Protocol of the Session on May 7, 2009

und ihrer politischen Lautsprecher, also Ihrer Partei, wäre doch nicht zu überhören gewesen.

Frau Kollegin, Sie verweisen mit Recht darauf, dass Bildungsurlaubsregelungen aber auch die Thüringer landesgesetzlichen Regelungen zur ehrenamtlichen Tätigkeit der Jugendarbeit nur von einer Minderheit in Anspruch genommen werden. Aber Sie ziehen aus dieser Problembeschreibung vollkommen falsche Schlüsse. Es geht hier um die Gewährung von Rechten, die nicht dadurch ihre Berechtigung verlieren, dass viele davon keinen Gebrauch machen. Wenn es nach der Logik von Frau Lieberknecht ginge, müssten wir das verbriefte Demonstrationsrecht abschaffen, weil es nur eine kleine Minderheit ist, die dieses in Anspruch nimmt. Trotz des mit jeder Demonstration verbundenen Verwaltungsaufwands halten wir an dem Demonstrationsrecht, gottlob!, fest. Wahrnehmen von Rechten durch die Bürger und rechtsförmliche Verfahren, also Verwaltungsaufwand, gehören notgedrungen zusammen.

Meine Damen und Herren, wenn trotz des bestehenden Anspruchs Bildungsurlaub vor allem in Großbetrieben und im öffentlichen Dienst greift, wirft dies auch ein grelles Licht auf die Partizipationsmöglichkeiten in weiten Teilen der Wirtschaft. Denn offensichtlich sind starke Gewerkschaften, Betriebe und Personalräte die Voraussetzung dafür, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ermutigt werden, ihre gesetzlich garantierten Rechte auch wahrzunehmen. Wir würden uns wünschen, dass die Wahrnehmung von Weiterbildungsmaßnahmen sozial breiter wird. Sie jedoch wollen die Arbeitnehmer nicht als mündiges Subjekt und sie deshalb den Gnadenakten ihrer Arbeitgeber aussetzen. Notwendig ist ein gesetzlich fixiertes Anerkennungsverfahren. Dies zeigt, es geht hier nicht nur um Bildungsfreistellung ja oder nein, sondern auch um ein grundsätzlich unterschiedliches Gesellschafts- und Demokratieverständnis, das uns Sozialdemokraten von Ihrer Partei trennt. Wir wollen die Demokratie nicht nur als politisches System, sondern als Lebensform.

Meine Damen und Herren, dies gilt im Übrigen auch für die Wirksamkeit von Bildungsprozessen. Diese tritt nur dann ein, wenn die Eigenmotivation der Teilnehmenden gegeben ist, wenn ihre Bedürfnisse mit einbezogen sind. Arbeitnehmer sind sehr wohl in der Lage, ihre Bildungsziele selber zu bestimmen. Es liegt in ihrem eigenen Interesse, ihre Beschäftigungsfähigkeit abzusichern und durch ihre Bildungsbeteiligung zu einem günstigen Bildungsklima in den Betrieben und auch im familiären Bereich beizutragen. Wie wichtig es wäre, alle gesellschaftlichen Kräfte für die Weiterbildung zu mobilisieren, zeigt auch die gerade erschienene internationale Arbeitsplatzstudie eines führenden Personaldienstleistungsunternehmens, also einer der Ge

werkschaftsnähe unverdächtigen Einrichtungen. Demnach sind in Deutschland mehr als die Hälfte der Befragten mit den vom Arbeitgeber bereitgestellten Fortbildungsmaßnahmen unzufrieden. Schon länger ist bekannt, dass gerade in der Bundesrepublik alle beteiligten Akteure, also öffentliche Hand, Unternehmen und Individuen, im Vergleich zu anderen OECD-Ländern unterdurchschnittlich in die Weiterbildung investieren. Gerade unter den Bedingungen der Krise sollte man von der Landesregierung erhöhte Anstrengungen erwarten, die Rahmenbedingungen zu verbessern.

