer Tiefenbegrenzung nahe komme. Das ist nicht der Fall. Es gibt hier doch einen erheblichen Unterschied, und zwar besagt die Tiefenbegrenzung anders als bei dem jetzt von uns gewählten Regelungsmodell, dass sich diese auf die Tiefe des Grundstücks - die Größe des Grundstücks spielt keine Rolle - bezieht, während unsere Regelung nicht die Tiefe berücksichtigt, sondern den Beitragsmaßstab. Dies ist zulässig und wird
auch nicht mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts in irgendeiner Weise kollidieren. Die reine Gebührenerhebung - das werden Sie finden in der Gesetzesbegründung unserer Vorlage auf Seite 18 - widerspricht nicht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 1981. Darauf möchte ich doch ausdrücklich hinweisen, damit auch dies nicht im Raum stehen bleibt. Herr Ohl hatte das, glaube ich, gesagt oder Frau Taubert, kann auch sein, da geht es um die Frage, die Investitionen könnten jetzt nicht fortgesetzt werden, der Aufgabenträger. Wir haben ja ganz bewusst eine Regelung für die Rückzahlungsfristen eingeführt, damit Liquidität vorhanden ist. Wenn Sie sich das anschauen, sehen Sie Rückzahlungsfristen bei Wasser je nach Beitragshöhe bis zu 36 Monaten und bei Abwasser 12 Monate. Also hier ist ein Spielraum vorhanden, um plötzlich auftauchende Liquiditätsprobleme doch zu lösen.
Dann noch ein Wort zu der angeblich ungerechtfertigten Besserstellung von "Großgrundbesitzern". Das ist nicht der Fall, denn der beitragsrelevante Vorteil, auf den die Novelle abstellt, ist für alle Grundstückseigentümer gleich. Es wird auf den Zeitpunkt und das Maß der baulichen Nutzung abgestellt und wenn der gekappte Teil des Grundstücks, ich will es mal so sagen, bebaut wird, erfolgt eine Heranziehung. Im Übrigen möchte ich zu bedenken geben, wenn jemand größere Grundstücke hat, bedeutet das nicht unbedingt, dass er reich ist. Wenn er eine Wiese hat im Thüringer Wald oder eine größere Fläche, dann ist diese wahrscheinlich nur sehr schwer zu verkaufen und Teile sind z.B. bei landwirtschaftlichen Grundstücken schon mal gar nicht zu verkaufen und unterliegen auch Beschränkungen, wenn man sie teilen würde. Ich sehe es so und ich glaube, es ist auch richtig.
Bei den Mietern wird eine sozial ungerechtfertigte Benachteiligung vermutet, aber begründet wird sie auch nicht. Ich muss dazu sagen, die Gebührenstützung im Wasserbereich durch das Land kommt natürlich auch den Mietern zugute, und zwar auf dem Wege, dass ihre Kaltmieten natürlich hier dann auch eine geringere Belastung vorsehen werden. Allerdings ist dies nicht öffentlich-rechtlich regelbar, das ist nicht möglich in einem kommunalen Abgabengesetz, das wissen Sie auch, sondern das ist dann eine Frage, die der Mieter mit seinem Vermieter im Rahmen seines Mietvertrages regeln muss. Aber ich denke, dass er ganz gute Chancen beim Amtsgericht hätte, wenn er sagt, hier sind die Kosten reduziert und dann sind auch meine Nebenkosten zu reduzieren. Das war, glaube ich, im Wesentlichen das, was hier angeführt worden ist. Nein, ich habe nichts vergessen. Danke schön.
Ich möchte nur ergänzend beantragen, das Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und das Thüringer Wassergesetz begleitend noch an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen.
Ausschließlich das Gesetz, den Antrag nicht. Danke. Damit kämen wir zur Abstimmung zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/187. Als Ausschussüberweisung wurde beantragt zunächst der Innenausschuss. Ist das korrekt?
Dann lasse ich jetzt abstimmen. Wer für die Überweisung an den Innenausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Das ist die Mehrheit. Weiter wurde beantragt an den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke schön. Stimmenthaltungen?
Damit ist einer Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt nicht zugestimmt worden. Und jetzt war noch beantragt
Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist der Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss zugestimmt. Wir kämen jetzt zur Festlegung der Federführung. Gibt es hierzu Vorschläge? Innenausschuss? Wer für die Federführung des Innenausschusses ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist die Federführung festgelegt.
Wir kämen nun zur Abstimmung zu dem Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/183. Wenn ich recht informiert bin, ist auch hier Überweisung an den Innenausschuss und den Ausschuss für
Wer dafür ist, diesen Antrag an den Innenausschuss zu überweisen, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist dieser Überweisung zugestimmt.
Wir kämen zur Abstimmung, wer dafür ist den Antrag an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz zu überweisen, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist der Antrag auch an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz überwiesen.
Die Federführung, gehe ich davon aus, sollte im Innenausschuss liegen. Darüber lasse ich jetzt abstimmen. Wer für die Federführung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist der Innenausschuss federführend. Wir können dann die Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b abschließen.
