Protocol of the Session on November 10, 2005

(Unruhe bei der CDU)

Wir sind dort, wo die Landesregierung Hilfe braucht und sie nicht durch die sie tragende Fraktion bekommt und es sinnvoll ist, dazu bereit, weil es uns um die Sache geht. Das betrifft die steuerlichen Nebenleistungen. Als wir das im Gesetzgebungsverfahren thematisiert hatten, wurde uns Panikmache vorgeworfen. Da wurde uns gesagt, wir schüren schon wieder die Ängste der Bürger und wollen das für unsere politische Zielstellung missbrauchen. Das haben wir zunächst zur Kenntnis genommen und der Innenminister hat gesagt, man kann sich auf sein Wort verlassen. Es wird nicht eintreten, dass Bürger, die unter die Neuregelung des Kommunalabgabengesetzes hinsichtlich der Wasser- und Abwasserbeiträge fallen, dann mit Verwaltungskosten und -gebühren rechnen müssen. Frau Lehmann hat das übrigens in einer der jüngsten Landtagssitzungen im Zusammenhang mit dem Verwaltungskostengesetz auch betont, dass Sie - Sie haben ja für

die Fraktion gesprochen - dafür Gewähr geben. Jetzt haben wir zur Kenntnis genommen - wenn ich mir jetzt sicher bin, war das vor etwa einer Woche bis zehn Tage -, dass der Innenminister hinsichtlich des Verwaltungskostengesetzes das durch Dienstanweisung klargestellt hat, dass für Widerspruchsverfahren, die noch anhängig sind - wenn der Widerspruchsführer seinen Widerspruch wegen Erledigung zurückzieht -, abweichend vom Verwaltungskostengesetz keine Gebühren erhoben werden. Das ist vernünftig, da haben Sie Ihr Wort eingehalten.

Jetzt geht es aber um die steuerlichen Nebenleistungen nach Abgabenordnung. Jetzt sind schon vier Fälle an unsere Fraktion herangetragen worden, wo Aufgabenträger diese steuerlichen Nebenleistungen, also insbesondere Säumniszuschläge, geltend machen. Konkret geht es um solche Fälle, dass Wasserbeiträge bei Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung bzw. Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung noch anhängig waren, nicht gezahlt wurden. Diese Anträge haben sich erledigt, weil der Gesetzgeber geregelt hat, es werden keine Wasserbeiträge mehr erhoben. Die Leute haben noch nicht bezahlt gehabt, müssen nicht mehr bezahlen und bekommen jetzt von den Aufgabenträgern Bescheide über Säumniszuschläge für diesen gesamten Zeitraum der Antragsbearbeitung. Wir haben einige Aufgabenträger, die haben es wirklich geschafft, die Verfahren zwischen vier und fünf Jahren hinzuziehen. Jetzt müssen die Leute keine Wasserbeiträge mehr bezahlen, sollen aber bis zu 48 oder 60 Prozent Säumniszuschläge entrichten. Dass sich dort Unmut äußert, dafür habe ich Verständnis. Es widerspricht der Zielstellung des Gesetzes, denn der Gesetzgeber hat formuliert, dass diese Regelung rückwirkend zur Anwendung kommt. Das Vollziehungs- und Vollstreckungshindernis für die Bescheide wurde rückwirkend eingeführt, so dass alle, die bezahlt haben, auch ihr Geld wiederbekommen. Und nun muss man mal der Öffentlichkeit erklären, ich gehe davon aus, dass das der Innenminister dann hier machen wird, wieso der Gesetzgeber ein Vollstreckungs- und Vollziehungshindernis formuliert - rückwirkend - und jetzt für diesen Zeitraum Säumniszuschläge erhoben werden sollen.

Im Abwasserbereich verhält es sich ähnlich. Dort hat der Gesetzgeber formuliert, Vollziehungs- und Vollstreckungshindernis bis zur Überarbeitung der Satzungen. Jetzt haben die ersten Aufgabenträger ihre Satzung überarbeitet, dafür haben sie nur noch bis Jahresende Zeit, erlassen neue Bescheide, die Bürger bezahlen weniger, müssen weniger bezahlen, die, die noch nicht bezahlt haben, weil noch die Anträge liefen. Aber für den erhöhten Beitrag nach der alten Regelung sollen sie jetzt noch zusätzlich Säumniszuschläge bezahlen. Und das kann natürlich nicht sein, das ist weder das Ziel des Gesetz

gebers gewesen und es war auch nicht das Ziel dieser Landesregierung. Also wir können nur appellieren, insbesondere an die Vertreter der Landesvertretung, aber auch der CDU, weil beide hier aus unserer Kenntnis im Wort stehen. Sie sollten das Vertrauen der Bürger nicht noch weiter dadurch in Mitleidenschaft ziehen, dass Sie hier erneut wortbrüchig werden.