Meine Damen und Herren, einerseits fordern Sie mehr Einsatz für die Demokratie und wollen das Bild des Ehrenamts in der Öffentlichkeit stärken wie die heute im Erfurter Rathaus stattfindende Tagung „Ehrenamt - gelebte Demokratie“ und betonen generell die Wichtigkeit des lebensbegleitenden Lernens, haben aber bisher den Beschäftigten einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung verweigert.

Werte Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion, Sie haben heute die Chance, Sprechen und Handeln in Einklang zu bringen, indem Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen, meine Hoffnung allerdings hält sich in Grenzen. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Als nächster Redner folgt Abgeordneter Emde, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kollegen! Lieber Herr Kollege Döring, dass Sie nun hier zwischen einer Zustimmung zu diesem Bildungsfreistellungsgesetz und dem Demokratieverständnis so die ganz enge Brücke ziehen, das kann ich in keinster Weise nachvollziehen und das geht mir auch ein Stück weit gegen den Strich. Ich nehme da nur einmal meine eigenen Erfahrungen in meinem Verein. Ich habe eine größere Abteilung mit insgesamt 14 Übungsleitern und seit zehn Jahren gehen wir alle freiwillig und ohne dass wir Freistellung dafür benötigen, zur Fortbildung, zur Qualifizierung und üben nebenher unser Ehrenamt als Übungsleiter und Vereinsorganisatoren aus. Dazu braucht es keine Freistellung, das tun wir freiwillig und mit großem Engagement und das tun im Übrigen viele Thüringer in ganz vielen Bereichen, auch im beruflichen Bereich und deswegen muss es nicht unbedingt ein Bildungsfreistellungsgesetz geben. Unsere Analyse oder unsere Meinung dazu hat sich im Vergleich zur Diskussion beim letzten Mal nicht geändert, deswegen lehnen wir nach wie vor diesen Ge

setzentwurf ab. Es ist ja auch verwunderlich, dass Sie auf der einen Seite darauf hinweisen, dass 12 von 16 Bundesländern ein solches Gesetz hatten, aber in keinem anderen Bundesland muss dann dafür so tief in das Säckel des Steuerzahlers gegriffen werden. Es ist eben auch so, dass genau die vier Bundesländer, die wirtschaftlich und in den Bildungsparametern spitze sind, kein solches Gesetz haben. Diese Parallelen, die Sie ziehen, treffen in keinster Weise zu. Ich will nur aus aktuellem Anlass noch einmal darauf hinweisen, wir haben ja eine Zeit der Stagnation, eine Wirtschaftskrise, wo auch sehr viel mit Teilzeitarbeit gearbeitet wird - gut, dass es dieses Instrument gibt, und die Thüringer Landesregierung fördert mit bis zu 80 Prozent die Möglichkeit, in dieser Zeit, in der nicht direkt gearbeitet und produziert wird, sich Fortbildungen zu widmen. Das wird wahrgenommen, wird aktiv von der Landesregierung unterstützt. Ich denke, es gibt nach wie vor keinen Grund, dieser Gesetzesinitiative der SPD zu folgen. Wir lehnen das Gesetz ab.

(Beifall CDU)

Weitere Redeanmeldungen von Abgeordneten gibt es nicht. Damit hat Ministerin Lieberknecht das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere Frau Skibbe und Herr Kollege Döring, ich kann nahtlos anschließen an die Ausführungen von Herrn Kollegen Emde. Die Argumente sind ausgetauscht, es hat keine weitere Debatte in den Ausschüssen stattgefunden, nur die Unterstellungen, man möchte Bildung den Thüringer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorenthalten, die weise ich schon sehr deutlich zurück. Ich kann nahtlos an Kollegen Emde anschließen, es sind Thüringer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zu den Qualifiziertesten sowohl in fachlicher Hinsicht als auch in allgemeinbildender Hinsicht gehören. Das bekommen wir immer wieder bestätigt, sowohl von unseren Thüringer Unternehmen, wo sie hochqualifizierte Arbeit leisten, als auch von Unternehmen aus anderen Ländern, wo auch unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hoch begehrt sind, wo wir alles tun müssen, um sie hier im Lande zu halten. Es kann also nicht an mangelnder Bildung liegen. Es gibt keine neuen Argumente, von daher verweise ich auf die Debatte, die wir ausführlich am 20. März hier haben stattfinden lassen. Es bleibt bei der Ablehnung auch vonseiten der Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt, auch im Blick auf die gesamtwirtschaftliche Lage. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Weitere Wortmeldungen gibt es nicht mehr. Damit schließe ich die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Herr Abgeordneter Schröter, bitte.

