Protocol of the Session on June 18, 2009

Ich sage Ihnen aber und rufe Ihnen deutlich zu, liebe Kollegen von der SPD-Fraktion, unsere Aktuellen Stunden sind eben doch deutlich aktueller als Ihre Dauerladenhüter, die Sie uns jeweils anbieten.

(Beifall CDU)

Denn, meine Damen und Herren, es wird Ihnen ja nicht entgangen sein, dass gerade die Frage der Aufarbeitung des Unrechts der Staatssicherheit, dass die Aufarbeitung der Frage, ob die DDR ein Unrechtsstaat war oder nicht, in den letzten Wochen immer aktueller und brennender wurde. Nicht zuletzt der Fall Kurras zeigt ganz deutlich, dass wir hier auch ein neues Schlaglicht in der Debatte um 1968 haben über die Stasitätigkeit im Westen. Ich glaube, es ist nicht ganz zu Unrecht die Rede von der unterwanderten Republik. Insofern, meine Damen und Herren, ist es uns wichtig, als CDU-Fraktion deutlich zu machen, dass wir hier nicht mit zweierlei Maß messen sollten.

(Glocke der Präsidentin)

Wir brauchen die Stasidebatte im Westen wie im Osten, aber eben nicht nur im Osten; denn eines ist deutlich, der Arm der Stasi hat deutlich weiter

gereicht als bisher gedacht wurde. Insofern ist es auch ein neues Schlaglicht in der Debatte über die Frage der Notwendigkeit und der Arbeitsweise der Birthler-Behörde sowie um die Frage, inwieweit die Bundestagsabgeordneten der Zeit von 1949 bis 1990 nicht auch noch mal überprüft werden sollten. Insofern bin ich auch unserer Präsidentin Frau Schipanski sehr dankbar, dass sie diesen Vorschlag öffentlich noch mal deutlich gemacht hat; denn aus unserer Sicht ist es wichtig, dass wir die Wirkungsmechanismen der Staatssicherheit nicht nur in der DDR nachweisen, sondern auch deren schlechten Einfluss auf die Bundesrepublik deutlich machen und dass das aufgeklärt wird.

Ich möchte allerdings auch auf einen anderen Aspekt eingehen, nämlich die Frage, wie im Stasiunterlagenbericht 2008 noch mal deutlich gemacht wurde, dass wir in den letzten Monaten zunehmend ein Interesse haben von betroffenen IMs, die darauf verzichten wollen, dass ihre Namen öffentlich gemacht werden. Wir sagen hier, wir wollen im Interesse einer wissenschaftlichen Aufarbeitung klare Maßstäbe haben für den Einzelfall: Wann ist das Interesse an einer wissenschaftlichen Auswertung über Stasiunrecht doch größer als das womöglich schutzwürdige Einzelinteresse. Wir stellen nicht in Abrede, dass es das geben kann, aber wir wollen hier klare Maßstäbe haben. Das Landgericht München hat in einem Fall, der Thüringen betrifft, einen solchen Maßstab aufgestellt. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass jetzt die zweite Runde in der prozessualen Auseinandersetzung eröffnet wurde. Der Anwalt, insofern darf ich das von unserer Seite verurteilen, des Klägers sagte hier, sein Mandat sei mit der Abwägung des Gerichts zwischen Persönlichkeitsinteressen und den Interessen eines - so wörtlich - Hobbyhistorikers nicht einverstanden. Hier geht es um die Frage, dass jemand veröffentlicht hat auf seiner Homepage, welche Machenschaften die Stasi in Erfurt geleistet hat, wo konspirative Wohnungen waren, wer inoffizielle Mitarbeiter waren. Nur aus unserer Sicht gehört es ganz elementar zur Aufarbeitung, wie es letztlich gestern Joachim Gauck auf Point Alpha formulierte, es gehört dazu, sich gegen eine gezinkte Erinnerung zu stellen, indem wir eine Aufarbeitung ermöglichen und nicht nur die Opfer, sondern auch die Täter deutlich beim Namen benennen. Dazu bedarf es klarer Maßstäbe für eine Interessenabwägung im Einzelfall. Wir brauchen auch weiter die Sicherheit, dass Täter als Täter benannt werden können. Denn letztlich - auch das ist eine Lehre der gestrigen Preisverleihung auf Point Alpha -, solange die Täter nicht als Täter erkannt und als solche behandelt werden, so lange gelten Opfer nicht als Opfer. Aus unserer Sicht haben die Opfer gerade des SED-Regimes ein Recht darauf, dass die Akten der Staatssicherheit zugänglich bleiben, dass die Taten der Stasi offen

