Protocol of the Session on August 7, 2009

Das zweite Problem: Im Gesetz steht, die Aufgabenträger müssen die Grundstücke einteilen, Durchschnittsgrundstücke bilden in drei Kategorien, in Grundstücke, die überwiegend zum Wohnen geeignet sind. Oh, jetzt geht es los. Welches Grundstück ist denn überwiegend zum Wohnen geeignet? Es gab bereits mal ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das hat entschieden, die Garage war nicht Lebensmittelpunkt der Ostdeutschen. Immerhin, da sind wir uns mal schon sicher, ein Garagengrundstück scheint nicht zu Wohnzwecken geeignet zu sein. Bei Erholungsgrundstücken ist es aber anders, da haben Sie gesagt, das war für viele, die in der Platte wohnen, durchaus Lebensmittelpunkt. Das wissen Sie ja aber nicht, Herr Scherer, weil, Sie sind ja ein falscher Thüringer.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Da müssen Sie durch, das ist nun einmal so. Wer im Glashaus sitzt, der darf nicht …

(Zwischenruf Scherer, Innenminister: Ich klage deshalb aber nicht.)

Ich habe das leidvoll durch, ich sitze auch im Glashaus und muss auch immer aufpassen.

(Unruhe CDU)

Ja, wenn ich mit Steinen schmeiße, da kommt auch mal etwas zurück. Aber ich halte das aus. Deswegen dürfen Sie da nicht so jetzt …

(Zwischenruf Scherer, Innenminister: So empfindlich wie andere bin ich nicht.)

Ja, ja. Aber das können wir Ihnen noch einmal erklären mit den Garagen und Erholungsgrundstücken, das geht schon. Sie kennen ja dafür das Bundeskleingartengesetz. Das war für uns etwas Neues und die Probleme mit der Baumschutzverordnung, wenn ein Nadelbaum … Aber das ist okay. Das ist nicht Thema jetzt.

Also es ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Aber daran wird gerade bei mischgenutzten Grundstücken, also wo Gewerbe noch dabei ist, was ist ein Grundstück, überwiegende Wohnzwecke. Dafür brauchen wir eine andere Lösung. Dann haben Sie eine Kategorie „sonstige Grundstücke“. Sie haben Grundstücke für überwiegende Wohnzwecke, Sie haben gewerblich und wirtschaftlich genutzte Grundstücke und sonstige Grundstücke. Was sollen damit die Zweckverbände denn machen? Was sind denn jetzt die sonstigen Grundstücke? Da gibt es sinnvolle Vorschläge, das zu lösen. Das machen Sie nicht, warum auch immer. Ich unterstelle Ihnen, Sie wollen gar keine Lösung, Sie wollen einen Dauerkonflikt auf kommunaler Ebene und lehnen sich zurück und freuen sich, dass die Kommunalpolitiker und die Bürger sich gegenseitig die Köpfe einhauen und dann kommen Sie und machen ab und zu mal den Retter.

(Beifall DIE LINKE)

Das funktioniert nicht mehr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Bereich Straßenausbau haben Sie überhaupt nicht aufgegriffen. Frau Taubert hat dankenswerterweise noch mal auch die Vorgeschichte dargestellt. Das zeugte davon, dass Sie nicht mehr bereit oder nicht mehr fähig sind, die Probleme dieses Landes aufzugreifen. Beides ist gleich schlimm und führt meist eine fristlose Entlassung nach sich. Das entscheidet aber der Wähler. Aber da habe ich viel Optimismus.

(Beifall DIE LINKE)