Namens der CDU-Fraktion beantrage ich namentliche Abstimmung.

Dann werden wir über den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4966 in zweiter Beratung in namentlicher Abstimmung abstimmen. Ich bitte die Karten einzusammeln.

Dann darf ich bitten, dass noch jemand nach vorn kommt, damit ich meine Karte abgeben kann.

Damit hat jetzt jeder seine Stimmkarte abgegeben, die Abstimmung ist geschlossen. Ich darf bitten auszuzählen.

Das Abstimmungsergebnis liegt vor. Es wurden 61 Stimmen abgegeben, Jastimmen 21, Neinstimmen 40, keine Enthaltungen (namentliche Abstim- mung siehe Anlage 2). Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und rufe auf den neu aufgenommenen Tagesordnungspunkt 6 a

Gesetz zur Änderung des Thü- ringer Kindertageseinrichtungs- gesetzes und anderer Gesetze (Gesetz für bessere Familien- politik in Thüringen) Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE und SPD - Drucksache 4/3721 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 4/5171 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/5190 - ZWEITE BERATUNG

Zunächst hat das Wort Frau Abgeordnete Künast aus dem Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zur entsprechenden Berichterstattung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, die Beschlussempfehlung liegt Ihnen mit der Drucksache 4/5171 vor. Anlässlich der letzten Sitzung des Thüringer Landtags im März habe ich umfangreich die Beratungsstationen des Gesetzentwurfs vom 24.01.2008 an beschrieben. Ich erlaube mir, dies hier heute nicht noch mal zu tun, denn das umfasst acht Seiten. Darum erspare ich mir heute die Wiederholung. Hinzufügen möchte ich lediglich: In der 60. Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit am 24.04. wurde der Gesetzentwurf mit der Drucksache 4/3721 abschließend beraten. Er wurde mit der Mehrheit der Stimmen der CDU im Ausschuss abgelehnt. Obwohl zuvor mehrfach angekündigt, wurden seitens der CDU keine eigenen Vorschläge in den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit eingebracht. Eine Mitberatung der anderen Ausschüsse fand angesichts der seit dem 24.04.2009 offensichtlich politischen Willensbildung der CDU-Mehrheitsfraktion im Einvernehmen aller im Landtag vertretenen Fraktionen nicht statt. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer dass die Beratung des Gesetzentwurfs damit fast 16 Monate dauerte. Alle zwischenzeitlich vorgestellten Studien - von den Ergebnissen der Bertelsmann Stiftung, über die Studie der Landesregierung bis hin zum Kindersozialbericht von Prof. Merten - bestätigten den im Gesetzentwurf formulierten Handlungsbedarf.

(Beifall SPD)

Wünscht die CDU-Fraktion noch die Begründung zum Entschließungsantrag? Das ist nicht der Fall. Damit kann ich die Aussprache eröffnen. Als erster Redner hat das Wort Abgeordneter Panse, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn das der Bericht aus dem Ausschuss gerade war, dann waren wir in verschiedenen Ausschüssen, Frau Kollegin. Ich habe auch den Beratungsverlauf im Ausschuss erlebt. Wir sind mitnichten zu dem Votum gekommen, dass alle Gutachten der letzten Monate den Gesetzentwurf der Opposition bestätigt hätten. Ich werde darauf gern eingehen und werde Ihnen das auch erklären. Es ist schlichtweg falsch und es ist deswegen auch nicht angemessen, uns dies hier als Bericht des Ausschusses zu verkaufen. So war es nicht.

