Protocol of the Session on August 7, 2009

Nein, das ist nicht albern. Ich werde nicht albern, sondern ich beziehe mich jetzt auf das, was Sie hier vorgetragen haben, auf diesen Unsinn zu unserem Antrag, den Sie erzählt haben. Sie haben gesagt, der Antrag der CDU-Fraktion würde vorsehen, dass alle hauptamtlichen Mitarbeiter der K 1 aufgenommen würden in die Stasiüberprüfung. Ausweislich unseres Antrags ist das eben gerade nicht der Fall. Ich darf auch aus der Begründung vortragen: „Damit, dass wir nur die inoffiziellen Mitarbeiter der K 1 aufnehmen in das Gesetz, wird auch die Wertung

des Stasi-Unterlagen-Gesetzes nachvollzogen und geteilt, nach dessen § 6 Abs. 5 die Vorschriften über Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes entsprechend für inoffizielle Mitarbeiter des Arbeitsgebiets 1 der Kriminalpolizei der Volkspolizei gelten. Auf diese Weise wird ein Gleichklang zwischen den bundesrechtlich geltenden Rechtsvorschriften und dem Thüringer Verfahren der Abgeordnetenüberprüfung hergestellt.“ Insoweit befinden wir uns auch im Einklang mit dem, was die Beauftragte für die Stasiunterlagen unseres Freistaats formuliert hat, dass wir nämlich hier …

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Höhn zu?

Bitte, Abgeordneter Höhn.

Herr Kollege Carius, ich wollte Sie gerade danach fragen, wie Sie im Lichte Ihrer Äußerungen jetzt die Stellungnahme von Frau Neubert aus Ihrer gestrigen Anhörung bewerten? Die sagt nach meiner Auffassung da ganz etwas anderes.

Auch hier gilt, Herr Kollege Höhn, lesen und verstehen, das sind zwei Akte, die man doch zusammen tun sollte. Sie sind dazu nicht in der Lage.

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: … was erlauben Sie sich eigent- lich? Das ist eine Farce.)

Ich darf deswegen, Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis aus der Stellungnahme von Frau Neubert in der öffentlichen Sitzung des Ausschusses vortragen. Da schreibt sie: „Der Deutsche Bundestag hat im Stasi-Unterlagen-Gesetz § 6 Abs. 5 Nr. 2 die inoffiziellen Mitarbeiter des Arbeitsgebiets K 1 der Volkspolizei den MfS-Mitarbeitern gleichgestellt. Der Änderungsantrag folgt der Definition des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, das Bundesrecht ist. Das MfS war in den jeweiligen Ebenen der K 1 direkt weisungsberechtigt, hat Aufträge erteilt, deren Erfüllung kontrolliert, die Personalentscheidung auch über inoffizielle Mitarbeiter zumindest mitbestimmt.“ Dann wei

ter, da kommt der Absatz, den Sie hier missverstanden haben: „Obwohl es plausibel wäre, auch die hauptamtlichen Mitarbeiter der K 1 in die Überprüfung einzubeziehen, kann dies nicht in das Abgeordnetenüberprüfungsgesetz aufgenommen werden, da es eine von vornherein unwirksame Vorschrift wäre, da das Stasi-Unterlagen-Gesetz eine Beauskunftung zu diesem Personenkreis nicht zuließe.“ Das ist richtig, aber von uns auch nicht beantragt worden. Insofern verstehe ich Ihre Aufregung in dieser Sache überhaupt nicht.

Zweitens sagen Sie, wir bräuchten ein neues Verfahren. Auch davon kann ich mit aller Deutlichkeit nur abraten. Das Thüringer Gesetz hat mehrfach Bestand gehabt vor den Entscheidungen des Thüringer Verfassungsgerichtshofs. Es wäre überhaupt nicht sachlogisch und nicht angemessen, ein völlig neues Verfahren zu schaffen, bei dem wir nicht wissen, ob es dann beim Verfassungsgerichtshof Bestand hat.

Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung machen: Sie zielen auf eine rot-rot-grüne Koalition nach den Landtagswahlen, die der Wähler natürlich verhindern wird.

(Unruhe DIE LINKE, SPD)

Meine Damen und Herren, mal ganz abgesehen von den Problemen, die sich für die Abgeordneten ergeben würden, die, als sie sich beworben haben für das Mandat und als sie gewählt wurden, noch gar nicht wussten, dass sie überprüft werden. Jetzt wissen sie es. Wenn wir das Gesetz vor Ablauf der Legislatur beschließen, werden die Abgeordneten des nächsten Landtags und auch die Wählerinnen und Wähler darüber Bescheid wissen, welche Anforderungen wir an die Abgeordneten stellen.

(Unruhe SPD)

Wer ernsthaft glaubt, dass Sie in einem nicht eintretenden Fall einer rot-rot-grünen Koalition eine Mehrheit dafür finden, dass Sie ein neues Überprüfungsverfahren einleiten, meine Damen und Herren, der glaubt sicher auch an den Weihnachtsmann. Ich kann nur abraten, Ihrem Verfahren zu folgen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Offen- sichtlich glauben Sie, dass Sie keine Mehrheit mehr haben.)

(Beifall CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, damit kann ich zur Abstimmung kommen. Ich gehe davon

aus, dass das Gesetz an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen werden soll. Das ist schon erledigt. Damit kann ich die Aussprache schließen und auch diesen Tagesordnungspunkt. Ich habe jetzt festgestellt, wenn man nicht Mitglied in dem Ausschuss ist, hat man jetzt eine ganze Menge gelernt.

Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt 3 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 5, weil - ich verweise noch einmal darauf - Tagesordnungspunkt 4 vereinbarungsgemäß heute als letzter Punkt aufgerufen wird. Also rufe ich auf Tagesordnungspunkt 5

Kinderarmut bekämpfen - Ak- tionsplan für gerechte Chancen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/5366 -

Die Fraktion der SPD hat nicht das Wort zur Begründung gewünscht und mir lag bislang nur eine Wortmeldung vor. Abgeordnete Ehrlich-Strathausen, SPDFraktion, bitte schön.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute liegt erneut ein Antrag meiner Fraktion zur Bekämpfung der Kinderarmut vor. An dieser Kontinuität unserer bisherigen Anträge können Sie erkennen, dass wir dieses Thema ernst nehmen und es nicht erst in Wahlkampfzeiten entdecken. Von Beginn an kam und kommt es uns unverändert vor allen Dingen darauf an, endlich etwas zur Verbesserung der Lebensbedingungen armer Kinder zu tun. Deshalb ist für uns die Vorlage konkreter Vorschläge wichtiger als die Teilnahme an Arbeitsgruppen der Landesregierung, an Arbeitsgruppen, die offensichtlich leider keine Konsequenzen haben. In der letzten Sitzung des Landesjugendhilfeausschusses wurde dies mehr als offensichtlich - egal ob Sozialfonds oder ob Kindercard oder Verbesserung der Regelsätze. Es kam nichts als heiße Luft. Auf Nachfrage im Ausschuss gab es dann die Vertröstung auf kommende Haushalte. Frau Lieberknecht, ich habe nach Ihren vollmundigen Ankündigungen als Ministerin mehr erwartet und nicht nur ich und meine Fraktion, nein, auch viele aus den Verbänden, die in den vergangenen Monaten an den Papieren fleißig mitgearbeitet und ihre Ideen eingebracht haben, alle haben wir mehr erwartet.

(Beifall SPD)

Schon im März in der Sitzung dieses Landtags hat meine Fraktion im Zusammenhang mit unseren Anträgen zur Kinderpauschale und zum Essenfonds die Glaubwürdigkeit der Sozialministerin eingefordert, damals ergebnislos und das scheint sich auch

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Ich habe eine ganz andere Meinung.)

