Protocol of the Session on September 15, 2005

Eine Klärung musste im Nachgang zur Ausschussberatung noch zu Gebührentatbeständen erfolgen, die im Widerspruchsverfahren entstehen. Hier wurde die Frage aufgeworfen, was geschieht mit zurückgenommenen Widersprüchen, die infolge von geänderten Gesetzen und Verordnungen vom Widerspruchsführer nicht weiterverfolgt werden. Kann dafür eine Gebühr von bis zu 75 Prozent erhoben werden? Dieser Sachverhalt könnte speziell im Bereich Wasser und Abwasser in Thüringen vorkom

men. Das Ministerium wollte dazu noch bis zur Verabschiedung des Gesetzes heute eine Klärung herbeiführen. Eine entsprechende Zuarbeit ist uns - wie auch zugesagt - zwischenzeitlich durch das Thüringer Finanzministerium zugeleitet worden. Hieraus geht hervor, dass im Rahmen einer Anordnung durch das Thüringer Innenministerium in Verbindung mit dem Thüringer Finanzministerium aufgefordert wird, in diesen Fällen keine Verwaltungsgebühren zu erheben. Auch von der Erhebung von Auslagen könnte abgesehen werden, was eine für den Bürger günstigere Rechtslage sogar als bisher bedeuten würde.

Ich möchte als Berichterstatter weiterhin darauf hinweisen, dass in § 16 Abs. 2 die Möglichkeiten von Billigkeitsregelungen eröffnet werden. Diese sollten sowohl von den Betroffenen als auch von der Verwaltung entsprechend dann auch genutzt werden. In seiner 18. Sitzung am 1. September 2005 hat der Haushalts- und Finanzausschuss dem Gesetzentwurf ohne Änderungen mit Mehrheit zugestimmt. Die Empfehlung unseres Ausschusses liegt Ihnen in der Drucksache 4/1164 vor und wir bitten um Zustimmung des Landtags. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache und rufe als ersten Redner für die Fraktion der Linkspartei.PDS den Abgeordneten Kuschel auf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst eine Anmerkung zu den Ausführungen von Frau Lehmann, die heute hier darauf verwiesen hat, dass der Gemeinde- und Städtebund selbst auf die schriftliche Anhörung verzichtet hat, und das mit dem Verweis, er habe sich als kommunaler Spitzenverband bereits ausführlich zum Referentenentwurf der Landesregierung geäußert. Wir bedauern, dass der Gemeinde- und Städtebund derart verfährt, weil offenbar auch er zwischenzeitlich den Eindruck hat, dass nicht der Landtag das höchste Verfassungsgremium dieses Landes ist, sondern offenbar die Landesregierung und die Landesregierung Herr des Verfahrens sei und nicht der Landtag. Wir können hier nur an den kommunalen Spitzenverband appellieren, diese Wahrnehmung zu korrigieren und zu akzeptieren, dass der Thüringer Landtag das Gesetzgebungsorgan ist. Insofern wäre es auch gut gewesen, das in Form einer Stellungnahme kundzutun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Auswirkungen dieses Gesetzes werden die Bürger und

