Protocol of the Session on November 10, 2005

(Zwischenruf aus dem Hause: Oh!)

Ja, doch. Ich glaube schon, dass das ganz wichtig ist. Die vorgeschlagene Änderung des § 54 Abs. 2 ThürKO in Verbindung mit § 7 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes, darüber muss man sprechen, ob das ausreichend ist, aber vom Grundsatz her, wenn man die Änderungen im Kommunalabgabengesetz sieht, ist das durchaus eine richtige Richtung. Aber auch das möchte ich einwenden, da stimme ich Ihnen zu, Frau Stauche: Dass die kommunale finanzielle Leistungsfähigkeit am Ende nur die freie Finanzspitze sein soll, das ist, denke ich, zu kurz gegriffen. Wenn jemand, da sind wir der Meinung, frei entscheiden soll, ob er Beiträge erhebt oder nicht, ob es im Wasser, im Abwasser oder auch im Straßenausbau ist, dann muss man natürlich ein Stück weit weiter schauen, man muss schauen, ob andere Bereiche vernachlässigt werden. Das in eine gesetzliche Form zu gießen, denke ich, macht ein bisschen mehr Aufwand, deswegen auch eine Diskussion darüber.

Wir stimmen auch den verpflichtenden Regelungen zu Verbraucherbeiräten zu. Es gibt eben leider nicht nur die guten Beispiele. Frau Stauche hat sie richtigerweise erwähnt. Die sind auch die sinnvolleren Regelungen, wenn man sich freiwillig darauf einigt. Es gibt eben auch in einigen Bereichen eine ablehnende Haltung zu Verbraucherbeiräten. Man kann dort an der Stelle auch eine Zusammenarbeit am Ende, wenn man sie verpflichtet, nicht zu 100 Prozent erzwingen, aber es ist zumindest ein Weg, einen Anfang zu machen. Für schwieriger halten wir die Beurteilung der Änderung des § 28 Thüringer Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit. Da geht es ja um die Stimmführerschaft, das heißt,

wenn ein Verbandsmitglied abstimmt, dass dann alle Stimmen, die das Mitglied in der Verbandsversammlung hat, zählen. An der Stelle wünsche ich mir eine erweiterte Diskussion. Ich habe schon erlebt, dass der Stimmführer gefehlt hat, und das, obwohl der mindestens drei Stellevertreter hatte. Es gab keinen Stimmführer und wenn wir über diese Thematik reden, müssen wir darüber reden, ob nicht auch ein anderes Mitglied für dieses Mitglied der Verbandsversammlung dazu sprechen, die Stimme abgeben darf. Wir müssen dabei auch diskutieren - das, denke ich, sollten wir auch relativ unemotional, sondern sachlich tun -, was passiert, wenn sich Verbandsräte vor der Verantwortung drücken, indem sie nicht mehr da sind. Wir wissen auch - ich persönlich war, wie gesagt, im Zweckverband Restabfall, Herr Schugens und Herr Dr. Schubert, die sitzen auch mit dabei, die können das auch ein Stück weit mit nachverfolgen -, es ist schwer, dass viele dieser schwierigen Thematik schon folgen und zumindest der Verdacht liegt nahe, dass sich der eine oder andere dann auch aus der Verantwortung stehlen will.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich denke, das sollten wir in diesem Zusammenhang noch einmal diskutieren.

Bei der Frage § 12 Thüringer Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit gibt es zum Thema Abfallentsorgung ja schon die Regelung in verschiedenen Gesetzen, dass Abfall vermieden werden soll. Das ist schon festgeschrieben, es wäre jetzt noch einmal zusätzlich und erweiternd in der Kommunalordnung, ob es da unbedingt stehen muss, das, denke ich, ist nicht unbedingt so.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Aber viele Verbände machen das.)

Viele Verbände machen das schon, ich bin ja gerade dabei. Viele Verbände - ich nehme einmal das Wort von Frau Becker auf - haben schon die Abfallvermeidung auch mit der Variante Grundgebühr pro Person und der Möglichkeit, nur geringe Pflichtbehälter zu bezahlen. Sie haben die Möglichkeit eröffnet, dass man darüber hinaus als Bürger nicht dazukaufen muss, sondern dass ich alles, was über die Pflichtgebühr geht und über die Pflichtbehälter, dass ich da schon Müll vermeiden kann, dass ich da trennen kann. Ich habe auch in meiner Eigenschaft noch als Sozialdezernentin und stellvertretende Landrätin oft mit Leuten gesprochen, wie viel Müll vermeidbar ist. Ich sage einmal ganz ehrlich, aller Müll ist nicht vermeidbar, das ist einfach eine Mär. Die Leute, die mir erzählt haben, sie haben gar keinen Müll, keinen Restmüll der anfällt, da haben wir die Taschen zugehalten, weil das an der Stelle nicht so ist. Deswegen müssen wir darüber einfach sprechen, ob

