Ihre Politik des „Weiter so“ ist ohnehin eine Politik des Stillstandes. Dann bleibt ja noch die Frage vom Charakter und von Charakterlosigkeit in Ihrer Politik. Sie haben hier gerade gegen Ende Ihrer Rede eine ganze Reihe von Dingen genannt, die Sie etwas positiv für sich bewerten. Aber da will ich Ihnen mal ganz deutlich sagen: Wo das der Fall ist, haben Sie immer nur einlenken müssen aufgrund von Protesten in der Öffentlichkeit dieses Landes und aufgrund des Agierens der Opposition in diesem Hause. Nicht eine einzige Korrektur, die Sie im Laufe Ihrer fünf Jahre Regierungszeit durchführen mussten, haben Sie wirklich aus eigenem Antrieb durchgesetzt, immer nur in Reaktion, wenn Sie um Ihre Wählerstimmen letzten Endes fürchten mussten und umgeschwenkt haben, aber nie, weil Sie wirklich das Problem erkannt haben, und schon gar nicht, weil Sie in der Lage sind, sich für Ihre Politik zu verantworten vor diesem Land. Und Sie hätten viel Grund, sich an vielen Punkten zu entschuldigen, Herr Althaus.
Aber, meine Damen und Herren, egal wie man es dreht und wendet oder welche Buchstaben des Alphabets man dazu heranzieht, diese Regierung ist, und das haben Sie heute wieder bewiesen, am Ende, sie hat wirklich keine Ideen mehr, sie hat keinen Plan für Thüringen. Sie haben nicht an einem Punkt Ihre Visionen, wenn ich mal von dem platten Begriff „die Krise als Chance nutzen“ absehe, deutlich gemacht, wie sich dieses Land den Krisenprozessen wirklich stellen will. Sie ersetzen das, wie Ihre Partei und Ihre Regierung schon die ganze Zeit, durch eine billige Propaganda und den Versuch, die öffentliche Meinung zu täuschen über die tatsächlichen Resultate Ihrer Politik.
Und dann ist es ja klar, dass natürlich unsere Bilanz und die Bilanz sehr vieler Menschen in diesem Land, gelinde gesagt, etwas anders ausfällt als die Ihrige, Herr Althaus. In Ihrer Regierungserklärung zum Amtsantritt am 9. September 2004 bekundeten Sie die Absicht, für mehr Wirtschaftswachstum und damit für mehr Arbeitsplätze zu sorgen. Doch wie sieht die Lage …
Dazu wollen wir einmal Ihrer Schönsicht auf das Land Thüringen, die Sie hier versucht haben deutlich zu machen, einige andere Fakten in der Debatte entgegenstellen.
Eine erste Bemerkung: Nach der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der Länder, Ausgabe von 2009, vorgelegt vom Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder, nimmt Thüringen den 14. Platz in der Wirtschaftsleistung und im Wachstum ein, meine Damen und Herren. Bei der Bruttowertschöpfung in jeweiligen Preisen belegt Thüringen ebenfalls Platz 14 im Ranking der Bundesländer. Wenn das eine Starposition ist, wie Sie ja vorhin hier gesagt haben, dann weiß ich nicht, wo Sie diese Einschätzung hernehmen. Aber dieser Fakt ist Ergebnis Ihrer Wirtschaftspolitik in diesem Land, Herr Althaus.
Eine zweite Bemerkung: Nach dem Bundesländerranking, allerdings hier aus dem Jahr 2008, aber wesentlich anders hat sich das auch nach jetzigen Erkenntnissen nicht entwickelt, der Initiative Neue soziale Marktwirtschaft - die müsste Ihnen, Herr Ministerpräsident, ja nahe stehen - und der WirtschaftsWoche landet Thüringen mit 44,5 Punkten auf Platz 11. Im Vorjahr lagen wir immerhin noch auf Platz 10, meine Damen und Herren. Weitere Daten sprechen mehr als Bände über die Situation im Land. Die Kaufkraft je Einwohner: Thüringen belegt im Ranking Platz 14 der Bundesländer. Das verfügbare Einkommen Euro/Einwohner: Thüringen belegt Platz 14 im Ranking der Bundesländer, Herr Althaus. Steuerkraft: Thüringen belegt Platz 15 im Ranking der Bundesländer. Beim Arbeitnehmerentgelt sind wir gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern das Land mit den geringsten Löhnen in Deutschland. Das, das sage ich auch an dieser Stelle, sind die Ergebnisse Ihrer Politik, die dringendst einer Korrektur bedürfen.