die Wirtschaft erst mit einer zeitlichen Verzögerung wahrnehmen. Die Auswirkungen werden also nicht sofort sichtbar. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir gehen davon aus, dass in Umsetzung dieses Gesetzes in absehbarer Zeit zusätzliche finanzielle Belastungen für die Bürger und für die Wirtschaft auftreten werden, und zwar in Form höherer Verwaltungsgebühren und Verwaltungskosten. Inwieweit das in das politische Konzept der CDU passt, da sie die Bürger und die Wirtschaft entlasten wollen, muss die CDU selbst beantworten. 5.900 verschiedene Verwaltungskosten hat die Landesregierung allein für die Landesbehörden ermittelt. Hinzu kämen noch die Verwaltungskosten, die auf kommunaler Ebene erhoben werden. Es ist ja bekannt, dass sich die Kommunen letztlich am Verwaltungskostengesetz und den Verwaltungskostenverordnungen des Landes orientieren werden. Die Landesregierung beabsichtigt dabei neue Gebührentatbestände und höhere Gebühren einzuführen. Beispielhaft hat das die Landesregierung auch im Ergebnis der Ausschuss-Sitzungen und unserer Forderungen dargelegt. Ich möchte darauf verweisen, dass die Mindestgebühr zum Beispiel bei erfolglosen Widersprüchen oder ähnlichen Verfahren von 5 auf 30 € erhöht wurde. Das heißt, wenn Bürger ihr Rechtsmittel wahrnehmen, um noch mal Verwaltungsentscheidungen überprüfen zu lassen, müssen sie schon mit einer stärkeren Eingangsgebühr rechnen. Dies finden wir äußerst bedenklich. In die Verwaltungskalkulation sollen darüber hinaus künftig auch die kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen für das Verwaltungshandeln mit einfließen. Das war bisher nicht Bestandteil, weil man davon ausgegangen ist, dass öffentliche Verwaltungen natürlich im Rahmen der Daseinsvorsorge auch bestimmte Vorhalteleistungen für die Bürger und die Wirtschaft zu erbringen haben. Auch von diesem Grundsatz verabschiedet sich offenbar die Landesregierung und man fragt sich, weshalb dann die Bürger über ihre Steuern auch öffentliche Verwaltungen vorfinanzieren und vorhalten. Auch das wird zu einer Verteuerung führen.

Besonders skandalös empfinden wir es, dass künftig die Wohlfahrtsverbände von der bisherigen Gebührenfreiheit ausgeschlossen werden, also künftig für Verwaltungshandeln ebenfalls Verwaltungsgebühren zu entrichten haben. Dabei ist bekannt, dass sich eine Vielzahl der Wohlfahrtsverbände letztlich auch aus Zuschüssen der öffentlichen Hand finanzieren, und da stellt sich natürlich die Frage nach der Sinnhaftigkeit. Wenn die Wohlfahrtsverbände künftig Verwaltungsgebühren zu entrichten haben, wird das unweigerlich dazu führen, dass ein höherer Bedarf an öffentlichen Zuschüssen entsteht oder die Landesregierung beabsichtigt, die Finanznot bei den Wohlfahrtsverbänden selbst mit zu verschärfen, indem dann die finanziellen Mittel, die frei für die Arbeit zur Verfügung stehen, eben für Ver

waltungskosten an die öffentliche Hand zurückfließen. Es ist bekannt, dass nicht alle Bundesländer in der Bundesrepublik so verfahren, Thüringen schließt sich bedauerlicherweise den Bundesländern an, die diese Gebührenfreiheit für die Wohlfahrtsverbände streichen wollen.

Besonders interessant wird es bei den Sozialverbänden der Kirchen, also der Diakonie und Caritas, weil dort völlig unklar ist, ob die nun künftig für Verwaltungshandeln Gebühren zu entrichten haben oder nicht. In der schriftlichen Anhörung haben beide Kirchen darauf verwiesen, dass sie davon ausgehen, dass die jetzige Gebührenfreiheit für sie erhalten bleibt. Jetzt muss man mal erklären, weshalb zum Beispiel für einen Bauantrag, den eine Kirchengemeinde stellt, keine Gebühren erhoben werden, wenn es aber der Sozialverband dieser Kirche macht, werden Gebühren erhoben. Das wird zu einem weiteren Chaos und Unverständnis führen. Wir wollen aber nicht hoffen, dass die Landesregierung die Wohlfahrtsverbände künftig unterschiedlich behandelt, indem sie die kirchlichen Wohlfahrtsverbände von der Gebührenpflicht freistellt, während alle anderen Wohlfahrtsverbände Gebühren zu entrichten haben. Das wäre dann tatsächlich eine Ungleichbehandlung, die nicht mitzutragen ist. Insofern unterstützen wir ausdrücklich den Änderungsantrag der SPD-Fraktion, die den bisherigen Zustand beibehalten will, dass die Wohlfahrtsverbände von den Verwaltungsgebühren befreit sind.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, auch wenn die Landesregierung immer wieder etwas anderes behauptet, wir gehen davon aus, dass das Rechtsmittelverfahren für die Bürger zur Überprüfung von Verwaltungsakten künftig mit höheren Kosten belegt wird, selbst dann, wenn dieses Verwaltungsverfahren sich im Wesentlichen in der Bearbeitung erledigt. Wir glauben, dass das hohe Gut des Rechtsmittelverfahrens im Rechtsstaat nicht durch finanzielle Hürden erschwert werden sollte, sondern dass die jetzige Regelung eigentlich fortbestehen könnte. Es gibt keinen Grund, weshalb hier höhere auch finanzielle Belastungen für die Bürger eingeführt werden, außer dass die Landesregierung auch im Ergebnis der Entwicklung der letzten Jahre, insbesondere im Bereich der Kommunalabgaben, nicht will, dass die Bürger von ihrem Recht der nochmaligen Überprüfung von Verwaltungshandlungen Gebrauch machen will.