Es wäre doch nur logisch, dass die Landesregierung nach dem Familientag eigene Vorschläge unterbreitete. Schließlich ist dieser Familientag im Wahljahr strategisch kurz vor die Kommunalwahlen gesetzt worden und wir haben das umso mehr erwartet, als die Sozialministerin in ihrer ziemlich genau ein Jahr zurückliegenden Ankündigung einer Kindercard Versprechungen machte, und zwar ging es damals um

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Es gibt sie.)

- ich habe sie auch noch mal mitgenommen - die Konzeption für die Thüringer Kindercard. Ich habe sie dabei. Frau Lieberknecht, es ging um zusätzliche kostenlose oder kostengünstige Leistungen für arme Kinder. In diesem Vorhabenpaket der Landesregierung zur Verbesserung der Situation armer Kinder ging es im Zusammenhang mit der Kindercard ausdrücklich um einkommensabhängige kostenfreie Angebote; um kostenfreie Angebote zunächst des Landes und darüber hinaus der Landkreise und der kreisfreien Städte. Auch in Ihrer damaligen Regierungserklärung haben Sie noch einmal auf die Kindercard hingewiesen. Herausgekommen ist eine bunte Werbekampagne für alles Mögliche, aber für viele bereits vorhandene Angebote. Teilnahmestempel dürfen gesammelt werden und Zeugniseinträge sind möglich, aber es gibt kein Wort mehr von zusätzlichen und zielgerichteten Angeboten für arme Kinder und erst recht kein Wort mehr von kostenloser Teilhabe, es sei denn - alles, was bisher kostenlos war, bleibt kostenlos -, die Teilnahme ist jetzt für die Kinder und für jeden Jugendlichen kostenlos schon möglich.

Dann stand noch dort zu lesen, dass es eine sogenannte Überraschung für Kinder geben sollte - eine Kinderüberraschung. Die Überraschung im Landesjugendhilfeausschuss bestand darin, dass die Vertreter der Landesregierung nichts zu einer Überraschung sagen konnten, mit der Antwort, wenn sie es jetzt sagen würden, dann sei es ja keine Überraschung mehr. So ganz überraschend ist das Ganze wirklich nicht mehr.

Festzuhalten bleibt damit bis zum heutigen Tag, wertvolle und fundamentale Anträge von unserer Fraktion zur grundlegenden Verbesserung der Lebensbedingungen armer Kinder, nämlich die Gewährleistung einer gesunden Essensversorgung, sowie zur Verbesserung des Schulstartes wurden von der CDU

jedes Mal abgelehnt.

Die nach einem Jahr des Nachdenkens von der Sozialministerin endlich vorgelegte Kindercard hatte weder mit dem Ergebnis der Arbeitsgruppen der Landesregierung noch mit den Forderungen der Verfasser des „Sozialen Wortes“, noch mit den Ankündigungen der Ministerin, noch mit den Erkenntnissen der Sozialforschung irgendetwas zu tun. Deshalb bleibe ich dabei, alles, was die CDU-Landesregierung im Hinblick auf Kinderarmut bisher getan hat, bestand bis zur Übernahme des Sozialministeriums durch die Kollegin Lieberknecht, also sprich, durch den ehemaligen Minister Zeh, in der Verleugnung des Problems und bei dem damaligen Herrn Minister Zeh war es ganz besonders zäh. Danach wurde das Problem zwar erkannt, glücklicherweise, es wurde auch von Frau Lieberknecht nicht nur erkannt, sondern auch anerkannt, aber die Handlungen daraus blieben weitgehend folgenlos.

(Beifall SPD)

Weitgehend sage ich nur deshalb, weil immerhin der ESF - der Europäische Sozialfonds - für das Projekt „Tizian“ genutzt werden konnte. Dessen Finanzierung wiederum erfolgte ausschließlich mit Mitteln aus Brüssel und auch aus Berlin.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Ist doch gut!)

