Die Realwirtschaft bricht in großen Teilen zusammen und Sie erzählen, wir werden in den nächsten Jahren Hochkonjunktur haben. Ich sage Ihnen, ein konjunktureller Impuls, der nachhaltig sein will, muss in allererster Linie jenseits der Finanzmärkte entstehen und
der wird ein völlig neues Denken in der Wirtschaftspolitik, auch eine neue Förderpolitik erfordern. Weiter mit Ihren Konzepten werden Sie das jedenfalls nicht schaffen, meine Damen und Herren.
Ich will dann nur abschließend kommentieren: Wenn das die Schicksalsfrage schlechthin ist, Herr Mohring, so wie Sie es immer dargestellt haben, und Sie dafür ein halbes Jahr vor der Landtagswahl die Verfassung ändern wollen, ich finde, das ist dann nicht glaubwürdig, wenn Sie sagen: Aber zur Änderung der Verfassung können wir nur mit der SPD über die Frage der Studiengebühren einen Kuhhandel machen, als handelte es sich hier um irgendeine Verordnung oder Richtlinie oder sonst was. Ich will Ihnen sagen, um nicht missverstanden zu werden, auch da wäre ein Kuhhandel nicht angemessen, aber in dieser Verfassungsfrage ist ein Kuhhandel das Letzte, was dieses Land braucht, es braucht eine grundsätzliche Debatte.
Ich will noch einen Satz verlieren über die Legitimität der Verfassung: Sie wollen - und begründen das mit Ihrem Entwurf -, das Verbot von Nettoneuverschuldung in der Verfassung soll dem Ziel, keine Schulden mehr zu machen, eine höhere Legitimität verschaffen. Ich befürchte, dass, wenn es so unausgegoren bleibt, wenn es so bleibt, wie Sie es derzeit beabsichtigen, die Legitimität der Verfassung insgesamt darunter leiden könnte.
Meine Damen und Herren, wir haben in unserer Verfassungstradition durchaus interessante Artikel in der Thüringer Landesverfassung, die ein möglicherweise deutlich konträres Ziel formulieren. Ich möchte nur zwei Beispiele nennen. Artikel 36 der Landesverfassung - ich darf zitieren, Frau Präsidentin -: „Es ist ständige Aufgabe des Freistaats, jedem die Möglichkeit zu schaffen, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte und dauerhafte Arbeit zu verdienen. Zur Verwirklichung dieses Staatsziels ergreifen das Land und seine Gebietskörperschaften insbesondere Maßnahmen der Wirtschafts- und Arbeitsförderung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung.“ Artikel 38 unserer Landesverfassung sagt: „Die Ordnung des Wirtschaftslebens hat den Grundsätzen einer sozialen und der Ökologie verpflichteten Marktwirtschaft zu entsprechen.“ Ich frage Sie ernsthaft, meine sehr verehrten Damen und Herren: Müssten wir anstelle Ihres Quatsches hier nicht darüber reden, wie diese Verfassungsartikel mit Leben erfüllt werden,
wie sie realitätsnäher werden? Wäre das nicht auch wichtig, damit die Bürger sich tatsächlich vertreten fühlen und Politik auch ernster nehmen?
Meine Damen und Herren, ich befürchte, mit Ihrem Ansatz schwächen Sie selbst diese wohlgemeinten Ansätze in der Thüringer Landesverfassung, wenn es so unausgegoren bleibt. Das wäre aufs Höchste, ich will es deutlich sagen, kontraproduktiv.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich sagen, Ihr Antrag zeigt, dass sowohl die Landesregierung als auch die CDU über die Ursachen der Wirtschaftskrise, über die Ursachen hoher Staatsverschuldung und auch über Wege aus dieser Wirtschaftskrise zum einen und Wege aus dieser Staatsverschuldung zum anderen nach wie vor keine Ahnung hat. Sie haben nach wie vor keine Ahnung, keine Antwort auf die Probleme dieser Zeit und Sie sträuben sich noch, sich mit dem Gedanken anfreunden zu müssen, dass Ihre gesamte Ideologie der letzten Jahrzehnte, auch die, in Ostdeutschland mit niedrigen Löhnen Ansiedlungen zu schaffen, gescheitert ist. Sie waren, wenn ich das mal sagen darf, nach 1989 besoffen vor Glück. Sie glaubten, am Ende der Geschichte angekommen zu sein. Sie haben jeden alternativen Diskussionsansatz abgelehnt. Sie haben diese Stimmen nicht zu Wort kommen lassen. Diese Besoffenheit vor Glück, das will ich Ihnen sagen, ich bin fest davon überzeugt, dass die Ihnen nun zum Verhängnis wird.
Ich habe, Frau Ministerin, aus dem Jahre 2005 noch eine Anzeige aus dem Bundestagswahlkampf mit Ihnen, da steht drauf: „Die CDU steht für Wachstum, Arbeit, solide Staatsfinanzen, einfache und gerechte Steuern“. Jetzt, im Jahr 2009, müssten Sie einsehen, dass Ihr Weg nicht dazu geführt hat, dass Ihre Ziele erreicht werden konnten, sondern Sie weiter denn je von diesen Zielen entfernt sind. Diese Ziele erreichen könnten Sie nur glaubwürdig, wenn sie in der Verfassung nicht über das Verbot von neuen Schulden nachdenken würden, sondern über das Verbot von Steuersenkungen für Vermögende und Unternehmen
und eine Pflicht noch festschreiben würden für gewählte Vertreter, unsere Politik der Umverteilung von unten nach oben zu beenden und Reichtum in diesem Land zu begrenzen. Herzlichen Dank, meine Da
Abgeordneter Huster, Sie hatten eine Nachfrage des Abgeordneten Goebel gestattet. Bitte, Abgeordneter Goebel.