Ein besonderes Problem bildeten Rechtsmittelverfahren, die sich erledigen. Das wurde beispielhaft am Problem „Wasser“ diskutiert. Dort sind nach unseren Kenntnissen rund 60.000 Widerspruchsverfahren gegenwärtig bei den Kommunalaufsichten anhängig. Der Gesetzgeber hat am 01.01.2005 be

schlossen, dass keine Wasserbeiträge mehr erhoben werden. Die verfehlte Kommunalabgabenpolitik der letzten zehn Jahre wurde korrigiert. Damit haben die Bürger, die sich mit diesem Rechtsmittelverfahren gegen diese Kommunalabgabenpolitik gewendet haben, letztlich von der Politik Recht bekommen. Jetzt stellt sich die Frage: Wie geht man mit diesen Rechtsmittelverfahren - also Widerspruchsverfahren - in der öffentlichen Verwaltung um? Da ist es schon erstaunlich, dass jetzt mitgeteilt wird, dass das Innenministerium in Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium nach einer Lösung sucht, so dass sich diese Widerspruchsverfahren nicht kostenseitig für die Widerspruchsführer auswirken. Wir haben jetzt September; die Neuregelung besteht seit neun Monaten und es ist zu hinterfragen, weshalb im Innenministerium nach wie vor noch darüber diskutiert wird, wie man denn nun verfährt. Das bringt ein hohes Maß an Verunsicherung bei den Betroffenen. Betroffene sind nicht nur die Bürger, die wenig Verständnis haben, warum sie von der Politik Recht bekommen und dann trotzdem noch eine Verwaltungsgebühr zu entrichten haben. Natürlich gibt es auch Verunsicherung bei den Kommunalaufsichten, weil die nicht wissen, müssen sie jetzt - selbst wenn sich der Widerspruch erledigt hat oder von dem Widerspruchsführer zurückgezogen wird - eine Gebühr erheben oder nicht. Das Innenministerium wäre gut beraten, wenn zumindest noch in diesem Jahr dort eine Lösung auf den Weg kommt. Denn Sie wissen ja, nach dem 31. Januar 2006 müssen zumindest im Bereich Wasser die zu viel gezahlten Beiträge auch zurückerstattet werden.

Wir halten hier ein schnelleres Handeln der Landesregierung für erforderlich und dies wäre auch hilfreich, denn so ganz überraschend hat ja diese Neuregelung die Landesregierung nicht getroffen. Ihr Ministerpräsident hat das ja schon am 1. Mai 2004 angekündigt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Sie hatten eigentlich eineinhalb Jahre Zeit, sich nun endlich zu überlegen, wie Sie mit diesem Problem umgehen. Dass Sie nicht ganz so schnell handeln, wie eigentlich erwartet, zeigt sich auch darin, dass Ihnen jetzt einfällt, den Gebührenbegriff an die Definition einer Gerichtsentscheidung von 1979 anzupassen. Das ist eine Politikergeneration, die Sie jetzt gebraucht haben, um diesen Gebührenbegriff anzupassen. Ihre Verweise darauf, dass Sie nun erst abwarten, wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat - das war dann in den 80er-Jahren -, ist doch erstaunlich. Letztlich hätten Sie sich schon in den 90er-Jahren, als das Verwaltungskostenrecht in Thüringen erstmals geschaffen wurde, auf diese Gerichtsentscheidung von 1979 berufen können. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass es ganz so schnell