Übrigens belegen auch im Regionalranking zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten Ostdeutschland insgesamt und so auch Thüringen hintere Plätze. Wirtschaftsleistung und Wohlstand in den neuen Bundesländern sind eben auch 20 Jahre nach der friedlichen Revolution und nach dem Mauerfall weit hinter dem Westen zurück. Da nützen auch Einschätzungen nichts, die Sie heute wieder hier bedient haben, dass das alles einfach auf gutem Wege ist und wir weiter vorankommen. Die Fakten sprechen nach 20 Jahren eine deutlich andere Sprache. Von einem selbsttragenden Aufschwung kann nach wie vor nicht
Sie haben von Innovation gesprochen und was Sie dort gemeint haben zu tun und weiterhin tun wollen. Aber die Studie der Bertelsmann Stiftung „Deutsche Bundesländer im Innovationswettbewerb 2009“ liegt vor; sie bescheinigt uns, dass wir nur mittelmäßige Voraussetzungen für Neuerungen bieten. Wenn man davon ausgeht, dass wirtschaftliche Innovation, also die Entwicklung neuer Produkte, Güter und Dienstleistungen und deren Erfolg auf dem Markt, die Wirtschaftskraft eines Bundeslandes entscheidend beeinflusst, dann ist auch diese Feststellung kein Grund, positive Bilanzen zu ziehen, sondern es ist eine Alarmsituation, ein Alarmzeichen für dieses Land, meine Damen und Herren.
Dann haben Sie ja wieder, Herr Althaus - man vergleicht sich dann immer gern einmal mit demjenigen, der vielleicht noch etwas schlechter ist als man selbst, das ist ja ein geübtes Prinzip Ihrer ganzen Regierungspropaganda -, über die Löhne in Thüringen gesprochen. Ich hatte den generellen Fakt schon genannt. Aber dann wollen wir doch schon einmal bei der Tatsache bleiben, dass der Bruttodurchschnittslohn je Thüringer in der abhängigen Beschäftigung 1.830 € beträgt. In Ostdeutschland 1.910 €, in Westdeutschland 2.320 €. Damit erhalten die Thüringerinnen und Thüringer rund 79 Prozent des sogenannten Westgehaltes und 95 Prozent des Durchschnitts in Ostdeutschland. Also bestätigt sich, dass Ihre verhängnisvolle Linie, Thüringen zum Billiglohnland zu machen - und Sie haben das heute wieder als Standortvorteil bezeichnet und verteidigt -, uns in eine Situation gebracht hat, die in Thüringen nicht nur die soziale Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vielfach verschärft, sondern auch die Binnennachfrage in diesem Land eklatant schwächt und damit ein zentraler Punkt an dieser Stelle vorhanden ist, der uns sagt, wenn wir hier nicht umsteuern, brauchen wir über irgendeine Art der Bewältigung dieser Krise und ihrer Folgen überhaupt nicht mehr ernsthaft zu diskutieren. Das haben Sie offensichtlich auch nicht vor, Herr Althaus.