Es geht dort bei den Straßen - ich darf es noch einmal sagen - um 300 Gemeinden, die zurzeit noch überhaupt keine Satzung haben. 100 Gemeinden haben wiederkehrende Straßenausbaubeiträge. Es geht um 240 Mio. € für bereits getätigte Investitionen. Die Straßen müssen in einiger Zeit schon wieder gemacht werden. Da müssen die Bürger dann doppelt bezahlen. Sie, Herr Scherer, haben angekündigt, Sie können sich die sächsische Regelung vorstellen. Wir freuen uns, wir haben das schon 2005, als Bernshausen kam, und dann 2007 im Januar, als die Sachsen neu entschieden haben, gefordert und hatten hier einen Gesetzentwurf. Damals haben Sie noch völlig dagegen gesprochen. Ich habe noch einmal im Protokoll nachgelesen; da waren Sie noch völlig dagegen. Aber für mich ist der persönliche und politische Irrtum nichts Fremdes. Deswegen gestehe ich auch Ihnen zu, dass Sie sich täuschen und da ist es auch gut, dass Sie das auch eingestehen. Aber es ist eben durchsichtig, wenn Sie sagen, das machen wir erst nach der Wahl. Wir brauchen kein Gutachten, auf das Sie schon eineinhalb Jahre warten, weil die Argumentation des sächsischen OVG so überzeugend ist, das hätten wir eins zu eins übernehmen können. Dann hätten Sie unsere Gesetzentwürfe nur nehmen können. Die sind genau so überzeugend. Von daher brauchen wir nicht länger auf dieses Gutachten zu warten. Wir wissen nicht, wann es kommt. Ich vermute mal, Sie werden es nicht mehr entgegennehmen können. Das muss dann der neue Innenminister machen, auch nicht mehr die CDU als Opposition, die bekommt dann eine Kopie zur Kenntnisnahme.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: IM Kai- ser wird das dann entgegennehmen.)

So haben Sie es ja mit uns die letzten Jahre gemacht, Herr Fiedler, aber ich kann es Ihnen ja dann erklären und erläutern. Das mache ich schon gern.

So, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf noch einmal kurz zusammenfassen: Erhebliche verfassungsrechtliche Probleme, was das Verfahren betrifft. Wir werden das überprüfen lassen, Herr Scherer. Meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU, für uns ist das Verfahren heute nicht abgeschlossen. Es wird eine Fortsetzung geben, weil wir nicht wollen,

(Beifall DIE LINKE)

dass erneut nur Gerichte entscheiden. Wir wollen hier die Arbeit machen.

Zweitens: Wir wollen den Ausstieg aus den Abwasserbeiträgen, raus aus den Straßenausbaubeiträgen.

(Beifall DIE LINKE)

Übrigens, Baden Württemberg hat unter Führung der CDU - Sie brauchen hier gar nicht auf uns zu hören oder auf die Bürger, das ist sicherlich für Sie zuviel verlangt, weil Sie haben ja so einen Grundsatz in Ihrer Politik: Politik macht so viel Spaß, wenn da der Bürger nicht wäre. Das ist das Einzige, was stört. Da haben Sie Ihren Beruf verfehlt, das ist eben das Problem. Aber Sie können doch mal in Baden Württemberg mit Ihren CDU-Freunden diskutieren, die haben die Straßenausbaubeiträge abgeschafft, die fallen aber auch unter die Regelung des Grundgesetzes. Damit kann ich mir nicht vorstellen, dass es da noch große verfassungsrechtliche Hürden geben soll. Die Stadtstaaten Hamburg und Bremen hatten die nie und die anderen europäischen Staaten schon gar nicht, von daher fehlt Ihnen nur der politische Mut oder der Wille.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das trifft auf euch zu.)

Es kann auch sein, dass Ihnen der politische Wille fehlt. So teuer ist es gar nicht im Vergleich zu dem, was Sie in den letzten Jahren im Bereich Abwasser in den Sand gesetzt haben oder in die Erde, da sind die Folgekosten noch unüberschaubar. Aber es wird nicht zum Nulltarif zu haben sein, das ist auch klar. Es wird schon noch teuer, das haben Sie aber zu verantworten.

Neben diesen grundsätzlichen Dingen sagen wir, Sie haben bewusst wieder Teilprobleme nicht aufgegriffen und gelöst. Das wird erneut zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen. Und Sie haben den gesamten Bereich Straßenausbaubeiträge nicht erfasst, obwohl die Vorschläge schon seit Jahren dalagen, nicht erst seit den Änderungsanträgen von DIE LINKE und SPD.

Von daher beantragen wir noch einmal die Rücküberweisung an den Innenausschuss als federführenden Ausschuss, um zumindest die formellen, die verfassungsrechtlichen Verfahrensfehler zu heilen. Da kann auch noch einmal über die inhaltliche Auseinandersetzung gestritten werden. Wir sind doch nicht in der Not, das vor der Wahl zu entscheiden. Der Innenminister hat auch gesagt: Straße machen wir nach der Wahl.