bei Ihnen offenbar nicht geht.

Bei dem vorgenannten Thema habe ich Ihnen ja die Möglichkeit eingeräumt, ggf. dieses Mal etwas schneller zu reagieren. Denn weitere 25 Jahre sollten Sie die Leute nicht im Unklaren lassen, ob nun für die erledigten Wasserbescheide Gebühren entstehen oder nicht. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Pidde zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit dem vorgelegten Gesetzentwurf will die Landesregierung das Thüringer Verwaltungskostengesetz komplett überarbeiten. Grundlage dafür bildet ein Musterentwurf, welcher im Auftrag der Finanzministerkonferenz und der Innenministerkonferenz erarbeitet worden ist. Mit dem neuen Gesetz soll die Verwaltungskostenerhebung von Bund und Ländern harmonisiert, also vereinfacht und einander angeglichen werden.

Die SPD-Fraktion im Thüringer Landtag begrüßt den Gesetzentwurf vom Grundsatz her. Wir sehen auch nicht, wie es von der PDS-Fraktion - an den neuen langen Namen werde ich mich schon noch gewöhnen - ins Gespräch gebracht wird, die Gefahr, dass mit den vorgesehenen Änderungen die Verwaltungskosten unangemessen steigen würden. Das Verwaltungskostengesetz ist ja nur ein Rahmengesetz. Die konkrete Höhe der Verwaltungskosten in dem jeweiligen zu regelnden Fall wird durch die einzelnen Verwaltungskostenordnungen festgelegt, welche von der Landesregierung erlassen werden, nachdem das jeweils federführende Fachressort eine entsprechende Vorlage unterbreitet hat. Die gesetzliche Neuregelung, die uns jetzt vorgelegt wird, hat eigentlich nur zwei unmittelbare Auswirkungen auf die Gebührenhöhe: Das eine ist die Mindest- und Höchstgebühr im Widerspruchsverfahren und das Zweite ist der Sachverhalt, der durch die Erweiterung der Legaldefinition des Verwaltungsaufwandes entsteht.

Was die Frage der Widerspruchsgebühren angeht, die mein Vorredner hier gerade angesprochen hat, so ist das im alten wie im vorgeschlagenen neuen Gesetz geregelt, so dass es also nicht neu eingeführt wird, sondern die Regelung vorhanden ist. Außerdem besteht ja sowohl nach der alten Regelung - dort ist es der § 4 Abs. 4 des Verwaltungskostengesetzes und bei der Neuregelung § 16 Abs. 2 -