Die Aufzählung der harten wirtschaftlichen Daten ließe sich an dieser Stelle fortsetzen. Da will ich auch in dem Zusammenhang noch einmal sagen, weil Sie das ja heute auch wieder ein Stück weit bedient haben: Es geht hier überhaupt nicht darum, dass die Opposition oder die Partei DIE LINKE die Leistungen, ausgehend von der friedlichen Revolution 1989, ausgehend vom Mauerfall und der gan
zen zu verzeichnenden Entwicklung in den nachfolgenden Jahren bis zum heutigen Tag, etwa geringschätzen würde und das nicht anerkennen würde und dass dazu auch viele Mitglieder, Sympathisanten, Wählerinnen und Wähler unserer Partei einen großen Beitrag geleistet haben in den letzten 20 Jahren, dass man das nicht positiv genug einschätzen kann. Da bin ich völlig bei Ihnen. Aber, Herr Ministerpräsident, im Jahre 2009 immer wieder alle Mängel und Gebrechen ihrer eigenen Politik darauf zurückführen zu wollen und überhaupt den Vergleich immer wieder mit einer Zeit von 20 Jahren zurück unter anderen Bedingungen zu führen, das ist in gewisser Weise durchaus auch legitim, aber es greift viel zu kurz und ist überhaupt keine Antwort mehr auf die Probleme, die es heute in diesem Land gibt. Lösen Sie sich endlich von dieser Sicht, nur allein die 20 Jahre zurückzubewerten. Stehen Sie endlich kritisch zu Ihrer eigenen Politik, die Sie hier zu vertreten haben in den letzten sechs Jahren als Ministerpräsident.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thema Sozialpolitik gehörte zu den größten Auseinandersetzungen und Streitpunkten der zurückliegenden Jahre und auch hier gibt es natürlich eine konkrete Bilanz, die anders aussieht als die, die Sie versucht haben zu zeichnen. Ich gehe so weit an dieser Stelle und sage, unter Ihrer Regierung verdient, was das Regierungshandeln betrifft, Sozialpolitik noch nicht einmal mehr den Namen, den sie eigentlich darstellt. Sie haben einen ganz anderen Kurs eingeschlagen. Im Jahr 2004 traten Sie vor die Öffentlichkeit dieses Landes und verkündeten die Streichung des Blindengeldes ab dem Jahr 2006. Ihr Argument war damals, es sei verzichtbar wie viele soziale Leistungen. Unterdessen haben Sie das, glaube ich, als einen Fehler oder den größten Fehler sogar Ihres politischen Handelns eingestanden - das billige ich Ihnen an der Stelle wirklich zu -, nur muss man doch auch hier wieder sagen, warum Sie sich denn korrigiert haben, Herr Althaus, nämlich aufgrund der zahlreichen und massiven Proteste im Land. Dann haben Sie die Sache neu eingeführt auf niedrigstem Niveau. Da sind wir uns doch wohl einig, das ist einfach nicht zu bestreiten. Mit 230 € im Monat müssen Thüringer Menschen, die blind sind oder hochgradig sehbehindert, auskommen. Aber, meine Damen und Herren, da sehe ich uns einmal alle in der Runde an, was heißt denn „unter diesen Bedingungen auskommen“. Auskommen können doch diese Menschen wirklich nicht damit und deshalb sage ich Ihnen mit aller Deutlichkeit, wir stehen hinter den Forderungen des Blindenverbandes, diese Mittel schnellstmöglich
anzuheben und wieder einen auskömmlichen Zustand herbeizuführen. So weit sind Sie mit Ihrer Regierung und Ihrer Politik und mit der der Mehrheitsfraktion lange nicht gegangen.
Da nehme ich ja auch mit Interesse die Debatte zur Kenntnis - das habe ich schon vor einigen Wochen oder Monaten getan -, die Frau Lieberknecht aufgemacht hat.
Sie äußern sich zum Thema Rente. Das finde ich nun besonders toll. Wissen Sie, unsere Fraktion hat im Deutschen Bundestag vor Kurzem eine Reihe von Anträgen eingebracht und zur Abstimmung gestellt, die diese Fragen „Herstellung von Rentengerechtigkeit in Ostdeutschland und insbesondere Überwindung der Benachteiligung ganz vieler spezieller Menschen aus der DDR“ zum Thema hatten. Die SPD spricht sich in der Richtung ja aus, CDU spricht sich neuerdings in der Richtung aus, Sie sprechen sich neuerdings in dieser Richtung aus, da kann es ja wohl diesmal nicht an den unterschiedlichen Koalitionsmeinungen gelegen haben, dass Sie diesen Anträgen im Interesse der älteren Menschen in Ostdeutschland nicht zustimmen konnten. Solange Sie sich so verhalten, Herr Ministerpräsident, und solange sich die CDU so verhält, an der Stelle allerdings auch die SPD, da muss ich Ihnen ganz deutlich sagen, da sind Ihre Bekenntnisse zur Rentengerechtigkeit im Wahljahr nichts als bloße Propaganda.