gelegt werden, dass eine umfassende Forschung möglich bleibt und dass Geschichte aufgearbeitet wird. Dafür brauchen wir die Stasiunterlagenbehörden und dafür brauchen wir Zeitzeugen. Zeitzeugen sind aus unserer Sicht keine Hobbyhistoriker, sondern leisten einen entscheidenden Beitrag dazu, dass aus gezinkter Erinnerung eine ehrliche Aufarbeitung wird. Insofern halten wir fest an der Notwendigkeit von Staatssicherheitsunterlagenbehörden. Danke.

Das Wort hat Abgeordneter Döring, SPD-Fraktion.

Frau Präsidenten, meine Damen und Herren, ich will es sehr kurz machen. Herr Carius, was Sie hier vorgetragen haben, war für mich aktuell nichts Neues. Es war nichts weiter als ein Platzhalter. Ich bedauere das, weil dieses Thema das nicht verdient hat.

(Beifall SPD)

Ich will es nur deutlich machen, wir haben in der letzten Sitzung einen Antrag von Ihnen behandelt mit dem gleichen Wortlaut und haben uns da wirklich ausgetauscht. Ich kann nur sagen, wir haben auch einen Beschluss gefasst, nämlich dass auszugebende Mittel aus dem SED-Vermögen für Kultur, für Demokratie, Erziehung und Gedenkstättenarbeit genutzt werden kann. Ich erwarte von der Landesregierung wirklich eine zeitnahe Umsetzung. Wir werden das sehr kritisch betrachten. Das ist das Einzige, was aktuell ist. Was Sie gesagt haben, war überhaupt nicht neu und wir hätten uns das ersparen können. Danke.

(Beifall SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Bitte, Herr Staatssekretär.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Fraktion der CDU hat eine Aktuelle Stunde zum Thema „Politische Schlussfolgerungen aus dem Tätigkeitsbericht 2008 der Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR“ beantragt. Ich begrüße ausdrücklich, dass dieses Thema gerade heute auf der Tagesordnung steht. Gestern wurde in zahlreichen Veranstaltungen an den Volksaufstand vom

17. Juni 1953 erinnert und der Opfer, die an diesem Tag zu beklagen waren, gedacht. Bei der Gedenkveranstaltung auf Point Alpha, bei der die Bürgerbewegung der DDR besonders geehrt wurde, wurde deutlich, wie sehr auch die Demonstranten von 1989 in der Tradition der Frauen und Männer des 17. Juni 1953 standen. Die friedliche Revolution wäre nicht möglich gewesen ohne all diejenigen, die in der DDR schon Jahre und Jahrzehnte zuvor für Freiheit, Bürgerrechte und Demokratie wirkten und gekämpft haben. Diesen Menschen haben wir viel zu verdanken. Deshalb freut es mich ganz besonders, dass am gestrigen 17. Juni die Bürgerbewegung der ehemaligen DDR mit dem Point AlphaPreis für besondere Verdienste um die Einheit Deutschlands und Europas in Frieden und Freiheit geehrt wurde. Der vorgelegte Tätigkeitsbericht 2008 der Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR ist sehr hilfreich für die Arbeit der Landesregierung, ist er doch ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass es auch weiterhin notwendig ist, sich für die SED-Opfer einzusetzen. Ich danke der Landesbeauftragten Frau Hildigund Neubert und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an dieser Stelle ganz herzlich für die geleistete Arbeit und ihr großes Engagement.