Meine Damen und Herren, eine letzte Anmerkung zu der Regelung Stimmführerschaft in Zweckverbänden. Das ist eine Sache, die hat insbesondere im vergangenen Jahr eine Rolle gespielt, als es um die technischen Konzepte bei den Entsorgungspflichtigen für den Bereich der Abfallwirtschaft ging. Wir haben darüber bei uns in der Linkspartei.PDS heftig diskutiert, weil es zwei Möglichkeiten gibt, die die Gesetzeslage in Thüringen eröffnet. Es war z.B. in der Diskussion, ob es zulässig ist, dass auch einzelne Verbandsräte die Mehrheitsfindung im Rahmen des Stimmführerprinzips dadurch unterlaufen, indem sie die Sitzung verlassen oder überhaupt nicht teilnehmen - als ein Signal, als eine politische Meinungsäußerung. Darüber haben wir heftig diskutiert und im Ergebnis der Diskussion sind wir mehrheitlich zur Entscheidung gekommen, dass aus unserer Sicht aus dem Demokratieprinzip heraus resultierend wir das für den falschen Weg halten und deshalb sagen, die Stimmführer sollen so viel Stimmen haben, wie in der Satzung steht, unabhängig von der Teilnahme der einzelnen Verbandsräte, weil wir sagen, wir akzeptieren ein demokratisches Verfahren. Wir lehnen das Stimmführerprinzip ab, aber das zu lösen, müssen wir das gesamte Gesetz öffnen, darum geht es jetzt nicht. Wir wollen nur einen einheitlichen Rechtsvollzug, weil es kaum hinzunehmen ist, dass selbst innerhalb einer Region diese Regelung völlig unterschiedlich angewendet wird. Das verunsichert alle Beteiligten. Deshalb sagen wir, wir regeln jetzt zunächst den einheitlichen Rechtsvollzug und über die Frage der Stimmführerschaft, wie sinnvoll und demokratisch diese Stimmführerschaft ist, darüber wollen wir zu einem späteren Zeitpunkt diskutieren.

Sie sehen, es gibt viele Dinge, die im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf diskutiert werden können. Wir beantragen deshalb die Fortführung dieser Diskussion in den Ausschüssen. Wir schlagen eine Überweisung an den Innenausschuss, den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten und den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt vor. Federführend sollte der Innenausschuss diesen Gesetzentwurf behandeln. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die Landesregierung zeigt der Innenminister Dr. Gasser seine Wortmeldung an und Herr von der Krone hat auch eine Wortmeldung signalisiert. Herr Minister, möchten Sie dem Abgeordneten das Vorrecht geben?

(Zwischenruf Dr. Gasser, Innenminister: Selbstverständlich.)

Bitte, Herr Abgeordneter von der Krone.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, die Linkspartei.PDS beehrt uns wieder einmal mit Gesetzesänderungen in Form der Drucksache 4/1310.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Das soll bei parlamenta- rischer Arbeit so sein.)

Das ist richtig. Sie schlägt vor, in § 7 Thüringer Kommunalabgabengesetz Änderungen vorzunehmen. § 7 Abs. 1 Thüringer Kommunalabgabengesetz ermächtigt die Gemeinden zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen. Die Straßenausbaubeiträge sind in § 7 Abs. 1 Satz 5 Thüringer Kommunalabgabengesetz gesondert aufgeführt. Frau Präsidentin, ich darf hier zitieren: „Für die Erweiterung und Verbesserung von Ortsstraßen und beschränkt öffentlichen Wegen sollen solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch zu erheben sind.“ Dabei ist zu beachten, dass auch der Straßenausbaubeitrag unter die grundsätzliche Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Kommunalabgabengesetz fällt.