Dann handeln Sie endlich! Das hätten Sie längst gekonnt auf diesem Gebiet. Deshalb können Sie, und das werden Sie auch bei den Menschen in diesem Land nicht erreichen, hier nicht als ganz großer Fürsprecher und Initiator von Rentengerechtigkeit durch das Land gehen. Sie haben 20 Jahre eine andere Politik betrieben. Wenn es heute die Möglichkeit gibt, im Bundestag die Situation zu ändern, sind Sie immer noch nicht bereit, in dieser Richtung auf Ihre Partei wirklich Druck auszuüben und sich dann auch so zu verhalten.
Unter Sozialpolitik, das hatten Sie gesagt, fällt die Frage der Gesundheitspolitik. Auch hier will ich durchaus sagen, was Sie genannt haben. Die Investitionen, die im Gesundheitsbereich und im Pflegebereich möglich geworden sind über die letzten zwei Jahrzehnte, die den Zustand zu vorher entschieden verbessert haben, das ist unbestritten, und die auch gegenwärtig noch im Gange sind, die sind natürlich zu schätzen. Aber da muss ich Ihnen dennoch sagen, nach 20 Jahren ist das eben nicht das Hauptthema von Gesundheitspolitik in der Bundesrepublik und auch nicht in Thüringen.
Wie war denn die Angelegenheit mit den Investitionen z.B. in den Krankenhäusern. Was haben Sie denn, meine Damen und Herren von der CDU und der Landesregierung, für eine Politik betrieben in diesen Fragen? Erst haben Sie allen öffentlichen Krankenhäusern gesagt - ich verkürze es etwas -, Fördermittel gibt es nicht, solange nicht in Richtung Privatisierung gedacht wird. Das haben Sie mehr oder minder offen ausgesprochen, meistens so ein bisschen scheinheilig über die Variante, die Kommunen haben ja die Investitionskraft nicht. Dass die die Investitionskraft im Übrigen nicht haben oder hatten, das ist auch Ihr Verdienst. Darauf kommen wir vielleicht noch an anderer Stelle zu sprechen. Dann ist die Privatisierung in Gang gesetzt worden. Dann haben Sie natürlich dafür gesorgt, dass die Zuschüsse entsprechend fließen. So weit, so gut. Damit haben wir jetzt eine Situation, dass wir vielfach material-technisch, diagnostisch, was moderne OPSäle betrifft usw., sehr viel bessere Bedingungen haben, aber wir haben keine bessere Gesundheitspolitik, meine Damen und Herren.
Sie, Herr Ministerpräsident - wir haben die letzten fünf Jahre wiederholt darüber debattiert -, haben immer wieder deutlich gemacht, dass Sie die Gesundheitspolitik der verschiedenen Bundesregierungen und vor allen Dingen natürlich auch der Großen Koalition teilen. Sie haben dafür gesorgt, dass in erster Linie durch diese Politik die Interessen der Gesundheitswirtschaft und der Pharmaindustrie in diesem Land bedient werden, aber nicht diejenigen der Patientinnen und Patienten. Das sind die Zustände, die die Menschen im Land zu Recht kritisieren, Herr Ministerpräsident.
Das hat natürlich dazu geführt - nicht nur in privaten Einrichtungen, da gibt es mit Sicherheit auch Unterschiede im Vorgehen -, dass eine umfangreiche Sparsituation im Bereich des Personals dort ansteht. Flächendeckende Versorgung mit Allgemeinärzten ist längst nicht mehr gesichert oder zumindest an vielen Stellen in Gefahr. Wenn Sie in die Krankenhäuser kommen, dann werden Sie ja vielleicht auch nicht nur die modernen Einrichtungen besichtigen, dann werden Sie ja vielleicht auch mal mit Pflegerinnen, mit ärztlichem Personal diskutieren. Dann werden die Ihnen sicher auch gesagt haben, wie die Situation ist, nachdem z.B. in vielen Kliniken aufgrund von Sparmaßnahmen alles zusätzliche Hilfspersonal entweder sowieso ganz abgeschafft oder in eine fragwürdige Privatisierung gegeben wurde, die dann auch wieder neue Schwierigkeiten aufwirft, dass zwei Schwestern zuständig sind in Unikliniken dieses Landes für zweieinhalb Gänge mit den entsprechenden Zimmern in der Nachmittagsschicht, also ein hohes Problem besteht überhaupt
darin, die ganzen Arbeitsgänge entsprechend zu betreuen. Da sage ich Ihnen auch noch mal, ich habe größte Hochachtung vor den Ärztinnen und Ärzten, vor dem pflegerischen Personal in diesem Land. Was diese Menschen auch zum Teil unter wirklich enormen Stressbedingungen dank Ihrer schlechten Politik leisten, das ist hoch anerkennenswert, aber nicht Ihre Politik im Gesundheitsbereich, meine Damen und Herren.