es sinnvoll ist, diese Regelung so zu formulieren, oder, wenn man tatsächlich die Müllvermeidung in das Gesetz bringen will, dass man das noch ein Stück weit anders regelt. Deswegen sind wir dafür, dass wir das im Ausschuss behandeln und auch, wenn das gewünscht ist, im Innenausschuss diskutieren. Danke schön.

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich der Abgeordnete Kuschel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Landes- und Kommunalpolitik haben auch deshalb oftmals ein Akzeptanzproblem, weil viele gesetzliche Regelungen unklar und widersprüchlich formuliert sind. Das hat unterschiedliche Anwendungen und Auslegungen zur Folge, und dies oftmals in einem Maße, dass Bürger das Gefühl haben, manche Entscheidungen werden nicht sachgerecht, sondern vielmehr willkürlich getroffen. Kommunale Selbstverwaltung lebt - unstrittig - auch von einem unterschiedlichen Rechtsvollzug. Dem ist nicht zu widersprechen, solange dabei ein nachvollziehbarer Rahmen nicht überschritten wird. Wird jedoch dieser Rahmen im erheblichen Maße verlassen, sind Unmut und auch Unverständnis die logische Konsequenz.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf haben wir einige der so genannten Vollzugsprobleme bei der Anwendung von Landes- und Kommunalrecht aufgegriffen und wollen hier durch Klarstellung widersprüchliche Rechtsanwendungen zumindest einschränken. Wir werden Sie nicht vollständig ausschließen können, aber zumindest einschränken. Zu einer solchen Zielstellung - und da verweise ich auf mehrere Debatten sowohl hier im Plenum als auch in den Ausschüssen - bekennen sich im Übrigen auch einige CDU-Landespolitiker und - noch viel entscheidender - viele CDU-Kommunalpolitiker.

Meine Damen und Herren, für die Bürger wird das Leben insgesamt immer kostenintensiver. Gegenwärtig steigen die Preise für Energie, Wasser, Abwasser, Abfall. Dies trifft im Übrigen auch auf die Wirtschaft zu, wo doch die Parteien nicht müde werden, hier ständige Entlastungen zu propagieren. Nun droht die Gefahr, dass auch bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zusätzliche Belastungen entstehen. Seit Jahren wird der Streit geführt, ob die Gemeinden in Thüringen verpflichtet sind, Straßenausbaubeiträge zu erheben, und welche Voraussetzungen dafür vorliegen müssen. Die Landesregierung hat immer wieder auf diese Pflicht der Gemeinden verwiesen, und zwar völlig unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit, und hat dabei auf

die Einnahmegrundsätze, so wie sie in der Thüringer Kommunalordnung festgeschrieben sind, verwiesen. Die kommunale Praxis sieht aber völlig anders aus und das ist für uns Ansatzpunkt. Im Ergebnis einer Anfrage, die Sie zwar noch mal nacharbeiten müssen, so hat mich Ihr Pressesprecher erstaunlicherweise an einem Freitag, 17.00 Uhr angerufen - im Regelfall gelingt mir das sonst nicht, Freitag Nachmittag noch jemanden in den Ministerien zu erreichen, aber offenbar war es sehr dringend. Man hat gesagt, die Liste muss noch mal überarbeitet werden.

(Zwischenruf Dr. Gasser, Innenminister: Ein fleißiger junger Mann.)

