Protocol of the Session on May 7, 2009

Was ich, Herr Oesterheld, doch noch einmal anmerken möchte: Der

Ein Satz, ja.

- ja, ich weiß - Landesverband der Thüringer Diabetiker hat ein Schreiben frühzeitig genug an das Gesundheitsministerium gesandt und auf die Folgen der Umstrukturierung der Klinik in Saalfeld hingewiesen, und es ist nicht einmal eine Antwort erfolgt. Ich denke, das sollten Politiker sich nicht leisten. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Ich sehe jetzt noch zwei Redemeldungen, einmal für die CDU-Fraktion, Frau Abgeordnete Stauche, und einmal für die Landesregierung, Herr Staatssekretär. Ich würde gern der Abgeordneten den Vortritt geben. Bitte, Frau Abgeordnete Stauche.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich war in der Klinik vor Ort. Ich habe mir das angeschaut und habe nachgefragt. Es ist eine private Klinik. Sie hatte einmal 110 Betten vorgehalten, von denen in der letzten Zeit nicht einmal mehr ein Drittel belegt wurde aus dem Grunde, so wurde es mir erklärt, weil zunehmend Diabetes ambulant behandelt wird. Es gibt zwei weitere Kliniken in Thüringen, die durchaus die Diabetes-Reha bewerkstelligen können. In Saalfeld wird es weiterhin gemacht, allerdings nur in Verbindung mit psychosomatischen Behandlungen wird weiterhin Diabetes behandelt. Diese Klinik hat in den letzten Jahren durch die geringe Belegung rote Zahlen geschrieben. Ich frage Sie, meine Damen und Herren, wollten Sie, dass die Klinik ganz zumacht, dann wäre die Klinik nämlich ganz weggefallen? Diese Klinik musste sich

umstellen und hat sich umgestellt und seitdem sie sich umgestellt hat, schreibt sie wieder schwarze Zahlen und die Betten sind wieder belegt. Ein privater Klinikbetreiber ist auch ein Unternehmer und ein Unternehmer muss schwarze Zahlen schreiben, sonst kann er nämlich seine Klinik nicht mehr halten, sonst kann er nämlich die Insolvenz anmelden und dichtmachen. Danke schön.

(Unruhe DIE LINKE)

Für die Landesregierung hat sich Herr Staatssekretär Dr. Oesterheld zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte nur eine kurze Bemerkung noch ergänzen. Ich kann natürlich hier keine Aussagen zu innerbetrieblichen Geschehnissen in der Klinik machen. Das kann nicht Aufgabe der Landesregierung sein. Sie verfügt dazu auch nicht über die entsprechenden Informationen. Ich kann und muss aber etwas sagen zu dem Bedarf, wie er hier geltend gemacht worden ist und da stütze ich mich und muss mich verlassen auf die Aussagen der Kostenträger, die ja immerhin für ihre Versicherten reden und die haben genau festgestellt, dass eben nicht ein solcher Bedarf existiert, zu quantifizieren ist und die Indikatoren, die auf einen solchen Bedarf hinweisen könnten, zum Beispiel lange Wartezeiten usw., sind in keiner Weise von einem der angefragten Kostenträger geltend gemacht worden. Ich weiß sehr wohl aus entsprechend ähnlich gelagerten Diskussionen aus dem akut stationären Bereich, dass das subjektive Empfinden der unmittelbar Betroffenen ein anderes Bild wiedergibt. Das ist so, das ist zu akzeptieren, das ist auch bedauerlich für die Betroffenen, aber aus unserer Sicht nicht zu ändern. Ich muss hier eine Lanze für die ambulante Versorgung brechen, die in Ihrem Beitrag, Frau Abgeordnete, etwas schlecht weggekommen ist. Wir sind froh, dass es entsprechende Praxen gibt, die mit hoher Qualifikation ihre Leistungen anbieten und auch hier sollte dann gelten, und zwar im Interesse der Patienten, um eine stationäre Aufnahme zu verhindern, dass fachlich eine ambulante Versorgung der stationären Versorgung vorzuziehen ist.

Ich bedauere, wenn dem so ist, dass wir keine Antwort gegeben haben auf den von Ihnen zum Schluss noch geltend gemachten Brief. Wir werden sicherstellen, dass eine solche Antwort natürlich erfolgt.

Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor. Ich schließe die Aktuelle Stunde in dem Teil a und rufe jetzt den Teil b auf

b) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Konsequenzen der Landesregie- rung aus dem aktuellen Urteil des Thüringer Verfassungsgerichts- hofs zum Thüringer Kommunalab- gabengesetz“ Unterrichtung durch die Präsi- dentin des Landtags - Drucksache 4/5121 -

Ich rufe als Erstes auf für die Fraktion DIE LINKE den Abgeordneten Kuschel.

Frau Präsidentin - der Herr Innenminister freut sich schon,

(Zwischenruf Scherer, Innenminister: Immer, wenn ich Sie sehe.)

es geht mir ebenso -, meine sehr geehrten Damen und Herren, in 30 Minuten werden vor dem Thüringer Landtag wieder zahlreiche Bürgerinnen und Bürger aus ganz Thüringen demonstrieren und von der Landesregierung endlich Lösungen verlangen, mit denen sie umgehen können, damit die Chaosgeschichten im Bereich der Kommunalabgaben, insbesondere was Wasser/Abwasser und auch Straßenausbau betrifft, endlich ein Ende haben.

Sie haben es nicht vermocht, meine sehr geehrten Damen und Herren der Landesregierung und der CDU, die Probleme nachhaltig zu lösen. Im Bereich Abwasser wurden in Thüringen mittlerweile 3,5 Mrd. € investiert. Nach Angaben der Landesregierung wären weitere 3,5 Mrd. € erforderlich, um die Anlagen so herzustellen, dass die gesetzlichen Bestimmungen zur Reinigung der Abwässer erfüllt werden würden. Das sind Investitionssummen, die niemand verkraften kann, schon gar nicht bei der Einkommens- und Vermögenssituation hier in Thüringen. Sie stellen auch für viele Unternehmen eine kaum lösbare finanzielle Hürde dar.

Warum ist das Investitionsverhalten so? Da hat natürlich die Abgabenpolitik ihren Beitrag mit geleistet. Sie haben ermöglicht, dass die Aufgabenträger Abwasserbeiträge erheben, und zwar auf der Grundlage der sogenannten Sollbebauung und der Sollinanspruchnahme. Das heißt, Sie haben von den Aufgabenträgern verlangt, dass sie ihre Anlagen

so dimensionieren, dass eine theoretisch anfallende Abwassermenge bei voller Auslastung der Baulast abwasserseitig entsorgt werden kann. Das ist ein System, das überhaupt nicht mehr zeitgemäß ist. Eine moderne Gesellschaft stellt immer auf aktuelle Prognosen ab, auf einen aktuellen Abwasseranfall und nicht auf einen theoretisch möglichen. Die Aufgabenträger haben mitgemacht, weil sie gesagt haben, wir können uns über die Beiträge die ganze Sache wieder vom Bürger zurückholen. Dann haben Sie 2004 einen Einstieg in ein modernes Kommunalabgabengesetz versucht, nicht aus politischer Einsicht, sondern weil Tausende Thüringerinnen und Thüringer Nein gesagt haben zu Ihrer Politik und weil vor allen Dingen auch die Aufgabenträger gesagt haben, so geht es nicht weiter, dass die Aufgabenträger, also die kommunalen Akteure für eine verfehlte Landespolitik letztlich ihren Rücken, ihren Kopf hinhalten mussten und die Konflikte sich auf kommunaler Ebene immer weiter zugespitzt haben. Die Wasserbeiträge wurden abgeschafft, das hat das Verfassungsgericht jetzt als zulässig bestätigt. Daran darf ich manche Damen und Herren der CDU erinnern, von Herrn Fiedler angefangen, die uns davor 10 Jahre immer wieder vorgeworfen hatten, wir würden verfassungswidrige Forderungen stellen. Jetzt hat sich herausgestellt, es ist verfassungskonform, dass die Wasserbeiträge abgeschafft wurden. Es ist verfassungskonform, dass 163 Mio. € an die Bürger zurückerstattet wurden. Was natürlich unsere Zustimmung nicht gefunden hat, ist die Art und Weise der Rückerstattung. Wir hätten uns ein Verrechnungsmodell gewünscht, das hätte im Jahr dem Land 25 Mio. € Zinserstattung, die wir jetzt aufbringen müssen über einen Zeitraum von 30 Jahren, erspart. Dieses Geld hätten wir in die Investitionen stecken können.

