Wenn man sehr viele Krippenkinder wie in Gera betreut, ist die Zahl der Entlassungen nur durch diese Maßnahme zu begründen und überhaupt nicht durch erhöhte Kapazitäten. Das ist einfach Unsinn.
Sie gerichtet - sind ein Teil des Trägerkreises für eine bessere Familienpolitik. Wir verstehen uns nicht als Speerspitze, die Ergebnisse des Trägerkreises zur eigenen Selbstdarstellung okkupiert. Nein, wir unterstützen das Volksbegehren. Wir unterstützen es aus gutem Grund, auch wenn unsere Forderungen, die Forderungen der Linkspartei.PDS, weiter gehen. Aber - und Dieter Hausold hat es ausgeführt - das Gesetz legt einem Volksbegehren nun mal enge Fesseln an. Das gültige Familienfördergesetz ist mitnichten kinder- und familienfreundlich. Eine kindbezogene Förderung in den Kindertagesstätten kann den Kindern nicht zugute kommen, wenn die Fördersumme zu gering ist. Das Kind in den Mittelpunkt zu rücken, dies hat der Gesetzentwurf des Volksbegehrens als Grundsatz umgesetzt und eigentlich wollte ich heute hier überhaupt nicht reden, denn wir reden über etwas, was der Öffentlichkeit noch gar nicht zugänglich gemacht worden ist. Das Gesetz in seiner Textform liegt nämlich noch gar nicht vor.
Wir leben in einer hoch entwickelten Gesellschaft, die von nichts anderem lebt als von Wissen, Wissen, das allen Kindern zur Verfügung gestellt werden muss, will man ihre Zukunftschancen nicht von Beginn an verspielen. Kindertagesstätten als Orte frühkindlicher Bildung gewinnen immer weiter an Bedeutung. Deshalb müssen Kindertagesstätten auch für alle zugänglich sein, auch dann, wenn ihre Eltern über wenig Geld verfügen oder wenn sie in einer armen Gemeinde leben. Anstatt die Qualität in den Kindertagesstätten in ganz Thüringen auf ein gleichermaßen hohes Niveau anzuheben, verschärft Ihr Familienfördergesetz die Situation weiter. Für Kinder, die das Pech haben, in einem Ort mit leerer Kasse zu wohnen, gibt es hohe Elterngebühren oder vielleicht gar keine Kindertagesstätte mehr. Ihr Gesetz führt zu weiterer Chancenungleichheit zwischen Kindern aus wohlhabenden und armen Elternhäusern und Kindern aus Kommunen mit etwas mehr oder gar keinem Geld.
Meine Damen und Herren, die Linkspartei.PDS wird sich auch in Zukunft weiter dafür einsetzen, die Kindertagesstätten als Bildungseinrichtungen zu erhalten und auszubauen, die gebührenfrei zugänglich sind.
Wir wollen mehr und besser ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher. Wir streiten weiter für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und damit auch dafür, dass für alle Kinder ein Krippenplatz vorgehalten wird.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann es nur noch einmal wiederholen: Das, was der Trägerkreis bislang vorgelegt hat, ist eine konzeptionell wenig durchdachte Ansammlung von Vorschlägen,
deren finanzielle Folgen kaum abschätzbar erscheinen und deren sachliche Konsequenzen, würden die Vorschläge umgesetzt, weit über den Bereich der Kindertagesstätten hinausgingen. Es ist eine Mischung aus einem Zurück zu dem System der Kindergartenförderung, das Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, selbst noch im letzten Landtagswahlkampf eifrig gescholten haben, und einem Wunschkonzert zusätzlicher Leistungen, deren Finanzierbarkeit Sie nicht einmal durchgerechnet, geschweige denn zu Ende gedacht haben. Seit Wochen liest man auf der Internetseite des Trägerkreises, sein Rohentwurf sei nun fast fertig; ein belastbarer Entwurf eines solchen Änderungsgesetzes fehlt allerdings noch.
Aber, meine Damen und Herren, es geht Ihnen offensichtlich ausschließlich darum, die alten, unkontrolliert wuchernden, finanziell nicht mehr tragbaren Strukturen zu erhalten. Was wir aber benötigen, um für die Zukunft eine qualitätvolle Erziehung unserer Jüngsten sichern zu können, ist ein Denken vom Kinde her, von seinen Bedürfnissen her, von der Notwendigkeit für das Kind die besten Lösungen zu finden, nicht in erster Linie für die Erzieher oder die vorhandenen Strukturen. Diese Lösungen gibt es, diese Lösungen sind vielfältig, sie liegen nicht allein im Kindergarten. Eine Vielfalt von Angeboten ist nötig, zu denen der Kindergarten ebenso zählt wie die Betreuung und Erziehung im Familienkreis. Die Eltern sollen die Möglichkeit haben zu entscheiden und dazu versetzt sie die beschlossene Familienoffensive, das Familienfördergesetz in die Lage. Das Landeserziehungsgeld ist dabei ein wichtiger Baustein. Sie wollen das Landeserziehungsgeld abschaffen und benachteiligen damit die Familie und das verstehen Sie unter Familienförderung.