Wir haben hier in der Tat so oft miteinander diskutiert zum Familienfördergesetz oder zum Gesetzent

wurf der Oppositionsfraktionen, Frau Kollegin Jung, Sie haben es gerade gesagt, eigentlich fällt einem kaum noch etwas Neues ein. Sehr wohl sollten wir allerdings eine Zusammenfassung dazu bieten, weil natürlich das, was Frau Kollegin Künast gerade geschildert hat, was wir in den letzten 16/18 Monaten miteinander im Sozialausschuss diskutiert haben, sehr wohl eine ganze Menge an zusätzlichen Erkenntnissen gebracht hat und - ich sage für die CDU-Fraktion - sehr wohl seine Berechtigung hatte, dass wir das diskutiert haben. Wir haben von Beginn an gesagt, das hat die Landesregierung gesagt, aber das haben auch wir als CDU-Fraktion gesagt mit der Verabschiedung der Familienoffensive, wir werden das wissenschaftlich begleiten lassen. Wir werden uns sehr genau die Auswirkungen und Ergebnisse anschauen. Wir werden daraus unsere Schlussfolgerungen ziehen und gegebenenfalls auch Handlungs- und Änderungsvorschläge vorlegen. Genau das ist geschehen. Die Landesregierung hat ein Gutachten bei Herrn Prof. Opielka in Auftrag gegeben. Prof. Opielka und sein Team haben dieses Gutachten erarbeitet. Ich darf daran erinnern, es war die Landesregierung und nicht, wie heute vielleicht manche glauben, die Opposition, die dieses Gutachten in Auftrag gegeben hat. Wir haben als CDUFraktion gesagt, dieses Ergebnis wird für uns die Richtschnur des Handelns sein. Das habe ich in der letzten Plenarsitzung mehrfach gesagt. Ich habe auch in der letzten Plenarsitzung gesagt, dass wir zur heutigen Sitzung Vorschläge vorlegen werden und mitnichten dem Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, wie Sie es interpretiert haben, Frau Kollegin, sondern heute im Plenum. Das haben wir getan, unser Antrag liegt Ihnen vor. Über unseren Antrag werden wir miteinander diskutieren und den werden wir heute vermutlich auch abschließend beraten können.

Zu dem Gesetzentwurf, den Sie uns präsentiert haben, haben wir uns im Verlauf der Diskussion im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit sehr eindringlich mit den Fragen beschäftigt, ob und wie er finanzierbar ist. Wir haben uns in den letzten Wochen sehr deutlich mit der Frage beschäftigt, inwieweit er mit den Gutachten, die Sie zitiert haben, korrespondiert. Ich weise darauf hin, es gibt, insbesondere was das Gutachten von Prof. Opielka angeht, gravierende Abweichungen zu Ihrer Interpretation. Prof. Opielka sagt eben mitnichten, dass der Gesetzentwurf der Opposition tauglich wäre und hier beraten oder beschlossen werden sollte. Prof. Opielka weist auf zwölf verschiedene Handlungsempfehlungen hin und bei diesen Handlungsempfehlungen - auch das habe ich hier bereits gesagt - sind wir uns weitestgehend sogar einig und die werden wir Schritt für Schritt auch umsetzen. Ich weise aber zunächst mal auf die Differenzen hin, was Prof. Opielka am Gesetzentwurf der Opposition augenscheinlich nicht

an Übereinstimmung untergeschoben werden kann. Prof. Opielka regt an, das Landeserziehungsgeld auszuweiten, die Lücke zwischen Landeserziehungsgeld und Bundeselterngeld zu schließen. Das heißt - so ist es in unserem Antrag formuliert -, wir wollen das Landeserziehungsgeld zusätzlich für die Kinder zwischen dem ersten und dem zweiten Geburtstag einführen. Das ist das, was Prof. Opielka fordert, das ist mitnichten das, was Sie in Ihrem Gesetzentwurf fordern. Sie fordern eine ersatzlose Streichung des Landeserziehungsgelds, ein Griff in die Taschen der Eltern, auch derjenigen, die ihr Kind nicht in der Kindertagesstätte betreuen lassen, aber eben auch derjenigen, die in der Kindertagesstätte sind und wo Geschwisterkinder den Bonus bekommen. Das ist von uns keinesfalls gewollt, wird von uns keinesfalls getragen und es ist nicht so, dass Sie Prof. Opielka als Kronzeugen für Ihren Gesetzentwurf anführen können.