Werte Kolleginnen und Kollegen, die Bindung von Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung an die Grundrechte Artikel 1 Abs. 3 Grundgesetz gilt selbstverständlich auch für das Abgabenrecht. Das im Kommunalabgabenrecht bedeutsamste Grundrecht ist der in Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz und Artikel 2 Absatz 1 Thüringer Verfassung normierte Gleichheitssatz. Dieser steht zwar unterschiedlichen Ortsrechten in den einzelnen Gemeinden nicht entgegen, da er nur innerhalb der Zuständigkeit desselben Normgebers zu beachten ist, dort ist er jedoch von erheblicher Bedeutung. Er betrifft das Verhältnis der Abgabenschuldner untereinander und untersagt, gleichgelagerte Sachverhalte ungleich sowie im Wesentlichen Ungleiches rechtlich zu behandeln. Er verlangt jedoch keine schematische Gleichbehandlung, sondern lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Letztlich verbietet er damit vor allem Willkür.

Werte Kolleginnen und Kollegen, der bayerische Verfassungsgerichtshof hat hierzu in einer Entscheidung zum Beitragsrecht vom 03.11.86 grundsätzlich Folgendes ausgeführt, und ich sage hier „grundsätzlich“. Frau Präsidentin, ich darf zitieren: „Auch im Bereich des Abgabenrechts kommt dem Normgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu, sie endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der Tatbestände, von denen die Höhe eines Beitrags abhängt, nicht mehr mit einer an Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist.“ Das heißt, wenn die Regelung unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit zu einem unerträglichen Ergebnis führen würde, also willkürlich wäre. Hieraus ergibt sich, dass dem Satzungsgeber ein relativ weiter Ermessensspielraum eingeräumt ist. Der Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Normgeber von Differenzierungen absieht, die er vornehmen dürfte. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, zu entscheiden, in welcher Weise dem allgemeinen Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Kurz und gut gesagt, verkomplizieren die Ergänzungen der Linkspartei.PDS das Thüringer Kommunalabgabengesetz und führen zu weiteren Rechtsunsicherheiten.

Werte Kolleginnen und Kollegen, die durch die Linkspartei.PDS vorgeschlagene Veränderung des § 54 Thüringer Kommunalordnung wirft die Frage der Pflicht zur Erhebung solcher Beiträge auf. Gleichgültig, ob das Erhebungsrecht auf einer Kann- oder, wie in Thüringen, auf einer Soll-Bestimmung beruht, ist vor dem Hintergrund des § 54 Abs. 2 Thüringer Kommunalordnung dies zu beantworten. § 54 Abs. 2 Thüringer Kommunalordnung bestimmt, dass sich die Gemeinden die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen vorrangig aus besonderen Entgelten für die von ihnen erbrachten Leistungen zu beschaffen haben. Steuern sind im Rahmen der Systematik des § 54 Thüringer Kommunalordnung allgemeine Deckungsmittel. Die speziellen Deckungsmittel haben Vorrang vor den allgemeinen. Das bedeutet, dass die Gemeinde Entgelte für die von ihr erbrachten Leistungen in vertretbarem gebotenen Umfang erheben muss, bevor sie dazu übergeht, sich allgemeine Deckungsmittel zu verschaffen. Das wiederum bedeutet, dass sie zwar nicht durch unangemessen hohe Entgelte Steuereinnahmen überflüssig macht, aber auch nicht durch zu niedrige Entgelte oder Nulltarife ein Anziehen der gemeindlichen Steuerschraube notwendig machen darf. Der Grundsatz des Vorranges der speziellen Deckungsmittel gilt für alle Tätigkeitsbereiche, die öffentlich-rechtlichen wie die privatrechtlichen. Zu diesem Ergebnis kommt auch das OVG in Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 07.09.1989, in dem u.a. Folgendes ausgeführt wird, und ich muss sagen, das ist ein grundsätzliches Urteil. Frau Präsidentin, ich darf zitieren:

„... dies ist dadurch geschehen, dass die Soll-Vorschriften in eine zwingende Regelung umgewandelt und die Formulierung ‚soweit nicht in Betracht kommt’ durch die unbestimmten Rechtsbegriffe ‚soweit vertretbar und geboten’ ersetzt worden ist. Aus der Konzeption des § 63 Abs. 2 der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung folgt, dass die Wendung ‚soweit vertretbar und geboten’ als Einschränkung zu begreifen ist; denn der Zwang, die Einnahmen aus speziellen Entgelten zu beschaffen, d.h. auszuschöpfen, wird unmissverständlich bereits durch das Wort ‚hat’ zum Ausdruck gebracht. Dementsprechend beinhaltet die Formulierung ‚geboten’ nicht etwa eine Verweisung auf anderweitige, etwa im Kommunalabgabengesetz, angeordnete Pflichten zur Erhebung von Beiträgen und Gebühren - auf diese Pflichten wird schon in § 63 Abs. 1 nordrhein-westfälischer Gemeindeordnung hingewiesen -, sondern hat eine sachliche eigenständige Bedeutung. Vertretbarkeit und Gebotenheit bestimmen Ausmaß und Höhe der Einnahmen, die die Gemeinde im Rahmen ihrer - z.B. nach dem Kommunalabgabengesetz bestehenden - rechtlichen Möglichkeiten zu beschaffen hat. Dies schließt ein, dass bei einzelnen Leistungen die Erhebung von speziellen Entgelten gänzlich unvertretbar bzw. nicht geboten ist und deshalb unter dem in § 63 Abs. 2 der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung allein angesprochenen haushaltswirtschaftlichen Gesichtspunkt der Einnahmebeschaffung unterbleiben kann. Andererseits wird dadurch die Gemeinde nicht von einer aufgrund sonstiger Rechtsvorschriften bestehenden Pflicht zur Abgabenerhebung entbunden.“

Werte Kolleginnen und Kollegen, auch der § 54 Thüringer Kommunalordnung spricht von „vertretbar“ und „geboten“. Die Forderung von speziellen Entgelten ist vertretbar, wenn sozialstaatliche Grundsätze der Forderung nicht entgegenstehen. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass derjenige, der eine Leistung erhält oder eine Einrichtung benutzt, dafür auch eine Gegenleistung erbringen muss. Aus dem Grundsatz der Vorrangigkeit der speziellen Deckungsmittel gegenüber den allgemeinen Deckungsmitteln ergibt sich, dass ihre Forderung auch geboten ist. Mit dem Grundsatz der Vorrangigkeit der speziellen Deckungsmittel will das Gesetz einer unerwünschten Entwicklung entgegentreten, die dahin geht, auf die angemessene Gegenleistung zu verzichten und den Aufwand für die dem Einzelnen besonders zugute kommenden Leistungen aus allgemeinen Deckungsmitteln zu bestreiten.

Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen liegt, gleichgültig, ob das Erhebungsrecht als Soll- oder Kann-Vorschrift ausgestaltet ist, nicht im freien Ermessen der Gemeinden. Für die besonderen Umstände, unter denen eine Gemeinde vom Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung absehen darf,

ist von Folgendem auszugehen:

Es muss sich um eine besondere, durch tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse bedingte Ausnahmesituationen handeln. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang auch die schriftliche Antwort des bayerischen Staatsministers des Innern, zwar aus dem Dezember 1977, auf eine diesbezügliche Landtagsanfrage, in der ausgeführt ist - Frau Präsidentin, ich darf hier zitieren: „Die Gemeinden sind zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen im allgemeinen gehalten. Entschließt sich aber eine Gemeinde nach sorgfältiger Abwägung aller Umstände aus Gründen, die auch in Ansehung der gesetzlichen Wertung vertretbar erscheinen, dazu, Straßenbaumaßnahmen nicht durch Beitragserhebung mitzufinanzieren, so ist das nicht zu beanstanden.“ Hinzuweisen bleibt jedoch darauf, dass im Interesse einer gerechten Bemessung der staatlichen Zuwendungen (Förderung von Straßenbaumaßnahmen) unabhängig davon, ob Straßenausbaubeiträge tatsächlich erhoben werden, bei der Festsetzung der zuwendungsfähigen Kosten stets ein Beitrag in Höhe der nach § 7 Thüringer Kommunalabgabengesetz zulässigen Beiträge abgesetzt wird. Werte Kolleginnen und Kollegen, viele Städte und Gemeinden haben Finanzprobleme und sollten somit alle Möglichkeiten der Finanzbeschaffung, auch die der Beitragserhebung nutzen. Die Beitragserhebung in das Ermessen der Gemeinden zu stellen und dies in einem Gesetz festzulegen, bedeutet höhere Ausgaben für das Land Thüringen. Dieser Gesetzesantrag ist somit abzulehnen und ich fordere und bitte, dass das hohe Haus dies auch tut. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Für die Landesregierung hat sich der Innenminister zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mit dem Thüringer Kommunalrechtsänderungsgesetz greift die Fraktion Die Linkspartei.PDS sechs unterschiedliche Themenbereiche auf, zu denen sie in den vergangenen Wochen bereits eine Reihe von Kleinen Anfragen gestellt hat. Man muss schon den Fleiß Ihrer Wissenschaftlichen Mitarbeiter bewundern, Herr Kuschel, das ist schon ausgezeichnet.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich muss dazu aber noch etwas anderes sagen. Ihre Beiträge, darauf freue ich mich gelegentlich und sie sind ja manchmal auch sehr kurzweilig, das muss

