Es kommt ja noch dicker. Sie sehen in unserem Vorschlag, zu Beginn der neuen Legislatur ein Überprüfungsgesetz zu verabschieden, ein noch größeres verfassungsrechtliches Problem. Wo Sie die Argumentation hernehmen - na gut, ich habe ja wahrgenommen, wer alles in diese Richtung argumentiert hat. Ich will Ihnen mal etwas sagen und Ihnen an dieser Stelle Ihre Erinnerung etwas auffrischen: Die neuen Abgeordneten beschließen ein Gesetz, ich betone ausdrücklich ein Gesetz, sie selbst betreffend, nach ausführlicher Diskussion, von mir aus mit Mehrheit oder wenn ich den Verlautbarungen meines Kollegen von der LINKEN Glauben schenken will, von mir aus auch gemeinsam. Was ist denn an dieser Verfahrensweise verfassungswidrig? Ich weiß, der Anzuhörende der LINKEN sieht auch darin ein Problem. Ich sage ganz offen, das nehme ich in Kauf.
Ich darf in Erinnerung rufen: Wir, dieser Landtag, haben im Übrigen in dieser Legislatur das Abgeordnetengesetz geändert, und zwar im Hinblick auf die Alters- und die Hinterbliebenenversorgung. Auch das gehört im Übrigen zu den Rahmenbedingungen für Abgeordnete. Da sahen Sie aber kein Problem darin, das in der laufenden Legislatur zu ändern. Das betrifft sogar Abgeordnete, die heute noch hier im Landtag sitzen. Das zeigt doch, dass Ihre Argumentation an dieser Stelle, was unseren Vorschlag betrifft, ein Gesetz in aller Sachlichkeit und Fachlichkeit, wie ich das schon einmal am Freitag formuliert habe, zu beschließen, dass Ihre Kritik daran sehr substanzlos ist.
Meine Damen und Herren, kommen wir zum letzten Akt dieses Trauerspiels, der Diskussion um den Inhalt dieses Gesetzes. Ich will das mal etwas im Stakkato versuchen, um das Leiden bei Ihnen möglicherweise nicht noch mehr zu verlängern. Sie wollen das alte Gesetz um fünf Jahre verlängern, schnell noch das Überprüfungskriterium K 1 mit untergebracht; so, das
war es. Ich wünsche mir das im Übrigen auch, nicht dass man mich falsch versteht, dass das mit drin ist, aber nicht mit der juristischen Fragwürdigkeit, wie Sie das jetzt vorhaben. Das schreit doch geradezu nach neuen Verfahren. Wir machen uns doch selbst lächerlich, wenn wir uns auf solch dünnem juristischen Eis bewegen. Dann kommt noch hinzu - das ist ebenfalls schon mehrfach erwähnt worden, deswegen kann ich mich da kurz beschränken -, nach 2011 gibt es keine Grundlage mehr für eine Überprüfung, jedenfalls nach der derzeitigen Rechtslage. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz läuft aus. Übrigens, auch wenn Sie das vergessen haben, im Jahre 2006 im Bundesrat hat der Freistaat Thüringen ausweislich des Protokolls des damaligen Ministers Wucherpfennig ausdrücklich die Beschränkung dieses Gesetzes bis 2011 begrüßt. Nur so viel dazu, meine Damen und Herren.
Es gibt keine Grundlage nach 2011, aber unser Gesetz gilt eben bis 2014; macht ja nichts, wir überprüfen notfalls auch ohne Rechtsgrundlage.
Ja, aber womit denn? Darauf gab es eine Einlassung, Herr Carius, des Anzuhörenden, der Ihnen noch einmal vor Augen geführt hat, und ich will das ebenfalls noch einmal tun,
dass ab 2011 ein Verwertungsverbot für diese Unterlagen herrscht, solange keine Verlängerung ins Haus steht. Ich kann die - leider, sage ich an dieser Stelle - momentan bei keiner Fraktion im Deutschen Bundestag erkennen.
Dann war die Äußerung, na gut, wenn das so ist, ja dann läuft es eben ins Leere. Na toll, Sie sind mir ein schöner Gesetzgeber an dieser Stelle, meine Damen und Herren.