Auch an der zweiten Stelle, wo es immer Diskussionen gibt, die Frage der Stiftung FamilienSinn: Prof. Opielka regt eine Fortentwicklung der Stiftung FamilienSinn an. Er stellt kritische Fragen, aber er sagt, die Stiftung FamilienSinn soll weiterentwickelt werden. Sie wollen eine Streichung der Stiftung FamilienSinn. Sie wollen auch da Gelder, die für einen wichtigen Bereich vorgesehen sind, ersatzlos wegnehmen und eben in Kitas stecken.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Es gibt aber auch klügere Professoren.)

Natürlich, Herr Kollege Matschie, aber Ihre Frau Kollegin Künast hat sich gerade darauf berufen, dass alle Gutachten genau das bestätigen würden, was sie als Bericht des Ausschusses vorgetragen hat. Das ist falsch. Ich bin vorsichtig mit der Wortwahl, was es sonst auch noch sein könnte, aber es ist falsch.

(Zwischenruf Abg. Künast, SPD: Das ist Ihre Interpretation.)

Das ist ja nachzulesen, man muss sich mit dem Gutachten eben auch beschäftigen.

(Zwischenruf Abg. Künast, SPD: Ge- nauso ist es.)

Sie wollen in Ihrem Gesetzentwurf einen Personalschlüssel für die Drei- bis Sechseinhalbjährigen von 1 : 10. Prof. Opielka weist darauf hin, dass bei dieser Altersgruppe augenscheinlich 1 : 15 der Durchschnitt ist. Ich war diese Woche überrascht, Frau Kollegin Jung, Sie waren dabei, Prof. Merten hat in Jena Studien vorgestellt, darin war das erste Mal davon die Rede, dass auch die europaweite Empfehlung bei 1 : 15 liegt. Ich darf darauf hinweisen,

das ist genau das, was wir in Thüringen derzeit als Norm haben. Man kann darüber streiten, dass wir uns gern mehr wünschen, aber man kann es eben nicht als Begründung anführen, dass es im Gutachten von Prof. Opielka stünde. Im Übrigen sagt Prof. Merten an dieser Stelle auch sehr deutlich, er möchte mehr, aber er erklärt eben auch, es gibt offensichtlich eine europaweite Norm, die bei 1 : 15 liegt. Das ist in der Vergangenheit hier immer ganz anders diskutiert worden.

Auch was letztendlich die 2.000 Stellen angeht: Sie, Herr Matschie, sagen immer wieder, 2.000 Stellen sind dringend nötig und die benötigen wir sofort. Auch das ist durch die Studie von Prof. Opielka nicht zu untermauern. Prof. Opielka und Prof. Winkler, die uns im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu dem Thema Rede gestanden haben, regen die zusätzliche Bereitstellung von 700 Erzieherstellen an. Das ist nachzulesen, das ist nachzurechnen. Die reden mitnichten von 2.000 Erzieherstellen, man kann das ja an dem Schlüssel festmachen, was Sie sagen; 1 : 4 für die Null- bis Einjährigen, 1 : 6 für die Ein- bis Zweijährigen. Sie sagen darüber hinaus für die Zwei- bis Dreijährigen 1 : 8 und Sie sagen darüber hinaus für die größeren Kinder 1 : 15. Genau dem folgt im Übrigen unser Vorschlag, der Ihnen heute vorliegt. Ich werde darauf eingehen und werde es dann sicherlich auch vorrechnen. Das führt eben zu 700 Personalstellen und nicht zu 2.000 Personalstellen.