(Beifall CDU)

Wir haben Zeit bis 2010

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Der widerspricht sich.)

und Sie müssen nur unserem Gesetzentwurf zustimmen. Das haben wir ja als Übergang und dann haben wir noch 16 Monate Zeit, um in Ruhe darüber zu diskutieren, unter welchen Voraussetzungen wir aus den Abwasser- und Straßenausbaubeiträgen aussteigen können. Die Bürger erwarten diesen Ausstieg

(Beifall DIE LINKE)

und, ich bin überzeugt, Sie erwarten es letztlich zu Recht. Danke.

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Groß zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs, zu Ihrem Gesetzentwurf etwas sage, möchte ich heute mal nicht intensiv auf das eingehen, auf diesen hanebüchenen Unsinn, den Sie als Experte für Wasser und Abwasser hier von sich gegeben haben. Ich möchte nur auf das hinweisen, womit Sie begonnen haben.

(Unruhe CDU)

Sie haben begonnen und kritisiert, wir sollten doch mehr Selbstkritik üben. Das würde Ihnen gut zu Gesicht stehen, das kann ich nur sagen.

(Beifall CDU)

Zur Öffentlichkeit: Dass die Öffentlichkeit nicht informiert war,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die Bürger.)

dass die Innenausschuss-Sitzung öffentlich ist, das ist schlichtweg nicht wahr. Es ist vorher in der Presse erschienen. Wir haben das öffentlich gemacht. Im Übrigen hätte auch Ihre Fraktion die Öffentlichkeit der Sitzung beantragen können, denn Sie kennen die Geschäftsordnung genauso gut wie wir.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir behandeln heute in zweiter Beratung den Gesetzentwurf für ein Kommunalabgabenübergangsgesetz sowie für ein Beitragsbegrenzungsgesetz. Beide Gesetzentwürfe sind eine Reaktion auf das Urteil unseres Verfassungsgerichtshofs vom April dieses Jahres. Ich betone wirklich noch einmal, dass dieser

Gesetzentwurf, den wir auch zum Beitragsbegrenzungsgesetz eingebracht haben, eine Reaktion auf das Verfassungsgerichtsurteil ist und deshalb nicht ein Sammelsurium, das weiterer Klärung bedarf. Wir haben damals gesagt, wir werden das klären zum Wohl unserer Bürger und wir haben es nicht nur versprochen, sondern wir haben das mit dem Gesetzentwurf auch getan. Das Kommunalabgabenübergangsgesetz stellt nach unserer Ansicht keinen geeigneten Vorschlag dar, denn das Ziel Ihres Gesetzentwurfs ist lediglich, die Lösung der Probleme in die Zukunft zu verschieben. Sie haben das zwar hier am Pult nicht gesagt, aber wenn Sie die Reaktion oder die Schreiben der Anzuhörenden zu Ihrem Gesetzentwurf gelesen haben, dann werden Sie auch hier gesehen haben, dass die Anzuhörenden das ähnlich gesehen haben und damit nicht einverstanden waren. Ich werde nachher noch etwas dazu sagen.

Daher ist unser Gesetzentwurf für das Beitragsbegrenzungsgesetz für uns der Gesetzentwurf, der die Hilfe für die Bürger bringt und den wir auch heute hier beschließen möchten. Hiermit wird sichergestellt werden, dass die gesetzgeberische Wertentscheidung aus dem Jahre 2004 auch unter Berücksichtigung des oben genannten Verfassungsgerichtsurteils aufrechterhalten bleibt. Durch unseren Gesetzentwurf werden Eigentümer erstens unbebauter und zweitens überdurchschnittlich großer Grundstücke sowie drittens sowohl die unterhalb der baulichen Höchstgrenze bebaut sind, privilegiert und damit bevorzugt.

Im Übrigen, heute Morgen, als Sie bei der Feststellung der Tagesordnung die Absetzung dieses Tagesordnungspunkts beantragt haben, da kann ich nur darauf hinweisen, unser Ministerpräsident a.D. Herr Dr. Bernhard Vogel hat immer gesagt, bedenke das Ende. Das hätten Sie auch tun sollen, denn wenn wir das abgesetzt hätten, das hätte ja Bedeutung gehabt, und zwar hätte es bedeutet, keine Erleichterung für die Betroffenen und keine Kostenerstattung für die Verbände. Ich hatte Ihnen die Motive meiner Fraktion für die Gesetzesinitiative bereits in der ersten Lesung dargelegt. Deshalb darf ich heute nur noch einmal kurz betonen, dass wir mit der heutigen Verabschiedung des Gesetzes nicht nur unser Wort aus dem Jahre 2004 halten, sondern insbesondere die spürbare Entlastung der Betroffenen beibehalten und absichern.