Thüringen - ein Familienland soll es sein -, das ist im Übrigen, Herr Ministerpräsident, auch in voller Übereinstimmung mit der Verfassung des Freistaats Thüringen, der seinerzeit unsere Fraktion nicht zugestimmt hat, aber die wir selbstverständlich achten und anerkennen, wie Sie eigentlich wissen könnten auch unsere Position. Aber Ihre Politik, die Sie anfänglich unter dem Begriff „Familienoffensive“ zusammengefasst haben, wird dem natürlich überhaupt nicht gerecht. Sie haben eine Umverteilung vorgenommen, 50 Mio. € im Landeshaushalt umgeschichtet hin zur Stiftung FamilienSinn. Ein erfolgreiches Volksbegehren, was sich dagegen gewandt hat, wo Ihnen schon im Vorfeld deutlich gemacht wurde in diesem Land, dass die Menschen mehrheitlich nicht mit Ihren politischen Vorhaben einverstanden sind, das haben Sie nicht beachtet. Sie haben den üblichen Gang gewählt, den diese Regierung immer wählt, wenn sie politisch nicht weiter weiß. Sie sind halt, das ist Ihr gutes Recht, vor das Verfassungsgericht gezogen. Aber ob das nun politischer Gestaltungswille für das Land Thüringen ist, dass man immer dann, wenn einem die Menschen im Land sagen „Wir möchten eine andere Richtung einschlagen“, zum Gericht rennen muss, um wenigstens für sich persönlich irgendwie noch zu versuchen, etwas zu retten, davon kann ja nun wohl überhaupt keine Rede sein.
Jetzt sage ich Ihnen: Was Sie erreicht haben, da Sie nicht bereit sind, Ihre Politik zu ändern, ist ein Neustart dieses Volksbegehrens. Sie werden damit konfrontiert sein. Ich sage Ihnen schon mal, richtig wäre das, was wir fordern und unterstützen: 2.000 Erzieherinnen mehr, bessere Weiterbildungsmöglichkeiten, bessere Ausbildung für die Fachkräfte, Abkopplung der Finanzierung des Erziehungsgelds von der Finanzierung der Kindertagesstätten und Verwaltungsvereinfachung, Rechtsanspruch von Anfang an, Ausbau der Kindertagesstätten zu Stätten wirklicher frühkindlicher Bildung, meine Damen und Herren. Das sind die Dinge, die auf der Tagesordnung stehen. Wenn Sie auch nur ein bisschen Achtung hätten vor der Meinung und der Debatte in diesem Land, würden Sie Ihre Politik korrigieren. Hätten Sie uns das heute hier gesagt! Aber Ihre Antworten sind wie in allen anderen Punkten ein „Weiter so“,
Das gilt genauso für die Bereiche von Bildung und Kultur. Mehr Ganztagsschulen auch in gebundener Form wollten Sie mit dem Konzept „Bildung und Betreuung von 2 bis 16“ ermöglichen. Aber da muss ich Ihnen sagen, zusätzlich hat sich keine einzige weitere Schule zur gebundenen Ganztagsschule entwickeln können. Die Zahlen, die Sie genannt haben, kann man natürlich auch anders interpretieren. Das heißt nämlich auch, 53 Prozent aller Regelschulen und 76 Prozent aller Gymnasien haben eigentlich keinerlei zusätzliche Angebote über den Unterricht hinaus, und das vor dem Hintergrund der öffentlichen Bewertung von Jugendentwicklung, von PISAStudien und anderen Dingen.