Ja, das ist erstaunlich, das erkenne ich wohlwollend an.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Auch wenn diese Liste nicht ganz exakt ist und Sie gebeten haben, dort noch mal ein wenig Zurückhaltung zu üben, weil das eine oder andere sich noch mal ändern kann, in der Tendenz wird sie stimmen, und danach haben rund 300 Gemeinden in Thüringen, also rund 30 Prozent oder ein Drittel, gegenwärtig keine Straßenausbaubeitragssatzung. Eine weitere wahrnehmbare Anzahl von Gemeinden hat zwar eine Satzung, erhebt aber keine Beiträge. Wenn es jetzt tatsächlich eine Pflicht wäre, dass alle Gemeinden Straßenausbaubeiträge erheben müssten, und diese Pflicht ist seit August 1991 im Kommunalabgabengesetz verankert, müssten Sie sich als Innenminister, Herr Dr. Gasser, natürlich fragen lassen, weshalb seit 15 Jahren dies nicht in der kommunalen Praxis umgesetzt wird. Wir haben aber eine andere Erklärung. Sie orientieren sich sehr stark an der kommunalen Praxis, das begrüßen wir, und deshalb akzeptieren Sie, dass offenbar die Regelung sowohl im Kommunalabgabengesetz als auch in der Thüringer Kommunalordnung den Gemeinden eben ein Ermessen eröffnet. Dieses Ermessen besteht darin, dass sie in Abhängigkeit von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit entscheiden können, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben oder nicht. Wir wollen, dass dieses Ermessen bestehen bleibt. Anlass ist dieses Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 31. Mai dieses Jahres. Dort hat das Oberverwaltungsgericht aus unserer Sicht die Regelungen sowohl in der Kommunalordnung als auch im Kommunalabgabengesetz sehr eng ausgelegt und hat formuliert: Unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit muss die Gemeinde Straßenausbaubeiträge erheben, nicht weil das irgendwie verfassungsmäßig oder durch höherrangiges Recht geregelt ist, sondern weil in § 54 der Thüringer Kommunalordnung die Einnahmegrundsätze so durch den Gesetzgeber vorgegeben sind. Also, das Gericht hat

nur die Gesetzeslage interpretiert, hat nicht gesagt, dass es unveränderlich ist. Deshalb glauben wir, müssen wir dort ansetzen oder, Herr Dr. Gasser, Sie müssen hier beantworten, weshalb die kommunale Praxis vollkommen von dem abweicht, was auch hier Frau Stauche dargelegt hat. Sie haben ja einen Fachvortrag aus der Praxis gehalten. Ich finde das immer richtig gut, dass hier vom Rednerpult nicht nur Menschen reden, die Landespolitik sehr abstrakt machen, sondern die aus der kommunalen Praxis kommen. Aber ich hätte mir gewünscht, dass Sie dann erklären, weshalb 300 Gemeinden gegenwärtig noch gar keine Satzung haben.

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Das kann ich Ihnen erklären.)

Da können Sie ja dann noch mal ans Rednerpult kommen, aber Sie haben sich eben bedauerlicherweise darauf beschränkt zu formulieren, unser Gesetzentwurf ist nur populistisch und nicht zu Ende gedacht. Der Vorwurf richtet sich aber dann auch an die vielen CDU-Kommunalpolitiker, die uns anrufen und sagen, sie begrüßen ausdrücklich diese Gesetzesinitiative, weil zwischenzeitlich die Kommunalaufsichten im Verweis auf dieses Urteil des OVG darauf drängen, dass Gemeinden Straßenausbaubeitragssatzungen erlassen, und das rückwirkend bis zum Jahre 1991. Und da kommen wir zu einem weiteren Rechtsproblem: Wir halten es für abenteuerlich, aus Verfassungsgrundsätzen, z.B. dem Rückwirkungsverbot, dass jetzt der Staat, in dem Fall die Kommunen, in einen abgeschlossenen Tatbestand eingreift, nämlich den grundhaften Ausbau von Straßen, der vielleicht schon zehn und mehr Jahre zurückliegt. Welcher Bürger soll dann noch Vertrauen in staatliches Handeln haben? Gerade dieses Rückwirkungsverbot ist für uns auch Anlass, zu sagen, so geht es nicht. Das OVG hat sogar entschieden, wenn eine Gemeinde wiederkehrende Beiträge erheben will, da die nicht rückwirkend erhoben werden können, muss eine Satzung vorgeschaltet werden für einmalige Beiträge. Das, glauben wir, darf in Thüringen nicht kommunale Praxis werden.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die Straßenausbaubeiträge sind aus unserer Sicht schon lange nicht mehr zeitgemäß. Das haben wir oftmals betont, sie entstammen aus dem 19. Jahrhundert, dem preußischen Kommunalrecht entlehnt, sie sind eine deutsche Besonderheit, das muss erst mal nichts Negatives sein, aber es darf auch darauf verwiesen werden, dass wir in einem zunehmend zusammenwachsenden Europa auch bestrebt sein sollten, die Rechtssysteme zu harmonisieren. In vier Bundesländern gibt es zurzeit keine Straßenausbaubeiträge, das sind die drei Stadtstaaten, plus Baden-Württemberg. Es ist alles offenbar doch gestalt