Herr Kollege Huster, haben Sie keine Angst, ich will keine Kuh von Ihnen kaufen, aber Sie haben zu Beginn Ihrer Rede nach dieser längeren polemischen Einführung massiv die Exportorientierung der deutschen Wirtschaft kritisiert. Gleichzeitig haben wenige Minuten vorher Ihre Kollegen beantragt, dass wir gemeinsam Bemühungen unternehmen sollen, Opel zu retten und einen Konzern Opel Deutschland auf die Beine zu stellen. Wie soll der funktionieren, wenn der nicht exportiert?
Ich meine angedeutet zu haben, Herr Kollege, wohin die Reise aus meiner Sicht gehen müsste. Von der primären Exportorientierung müssen wir tatsächlich weg, weil auch diese Exportorientierung, insbesondere der deutsche Exportüberschuss, in den letzten Jahren dazu beigetragen hat, dass die Handelsungleichgewichte in der Welt sich verfestigt haben. Ein wichtiger Teil der Krise in den USA hat leider auch mit unserer Exportstrategie, die nur als aggressiv zu bezeichnen ist, zu tun. Insofern - und das habe ich angedeutet - glaube ich, wir stehen, wenn wir es richtig gut machen wollen, vor einem nachhaltigen Umbau unserer gesamten Wirtschaftsordnung und das wird natürlich weitere Bereiche nach sich ziehen.
- mir ist doch eine Frage gestellt worden, darf ich es erläutern? Ich bin fest davon überzeugt, dass diese einseitige Orientierung auf Export in den letzten Jahren auch bei der...
Ich glaube, dass das nicht nachhaltig genug war, weil wir es mit einer chronischen Schwäche der Binnennachfrage in Deutschland zu tun haben. Um zu überlegen, wie eine Wirtschaftsordnung aussehen kann, die sozialen und ökologisch nachhaltigen Ansprüchen gerecht wird und Export und Binnennachfrage in Übereinklang bringt, sollten wir uns dazu alle intellektuell bemüßigen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine werten Kolleginnen und Kollegen, ich will jetzt nichts zu den wirtschaftspolitischen Theorien von Mike Huster sagen. Ich glaube, das hat sich eben selbst kommentiert.
Lassen Sie uns mit den Fakten beginnen: Wir haben eine enorme Schuldenlast; wir haben sie beim Bund und wir haben sie in den Ländern. Dazu haben alle Parteien beigetragen, die in den letzten Jahren Regierungsverantwortung hatten. Zur Wahrheit gehört auch, Frau Diezel, dass die hohe Verschuldung in Thüringen zu allererst Resultat der CDU-Politik ist.
Ja, Sie müssen jetzt nicht den Schwarzen Peter weiterschieben. Sie stellen seit 19 Jahren in Thüringen den Ministerpräsidenten, deshalb stehen Sie zu Ihrer Verantwortung! Sie haben die Verantwortung für die hohe Verschuldung in Thüringen. Bei dieser Verantwortung müssen Sie zunächst einmal bleiben.
Herr Matschie, ist Ihnen bekannt, dass der höchste Anstieg der Schulden in Thüringen zu Zeiten der sogenannten Großen Koalition eingetreten ist - also als die SPD mitregiert hat?
Herr Krapp, da sind Sie nicht sonderlich gut informiert, sondern wir haben immer einmal sehr hohe Anstiege der Verschuldung gehabt. Das hat etwas damit zu tun, was Frau Diezel eben erläutert hat - da haben Sie vielleicht nicht aufgepasst - nämlich, dass zu bestimmten Phasen sehr intensiv in Zukunftsaufgaben investiert worden ist, um schneller voranzukommen. Das war der Hintergrund, weshalb in einigen Jahren die Verschuldung sehr deutlich gestiegen ist, weil man nicht gesagt hat, wir folgen dem Konjunkturzyklus und zurückgehenden Steuereinnahmen, sondern wir halten an der Aufbauaufgabe fest. Das hatte nichts mit der Koalition in dieser Zeit zu tun.
Aber noch einmal: Die Aufgabe der Politik muss es sein, die enorme Staatsverschuldung, die in den letzten Jahrzehnten aufgebaut worden ist, im nächsten Jahrzehnt zu stoppen.
Das ist eine der wichtigsten Aufgaben für die zukünftige Handlungsfähigkeit von Politik, denn es ist ja wahr, wenn Haushalte mit immer höheren Schulden belastet sind, verringern sich die Spielräume, die wir für andere wichtige Aufgaben und für Investitionen haben. Ich denke, diese Aufgabe muss man zunächst einmal wirklich ernst nehmen. Ich verstehe auch die Sorge vieler Bürgerinnen und Bürger, dass die Verschuldung sich immer weiter entwickelt, weil sie natürlich die bange Frage stellen, wer soll es am Ende alles bezahlen? Aber ich sage auch ganz deutlich, Frau Diezel, diese Aufgabe ist nur zu bewältigen, wenn man Einnahme- und Ausgabeseite gemeinsam betrachtet. Nur über Kürzungen kann man keine