(Beifall CDU)

Im Folgenden möchte ich die aus Sicht der Landesregierung wichtigsten politischen Schlussfolgerungen darlegen. Da die wesentliche rechtliche Grundlage der Arbeit der Landesbeauftragten das Stasi-Unterlagen-Gesetz ist, werde ich zunächst kurz darauf eingehen. Ausgehend von einer Initiative der Thüringer Landesregierung zur Änderung des StasiUnterlagen-Gesetzes und zur Änderung rehabilitationsrechtlicher Vorschriften konnte mit der Beschlussfassung im Dezember 2006 ein Kompromiss zum Siebten Gesetz zur Änderung des StasiUnterlagen-Gesetzes vorgelegt werden. Aus Thüringer Sicht war es besonders erfreulich, dass alle Länder unsere Positionen unterstützt haben und im Interesse aller Opfer des SED-Regimes kein Schlussstrich unter die Stasi-Vergangenheit gezogen wurde. Die Bewertung im Tätigkeitsbericht, dass der erleichterte Aktenzugang zu einer verbesserten und beschleunigten Bearbeitung von Forschungsanträgen geführt hat, ist sehr erfreulich. An dieser Stelle möchte ich die Arbeit und den engagierten Einsatz der Landesbeauftragten Frau Neubert und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der historisch-politischen Bildungsarbeit und bei der landesgeschichtlichen Forschung und Aufarbeitung besonders hervorheben und würdigen. Auch aus Sicht der Landesregierung sind die Erforschungen der DDR-Vergangenheit noch weiter zu verstärken, die Erinnerung lebendig zu erhalten und die Ergeb

nisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Beschäftigung mit der Vergangenheit ist keineswegs Selbstzweck. Aus ihr erwachsen vielmehr Einsichten für die Gestaltung einer besseren Gegenwart und Zukunft und es bilden sich Antennen heraus, die Entwicklungen frühzeitig wahrnehmen, die der demokratischen Gesellschaft und Zivilcourage entgegenstehen.

Soweit der Tätigkeitsbericht auf die Rehabilitierung und Wiedergutmachung von SED-Unrecht Bezug nimmt, ist festzuhalten, dass die Unterstützung der SED-Opfer seit Jahren Schwerpunkt im Arbeitsprogramm der Landesregierung ist. Hierzu hat der Freistaat Thüringen zahlreiche Vorhaben auf den Weg gebracht, wie z.B. folgende im Zusammenhang mit der Einführung der Opferpension: Bereits im Jahre 2004 hatten die Länder Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen mit einem Bundesratsantrag die Einführung einer Opferpension für ehemalige politische Häftlinge in den jungen Ländern gefordert. Der Freistaat Thüringen hat im Jahre 2006 in einer weiteren Bundesratsinitiative in der Länderkammer einen Beschluss erreicht, der vorsah, die Fristen zur Antragstellung in allen drei Rehabilitierungsgesetzen um weitere drei Jahre zu verlängern. Diese Forderung wurde mit dem dritten Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR aufgegriffen mit dem Ergebnis, dass die Antragsfristen um weitere Jahre bis 2011 verlängert worden sind. Thüringen beabsichtigt, sich in einer neuen Bundesratsinitiative für eine vollkommene Aufhebung der Antragsfristen einzusetzen. Dies entspricht auch dem Anliegen des vorliegenden Tätigkeitsberichts. Die Entscheidung für eine Opferpension gehört sicherlich zu den politischen Höhepunkten dieser Legislaturperiode, weil damit ein Stück mehr soziale Gerechtigkeit ermöglicht wird. In Thüringen gingen bis Ende Mai 2009 7.850 Anträge für eine besondere Zuwendung für Haftopfer im zuständigen Thüringer Landesverwaltungsamt ein. Mit Datum vom 31. Mai 2009 sind bereits 5.590 Bewilligungsbescheide erlassen worden.

Circa 19 Monate nach Beginn der Auszahlung zeigt sich, dass die Opferpension bei den Antragstellern, die diese Leistung erhalten, eine positive Resonanz hervorgerufen hat. Ungeachtet dessen beteiligt sich der Freistaat Thüringen weiterhin aktiv an einer länderoffenen Arbeitsgruppe zur Klärung des Änderungsbedarfs des strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, insbesondere zur Opferpension mit dem Ziel, die Situation der SED-Opfer weiter zu verbessern. Auch der im Jahr 2006 in Auftrag gegebene Forschungsbericht zur sozialen Lage der Opfer des SED-Regimes in Thüringen zählt zu den Vorhaben der Landesregierung, die zur Verbesserung der Situation eben dieser SED-Opfer beitragen sollen.