Beim Abwasser wollten Sie Privilegierungen einführen. Das hat dazu geführt, dass etwa 200 Mio. Beiträge dauerhaft und langfristig gestundet wurden. Das hat zur Entspannung der Situation beigetragen. Jetzt ist das wieder nichtig. Jetzt muss dafür eine Lösung her. Das Gericht hat in dieser Sache keine Übergangsbestimmung festgelegt, sondern nur bei der Erstattung der zurückerstatteten Beiträge. Deshalb müssen wir hier schnell handeln, deshalb unser Gesetzentwurf, deshalb auch besonderen Dank an die Mehrheitsfraktion, dass Sie hier der Dringlichkeit zugestimmt haben. Da haben Sie Verantwortung gezeigt, die ich mir öfter wünschen würde.

(Beifall DIE LINKE)

Ich hoffe natürlich, dass Sie auch im parlamentarischen Umgang mit dem Gesetzentwurf das gleiche Maß an Verantwortung zeigen und das nicht nur formal gemacht haben. Wie ich der Freude des

Herrn Innenministers entnehmen kann, Sie haben sicherlich in Ihrem Haus Ähnliches geprüft. Sie haben nicht so ganz die schnellen Leute, deswegen haben wir Ihnen hier wieder Amtshilfe gewährt, dann bekommen wir das schon gemeinsam hin. Allein haben Sie da immer ein bisschen Probleme. Daran sind schon andere gescheitert. 47 Aufgabenträger in Thüringen haben keine Abwasserbeiträge. Über 1 Mio. Bürgerinnen und Bürger im Freistaat sind von Abwasserbeiträgen nicht betroffen. Das Verfassungsgericht hat Signale ausgesandt, dass man auch durchaus im Abwasserbereich über die Abschaffung der Beiträge nachdenken kann. Wir sind für die Prüfung aller Optionen. Wir wissen, dass es problematischer als beim Wasser ist, weil 800 Mio. Beiträge gezahlt worden sind. Da muss es Lösungen für die Erstattungen geben. Jetzt sind meine fünf Minuten um. Wir haben heute oder morgen noch mal beim Gesetzentwurf die Gelegenheit, die Diskussion weiterzuführen. Ich appelliere wirklich an die Landesregierung, hier sehr schnell Lösungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger aber auch der Aufgabenträger mit uns gemeinsam auf den Weg zu bringen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Für die CDU Fraktion hat sich der Abgeordnete Fiedler zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben heute in der Aktuellen Stunde nun das Problem, was uns das Verfassungsgericht aufgegeben hat weiterzubearbeiten. Herr Kuschel, ich möchte noch mal daran erinnern, man kann sich immer über die diversen Urteile auch von obersten Gerichten freuen. Sie kennen wahrscheinlich auch den alten Spruch, vor Gericht und auf hoher See ist man in der entsprechenden Hand. Ich muss Ihnen sagen, das haben Sie so nebenbei vielleicht unterlassen, dass zwei Drittel der Dinge, die damals auf den Weg gebracht worden sind, durch das Verfassungsgericht erfüllt wurden oder es für rechtens befunden hat. Sie können ganz sicher sein, dass wir genauso wie es damals der Ministerpräsident Dieter Althaus und die Mehrheitsfraktion gesagt haben und nicht weil Wahlen anstanden, sondern weil wir erkannt haben, dass im Lande es zu Verwerfungen führt, wenn bestimmte Dinge so bleiben, wie sie es damals waren.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD)

Du kannst dich doch noch melden, da kannst du deine Balken wieder geradebiegen, wenn du meinst,

dass du damals schon die großen Dingen vorgelegt hast, Herr Kollege.