Uns geht es aber heute nicht darum, eine Debatte zu führen, ob Straßenausbaubeiträge oder nicht - das werden wir zu einem späteren Zeitpunkt sicherlich machen, weil alles andere würde Sie auch enttäuschen, Herr Innenminister -, sondern heute geht es nur darum, wir wollen die gegenwärtige kommunale Praxis in diesem Bereich gesichert sehen und nicht, dass jetzt die Kommunalaufsichten ein Urteil des OVG zum Anlass nehmen, um in Thüringen ein neues Problem hervorzurufen, dass in 300 Gemeinden Straßenausbaubeiträge bis zum Jahr 1991 rückwirkend erhoben werden müssten.

Meine Damen und Herren, es gibt neue Anforderungen an die Abfallbehandlung. Im Ergebnis müssen die Thüringer Bürger mit Kostensteigerungen von 15 bis 35 Prozent rechnen. Das ist weniger als vor einigen Jahren noch prognostiziert wurde. Wir haben in Thüringen völlig unterschiedliche Gebührensysteme im Bereich der Abfallwirtschaft. Die meisten Aufgabenträger, also die öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflichtigen, haben zwischenzeitlich in ihren Gebührensystemen Anreize zur Müllvermeidung geschaffen, aber es gibt eben noch einige Aufgabenträger, die nach wie vor pauschale Gebühren erheben und damit jeden Anreiz zur Vermeidung ausschließen. Wir wollen, ähnlich wie im Wasser- und Abwasserbereich, wo es im Kommunalabgabengesetz eine Zielstellung gibt, dort steht in § 12: „Die Gebührensysteme beim Wasser und Abwasser haben dem sparsamen und schonenden Umgang mit Wasser zu dienen.“ Eine ähnliche Regelung als Zielstellung wollen wir auch für den Bereich der Abfallwirtschaft und sagen: Wir wollen Anreize für die Müllvermeidung. Wir wissen, es gibt kein Gebührensystem, das tatsächlich alle Belange abdeckt, aber wir wollen Anreize. Da können wir uns natürlich ein ausgewogenes Verhältnis von Grund- und Leistungsgebühr vorstellen, das ist selbstverständlich, weil natürlich auch die Entsorgungspflichtigen allgemeine Leistungen z.B. im Bereich der Abfallvermeidung, Beratung usw. erbringen.

Jetzt sagen einige Kritiker, wenn Müllgebührensysteme verursachergerecht ausgerichtet werden und es Anreize zur Vermeidung gibt, erhöht das die Gefahr der illegalen Müllentsorgung, dann werden unsere Wälder vermüllt usw. Ich halte eine solche Diskussion für sehr bedenklich, denn wenn der Rechtsstaat davon ausgeht, dass auf eine Regelung verzichtet wird, weil ich den Leuten unterstelle, sie würden sie nicht einhalten, dann müssten wir jetzt mal eine Diskussion zur Straßenverkehrsordnung führen, ob es dann sinnvoll ist, in die Straßenverkehrsverordnung hineinzuschreiben, innerhalb von Ortschaften darf ich nur 50 km/h fahren, weil die Regelung würde dann auch keinen Sinn machen, weil wir uns

im klaren sind, die meisten halten sich sowieso nicht dran. Insgesamt ist ein solcher Diskussionsansatz aus meiner Sicht nicht zielführend. Wer Müll illegal entsorgt, begeht entweder eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat. Und das muss verfolgt werden. Die Erfahrungen von einzelnen öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflichtigen mit dieser Umstellung der Gebührensysteme auf Mengen mit Anreizen haben eigentlich gezeigt, dass es im Umstellungszeitraum mal Probleme geben kann, aber nach relativ kurzer Zeit doch nicht damit zu rechnen ist, dass mehr Leute illegale Müllentsorgungen vornehmen. Es gibt illegale Müllentsorgungen, das ist unbestritten, aber die sind im Bereich der Wirtschaft vielleicht viel intensiver als im Bereich der Bürger.

Herr Abgeordneter Kuschel, darf Ihnen Frau Abgeordnete Taubert eine Frage stellen?

Selbstverständlich, nachdem Frau Taubert so wohlwollend unseren Gesetzentwurf hier bewertet hat.