Der vom Jenaer Zentrum für empirische Sozial- und Kulturforschung e.V. erstellte Bericht beschreibt die soziale Lage der SED-Opfer aus juristischer, soziologischer und zeithistorischer Perspektive. Die Analysen und die umfangreiche Datenbasis bieten eine fundierte Grundlage für die Ableitung des weiteren Handlungsbedarfs in diesem Wissenschafts- und Politikfeld. Diese wissenschaftliche Untersuchung ist bisher einmalig in Deutschland und findet entsprechend große Beachtung. Die Ergebnisse des Forschungsberichts wurden im Dezember 2008 im Thüringer Landtag im Rahmen eines Kongresses, an dem über 200 Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen, der Öffentlichkeit vorgestellt. Breiten Raum nehmen im Tätigkeitsbericht die Beratung der Betroffenen von SED-Unrecht und der Opferverbände sowie die Unterstützung der Arbeit der Thüringer Beratungsinitiative ein. Für diese Beratungstätigkeit ist die Förderung der Opferverbände und Beratungsinitiative durch die Landesregierung eine ganz wichtige Grundlage. Entsprechend der Richtlinie zur Gewährung von Zuschüssen an Opferverbände des SED-Unrechts gibt es seit mehreren Jahren bereits vom Freistaat geförderte Beratungsstellen der Opferverbände. Um die SED-Opfer thüringenweit beraten und betreuen zu können, gibt es in Thüringen seit dem Jahr 2002 eine Beratungsinitiative. Diese Initiative wird gemeinsam mit der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Berlin und der Landesbeauftragten, sie nimmt hier die Fachaufsicht wahr, durchgeführt. Die Stiftung „Aufarbeitung der SED-Diktatur“ unterstützt die Beratungsinitiative mit einer Kofinanzierung in Höhe von jährlich 25.000 €. Der Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten liefert nicht zuletzt Beispiele und umfangreiches Argumentationsmaterial für die Notwendigkeit und die Wirksamkeit der Beratungsangebote. Insgesamt wurden für die Förderung der Opferverbände und der Beratungsinitiative bisher Landesmittel in Höhe von fast 1,2 Mio. € verausgabt. Die Landesregierung ist sich ihrer besonderen Verantwortung gegenüber den SED-Opfern bewusst. Sie wird daher bei der Förderung der Beratung und Betreuung dieses Personenkreises auch in Zukunft nicht nachlassen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Carius, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Kollege Döring - jetzt sind Sie schon nicht mehr Raum -, ich habe den Eindruck, Sie haben die öffentliche Debatte der letzten Wochen

überhaupt nicht wahrgenommen. Ich nehme aber zur Kenntnis, dass Ihr schmallippiger Beitrag in dieser Debatte wohl eher damit zu tun hat, dass Sie in der Debatte um Rot-Rot es mittlerweile lieber in Kauf nehmen,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das hat so einen Bart, Herr Carius)

unverhohlen in Kauf nehmen, dass aus den Stasis von gestern die Staatssekretäre von morgen sein sollen.

(Beifall CDU)

Zur Nichtbeteiligung der Fraktion DIE LINKE an dieser Debatte, meine Damen und Herren, lässt sich im Grunde nur eines schließen: Ich habe den Eindruck, Sie haben ein größeres Interesse an einer gezinkten Erinnerung als an direkter Aufarbeitung.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, dieser Eindruck wird ja nur noch verstärkt durch Ihr ungeklärtes Verhältnis zum Unrechtsstaat DDR. Insofern muss der Eindruck auch entstehen, dass es sich bei Ihnen lediglich um Lippenbekenntnisse handelt als um ein ernsthaftes Interesse an Aufarbeitung. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Dann beende ich die Aktuelle Stunde.