Im Klartext bedeutet das, bei Tizian konnte sich die Finanzministerin schlecht widersetzen. Aber bei allen anderen Ansinnen aus dem Sozialministerium scheint Frau Diezel sich hingegen sehr erfolgreich durchgesetzt zu haben. Das ist schade für unsere Kinder in Thüringen und es ist eine Schande für die Landesregierung. Ich kann Sie weiterhin nur bitten, Frau Lieberknecht, dass Sie im Gegensatz zu Ihren Vorgängern die Möglichkeit des ESF in den letzten verbleibenden Wochen für die Bedürftigen unseres Bundeslandes weiterhin noch nutzen und dass Sie vor allen Dingen dafür sorgen, dass die Bürokraten in der GFAW das umsetzen, was mit Tizian beabsichtigt war. Auch die Ankündigung im März - 1.000 Menschen sollten davon profitieren, so sind laut meiner Erkenntnislage erst wenige Bewilligungen durchgegangen und die 1.000 Menschen, die davon profitieren sollten, erscheinen mir eigentlich wie ein Wahlkampfgag zu dieser Zeit.

(Beifall SPD)

Mit den originären Landesmitteln ist bisher nichts zur Verbesserung der Lebenslage armer Kinder in Thüringen geschehen und das, obwohl das Ausmaß der Kinderarmut dank langjähriger Niedriglohnenergie

und des konsequenten Sozialbbaus der CDU in Thüringen erschreckend ist. Wenigstens im Wahljahr hätte ich zumindest einen Versuch der Wiedergutmachung erwartet.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Aber keinen Wahlkampf.)

Wenn es Wahlkampf wäre, Frau Lieberknecht, dann hätten wir nicht vor Jahren schon mit dem Thema begonnen. Das ist alles andere als Wahlkampf, das ist bitterer Ernst.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Dass ich hier stehe und nach fünf Jahren Legislaturperiode dieser Landesregierung immer noch die Grundlagen dazu erklären muss, wie es den Kindern hier geht, das ist traurig genug.

(Beifall DIE LINKE)

Aber dass ich schon darauf eingehe, dass Sie versucht haben, hier etwas zu bewegen, das ist ja schon etwas, aber es ist nicht genug. Es fehlen weiterhin die Taten. Man kann davon ausgehen, wenn das noch nicht einmal jetzt passiert, dass ich mich frage, inwieweit die Landesregierung das Thema Kinderarmut eigentlich kalt lässt, denn die Kindercard ist jedenfalls keine Wiedergutmachung. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein im Bereich der Kindergärten und Familienförderung, mehr ist es im Moment nicht.

(Beifall SPD)

Die kurz vor dem Ablauf unserer jetzigen Legislaturperiode eingerichtete Arbeitsgruppe, an der ich ja anfangs auch sehr intensiv mitgearbeitet habe mit diesen Wohlfahrtsverbänden, diente einzig und allein entweder der Beschwichtigung oder Beschäftigungstherapie. Ich erinnere Herrn Panse, vor fünf Jahren - fünf Jahre lang Beschimpfung der Verbände, die sich nach Ansicht der führenden Repräsentanten der CDU-Fraktion angeblich an den Kitas bereichern und dann immerhin eine Arbeitsgruppe im letzten Jahr der Legislaturperiode eingerichtet haben, also da fallen mir Worte ein, die leider in diesem Hause nicht zulässig sind. Nein, Kinderarmut und ihre Bedingungen und ihre Folgen werden in Thüringen von dieser Landesregierung bisher in den Wurzeln nicht angegangen. Mit dem von uns in Auftrag gegebenen Sozialbericht unter Leitung von Prof. Merten von der Friedrich-Schiller-Universität liegen die Fakten wieder erneut auf dem Tisch und ich nenne noch einmal einige Beispiele. Man kann es nicht oft genug sagen, denn es scheint immer noch nicht auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. 28 Prozent der Kinder in Thü