die Möglichkeit, dass von der Erhebung der Gebühren zum Teil oder auch vollständig abgesehen wird. Wo ich Ihnen vollkommen Recht gebe, das ist die Frage der langen Bearbeitungszeit der Widersprüche. Es wäre wirklich wünschenswert, dass hier schneller gehandelt würde und dass möglichst bald Rechtssicherheit in den verschiedenen Punkten einzieht.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das eigentlich Interessante sind die einzelnen Gebührenordnungen, die dann auf der Basis dieses Verwaltungskostengesetzes erlassen werden. In verschiedenen Bereichen, z.B. im Katasterwesen, können zu hohe Gebühren zu einem Wirtschaftshemmnis werden oder die Bürger übermäßig belasten. Da gilt es dann auch genauer hinzuschauen. In den Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses - Frau Lehmann hat darauf hingewiesen - haben wir versucht, diesen Sachverhalt näher zu beleuchten. Leider erklärte die Finanzministerin, dass die Erstellung der von uns gewünschten Übersicht zu den existierenden Kostenordnungen und ein entsprechender Vergleich der Gebührenhöhe in den einzelnen Bundesländern wegen der mangelnden Vergleichbarkeit nicht möglich sei. Es wurde uns dann eine Vorlage übergeben, Vorlage 4/517, die einige Tatbestände mit den fünf angrenzenden Bundesländern vergleicht. Es ist schon interessant, wenn man sieht, dass bei bestimmten Punkten, z.B. bei den Beglaubigungen von Unterschriften oder auch bei den Beglaubigungen von Abschriften oder Fotokopien, die die Behörde selbst hergestellt hat, Thüringen im Schnitt der Nachbarländer liegt. Bei Beglaubigungen in anderen Fällen, wie es so schön heißt, oder auch bei den Gebühren nach dem Zeitaufwand je 15 Minuten liegt Thüringen deutlich über Sachsen und Sachsen-Anhalt, also den beiden angrenzenden neuen Bundesländern. Interessant ist auch, wenn man feststellt, dass die Ausfertigung von Kopien bis DIN A3, die vom Kostenschuldner besonders beantragt oder die aus vom Kostenschuldner zu vertretenden Gründen notwendig wurden, unabhängig von der Art der Herstellung, in Thüringen 50 Cent kostet, in Hessen 0,20 € pro Seite. Das sind schon interessante Fakten, aber ich muss noch einmal sagen, es sind halt nur Beispiele. Der generelle Vergleich, wie Sie es, Frau Finanzministerin, oder Ihre Mitarbeiter im Haushalts- und Finanzausschuss erläutert haben, wäre nicht möglich. Wir werden demzufolge auch in der kommenden Zeit die Gebührenordnungen, die in Thüringen geändert werden, genau unter die Lupe nehmen, ob die Gebühren auch entsprechend angemessen sein werden.

Meine Damen und Herren, in einem Punkt kann die SPD-Fraktion allerdings mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung nicht mitgehen. Es ist hier schon gesagt worden, dass die Landesregierung die Freien

Wohlfahrtsverbände benachteiligen will. Sie haben bisher die persönliche Gebührenfreiheit gehabt. Diese Vergünstigung soll mit dem neuen Gesetz wegfallen. Wir halten das für unangemessen und lehnen diesen Tatbestand auch ab.

(Beifall bei der SPD)

Man muss doch sehen, dass die Freie Wohlfahrtspflege in Thüringen viele Leistungen anstelle der öffentlichen Hand und im Auftrag der öffentlichen Hand erledigt. In den letzten Jahren sind auch immer mehr öffentliche Aufgaben an die freien Träger übergeben worden. Das spricht dafür, dass man die persönliche Gebührenbefreiung auch in der Zukunft beibehalten sollte. Wir wissen noch nicht, wie es mit den Kindertagesstätten weitergeht. Darüber werden wir heute oder morgen und auch in der Folgezeit noch ausführlich reden, was dort noch alles - auch in Zukunft - weiter an freie Träger abgegeben wird. Dort ist es so, dass die freien Träger natürlich auch für die baulichen Mängel an den Gebäuden und Ähnliches dann Teile der Finanzierung übernehmen müssen. Wir wissen, dass es bei der Heimaufsicht für Pflegeheime und Ähnliches Auflagen des Brandschutzes und Qualitätsbestimmungen gibt, die eingehalten werden müssen, Heimmindestbauverordnung und andere Verordnungen, und dass dort die Träger zu schnellem und auch zu kostenintensivem Handeln praktisch gezwungen werden. Gleichzeitig werden aber Gelder gekürzt, die öffentliche Förderung geht zurück und das trifft die freien Träger natürlich doppelt, besonders die, die im Einvernehmen des Landkreises bedarfsorientierte stationäre Pflege ohne öffentliche Förderung durchführen müssen.