Wir haben uns mit dem, was wir als CDU-Fraktion Ihnen heute vorgelegt haben, an dem orientiert, was finanziell machbar ist. Wir haben uns an dem orientiert, dass wir gesagt haben, wir wollen erste Schritte auch in dieser Legislaturperiode noch gehen, um eine spürbare Verbesserung der Betreuungssituation für die Kleinstkinder zu erreichen. Denn das sagt uns auch jeder, der Schuh drückt am meisten in der Personalsituation bei den Null- bis Zweijährigen. Wir haben deswegen sehr wohl mit unserer Positionsbeschreibung recht, wenn wir sagen, wir wollen dort den Kommunen mehr Geld geben. Mehr Geld, wohlgemerkt zusätzlich, um die Personalsituation in diesem Bereich zu verbessern. Der Vorschlag, den wir Ihnen als CDU-Fraktion auf den Tisch legen - und von der Landesregierung ist dieser Vorschlag auch schon unterbreitet worden -, bedeutet 20 € pro Kind pro Monat als zusätzliche Landespauschale für die Kleinkinder, also für die Ein- bis Dreijährigen. Das bedeutet in der Summe immerhin ab August dieses Jahres 3,5 Mio. € zusätzliche Finanzmittel für die Kommunen. Das bedeutet im nächsten Jahr 8,4 Mio. € für die Kommunen und wir haben im nächsten Schritt auch angekündigt, dass sich das Schritt für Schritt auf eine Landespauschale von 50 € summieren soll und es in der Endausbaustufe dann mal 21 Mio. € sein werden. Das

geht nur Schritt für Schritt, weil auch das Geld, das wir in diesem Bereich einsetzen, nicht auf Bäumen wächst, aber wir haben sehr wohl die Bereitschaft erklärt, wir wollen dieses Geld zusätzlich einsetzen und, Herr Matschie, wir wollen es eben nicht vorher den Eltern wegnehmen, sondern wir wollen es zusätzlich in diesem Bereich einsetzen. Das ist ein gravierender Unterschied. Wir haben darüber hinaus gesagt, für die Kinder, die sich in Betreuung befinden, für die wir bis jetzt den Zuschuss direkt bezahlt haben, für die Kleinstkinder, die Null- bis Einjährigen, soll ein zusätzlicher Zuschuss von 20 € ab dem Monat August gewährt werden und 50 € ab 01.01.2010. Auch das bedeutet, das will ich nur mal als Zahl in den Raum stellen, noch in diesem Jahr 70.000 € zusätzlich, das ist ein verhältnismäßig kleiner Betrag, aber im nächsten Jahr immerhin 420.000 € zusätzlich für die Kommunen. Ich sage bewusst immer wieder: zusätzlich. Wir wollen nämlich, dass dieses Geld tatsächlich zusätzlich in mehr Betreuungsqualität fließt.

Das Landeserziehungsgeld, das wissen Sie aus den vorangegangenen Diskussionen, ist für uns ein elementarer, ein wichtiger Baustein. Insofern ist es sehr gut, dass in unserem Antrag auch klar formuliert ist, was wir in diesem Bereich vorhaben. Wir wollen ab 01.01.2010 das Landeserziehungsgeld auf die doppelte Bezugsdauer ausweiten, damit die Eltern eine Antwort bekommen, wie sie im Anschluss an das Bundeselterngeld unterstützt werden, so sie die Betreuung selbst organisieren, und damit die Eltern auch gleichzeitig eine Antwort bekommen, wie sie eine lückenlose Anerkennung ihrer Betreuungs- und Erziehungsleistungen erhalten können. Ich habe diese Woche in der Diskussionsrunde gehört, eigentlich würde man das bei den LINKEN vielleicht auch so wollen, aber das Geld reicht eben nicht und man müsste ja irgendwie sehen, wie man es finanziert. Ich lese sehr wohl Positionspapiere der LINKEN aus dem Saarland, die von Erziehungsgehalt sprechen. Das geht deutlich über das hinaus, was wir hier miteinander diskutieren. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie das so ernst meinen. Wir werden dann irgendwann auch zur Nagelprobe kommen, wenn es um die Frage geht, ob wir das Landeserziehungsgeld tatsächlich ausweiten und das hier auch in Beschlussfassung gießen. Ich bin da sehr gespannt. Ich habe es aber, wie gesagt, Frau Kollegin Jung, in dieser Woche das erste Mal mit Interesse gehört.