Es gibt eine fraktionsübergreifende Abstimmung, dass wir jetzt die Tagesordnung fortsetzen mit dem Aufruf des Tagesordnungspunkts 6 a
Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinder- und JugendhilfeAusführungsgesetzes (Familien- förderungsgesetz) Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/186 ERSTE BERATUNG
Dann ist die Frage: Wird Begründung durch den Einreicher gewünscht? Das ist nicht der Fall. Damit kämen wir zur Aussprache. Zunächst hat sich die Abgeordnete Jung, PDS-Fraktion, gemeldet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der von der SPD erneut vorgelegte Gesetzentwurf macht deutlich, dass es im Bereich der Familienförderung und des Jugendschutzes Handlungsbedarf gibt. Dies geht auch aus den schriftlichen Stellungnahmen hervor, die von verschiedenen Verbänden zu dem gleich lautenden Entwurf aus der letzten Legislatur eingereicht wurden. An dieser Stelle sei nur die Gewerkschaft ver.di zum Kinderschutz zitiert. Dieser sei ohne gesetzliche Festschreibung der Beliebigkeit so genannter freiwilliger Leistungen unterworfen. Das heiße auch in Zeiten angespannter öffentlicher Haushalte, dass dies erfahrungsgemäß zu Gefährdungen der Arbeit führe. Dem kann sich die PDS-Fraktion anschließen.
Nun sind ja aber der Gesetzentwurf sowie die Stellungnahmen der Diskontinuität zum Opfer gefallen und konnten bislang nicht näher erläutert werden. Deshalb plädieren wir dafür, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen. Dies würde auch den neuen Abgeordneten im Ausschuss ermöglichen, sich intensiver mit der Vorlage sowie den dargelegten Einschätzungen auseinander zu setzen und die jeweils eigenen Positionen darzustellen.
Auf ein Problem kann ich an dieser Stelle noch einmal aufmerksam machen. Nach dem Sachbericht des Thüringer Facharbeitskreises für Ehe-, Familienund Lebensberatung haben wir einen steigenden Bedarf an Beratungen in der Kinder- und Jugendhilfe. Als eine der Ursachen wird die Unterversorgung an zugelassenen Kinder- und Jugendpsychotherapeuten genannt. Unserer Meinung nach ist es also dringend erforderlich, dass eine größere Anzahl der auf Kinder und Jugendliche spezialisierten Psychotherapeuten ausgebildet und zugelassen wird.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Aspekte, die wir im Ausschuss besprechen sollten. Wir müssten uns z.B. darüber unterhalten, wer überhaupt von familienpolitischen Maßnahmen profitieren soll, wie wir also Familie definieren. Regierung wie CDU-Fraktion werden sicher nicht leugnen, dass sie einem konservativen Familienbild den Vorzug geben. Zu einer Familie gehören Vater, Mutter, Kind. Abgesichert sein sollte das Ganze durch einen Trauschein. Kinder sind Privatsache und Frauen sollen möglichst lange zu Hause bleiben und nicht den Arbeitsmarkt durch ihre so genannte ungesunde Erwerbsneigung belasten.
Es dürfte kein Geheimnis sein, dass wir andere Vorstellungen haben. Wir setzen gegen diese Vorstellungen aus dem
19. Jahrhundert eine Politik der Gleichberechtigung aller Lebensweisen und der tatsächlichen Unterstützung des Zusammenlebens mit Kindern, die nicht länger ein Arbeitsrisiko sein dürfen. Ob Menschen sich für oder gegen einen Trauschein entscheiden, ob sie in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft zusammenleben wollen oder ob sie mit oder ohne Kinder leben möchten, muss allein ihre Entscheidung sein. Die Politik hat lediglich für stabile Rahmenbedingungen zu sorgen. Ziel muss eine gleichberechtigte, kinderfreundliche Gesellschaft sein, in
der Menschen bis zu ihrem Lebensende zusammenleben können, wenn sie das wollen. Wir setzen aber auch auf eine frauenfreundliche Gesellschaft, die sich nicht länger dadurch auszeichnet, dass Frauen vom Arbeitsmarkt und in die von den meisten ungeliebte Hausfrauenrolle gedrängt werden. In der Regierungserklärung durften wir hören, dass Thüringen gute Rahmenbedingungen für Familien geschaffen habe. Wenn das so ist, fragen wir uns, warum Thüringen über 55.000 Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger zu verzeichnen hatte, von denen über 40 Prozent Kinder und Jugendliche waren. Wir fragen uns auch, warum fast 200.000 Menschen in Thüringen ohne Arbeit sind, davon über 26.000 junge Menschen und warum das durchschnittliche Familieneinkommen bei lediglich 2.303 ) ) womit wir in Thüringen an der 13. Stelle im Bundesvergleich liegen. Wenn wir nun wiederum diese Zahlen betrachten, brauchen wir uns eigentlich nicht mehr zu fragen, warum so viele junge Menschen dieses Land verlassen. Und wenn wir uns dann noch konkreter die Situation der Frauen ansehen, erübrigen sich eigentlich auch die Fragen, warum darunter so viele junge Frauen sind und warum immer mehr Frauen keine Kinder mehr haben wollen.
So darf es nicht bleiben. Wir müssen endlich gesellschaftliche Rahmenbedingungen schaffen, die eine tatsächliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen.
Hier verweise ich ausdrücklich darauf, dass dies kein Frauenproblem bleiben darf, auch Männer müssen stärker in die Pflicht genommen werden, sich an der Familienarbeit zu beteiligen.