man zugeben. Heute haben Sie allerdings wieder mal so ziemlich alles durcheinander geworfen und jetzt komme ich zu den Wissenschaftlichen Mitarbeitern zurück. Entweder haben Sie es ihnen nicht richtig vermitteln können oder aber, das ist die andere Alternative, Sie wollten bewusst hier Nebelgranaten werfen, indem Sie mit Säumniszuschlägen, mit Widerspruchsgebühren, auf die wir verzichtet haben durch meine Anweisung, eigentlich alles mit Müll- und Abfallgebühren etc., indem Sie alles miteinander vermischen, hantieren. Ich finde das nicht so besonders gut. Aber Herr Abgeordneter Höhn hat Sie an einer Stelle hier eben gerade schon erwischt. Wenn man sich die Beantwortung der Kleinen Anfrage vom 03.11.2005 in der Drucksache 4/1327 anschaut, da ist der Ilm-Kreis aufgeführt, und zwar als einziger, der das offenbar sehr grob macht, nur nach Personen, Pauschalgebühr nach der Anzahl der Personen als Jahresgebühr. Da ist das, was Sie meinten, Sozialstaffel, das ist oben in der Spalte aufgeführt, Regelung zu sozialer Staffelung. Aber der Landkreis Hildburghausen macht das etwas anders und das dürfen Sie nicht miteinander vergleichen. Hier steht Pauschalgebühr aus Grundgebührenanteil nach der Anzahl der Personen und Gefäßgebührenanteil nach Behältervolumen und Abfuhrhäufigkeit. Das sind zwei Paar Schuhe. Dort, wo das ebenfalls bejaht wurde, nämlich bezüglich des Unstrut-Hainich-Kreises, ist es auch anders. Hier ist zwar ein soziales Element drin, das aber zulässig ist. Das haben wir auch beantwortet in dieser Drucksache, und zwar zu Frage 3. Nach der Auffassung des Landesverwaltungsamts liegt eine degressive Gebührenstaffelung im Bereich der Abfallentsorgung dann vor, wenn mit ansteigender Abfallmenge bzw. zunehmender Abfallbehältergröße die Abfallgebühren verhältnismäßig geringer werden. Eine solche Degression ist dann zulässig, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger anhand einer Gebührenkalkulation nachweist, dass die Ursache der Degression darin zu sehen ist, dass die durch die Abfallentsorgung entstehenden Kosten mit zunehmender Abfallmenge geringer werden.

Was Sie im Ilm-Kreis machen, ist im Grunde genommen eine sehr grobe Erhebung der Abfallgebühren, deswegen ist schon beanstandet worden. Es kann jedenfalls so keinen Bestand haben.

Sie haben uns widersprüchliche Rechtsanwendungen vorgeworfen - das stimmt nicht. Das ist in jedem Einzelfall - und wenn Sie die Kleinen Anfragen zur Hand nehmen - begründet und Sie können das vergleichen und dann werden Sie merken, dass dies ein Gesamtsystem ist, was möglicherweise von Ihnen noch nicht so richtig durchschaut worden ist.

Zur Sache: Der Entwurf bezieht sich auf die Bereiche Straßenausbaubeiträge, Abfallgebühren, Infor

mationspflichten nach dem Kommunalabgabengesetz, steuerliche Nebenleistungen im kommunalen Abgabenrecht, die Einrichtung von Verbraucherbeiräten und Bestimmungen zur Stimmführerschaft nach dem Thüringer Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit. Eine Bewertung des Gesetzentwurfs im Detail zeigt, dass die Fraktion Die Linkspartei.PDS die Grundsätze unserer Verfassung einfach nicht zur Kenntnis nimmt. Sie kann ihren Gesetzentwurf weder ausreichend begründen, noch gibt sie Antworten zur Frage der Finanzierung ihrer Vorschläge.