Wir waren heute bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, dass wir nach der Aktuellen Stunde den Tagesordnungspunkt 11, was ich hiermit tue, aufrufen:

Thüringer Gesetz zur Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen zur Förderung von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und der freien Berufe (Thüringer Unterneh- mensfördergesetz) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/5302 - ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Bitte, Frau Ministerin Diezel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, für die Übernahme von Bürgschaften zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft besteht derzeit ein Ermächtigungsrahmen bis zu einem Betrag von 200 Mio. € je Haushaltsjahr. Damit können Kredite und andere Finanzierungsinstrumente abgesichert und den Unternehmen in Thüringen die Finanzierung erleichtert werden. Der Ermächtigungsrahmen für die gewerbliche Wirtschaft ist aktuell in Höhe von 66 Mio. € ausgenutzt. Darin enthalten ist, wie Sie wissen, der Sondereffekt, eine Finanzierung, eine Bürgschaft in Höhe von 51 Mio. € zugunsten der Adam Opel GmbH. Ohne diesen Sondereffekt beliefe sich der Umfang der Bürgschaftsinanspruchnahme in Höhe von 15 Mio. € unterjährig auf dem Niveau der beiden Vorjahre, in denen der Bürgschaftsrahmen jeweils mit 39 Mio. € jährlich ausgeschöpft wurde. Damit ist Opel der erste Fall, mit dem sich die Wirtschaftskrise maßgeblich auf die Inanspruchnahme des Bürgschaftsrahmens ausgewirkt hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Thüringer Unternehmen kein Interesse an staatlichen Bürgschaften zeigen. Im Gegenteil, es ist ein starkes Interesse vor allen Dingen in den letzten vier Wochen von Thüringer Unternehmen, aber auch von international tätigen Unternehmen, die in Thüringen Standorte haben, zu verzeichnen. Das zeigt sich dadurch, dass sich Unternehmen bei der Thüringer Aufbaubank, aber auch bei der PWC, dem Mandatar des Landes, verstärkt nach Möglichkeiten der Finanzierungsunterstützung durch Bürgschaften erkundigen. Dieses Interesse hat sich zwar noch nicht in Form von konkreten Bürgschaften im Ermächtigungsrahmen niedergeschlagen, dennoch wollen wir eine Ergänzung der bestehenden Bürgschaftsmöglichkeiten vornehmen. Wie schnell staatliche Hilfeleistung zur Unterstützung der Unternehmen notwendig werden kann, hat das Beispiel Opel ja gezeigt. Wenn ich auch eine kurzfristige massive Inanspruchnahme des Bürgschaftsrahmens in den nächsten Wochen nicht erwarte und der Bürgschaftsrahmen im Augenblick eher niedrig, wie ich bereits gesagt habe, belegt ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass bis Ende des Jahres und bis zur Verabschiedung eines neuen Haushalts ergänzende Bürgschaften notwendig sind.

Das Ihnen vorliegende Unternehmensfördergesetz ist deshalb eine vorsorgliche Maßnahme, um die Handlungsfähigkeit des Freistaats und seiner Verwaltung bei der Thüringer Wirtschaft und zur Unterstützung der Thüringer Wirtschaft sicherzustellen. Dafür halte ich eine Ergänzung des Bürgschaftsrahmens von 200 Mio. € für ausreichend.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die vorsorgliche Bereitstellung eines zusätz

lichen Bürgschaftsrahmens erfolgt durch das Unternehmensfördergesetz. Der Entwurf eines Gesetzes, das die verfassungsmäßigen Voraussetzungen erfüllt, liegt Ihnen vor. Das Thüringer Unternehmensfördergesetz berechtigt nicht zu Ausgaben und es ändert nicht das bestehende Haushaltsgesetz. Es schafft lediglich einen zusätzlichen Bürgschaftsrahmen zu dem bestehenden Bürgschaftsrahmen und ermöglicht es dem Land, Unternehmen gerade in dieser schwierigen Situation der Krise in ihrer Finanzierung zu unterstützen. Alle Bürgschaften, die gegebenenfalls auf der Grundlage des Unternehmensfördergesetzes bewilligt werden, werden als Eventualverbindlichkeiten des Freistaats erfasst und ausgewiesen - und das immer in der Jahreshaushaltsrechnung.