Bitte, Frau Taubert.

Herr Kuschel, Sie stimmen mir doch sicherlich zu, bei der Geschwindigkeitskontrolle, da steht vorn auf meinem Auto eine Nummer drauf, die ist registriert und ich bekomme einen schönen Brief. Bei dem wilden Müll ist es eben nicht so. Da ist es nur ein Dummer, der seinen Briefumschlag mit drauflegt und sagt: „Da könnt ihr mich auch erwischen“. Das ist, denke ich, qualitativ der Unterschied zwischen der wilden Müllentsorgung und anderen von Ihnen gebrachten Beispielen.

Also Frau Taubert, ich stimme Ihnen zu, jeder Vergleich hinkt. Aber die Frage ist ja, das Nummernschild beim Fahrzeug würde auch nicht viel nützen, wenn nicht der Staat sagt, wir kontrollieren die Sache einfach. Das war mein Appell. Ich sage natürlich, man muss eine staatliche Regelung - egal ob als Verordnung, als Ordnungswidrigkeitstatbestand oder als Straftatbestand - natürlich kontrollieren. Wenn ich sie nicht bewehre, dann brauche ich mich nicht zu wundern, dass sich keiner daran hält.

Meine Damen und Herren, es gab hier eine Diskussion - Frau Stauche hat darauf verwiesen - unsere Forderung, bei dem Müllgebührensystem auch

eine soziale Komponente einzuführen, würde gegen den Äquivalenzgrundsatz verstoßen, gegen den Gleichheitsgrundsatz. Also Sie haben gleich wieder ganz starke Geschütze aufgefahren. Verfassungsgrundsätze, das würde ich mir in anderen Bereichen auch einmal wünschen, dass Sie Verfassungsgrundsätze Ihrem Handeln zugrunde legen. Aber ich will mich damit auseinander setzen. Zum Teil gibt es diese soziale Komponente bei den Müllgebühren seit 15 Jahren. Ich bin Mitglied des Kreistags im Ilm-Kreis. Mein Fraktionsvorsitzender hat formuliert, er beschäftigt sich seit 15 Jahren mit Müll, das konnte missverstanden werden, also es gibt auch noch andere Themen. Aber es ist ein Dauerthema, die Müllgebühren in einem Kreistag, das ist so. Wir haben seit Jahren eine Regelung, dass bei Familien mit drei und mehr Kindern das dritte und jedes weitere Kind von der Müllgebühr befreit ist. Wir haben eine pauschale Gebühr. Bei uns zahlt jeder Bürger zurzeit 63 €, künftig sollen es 72 € sein. Da gibt es nur begrenzt Anreize zur Vermeidung von Müll,

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Das ist verkehrt.)

da kann ich das Behältervolumen reduzieren und, und, und. Jetzt kommt das Landesverwaltungsamt, also die obere Kommunalaufsicht, und sagt, also was ihr dort macht, ist verfassungswidrig. Frau Stauche sagte Verfassungsgrundsätze, das heißt ja, wir handeln seit 15 Jahren verfassungswidrig. Wenn ich mal den Ilm-Kreis benenne, den gibt es seit 1994, also seit 10 Jahren, aber im Altkreis Arnstadt war das vorher auch so geregelt, also verfassungswidrig und da habe ich Probleme. Im Ilm-Kreis sind 420 Haushalte davon betroffen, so viele Familien mit drei und mehr Kindern gibt es bedauerlicherweise nicht mehr und ist auch zukünftig nicht zu erwarten. Das ist ein Müllgebührenaufkommen, das beträgt ganze 36.000 € bei einem Gesamtgebührenhaushalt von 9 Mio. €. Das ist ein Promille-Betrag und für die betroffenen Familien wichtig, weil das die Kosten des Wohnens beeinflusst. Insgesamt aus meiner Sicht unterhalb jeder Bagatellisierungsgrenze. Komischerweise im Abwasserbereich, um auch darauf noch einmal zurückzukommen, haben oberste Gerichte entschieden, dass z.B. die unterschiedliche Inanspruchnahme einer Einrichtung durch häusliches Abwasser und Oberflächenwasser erst dann zu berücksichtigen ist, wenn die Abweichung mindestens 12 Prozent beträgt. 12 Prozent der Gebührenpflichtigen können eine unterschiedliche Inanspruchnahme vornehmen und es muss trotzdem nicht unterschieden werden, erst wenn die 12-Prozent-Grenze überschritten wird. Hier haben wir eine Promillegrenze, die zur Debatte steht. Dort schreitet jetzt ausgerechnet die Landesregierung über die Kommunalaufsicht derart massiv ein. Hinzu kommt, dass das eigentlich gar keine Sozialkklausel ist, weil wissen