Kurz skizziert lassen sich die einzelnen Themenbereiche des Gesetzentwurfs zunächst in Vorschlägen, die sich auf die Straßenausbaubeiträge beziehen, wie folgt darstellen: Die Fraktion Die Linkspartei.PDS möchte die in § 7 Thüringer Kommunalabgabengesetz verankerte Verpflichtung, Investitionen im Bereich des Straßenausbaus durch Beiträge zu refinanzieren, insofern lockern, als es den Kommunen, deren dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit nachgewiesen ist, überlassen bleiben soll, ob sie diese erheben.

Meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDS, Sie kennen doch die finanzielle Situation der Thüringer Kommunen ganz genau. Nur die Finanzstärksten würden tatsächlich in der Lage sein, auf Straßenausbaubeiträge verzichten zu können. Die Bürgerinnen und Bürger in allen anderen Kommunen müssten diese aber bezahlen, obwohl sie von ihren Straßen auch nicht mehr Vorteile haben als diejenigen in finanzstarken Städten und Gemeinden. Der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit gebietet es jedoch, dass demjenigen die Kosten auferlegt werden, in dessen Interesse kommunale Leistungen veranlasst wurden. Außerdem kann heute niemand voraussagen, wie sich die finanzielle Situation jeder einzelnen Gemeinde über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren, der Laufzeit von Kommunalkrediten, entwickeln wird. Würde eine Kommune, die ihre Aufgaben heute aus eigener Finanzkraft erfüllen kann und daher auf die Erhebung von Beiträgen verzichtet, in der Zukunft Schlüsselzuweisungen erhalten, ginge der Beitragsverzicht, den sie irgendwann mal beschlossen hat, zulasten der gesamten kommunalen Gemeinschaft und wahrscheinlich auch zulasten des Freistaats Thüringen. Dies kann bei näherem Hinsehen ja wohl nicht gerecht sein.

Nun zu den Vorschlägen im Bereich der Abfallgebühren: Die Fraktion Die Linkspartei.PDS fordert hier die Einführung von Anreizen zur Müllvermeidung sowie eine Bemessung nach dem Verursacherprinzip. Hier wird übersehen, dass gemäß § 4 Abs. 4 Thüringer Abfallwirtschaftsgesetz bereits jetzt bei der Bemessung der Abfallgebühren Anreize zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen zu schaffen sind. Auch fordern die geltenden Grundsätze des kom

munalen Abgabenrechts eine verursachergerechte Gebühr. Eine Staffelung der Gebühren nach sozialen Gesichtspunkten, wie es der Fraktion Die Linkspartei.PDS vorschwebt, steht das aus Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz resultierende Gebot der Abgabengerechtigkeit entgegen. Selbstverständlich ist damit nicht ausgeschlossen, dass in einzelnen Härtefällen eine Billigkeitsentscheidung getroffen werden kann, und die Wege, wie es andere Landkreise machen und wie es möglich ist, habe ich Ihnen hier in der Beantwortung der angeführten Drucksache aufgezeigt. Soweit die Fraktion der Linkspartei.PDS Informationspflichten auch für den Bereich der Abfallentsorgung einführen möchte, darf ich Sie auf die Regelung in § 13 Sätze 4 und 5 Thüringer Kommunalabgabengesetz hinweisen. Diese Bestimmungen beziehen sich auch auf die Einrichtungen der Abfallentsorgung, dort ist genau dies bereits geschehen. Der Gedanke, die Errichtung von Verbraucherbeiräten zwingend vorzusehen, ist nicht neu. Die Fraktion der PDS hat diese Forderung bereits mit dem Thüringer Kommunalabgabenentlastungsgesetz vom 5. September 2000 erhoben. Heute wie damals fehlt es an einem sachlichen Grund, der eine solche zwingende Einrichtung rechtfertigen könnte. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber gerade auch im Hinblick auf die kommunale Selbstverantwortung für eine Kann-Bestimmung entschieden, damit sich die Aufgabenträger an den tatsächlichen Bedürfnissen vor Ort orientieren können.