Wenn wir das Landeserziehungsgeld ausweiten, bedeutet das rund 38 Mio. € Mehrkosten. 38 Mio. € bezahlen wir zurzeit für die Zwei- bis Dreijährigen an Landeserziehungsgeld, rund 4 Mio. € verbleiben sowieso bei den Eltern als sogenannter Geschwisterbonus und von den restlichen Geldern fließen dann, wenn ein Kind eine Einrichtung besucht, die 150 € per Abtretungserklärung an die Einrichtung.

Das sind derzeit bei den Kindern von zwei bis drei Jahren rund 25 Mio. €, die den Einrichtungen direkt zufließen. Das wird bei den Ein- bis Zweijährigen etwas anders aussehen. Bei den Ein- bis Zweijährigen haben wir derzeit thüringenweit eine Betreuungsquote von rund einem Drittel, 33 Prozent. Man darf also unterstellen, wenn man die Zahlen der Zwei- bis Dreijährigen herunterbricht, dass etwa 10 bis 12 Mio. € Landeserziehungsgeld in die Kindertageseinrichtungen übergeleitet werden. Auch das wird ein zusätzlicher Mosaikstein sein, wonach die Träger in der Lage sein werden, erheblich mehr an personellen Ressourcen, an Betreuungsressourcen für die Kinder einzusetzen. Wir wollen das, wir wollen das aber wohlgemerkt im Gleichklang mit der Förderung der Eltern und mit der zusätzlichen Bereitstellung von Mitteln für die Einrichtungen.

Wir wollen als Drittes etwas, was wir auch schon angekündigt haben und jetzt aber auch per Beschlussfassung deutlich signalisieren wollen. Wir wollen den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz absenken auf das vollendete erste Lebensjahr. Wir sind das erste Bundesland, was so etwas einführen kann, das erste Bundesland, was das auch signalisiert. Es gibt kein anderes Bundesland, in dem Sie einen Betreuungsanspruch auf einen Ganztagsplatz in dieser Form vorfinden. Insofern ist es ein deutliches Signal an die jungen Eltern, dass sie entweder eine materielle Unterstützung für die Betreuung ihres Kindes oder aber dass sie einen garantierten Rechtsanspruch auf einen Ganztagsbetreuungsplatz bekommen. Wir haben derzeit Zahlen, die uns in Thüringen ausgesprochen stolz machen können, was die Inanspruchnahme von Ganztagsbetreuungsplätzen angeht. Alle Kinder, die wir insgesamt in der Alterskategorie haben, da liegen wir deutschlandweit vorn mit 85,4 Prozent der Kinder, die einen Ganztagsbetreuungsplatz in Anspruch nehmen. Es gibt Bundesländer, die liegen deutlich hinter uns. Das sind dann die Bundesländer in der Regel, die sich eine andere Betreuungsqualität, was die Personalintensität angeht, leisten können. Die letzten Studien, die wir dazu vorgelegt bekommen haben, sagen etwas über das Ranking, wie ist die Personalquote zwischen Kind und Erzieherin. Thüringen liegt zumindest unter den fünf neuen Bundesländern immer noch am besten, allerdings mit allen fünf anderen neuen Bundesländern am Ende der Tabelle deutschlandweit. Thüringen hat eine Gesamtbetreuungsrelation von 1 : 9,5. Ich darf mal die anderen Zahlen aus den anderen neuen Bundesländern zitieren: Brandenburg und Sachsen 1 : 10,5, Mecklenburg-Vorpommern 1 : 10,2, Sachsen-Anhalt 1 : 9,8. Das sind vergleichsweise schlechte Werte, wenn wir uns die Zahlen der alten Bundesländer anschauen. Bremen liegt bei 1 : 6. Aber Bremen - und dann komme ich zu dem zurück, was ich vorher gesagt habe - hat nur eine Ganztagsbetreuungsquote von