Ich will noch mal daran erinnern, ich wollte es nun nicht machen, ich wollte mich mehr auf die rechte Seite konzentrieren, aber es gab auch mal einen Innenminister, der wurde von der SPD gestellt und was der verzapft hat, daran sollten Sie auch mal denken und nicht immer wieder nur auf die eine Seite schauen. Ich wollte es zwar eigentlich nicht machen. Wir kennen die ganzen Dinge, wir waren damals dabei und auch schon in der Innenpolitik tätig. Ich will noch mal ganz eindeutig sagen: Das Verfassungsgericht hat uns jetzt aufgegeben, dass wir die privilegierten Zustände oder die großen Grundstücke, wo wir was Gutes für die Bürger tun wollten - ich habe immer so den Eindruck, hier wird irgendwo erweckt, dass wir irgendwas machen wollten, was uns Spaß macht, sondern wir haben gesagt, wir suchen eine Lösung und die hat damals die Landesregierung vorgelegt, dass wir diese Privilegierung, das erst in Rechnung gestellt werden soll, wenn sie gemault werden et cetera pp. Mehr Zeit ist jetzt hier nicht. Ich denke, das haben wir gemacht. Dass das Verfassungsgericht dieses nicht als rechtens erkannt hat, das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wir müssen ja nicht darüber jubeln, aber wir haben es in Respekt vor diesem Gericht zur Kenntnis zu nehmen. Ich sage Ihnen eins ganz klar, Sie können noch so viele Gesetze, Übergangsmoratorien und Ähnliches bringen, wir werden - so hat es der Ministerpräsident und so haben es auch wir klar und deutlich gesagt - weiterhin jetzt ganz schnell nach Lösungen suchen. Es bleibt bei dem Versprechen, was wir damals den Bürgern gegeben haben. Es wird sich nichts ändern. Ich kann nur von der Stelle aus noch mal an den Gemeinde- und Städtebund und insbesondere an unsere Kommunen erinnern. Das Gericht hat ganz klar gesagt, Verbände können nicht klagen. Das ist also weg vom Tisch. Dann haben Marksuhl und Gerstungen unterstützt durch den Gemeinde- und Städtebund hier entsprechend wieder Klage eingereicht. Was ist rausgekommen? Zuungunsten der Bürger ist entschieden worden. Auch die Kommunen sollten sich mal überlegen, dass sie damit ihren Bürgern einen Bärendienst erwiesen haben.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Da bie- gen sich die Balken dort oben.)

(Beifall CDU)

Da fällt es ganz leicht, Herr Kuschel als parlamentsunwürdiger Abgeordneter, dass Sie wieder die Leute ankarren und entsprechend hier draußen in Stellung bringen, um sie wieder aufzuheizen und wieder so eine Stimmung zu schaffen. Sie werden es nicht schaffen. Wir sagen ganz klar und deutlich, wir wer

den dieses gemeinsam mit der Landesregierung aufarbeiten und es wird bei den Zusagen bleiben. Der Bürger wird dafür nicht in die Haftung genommen. Wenn wir die entsprechenden Gelder in die Hand nehmen müssen, werden wir sie in die Hand nehmen, aber wir werden uns diesen Zustand nicht einreden lassen. Deswegen fordere ich von dieser Stelle die Kommunen und natürlich am Ende die Verbände noch einmal ausdrücklich auf, dass sie jetzt nicht erheben - sie können es erstens gar nicht, sie müssten erst einmal Satzungen ändern etc. - und dass die Verbände daran denken, dass sie dem Bürger an das Portemonnaie gehen. Deswegen bin ich der festen Überzeugung - heute ist dafür die Gelegenheit, das noch mal deutlich auf den Punkt zu bringen -, es wird dem Bürger nicht in die Tasche gegriffen, die Landesregierung wird dies entsprechend vorlegen. Es wird bei dem Versprechen bleiben, dass der Bürger hier nicht zur Kasse gebeten wird. Das ist und bleibt so.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Taubert zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich will es mal laut sagen, wie es Herr Höhn sagt: Herrn Fiedler ist es egal, wer unter ihm Innenminister ist, er bestimmt die Richtlinie in der CDU und die anderen haben das zu machen.

Aber Spaß beiseite. Wir brauchen bei der Thematik eine ganz schnelle Klarheit und wir sind uns alle drei Parteien im Landtag einig, dass beim Thema Abwasser der jetzt für verfassungswidrig erklärte Umstand in einen verfassungsgemäßen Zustand versetzt werden muss

(Beifall DIE LINKE)

und dass diese Privilegierungstatbestände, die einmal eingeführt sind, nicht mehr abgeschafft werden sollen. Das ist ja am Ende die Konsequenz sowohl Ihrer Rede, Herr Fiedler, als auch der Rede von Herrn Kuschel und wir stimmen dem ausdrücklich zu. Wir brauchen aber den verfassungsrechtlichen und verfassungssauberen Zustand und Ihre Rede, Herr Fiedler, hat Irritationen darüber bei uns hervorgerufen, ob Sie denn den verfassungswidrigen Zustand zementieren wollen. Ich hoffe, dass Sie das als Demokrat so nicht wollen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das habe ich überhaupt nicht gesagt.)

Das klang aber so. Wir wollen noch mal ganz kurz zurückgehen in das Jahr 2004. Es war ein Wahlversprechen, da werde ich Ihnen vehement widersprechen, Herr Fiedler. Es war ein Wahlgeschenk und das Wahlgeschenk ist in Teilen verfassungswidrig.