Nun zu Ihrem Vorschlag, in bestimmten Fällen auf steuerliche Nebenleistungen, insbesondere auf Säumniszuschläge zu verzichten. Dieser ist gesetzestechnisch unbrauchbar, widerspricht den Grundsätzen der Gleichbehandlung und lässt die Kostenfolgen unberücksichtigt. Ich darf davon ausgehen, dass Sie nicht die Regelungen des § 15 Abs. 2 Ziffer 5 b ausschließen wollen, da es diese Vorschrift nicht gibt; vielmehr meinen Sie wohl die Regelung in Absatz 1. Der Vorschlag der Fraktion der Linkspartei.PDS hätte folgende Konsequenzen: Sofern ein Bürger gegen einen Bescheid Klage erhoben hat und in der Sache obsiegt, soll er künftig keine Prozesszinsen mehr erhalten können. Wenn künftig keine Hinterziehungszinsen mehr erhoben werden dürfen, werden all diejenigen privilegiert, die rechtwidrig Abgaben hinterzogen haben, also eine strafbare Handlung begangen haben. Das Verwaltungsprozessrecht sieht vor, dass Widersprüche und Klagen gegen einen Beitrags- oder Gebührenbescheid keine aufschiebende Wirkung entfalten. Das heißt, dass der Abgabepflichtige aufgrund des Bescheids zunächst einmal bezahlen muss. Damit wird sichergestellt, dass die Finanzierung notwendiger öffentlicher Aufgaben nicht gefährdet wird. Sofern sich in der Vergangenheit ein Bürger hier rechtswidrig verhalten und nicht gezahlt hat, soll auch er nach dem Vorschlag der Linkspartei.PDS privilegiert sein, da er keine

Säumniszinsen bezahlen muss.

Die Linkspartei.PDS argumentiert damit, dass z.B. Wasserbeiträge zurückbezahlt werden und der Bürger damit im Nachhinein „Recht bekommt“. Der Bürger, der sich an Recht und Gesetz gehalten und bezahlt hat, ist nach diesen Vorstellungen schlicht und ergreifend der Dumme. Ich halte dies, ebenso wie es bereits gesagt wurde, für reinen Populismus. Schließlich bleibt der Gesetzentwurf die Antwort schuldig, wie diese Einnahmenausfälle bei den Aufgabenträgern, die die fehlenden Beiträge irgendwie ausgleichen mussten, finanziert werden sollen.

Abschließend nun zum Vorschlag bezüglich der Stimmführerschaft nach dem Thüringer Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit. Entgegen der Begründung will die Fraktion der Linkspartei.PDS die bestehende Rechtslage in § 28 Abs. 1 nicht lediglich klarstellen, sondern ändern. Denn dort findet sich unter anderem zwar die Regelung zur Stimmabgabe, die Linkspartei.PDS möchte aber darüber hinaus auch eine Vertretungsregelung aufnehmen, die sich im jetzigen Absatz 3 befindet. Hierfür besteht nach Auffassung der Landesregierung keinerlei Anlass. Die Bestimmung des § 28 Abs. 1 ist ausreichend klar gefasst und ermöglicht nach den mir vorliegenden Erkenntnissen eine praktikable Anwendung. Eine Begründung, warum eine Regelung geschaffen werden soll, nach der die Stimmen von Verbandsräten, die nicht an der Verbandsversammlung teilnehmen, durch den so genannten Stimmführer abgegeben werden sollten, bleibt die Fraktion der Linkspartei.PDS schuldig. Aus den genannten Gründen empfiehlt die Landesregierung dem Landtag, den Gesetzentwurf der Fraktion Die Linkspartei.PDS insgesamt abzulehnen.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen für diese Aussprache vor. Es sind Ausschussüberweisungen beantragt worden, und zwar als Erstes ist beantragt worden, den Antrag an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Die Minister brauchen sich gar nicht so beeilen. Es sitzen genügend CDU-Abgeordnete in den Bänken.

Wer der Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Es ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Das

ist nicht der Fall.

Und es ist beantragt worden, an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt keine. Damit ist diese Ausschussüberweisung

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Doch, eine.)

Aha, 1 Stimmenthaltung. Das verändert allerdings insgesamt die Entscheidung nicht, dass keine Ausschussüberweisung erfolgt. Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 7.

Ich soll Ihnen, bevor Sie alle zur Mittagspause eilen, sagen, dass die Fraktionen übereingekommen sind, den Tagesordnungspunkt 15 „Wahl eines Mitglieds der PKK“ nach der Aktuellen Stunde aufzurufen, und zwar gegen 16.00 Uhr. Wir haben jetzt eine Mittagspause und setzen fort um 14.00 Uhr.

Wir fahren mit der Landtagssitzung fort. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16

Fragestunde