Sie wollen die „Stiftung FamilienSinn“ abschaffen und schaffen damit, ohne darüber nachzudenken, auch gleich eine dauerhafte solide Finanzierung von Familienbildung, Familienhilfe sowie Familienakademie ab.
(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Weil Sie keine Lösung ha- ben! Wir wollen, dass Familienfreundlich- keit entsteht.)
Sie formulieren wörtlich: „Die Betreuungszeit in Kindertageseinrichtungen und Hort wird werktäglich auf mindestens 10 Stunden festgelegt.“ So steht das in einem dieser Schwerpunkte. Ich frage mich jetzt: Was heißt „werktäglich“? Sie wissen, was werktäglich heißt, ich weiß es, das heißt montags bis samstags. Das ist eine schöne Formulierung. Sie wollen jetzt also samstags die Kindergärten öffnen. Dann fordern Sie eine Betreuungszeit von mindestens 10 Stunden. Ich weiß nicht genau, ob Sie das künftig festlegen wollen, dass Kinder 10 Stunden in den Kindergarten gehen müssen?
Derzeit, meine Damen und Herren, gibt es eine durchschnittliche Betreuungszeit in den Kindergärten für die Kinder, die einen Ganztagsplatz beanspruchen, zwischen acht und achteinhalb Stunden. Das ist die tatsächliche durchschnittliche Betreuungszeit.
Das ist nicht gleichbedeutend - und das wollen Sie immer gern verwechseln - mit den Öffnungszeiten der Einrichtungen. Öffnungszeiten sollen durchaus bedeutend länger vorgehalten werden. Die neun Stunden sind die durchschnittliche Betreuungszeit
pro Kind und Tag und der Personalschlüssel ist auf die tatsächliche Betreuung ausgerichtet. Der Personaleinsatz während der Öffnungszeit wird geregelt von der Einrichtung selbst und bedarfsabhängig. Dafür, dass das möglich ist, ist der Personalschlüssel, wenn man die tatsächliche und die im Gesetz vorgesehene ausfinanzierte Betreuungszeit nimmt, durchaus ausreichend. Zusätzlich wollen Sie, das ist schon gesagt worden, das letzte Kindergartenjahr für die Eltern beitragsfrei stellen und den Rechtsanspruch auf das Alter von einem Jahr herabsenken. Sie sagen nicht, wie diese Maßnahmen bezahlt werden. Die bezifferbaren Kosten durch Ihre Vorschläge betragen allein im Punkt der Änderung der Pauschalleistungen an die Träger 168,3 Mio. €. Alle anderen Dinge sind damit noch nicht abgegolten.
Ihnen geht es, meine Damen und Herren, nicht um Familie, sondern um den kritiklosen Erhalt der Trägerstrukturen. Genau diese Lobby hat sich auch deshalb im Trägerkreis des Volksbegehrens versammelt,
Was Sie wollen, ist ein Kindergartenfinanzierungsgesetz und nicht ein zukunftsfähiges Familienfördergesetz. Herr Matschie, Sie haben sich in Ihrem Interview für das „Freie Wort“ geoutet. Sie wollen das Geld - so wörtlich - „in die Kindergartenstrukturen zurückgeben“. Es geht Ihnen also tatsächlich um Strukturen - nicht um Kinder, nicht um den Menschen.
Die Familienoffensive denkt vom Kinde her. Uns geht es um die bestmögliche Förderung der Kinder, und wie das geschieht, ist zuallererst die Entscheidung der Eltern; ihre Fähigkeiten sind zu stärken, ihre Wahlmöglichkeiten sind zu erhalten. Das ist der Grund, weshalb die Familien, wie es in Artikel 17 unserer Landesverfassung steht, unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Es heißt dort weiter: „Wer in häuslicher Gemeinschaft“ - ich betone, in häuslicher Gemeinschaft - „Kinder erzieht oder für andere sorgt, verdient Förderung und Entlastung.“ Die Verfassung verspricht den Familien Unterstützung für Erziehung in häuslicher Gemeinschaft. Sie wollen sie ihnen wegnehmen.
Meine Damen und Herren, inzwischen zeigt sich landauf, landab, die Finanzierungsprinzipien des Familienfördergesetzes funktionieren sogar und sie sind effektiv. Ich möchte gern zitieren, was der Vorsitzende der Lebenshilfe Gera am letzten Samstag in der OTZ gesagt hat. Er hat gesagt: „In Gera hat die Offenlegung der Zahlen dazu geführt, dass über Nacht 600 Kinder weniger gezählt wurden. Es gibt Kindereinrichtungen, die jetzt fast 40 Kinder weniger angeben. Die Folge sind Entlassungen. Das liegt aber nicht am neuen Gesetz, sondern daran, dass bis an die Grenze hochgerechnet wurde. Die weit über das normale Maß hinausgehende bisherige Finanzierung sollte eigentlich dazu genutzt werden, die Kindereinrichtungen zu sanieren. Dies müsste jetzt eigentlich abgeschlossen sein. Insgesamt ist das alles kein Paradigmenwechsel, sondern der Übergang zur Normalität.“ Und, meine Damen und Herren, das meine ich auch. Lassen Sie also den Versuch einer nicht finanzierbaren Gesetzgebung, sondern gehen wir zur Normalität über. Danke schön.