Dann, sozusagen als krönender Abschluss, ein Verfahren nach dem Muster des Deutschen Bundestages; ja wo kämen wir denn da hin, uns mit denen zu vergleichen? Verdachts- oder anlassbezogene Prüfungen, um Gottes Willen, die Generalüberprüfung bzw. die Regelüberprüfung wird der Würde und Integrität des Parlaments viel eher gerecht. Ja wollen
Sie dem Bundestag die Würde absprechen, meine Damen und Herren? Oder wie muss ich diesen Satz verstehen, der im Übrigen - auch das will ich an dieser Stelle nicht verheimlichen, weil es Bestandteil der öffentlichen Anhörung war - ein Zitat von der verehrten Frau Neubert war, Ihres Zeichens Beauftragte des Freistaats für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes. Da sage ich natürlich auch, verehrte Frau Neubert, das spricht für sich, aber bestimmt nicht für Sie.
Ich sehe überhaupt nicht ein und mit mir meine Fraktion, und ich bin mir sicher, dass das auch juristisch sauber begründet und belegbar ist, es gibt überhaupt keinen Grund, in der jetzigen Zeit eine Differenzierung bei der Überprüfung von Abgeordneten zwischen Abgeordneten des Bundestages und der Landtage vorzunehmen. Dafür gibt es überhaupt keine Grundlage mehr nach meiner Auffassung.
Meine Damen und Herren, kurzum, die CDU war nicht bereit, auch nur im Ansatz ein Gesetz inhaltlich zu diskutieren, dessen Fragwürdigkeit inhaltlicher Art sogar im Urteil des Verfassungsgerichts Thüringen zum Ausdruck kommt. Ja, meine Damen und Herren, die Sondervoten von vier Richtern sollten nach meiner Auffassung mehr als nur ein Fingerzeig sein, wenn Sie wirklich so viel Respekt vor dem Gericht haben, wie Sie uns hier weismachen wollten.
Abschließend, meine Damen und Herren, ich bleibe dabei, wenn nicht in zwei Wochen Wahlen wären, würde diese Sitzung heute gar nicht stattfinden. Dieses Thema zum jetzigen Zeitpunkt zu setzen, ist billiger Wahlkampf pur und das, meine Damen und Herren, auch noch auf Kosten der nach wie vor existierenden Opfer von Diktatur und Spitzeldiensten. Das ist das eigentlich Perfide an Ihrer Aktion, meine Damen und Herren. Haben Sie das nötig?
Haben Sie das nötig? Haben Sie wirklich nicht mehr zu bieten? Dann wird es wirklich Zeit für den Wechsel, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will zu Beginn noch einmal feststellen,
dass ich für den Teil der Rede von Uwe Höhn dankbar bin, in dem er klar zum Ausdruck gebracht hat, dass er es genau wie wir sieht und mit ihm seine gesamte Fraktion, dass er es als unerträglich findet, dass jetzt, aber auch in der Zukunft im Thüringer Landtag ehemalige Spitzel des Ministeriums für Staatssicherheit diesem Landtag angehören sollen.
Ich bin aber zutiefst und maßlos von dem Vertreter der Thüringer SPD enttäuscht, mit welchem Schlingerkurs er hier trotz dieses klaren Votums, jetzt und in Zukunft mit einer klaren Ausrichtung hier für Transparenz und auch für demokratische Klarheit im Landtag zu sorgen, versucht, keine gesetzlich klare Regelung zu schaffen. Ich will das deshalb noch einmal persönlich ansprechen, weil ich denke, dass es in einer großen Traditionslinie dieses Thüringer Landtags steht, jetzt gemeinsam auch für die Verlängerung des Stasi-Überprüfungs-Gesetzes einzutreten. Wir haben bewusst, nachdem wir uns im Landtag auf zwei Lesungen zu diesem Gesetz verständigt haben, diesen 13. August gewählt, weil wir wollten, dass wir an diesem wichtigen historischen Gedenktag, der ja auch dazu beigetragen hat, dass die deutsche Teilung so lange angedauert hat, und die erst beendet wurde, nachdem die Bürgerinnen und Bürger in der DDR mit Kerzen in der Hand auf die Straße gegangen sind und damit auch dazu beigetragen haben, dass die deutsche Teilung überwunden werden konnte, dass wir also genau an diesem besonderen historischen Tag auch darüber sprechen wollten, warum wir aus dem Erbe der DDR immer noch auch für die Zukunft Regelungen treffen müssen, damit wir den Opfern dieses DDR-Diktatursystems nach wie vor Respekt und Anerkennung zollen.