Deshalb denken wir, dass die freien Träger finanziell in der letzten Zeit Mehrbelastungen haben und dass sie durch die Gesetzesänderung, die hier vorgeschlagen wird, noch zusätzlich belastet werden. Wie gesagt, wir halten diesen Schritt für unangemessen und lehnen ihn ab. Man muss auch sagen, dass andere Länder diese Form der Unterstützung der Wohlfahrtspflege im Gesetz beibehalten haben und dass auch die Kirchen in Thüringen nach wie vor von der persönlichen Gebührenbefreiung profitieren sollen. Ich denke, hier muss einfach eine Art der Gleichbehandlung vorhanden sein.

Deshalb hat die SPD-Fraktion diesen Änderungsantrag, der vorhin schon erwähnt worden ist, in der Drucksache 4/1221 eingebracht, mit dem wir formuliert haben, dass wir die Fortschreibung der Gebührenbefreiung für die Freien Wohlfahrtsverbände gesichert haben wollen. Im Haushalts- und Finanzausschuss fand dieser Antrag keine Mehrheit. Ich hoffe, dass noch ein Umdenken eingesetzt hat, und bitte Sie hiermit um Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Lehmann zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, werte Gäste, wir befassen uns heute mit dem Thüringer Verwaltungskostengesetz, welches die Grundlage für unser Thüringer Verwaltungskostenrecht bildet. Bei den von der Landesregierung vorgeschlagenen Änderungen geht es insbesondere um Anpassungen an tatsächliche Verhältnisse, an Rechtsprechungen sowie um Definitionen von Begriffen. Die persönlichen Gebührenbefreiungen werden neu geregelt. Meine Vorredner sind darauf bereits eingegangen. Mit diesem Gesetz soll auch der Verwaltungsaufwand erheblich reduziert werden. Das Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“ innerhalb der Verwaltungen der verschiedensten Ebenen findet dann so nicht statt und wirkt sich daher auch positiv auf unseren Landeshaushalt aus, denn eine Aufblähung und viel Verwaltungsarbeit wird so vermieden. Kollege Kuschel hat bei der ersten Lesung des Entwurfs hier im Plenum wie auch eben bei seinem Redebeitrag einige Bedenken in Sachen Erhebung von Gebühren bei Widerspruchsbearbeitung genannt. Hierzu fand im Ausschuss - ich hatte es vorhin als Berichterstatter schon erwähnt - eine ausführliche Diskussion statt. Ich möchte dazu anmerken, dass grundsätzlich bei positivem Ausgang für den Widerspruchsführer, also wenn er Recht bekommt, auch zukünftig, so wie bisher, keine Verwaltungskosten erhoben werden. Darüber hinaus hat das Thüringer Finanzministerium in der bereits genannten uns übersandten Zuarbeit erklärt bzw. angekündigt, dass gemeinsam mit dem Thüringer Innenministerium eine Verwaltungsanordnung erarbeitet werden soll, wonach die Verwaltungskosten für bisher oder zukünftig noch zurückgenommene Widersprüche - und insbesondere geht es uns ja um den Bereich Wasser/Abwasser - nicht erhoben werden. Auch unsere Fraktion erwartet, dass die Landesregierung diese Verwaltungsanordnung zeitnah auf den Weg bringt und hier Klarheit schafft.

(Beifall bei der Linkspartei. PDS)

Somit, Herr Kollege Kuschel, können die Befürchtungen vieler tausend Bürger auch entkräftet werden und Sie sollten an dieser Stelle nicht zur weiteren Verunsicherung mit Ihrem Redebeitrag beitragen. Dieses Thema, meine Damen und Herren, kommt für die Betroffenen zu einem positiven Ende.