Da nenne ich doch mal folgende Fakten: Die Resultate Ihrer Politik sind auch hier sehr eindeutig, 7 Prozent der Schüler in Thüringen verlassen nach wie vor die Schule ohne Schulabschluss. In den letzten fünf Schuljahren waren das 10.500 Schülerinnen und Schüler. Da sage ich, Herr Althaus, welch ein Skandal, der aus Ihrer Politik hervorgeht.
Regelschüler bleiben dreimal häufiger sitzen als Gymnasiasten und 20 Prozent der Regelschüler können kaum rechnen, schreiben oder lesen - so die Einschätzungen. Wenn das ein erfolgreiches Bildungssystem sein soll, dann weiß ich nicht, worüber wir hier eigentlich reden. Die vollständige Lernmittelfreiheit wollten Sie ermöglichen und gleichzeitig die Eltern an den Lernmittelkosten beteiligen, schon ein Unding vom Ansatz her. Auch hier war es wieder so, massive Proteste im Land brachten Sie nicht einmal ansatzweise zum Umdenken. Mit großer Rücksichtslosigkeit haben Sie und Ihr Kultusminister das Vorhaben durchgedrückt und eine grandiose Bauchlandung damit erreicht, anders kann man es einfach nicht sagen. Erst wiederum durch Gerichtsurteil wurde das Abkassieren der Eltern unter dem Deckmantel der Sicherung der Lernmittelfreiheit gestoppt. Niemanden wollten Sie dann dabei überfordern, hatten Sie betont. Überfordert waren aber letztlich die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen, die nicht nur zu Unrecht erhobenen Lernmittelgebühren wieder einzusammeln, sondern auch noch die Rückzahlung an die Eltern zu organisieren. Wenn solche Politik nicht Chaos ist, Herr Althaus, dann frage ich Sie, was ist Chaos eigentlich dann? Bei uns ist es ausgebrochen.
Eine weitere juristische Schlappe mussten Sie ja in Ihrer Bildungspolitik dahin gehend hinnehmen, dass das Urteil zur Unrechtmäßigkeit der erzwungenen Teilzeitbeschäftigung verbeamteter Lehrerinnen und Lehrer gesprochen wurde. Da muss ich mal sagen, wie hat sich denn Ihr Kultusminister angesichts dieses Desasters mit Appellen an Solidarität und Einsicht der Pädagoginnen und Pädagogen gewunden. Herr Ministerpräsident, ich will ganz deutlich sagen, wer durch ein solches unverantwortliches Handeln die Zweiklassengesellschaft selbst im Lehrerzimmer etabliert, der hat überhaupt nicht das Recht, von den Betroffenen Solidarität und Einsicht einzufordern, der hat nur das Recht, seine fehlerhafte Politik zu korrigieren, meine Damen und Herren.
Dann kommen wir noch einmal zur Kernfrage. 70 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer wollen laut einer Wahlumfrage vom April dieses Jahres das längere gemeinsame Lernen. Der Thüringen-Monitor 2007 bestätigte bereits, was wir und die internationalen Bildungsstudien immer wieder deutlich gemacht haben: Zwei Drittel der Thüringerinnen und Thüringer sind der Meinung, dass der Schulerfolg bei uns in überdurchschnittlichem Maße von der sozialen Herkunft abhängt. Das, Herr Ministerpräsident, - und Sie haben ja heute wieder betont, dass Sie da nichts ändern wollen - ist letzten Endes auf unser dreigliedriges Schulsystem zurückzuführen. Da können Sie über Durchlässigkeit und Nichtdurchlässigkeit und Flexibilität reden, wie Sie wollen, Sie bleiben offensichtlich bei Ihrer Politik, dass Sie in der Schule frühzeitig Auslese wollen, die ist dann sozial determiniert und die führt infolge der gesamten Lebensbiographie eben nicht zu Chancengleichheit, sondern zum Gegenteil. Diese Politik, die werden wir weiterhin ablehnen. Wir sind für eine andere Politik, für längeres gemeinsames Lernen in diesem Land. Wir wollen mit den Menschen in diesem Land debattieren, wie das schrittweise zu erreichen ist. Die Umfragen bei den Bürgerinnen und Bürgern geben uns in dieser Angelegenheit auch recht, Ihre Politik läuft hier weiterhin in die Sackgasse, wenn sie nicht korrigiert werden kann.