Ich will ganz klar für unsere Fraktion noch einmal sagen: Wir können das Leid, welches den Opfern aus der alten DDR-Diktatur zugefügt wurde, nicht gänzlich heilen. Wir haben versucht, über das SEDUnrechtsbereinigungsgesetz kleine Ansätze materieller Vergütung und Entschädigung zu leisten. Wir versuchen es nun mit diesem Gesetz auch zu leisten, indem wir die Täter dieses Systems nicht freilassen wollen aus ihrer Verantwortung. Wir haben zu Recht gesagt, solange die Opfer aus dem alten DDR-System unter dieser Opferlast leiden, so lange dürfen wir die Täter nicht ungeschoren davonkommen lassen.
Weil wir in einem Rechtsstaat leben, verbietet es sich, aus dieser Feststellung der Täterrolle auch Konsequenzen aus dem freien Mandat zu ziehen. Deshalb hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof zu Recht
festgestellt, dass unser Thüringer Gesetz mit unserer Thüringer Landesverfassung vereinbar ist und deshalb auch vereinbar ist mit dem freien Mandat. Weil die Parlamentsunwürdigkeitserklärung eben nicht die Abschaffung des freien Mandats in der Weise vorsieht, dass der parlamentsunwürdig erklärte Abgeordnete sein frei erlangtes Mandat verliert. Aber dass der Thüringer Landtag durch konkrete Einzelfallprüfung zu dem Ergebnis kommen kann, dass jemand in eine Täterrolle verwickelt war und nach dieser konkreten Einzelfallprüfung auch festgestellt wurde, dass er Opfern Leid zugefügt hat und dies zur Parlamentsunwürdigkeitserklärung führt, dieses Recht haben wir in der 4. Wahlperiode in diesem Land auch wahrgenommen. Wir wollen die gesetzliche Grundlage jetzt dafür schaffen, dass auch der nächste Landtag nach spezieller Einzelfallprüfung dieses Recht in der Zukunft für den 5. Thüringer Landtag wahrnehmen kann.
Deshalb, meine Damen und Herren, will ich ganz klar sagen: Es kommt nicht darauf an, dass in 14 Tagen Landtagswahlen sind, aber es kommt darauf an, dass nach der Landtagswahl mit der Neukonstituierung des Thüringer Landtags die Legislatur dieses Landtags ausläuft, und mit dem jetzigen Stasi-Überprüfungs-Gesetz hat der Landtag geregelt, dass mit dem Auslaufen dieser Wahlperiode auch die gesetzlichen Regelungen enden. Deshalb wollen wir in dieser Wahlperiode, vor dem Auslaufen dieser Wahlperiode, die Verlängerung auf die nächste Landtagswahlperiode festschreiben. Denn es macht einen wichtigen Unterschied, dass man nämlich vor der Landtagswahl auch die klare Regelung schafft, dass alle gewählten Landtagsabgeordneten
Ich will genau deshalb die Regelüberprüfungen noch einmal ansprechen, weil das der entscheidende Unterschied ist zu den gesetzlichen Regelungen, die sich der Bundestag auferlegt hat, an diesem wollen wir auch festhalten. Der Deutsche Bundestag hat für sich die anlassbezogene Überprüfung festgelegt
und wir haben für uns von Anfang an immer die Regelüberprüfung normiert. Das geschieht zum Teil natürlich auf historisch anderen Grundlagen, weil in diesem Thüringer Landtag im Regelfall nur Thüringer Bürgerinnen und Bürger sitzen, die auch schon zu DDR-Zeiten ihr Leben gelebt haben und damit mögli
cherweise eine andere Überprüfungsgeschichte mit sich bringen, als sie die Zusammensetzung des Deutschen Bundestages ergibt. Wir haben für uns gesagt - das ist auch ein ganz wichtiger rechtlicher Unterschied -, die Regelüberprüfung zu Beginn der Wahlperiode 2004, von mir aus auch 1999, vor allen Dingen auch in diesem Jahr 2009 ermöglicht, dass alle neugewählten 88 Landtagsabgeordneten vermutlich dann zu Beginn der Wahlperiode überprüft werden. Da liegt genau der Unterschied, weil nach jetziger Rechtsgrundlage beim Bund die Regelungen 2011 auslaufen, für den Fall, dass sie nicht verlängert werden. Die anlassbezogene Überprüfung würde sich nur auf die anlassbezogenen Fälle reduzieren. Das hätte zur Folge, dass, wenn es keine Verlängerung der bundesrechtlichen Regelung gibt nach 2011 und dann Anlässe entstehen, dann eben keine Überprüfung mehr stattfindet. Wir wollen die Transparenz und die Klarheit für diesen Thüringer Landtag zu Beginn der Wahlperiode für alle neugewählten Abgeordneten sicherstellen. Dazu gehört auch, sich zu der Verantwortung aus seinen Tätigkeiten in der vergangenen Diktatur zu bekennen - deshalb die Verlängerung jetzt.