(Beifall SPD)

Wenn Sie sich an damals erinnern können, war es genau so, dass sowohl aus dem Innenministerium heraus als auch von den kommunalen Spitzenverbänden als auch von uns gesagt wurde, es ist mit Vorsicht zu genießen, was da angepackt wird, steht dringend im Verdacht, dass es verfassungswidrig ist und nun ist es passiert. Einige Personen hier im Raum waren dabei, als das Gericht das verkündet hat, und konnten dort sehen, dass das Entsetzen bei vielen natürlich groß war. Es reicht nicht - das ist unsere Forderung -, dass wir sagen, wir schauen jetzt mal, was da passiert, denn es gibt ganz dringende Fragen, die im Zusammenhang mit diesen Privilegierungstatbeständen beim Abwasser einhergehen, Fragen, die wir auch beantwortet haben wollen. Herr Scherer, Sie waren ja damals Staatssekretär, als die Regelung eingeführt worden ist, ich denke mal, Sie waren vielleicht auch Mitinitiator dieser tückischen Idee.

(Zwischenruf Scherer, Innenminister: Vorher.)

Sie müssen als Jurist - ich bin da freier als Sie, weil ich nicht Juristin bin - ja schon damals erkannt haben, dass das Ding auf wackligen Füßen steht. Insofern kann jetzt nicht die Entschuldigung sein, dass man langsam überlegen muss, was man da jetzt tut, sondern es gab genug Personen, die damals Einspruch erhoben haben, die sind dann auch im Innenministerium versetzt worden. Vielleicht kann man die wieder um Rat fragen, wie man den Zustand jetzt herstellt.

Für uns gibt es Fragen, die tatsächlich recht schnell zu beantworten sind, z.B.: Welches Recht gilt jetzt? Was ist noch offen? Wie sollen sich die Aufgabenträger verhalten? Gibt es auf Satzungsebene Handlungsbedarf? Herr Fiedler hat es gerade angesprochen. Was passiert mit Aufgabenträgern, die den Richterspruch dahin gehend deuten, dass sie umgehend diverse Bescheide verschicken müssen, vielleicht auch - das ist uns so mitgeteilt worden - aus Ärger darüber, dass sie so viel Arbeit mit dieser veränderten Gesetzgebung hatten?

(Zwischenruf Scherer, Innenminister: Dann machen sie sich doch mehr Arbeit …)

Das trifft natürlich die Bürgerinnen und Bürger hart, wenn sie sich in Sicherheit glaubten, weil ein Gesetz geändert wurde, weil eine Satzung geändert wurde, der Aufgabenträger gehandelt hat, und jetzt auf einmal bekommen die einen Bescheid ins Haus und wissen damit nichts anzufangen, weil wir sie von politischer Seite her nicht ausreichend aufklären können. Da ist Antwort schnell notwendig. Es besteht auch die Frage, welcher Handlungsbedarf und welche Handlungsmöglichkeiten es bei den Festsetzungs- und Leistungsbescheiden gibt. Das ist eine trockene Materie, das gebe ich zu, aber da sind Unterschiede, wie die Bürger betroffen sein könnten. Müssen die Zweckverbände bis zum Jahresende Bescheide erlassen, z.B. für die bereits an die Bürger zurückgezahlten Beiträge? Das Gericht hat ja gesagt, es soll kein Beitrag, der zurückgezahlt wurde, zunächst mal wieder zurückgefordert werden. Das muss sofort geklärt werden: Was ist mit der Verjährung, was ist mit der Haftung auch derer, die da momentan handeln, welche Auswirkungen hat das Urteil, vor allen Dingen auch in wirtschaftlicher Hinsicht? Ein ganz interessanter Aspekt ist natürlich, Herr Fiedler hat es auch angesprochen, wenn wir diesen Zustand von einem verfassungswidrigen in einen verfassungskonformen Zustand überführen, was kostet das, was bedeutet das, wenn wir auch für die zukünftigen Privilegierungen, das wäre ja die Lösung, als Landesgesetzgeber einstehen und finanziell die Auswirkungen übernehmen? Dass das keine Peanuts sind, das zeigt die Abschaffung der Wasserbeiträge. Wir reden über 1 Mrd. € - 1 Mrd. €, die bei Schulen, die bei Kindergärten, die woanders fehlt. Danke.

(Beifall SPD)