schaftlich nachgewiesen ist, dass bei Mehrpersonenhaushalten das Müllaufkommen nicht linear steigt, sondern degressiv. Das heißt, vier Personen in einem Haushalt produzieren „weniger Müll“ als vier Einpersonenhaushalte. Insbesondere hätte man deshalb durch Innovation - das ist ja ein Begriff, der in manchen Kommunalaufsichten überhaupt keine Rolle spielt - und Kreativität eine solche Regelung gelten lassen können. Jetzt sagen wir, wir wollen als Gesetzgeber die Tür öffnen, so dass dann auch die entsprechenden Kommunalaufsichten hier nicht so eng handeln müssen, wie es jetzt gegenwärtig gemacht wird.

Herr Abgeordneter Kuschel, darf Ihnen der Abgeordnete Höhn eine Frage stellen?

Es freut mich immer, wenn ich zu Nachfragen provoziere.

Ich habe hier die Drucksache 4/1327, das ist die Kleine Anfrage, unter anderem auch von Ihnen in Auftrag gegeben, wo Sie die Landkreise sozusagen abgefragt haben nach ihren Systemen bei der Müllentsorgung. Würden Sie mir zustimmen, dass nach dieser Auflistung, die mir hier vorliegt, einzig und allein der Ilm-Kreis in der Tat Handlungsbedarf hat?

Nein, da kann ich Ihnen leider nicht zustimmen, weil auch der Landkreis Hildburghausen eine solche vergleichbare Regelung hat.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Da widerspreche ich Ihnen heftig, das geht hieraus nicht hervor.)

Da hat der Innenminister sich schon wieder geirrt. Ich muss mich ja darauf verlassen können, was mir der Innenminister mitteilt, und da steht bei Hildburghausen „Sozialkomponente“.

Aber selbst wenn es nur der Ilm-Kreis ist, der IlmKreis ist ein bedeutsamer Landkreis in diesem Land. Das sehen Sie schon daran, dass drei Landtagsabgeordnete der Linkspartei.PDS aus diesem Kreis kommen. Deshalb ist, selbst wenn nur der Ilm-Kreis betroffen ist, durchaus auch eine gesetzliche Klarstellung möglich.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das gehört jetzt nicht ausschließlich zu diesem Thema. Deswegen danke ich meinem Kollegen Huster für den Hinweis, damit ich nicht abschweife.

Meine Damen und Herren, eine weitere Sache sind die Verbraucherbeiräte. Dort freut es uns, dass insbesondere die SPD das tatsächlich als eine Möglichkeit sieht, Akzeptanz zu erhöhen, und zwar höhere Akzeptanz durch höhere Transparenz. Das ist Grundsatz. Wir leben in einer Zeit, in der gerade die Verbraucherzentralen unter Druck stehen. Ihnen soll das Geld weiter gekürzt werden. Sie können in dem Maße wie bisher die Aufgaben des Verbraucherschutzes nicht mehr wahrnehmen. Auch unter dem Blick halten wir die pflichtige Einführung von Verbraucherbeiräten in den Bereichen Wasser/Abwasser und Abfallwirtschaft für erforderlich und angemessen. Dabei verweisen wir darauf, dass es dort gute Erfahrungen gibt, wo das freiwillig gemacht wird. Aber, um z.B. den Wasser- und Abwasserbereich zu nehmen, 85 Prozent der Aufgabenträger im Wasser- und Abwasserbereich haben diese Verbraucherbeiräte bisher nicht und dabei gibt es einige komplizierte Aufgabenträger. Solche pflichtigen Organe gibt es übrigens im kommunalen Bereich auch in anderen Sachgebieten, das ist nicht etwas völlig Neues.

Meine Damen und Herren, es stellt sich ein neues Konfliktpotenzial heraus, und zwar im Zusammenhang mit der Neuregelung des Kommunalabgabengesetzes. Darauf hatten wir während der Gesetzesdebatte hingewiesen. Es besteht die Gefahr des Wortbruchs durch die Landesregierung und auch durch die CDU-Landtagsfraktion. Hier wollen wir der Landesregierung helfen, dass sie nicht im Wortbruch stehen muss.

(Unruhe bei der CDU)