Frau Abgeordnete Groß, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Kuschel?

Nein, durch den Abgeordneten Kuschel gestatte ich keine Anfrage.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Es könnte ja jetzt fachlich werden.)

Unsere Neuregelung orientiert sich konsequent an den im Januar 2005 eingeführten Privilegierungstatbeständen, weil nur so die vom Gesetzgeber beabsichtigte bürgerfreundliche Finanzierung und vorteilsgerechte Belastung der Abgabenpflichtigen aufrechterhalten werden kann. Im Rahmen der Anhörung hat unser Gesetzentwurf große Zustimmung erhalten. Selbstverständlich gab es auch hier und da Bedenken, Hinweise und Ergänzungsvorschläge. Die Forderung der Fraktion DIE LINKE auf eine vollständige, flächendeckende Abschaffung der Beiträge haben wir nicht aufgenommen, weil dies auch nach Einschätzung des Verfassungsgerichtshofs zu einer nicht mehr zumutbaren Erhöhung der Gebühren führt. Sie kennen das selbst. Sonstige Ergänzungsvorschläge, insbesondere die Verquickung mit den Fragen des Straßenausbaubeitragsrechts, haben wir ebenfalls nicht aufgenommen. Deshalb - Frau Taubert, Sie wissen das schon vom Innenausschuss - werden wir auch den Antrag heute ablehnen. Wir haben uns nur bezogen auf die Dinge, die der Verfassungsgerichtshof uns aufgetragen hat. Sie haben ja beide schon darüber geredet, Sie wissen selbst, um was für eine komplexe Materie es sich handelt und es ist einfach und jeder Bürger wird sagen, das ist eine prima Idee, das alles abzuschaffen, aber so einfach ist die Welt nicht. Wenn 60 Prozent der Bürger in Thüringen oder der Eigentümer in Thüringen schon gezahlt haben, dann kann man nicht einfach sagen, jetzt wischen wir das vom Tisch. Das ist eine rechtlich komplexe und schwierige Materie und wenn das Gutachten da ist - und ich bin überzeugt, dass ein CDU-Innenminister das Gutachten noch erhalten wird -, dann werden wir uns dieser Geschichte auch annehmen. Im Rahmen der Anhörung gab es Fragen zur Wirkung unseres Gesetzes für die Jahre 2005 bis zum Inkrafttreten des Beitragsbegrenzungsgesetzes. Nach sorgfältiger Erörterung haben wir uns daher entschlossen, das Gesetz aus Gründen der Rechtssicherheit rückwirkend zum 1. Januar 2005 in Kraft treten zu lassen. Dies ist zwar ein wenig ungewöhnlich, aber rechtlich möglich, weil es für die Betroffenen nur Vorteile mit sich bringt, denn die rückwirkende Inkraftsetzung trägt nach unserer Auffassung dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit und der Beständigkeit gesetzlicher Regelungen besser Rechnung und vermeidet Unsicherheiten bei den Bürgern und Aufgabenträgern. Nunmehr sollte noch klarer sein, dass durch die Neuregelungen für unsere Bürger eine Sicherheit besteht. Frau Taubert, diese Sicherheit besteht dann

wirklich, weil es auch im Gesetz verankert ist. Unsere Bürgerinnen und Bürger müssen also nicht befürchten, infolge des Verfassungsgerichtsurteils etwaige Nachforderungen der Aufgabenträger zu erhalten und die Aufgabenträger, die Zweckverbände, erhalten ihren finanziellen Ausgleich. Dies ist, denke ich, eine ausgewogene Lösung, die auch von der überwiegenden Mehrheit der Anzuhörenden begrüßt wurde. Daher werden wir das Gesetz heute so verabschieden. Ich denke, den Kolleginnen und Kollegen der Opposition würde es gut zu Gesicht stehen, dies auch zu tun. Danke.