(Beifall bei der CDU)

Und ich will es noch mal zusammengefasst sagen: Niemand muss Sorge haben, dass nun plötzlich für den eingelegten Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist oder der aufgrund der Änderung, in diesem Fall des Kommunalabgabengesetzes, zurückgenommen wird und der auch übrigens in den meisten Fällen wohl noch bei den Verbänden gelegen hat, Kostenbescheide kommen könnten. Das wollen wir vermeiden, das soll nicht geschehen.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen stimmt die Aussage, Herr Kollege Kuschel, Ihrerseits vom Plenum am 02.06. so nicht,

(Beifall Abg. Kuschel, Die Linkspartei.PDS)

dass mit diesem Gesetz neue Hürden für die Inanspruchnahme eines Rechtsbehelfs aufgebaut würden, denn es gab ja bereits schon die Regelung, dass in Fällen, in denen der Widerspruchsführer kein Recht bekam, Gebühren und Auslagen für die Bearbeitung zu zahlen waren. Wie wir alle wissen, hat das niemanden abgeschreckt, trotzdem einen Rechtsbehelf einzulegen. Ich kann Ihnen versichern, ich selbst habe diese Erfahrung auch schon gemacht in den 90er-Jahren und musste dann auch meine Gebühr bezahlen. Es ging um Regenwassereinleitung. Aber das erkläre ich Ihnen gern mal, das ist auch noch ein weites Feld,

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, Die Linkspartei.PDS: Abwasser!)

über das wir uns gern mal verständigen könnten.

Nein, meinen persönlichen Fall trage ich jetzt hier nicht vor, das werden Sie mir nachsehen. Aber ich berichte das gern mal in kleiner Runde, vielleicht auch mal im Innenausschuss, wenn das Thema wieder dran ist. Grundsätzlich möchte ich gerade im Hinblick auf die Neuregelungen zur persönlichen Gebührenbefreiung auf den § 16 im Gesetzentwurf hinweisen. Es gibt eine Reihe von Vorgaben zu Billigkeitsregelungen, die der Verwaltung einen Ermessensspielraum eröffnen und die der Betroffene, der aus welchen Gründen auch immer die Gebühr nicht zahlen kann, auch nutzen sollte. Gleiches gilt natürlich auch für die Verwaltung, die diesen Ermessensspielraum natürlich ebenfalls nutzen sollte. Und das, Herr Kollege Pidde, gilt auch für die LIGA der Freien Wohlfahrtsverbände. Der Antrag, den die Fraktion der SPD heute vorgelegt hat, lag in gleicher Form auch schon in der Ausschussberatung vor und wurde dort mehrheitlich abgelehnt. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals darauf verweisen, dass sieben Bundesländer - wie auch übrigens der Bund in seinem Gesetzentwurf oder Mustergesetz selber -

diese Gebührenbefreiung für die Wohlfahrtsverbände bereits haben wegfallen lassen. Für Thüringen möchte ich erwähnen, als Destinatär der Staatslotterie erhält die LIGA der Freien Wohlfahrtsverbände im Jahr 2005 voraussichtlich mehr als 5 Mio. € an Landeszuschüssen allein aus dieser Haushaltsstelle. Darüber hinaus, wie gesagt, kann die LIGA in Einzelfällen, wenn sie es aus wirtschaftlichen Gründen nicht leisten kann, eine Gebühr zu bezahlen, natürlich auch einen Antrag gemäß der Billigkeitsregelung in § 16 stellen.

Meine Damen und Herren, positiv für unsere Fraktion ist auf jeden Fall, dass im Gesetzentwurf der Landesregierung enthalten ist, dass dieses Gesetz im Jahr 2010 auf den Prüfstand kommt und dann, wenn Erfahrungswerte damit vorliegen, gegebenenfalls angepasst werden kann oder auch wieder Änderungen erfolgen können. Unabhängig kann das natürlich jederzeit auch der Fall sein, aber wir bewerten es positiv, dass es die Landesregierung von vornherein auch so eingearbeitet hat.

Meine Damen und Herren, namens meiner Fraktion beantrage ich, den Änderungsantrag der SPD abzulehnen, und bitte um Zustimmung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zum Thüringer Verwaltungskostengesetz. Vielen Dank.