20 Prozent. Lediglich ein Fünftel der Kinder in Bremen nimmt einen Ganztagsbetreuungsplatz in Anspruch. Selbstverständlich fällt es den Kolleginnen und Kollegen in Bremen etwas leichter, auch zusätzliches Geld in Betreuungsqualität zu stecken, wenn sie die Intensität, die Dauer der Betreuung in diesem Maße nicht sicherstellen müssen.

Wir haben bei den Drei- bis Sechsjährigen ebenfalls deutschlandweit mit Abstand die höchste Quote. 95,9 Prozent der Kinder bei den Drei- bis Sechseinhalbjährigen besuchen eine Einrichtung. Das sind Zahlen, die liegen über dem, was es zu DDR-Zeiten gab, die statistischen Zahlen der letzten Jahre sind noch abrufbar. Das ist insofern etwas, was uns ein Stück weit mit Stolz erfüllen darf, was wir auch deutlich sagen dürfen, denn es dokumentiert ein Zweites. Es dokumentiert nicht nur, dass wir ausreichend Plätze für diese Kategorie der Kinder vorhalten, sondern, dass augenscheinlich die Eltern diese Betreuungssituation akzeptieren, qualitativ hoch einschätzen und auch gern nutzen. Das ist auch das, was sich in den Studien von Prof. Opielka und Prof. Winkler wiederfindet. Sie sagen unisono, die Eltern sind hoch zufrieden mit der Betreuung. Ich weiß sehr wohl, dass das anders reflektiert wird von den Erzieherinnen, die zum Teil sagen, das geht auf unsere Knochen und auf unsere Kosten, wir müssen auch vieles leisten, dass die Eltern so hoch zufrieden sind. Allerdings ist die übergroße Mehrheit der Thüringer Eltern mit der Betreuungsqualität, mit der Betreuungsintensität in den Einrichtungen augenscheinlich zufrieden. Das sagt uns die Studie von Prof. Opielka und es ist nachlesbar. Das ist Anerkennung wert, Anerkennung wert auch für die Arbeit, die die Erzieherinnen in den Kindertageseinrichtungen leisten.

Wir haben uns, was die Betreuungszahlen der letzten Jahre angeht, sehr genau die Zahlen angeschaut, wie viel Personal leistet welche Betreuung mit wie vielen Kindern. Auch da müssen wir mal mit einer Mär der letzten paar Jahre aufräumen, was uns so immer wieder gesagt wurde, massenhaft Personalabbau, massenhaft Entlassungen. Das ist mitnichten so. Das Landesamt für Statistik hat die Zahlen vorgelegt, wie viele Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen beschäftigt sind. Zwischen 2002 und 2008 ist die Zahl der Erzieherinnen in den Kindertageseinrichtungen von 9.396 auf 9.986 gestiegen, umgerechnet in Vollbeschäftigteneinheiten nach wie vor eine deutliche Steigerung von 7.890 Vollbeschäftigteneinheiten auf 8.321. Das ist eine Steigerung. Frau Jung, wir wissen beide, im gleichen Zeitraum sind auch mehr Kinder betreut worden, das ist richtig, aber wir wissen auch beide, dass damit mit der Mär aufgeräumt ist, dass in den letzten paar Jahren scharenweise Erzieherinnen entlassen wurden. Das ist augenscheinlich falsch, es sind mehr Er

zieherinnen, die heute beschäftigt werden in diesem Bereich. Es sind auch - und das sage ich deutlich - mehr Kinder, die betreut werden und wir haben auch den Rechtsanspruch zwischenzeitlich abgesenkt. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.