Ich beende die Aktuelle Stunde. Wir kommen zur Fortführung der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 3. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Hahnemann.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kommen in der Tagesordnung zurück zum Gesetzentwurf zur Novellierung der Thüringer Kommunalordnung. Ich möchte kurz etwas zu den Positionen der Landesregierung zur Mitbestimmung von Bürgerinnen und Bürgern sagen. Unser Gesetzentwurf sah vor, dass zwischen der ersten und zweiten Beratung eines Gesetzes über Gebiets- und Bestandsänderungen von Gemeinden ein Bürgerentscheid stattfinden soll.
Herr Minister Gasser hat in seinem Verriss unseres Gesetzentwurfs gegen den Entwurf zwei schwerwiegende Kritiken erhoben, und da keine Ausschussüberweisung stattfand, müssen wir uns hier mit diesen Kritiken auseinander setzen. Erstens hat Minister Gasser uns Verstoß gegen das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung unterstellt und zweitens Verstoß gegen das Prinzip der Repräsentation. Ich zitiere aus dem Beratungsprotokoll Minister Gasser: „Es ist schon auffallend, wie wenig die Fraktion Die Linkspartei.PDS das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung verstanden hat.“ Und unterbrochen vom Beifall der CDU-Fraktion fährt er fort: „Es geht hier darum, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglich
keit zu geben, auf demokratische Art und Weise ihren engeren Lebenskreis selbst zu gestalten. Damit ist es aber unvereinbar, meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDS, wenn Sie immer wieder versuchen, den Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum einzuschränken.“ Nach dieser belehrenden Einführung in die kommunale Selbstverwaltung hat Herr Minister Gasser einen ganz kurzen Exkurs zum Primat der Repräsentation gegeben. Zitat: „Der Gesetzentwurf schlägt die generelle Verpflichtung zu einem Bürgerentscheid bei Gebiets- und Bestandsänderungen von Gemeinden vor. Dies ist abzulehnen. Sowohl das Grundgesetz als auch die Landesverfassung gehen vom Prinzip der mittelbaren repräsentativen Demokratie aus.“ Und so weiter und so fort bis zum Ende: „Dies habe ich hier im Landtag wiederholt ausgeführt und auch im Innenausschuss mindestens elfundneunzig Mal erklärt.“
In weiteren Ausführungen tut Herr Minister Gasser dann Folgendes: Er bezeichnet einerseits Bevormundung durch den Staat als „unnötig“ und „unangebracht“. Dieses ist ein politisches Urteil und kein Problem. Andererseits - behauptet Minister Gasser aber, Zitat - „verletzt unser Gesetzentwurf dieses grundlegende Prinzip demokratischer Ordnung“ - gemeint ist die Repräsentation. Und dieses ist ein verfassungsrechtliches Urteil. An dieser Stelle sind wir der Auffassung, dass mit Herrn Minister Gasser das politische Urteil durchgegangen ist und er seine Auffassung zum Verfassungsrechtlichen erhoben hat. Die Frage ist doch eigentlich: Ist die Einfügung eines Plebiszits auf kommunaler Ebene bei der Entscheidung des Landtags über eine Gemeindegebiets- oder Bestandsänderung verfassungsrechtlich bedenklich oder gar verfassungswidrig? Dieses behauptet Minister Gasser. Er hätte Recht, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt wären: Erstens, die kommunale Selbstverwaltung wird verletzt, das heißt, die Souveränität der Gemeinden im Gesetzgebungsverfahren würde erheblich eingeschränkt. Oder Zweitens, das Repräsentationsprinzip wird über Gebühr zurückgedrängt, das heißt, die Entscheidung wird ausschließlich direkt und nicht repräsentativ getroffen. Im Übrigen sollte man nicht so tun, als seien Plebiszite die politischen und demokratisch-systematischen Gefährdungen dieser Gesellschaft. Das Volk, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ist und bleibt in dieser Demokratie der Souverän. Allerdings haben wir in der gerade geschlossenen Beratung erlebt, wie hier im Landtag teilweise über das Volk gedacht und geredet wird - und das ist immer wieder bedauerlich.
Bei der Beurteilung der Frage, ob unser Gesetzentwurf tatsächlich verfassungsrechtlich bedenklich wäre, sollte man auch daran denken, dass sich im Grundgesetz und in der Landesverfassung Regelun