Die SPD-Fraktion verliert sich in den letzten Tagen in pseudojuristischen Ausführungen, die aber in der eigentlichen Sache fehlgehen. Ausgangspunkt der Betrachtung ist Artikel 98 Abs. 2 Satz 1 der Thüringer Verfassung. Dort ist geregelt, dass die Übernahme von Bürgschaften einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Gesetz bedarf. Der Entwurf zum Unternehmensfördergesetz enthält diese betragsmäßig bestimmte Ermächtigung für einen Bürgschaftsrahmen. Die Thüringer Verfassung lässt ausdrücklich offen, welcher Art die gesetzliche Ermächtigung zur Übernahme von Bürgschaften sein kann. Sie kann im Jahreshaushaltsgesetz enthalten sein, sie kann in einem langjährig wirksamen speziellen Bürgschaftsgesetz enthalten sein, sie kann aber auch in einem Gesetz über eine vom Kalenderjahr unabhängige, kurzfristig wirksame Sofortmaßnahme der Wirtschaftsförderung, wie im vorliegenden Falle, enthalten sein. Mit ihrem Entwurf hat sich die Landesregierung für die letztgenannte Variante in dieser Krise entschieden und ist damit etwa dem Beispiel Hessens gefolgt, dessen Unternehmensstabilisierungsgesetz im Übrigen von allen im Landtag vertretenen Fraktionen gemeinsam getragen wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie verweisen auf den § 39 Abs. 1 der Thüringer Landeshaushaltsordnung, dass die Übernahme von Bürgschaften einer Ermächtigung durch das Haushaltsgesetz bedarf. Herr Dr. Pidde ist letztens in einer Pressemitteilung zu dem Schluss gekommen, dass das nur im Haushaltsgesetz sein darf. Ich habe eben ausgeführt, dass die Landesverfassung ein Gesetz bestimmt und nicht ausschließlich das Haushaltsgesetz.

Ich möchte Sie auch darauf aufmerksam machen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD, dass die Landeshaushaltsordnung immer wieder durch spezielle Gesetze präzisiert und ergänzt wird, z.B. jährlich durch das Haushaltsgesetz.

Im Haushaltsgesetz wird die Deckungsfähigkeit verändert dargestellt und verändert gesetzgeberisch festgelegt. Im Haushaltsgesetz haben wir in § 3 Abs. 2 den Pensionsfonds festgelegt, der steht nicht in der Landeshaushaltsordnung, sondern der Gesetzgeber, dieses Hohe Haus, hat das festgelegt. Die Erprobungsklausel in § 4 des Thüringer Hochschulgesetzes, also die Flexibilisierung im Haushaltsrecht der Hochschulen, ist im Thüringer Hochschulgesetz geregelt und steht nicht in der Landeshaushaltsordnung explizit. Deswegen sagen wir, in dieser Krise brauchen wir ein schnelles Instrument, das uns handlungsfähig macht bis zum nächsten Haushalt 2010. Dieses Gesetz ist ein Unternehmensfördergesetz. Es ist inhaltlich sinnvoll und formell korrekt. Ich bitte um Ihre Zustimmung und konstruktive Beratung in den Ausschüssen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeordneten Gerstenberger, Fraktion DIE LINKE, das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, keine Übertreibung scheint der CDU-Landesregierung zu groß zu sein, um Ruhm und Lobpreisung ihrer Politik nutzen zu können. Was haben Sie sich bei dem Titel eigentlich gedacht? Thüringer Unternehmensfördergesetz - und dann steht drin, dass wir Bürgschaften übernehmen. Wenn das die Unternehmensförderpolitik der Thüringer Landesregierung ist, dann sage ich mal, sie ist sehr eingleisig, sehr schmalspurig und auch sehr schmalbrüstig ausgelegt, aber sei es, wie es sei.

(Beifall DIE LINKE)

Vielleicht hätte besser gepasst „Gesetz zum Eingeständnis der Hilflosigkeit der Landesregierung beim Umgang mit der gegenwärtigen Krise“.

(Beifall DIE LINKE)