Ich will Ihnen auch ganz klar sagen, lieber Abgeordneter Uwe Höhn, Ihren Vorwurf, den Sie hier erneut gegen die CDU gerichtet haben, wir hätten keinen Respekt vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof, weise ich noch einmal ausdrücklich ganz klar für unsere ganze Arbeit in diesen fünf Jahren hier in diesem Thüringen Landtag zurück.
Es ist absurd und ungeheuerlich, diesen Vorwurf einer demokratisch gewählten großen Fraktion hier entgegenzuhalten.
Ich will es Ihnen an einem konkreten Beispiel sagen. Sie haben vorhin hier behauptet wider besseres Wissen, der Ministerpräsident hätte mit seiner Wortmeldung zur Abschaffung der 5-Prozent-Hürde seinen Respekt am Verfassungsgerichtshof in Thüringen nicht deutlich zum Ausdruck gebracht. Der Ministerpräsident dieses Freistaats Thüringen hat bei der Abschaffung der 5-Prozent-Hürde von Anfang an ganz klar gesagt
angesichts des Bundesverfassungsgerichtsurteils, das klar aufgrund einer Klage in Schleswig-Holstein entschieden hat, dass die 5-Prozent-Hürde nicht aufrechtzuerhalten ist, dass wir im Respekt für das Bundesverfassungsurteil auch die Regelung hier in Thüringen auf der Kommunalebene durch Abschaffung der 5-Prozent-Hürde für uns umsetzen werden. Er hat das bewusst getan in Respekt vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof, aber auch in Erkenntnis aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es gibt einen wesentlichen Unterschied, ob man mit Blick auf ein laufendes Verfahren beim Thüringer Verfassungsgerichtshof, was einen bestimmten Beschwerdegegenstand zum Verfahren hat, sagt, man will diesen Beschwerdegegenstand von allein abschaffen, wie bei der 5-Prozent-Hürde, oder ob man dafür eintritt, dass eine gesetzliche Regelung über einen weiteren Zeitraum hinweg normiert wird. Wir haben uns bewusst entschieden, in Respekt vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof zu sagen, wir wollen kein Gesetz verlängern, bevor der Hof für sich entschieden hat, ob dieses Gesetz überhaupt mit unserer Verfassung und in besonderer Weise mit dem freien Mandat im Thüringer Landtag vereinbar ist. Nun hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof auch über die gesamte Wahlperiode Zeit gebraucht, um zu seinem Urteil zu kommen. Wir denken, es war richtig, erst den Urteilsspruch des Hofs abzuwarten und dann in die Beratung in den Thüringer Landtag zu gehen und die Novelle des Gesetzes auf den Weg zu bringen. Das ist tatsächlicher Respekt, den haben wir wahrgenommen. Deshalb noch einmal: Wir verwahren uns ausdrücklich dagegen, dass Sie uns hier unterstellen, wir hätten keinen Respekt vor dem Hof hier in Thüringen.