Protocol of the Session on December 12, 2008

Das ist ja egal. Ja, die Entschuldigung wurde gestern von der Präsidentin nicht genannt, ich weiß es ja nicht und ich muss es auch nicht wissen. Aber schade, dass er bei solchen Debatten nicht dabei ist, es ist nun schon die zweite oder dritte, wo er nicht dabei ist.

Dort wurde auf dem Verbandstag von den Kollegen ganz klar und deutlich der Anspruch an uns formuliert, Kompetenznetzwerke zu ermöglichen. Also von der Förderschulquote kann man nur dann herunterkommen, wenn an den anderen Schulen tatsächlich solche Bedingungen sind, dass gemeinsamer Unterricht ermöglicht wird. Es ist doch wirklich alarmierend, zu hören, dass nicht leistungsschwache Schüler den Pädagogen die Sorgen bereiten, sondern die verhaltensauffälligen, die schwierigen Kinder. Das sind die - ich habe es am Anfang genannt -, die auf dem Kompetenzniveau Nummer 1 aus unseren Schulen entlassen werden. Um die müssten wir uns doch zuallererst kümmern. Da halte ich Ihnen mal noch eine allerletzte Zahl vor, bevor ich dann hier doch schließen will. Wir hatten diese PISA-Studie...

Frau Abgeordnete Sojka, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Mohring?

Lassen Sie mich bitte noch die beiden Zahlen nennen, danach, das geht ganz fix. Also 2006 wurde diese PISA-Studie erstellt. Damals hatte Thüringen noch 8,1, das heißt 2.311 Schulabbrecher, also Schüler, die die Schule ohne Abschluss verließen. Das ist jetzt immer noch sehr hoch, das sind jetzt 1.711 Einzelschicksale ohne Zukunft. Das sind die Schüler, wo wir zuschauen, dass sie auf unterstem Kompetenzniveau die Schule verlassen. Wenn wir dann wissen, dass die Leistungsstärksten das Bundesland verlassen, weil sie woanders andere Möglichkeiten haben und anderes Geld verdienen, dann muss uns das doch alarmieren. Wir müssen uns um diese Schüler kümmern und wir können doch da nicht wegschauen und nur uns jubelnd auf die Schulter klopfen.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Mohring, bitte.

Abgeordneter Mohring, Ihre Zwischenfrage.

Frau Abgeordnete Sojka, wenn ich Ihnen sage, dass der Bildungsminister Müller im Krankenhaus liegt, würden Sie mir dann zustimmen, dass es auch zu guter Bildung und zu guter Demokratie und letztendlich auch zur guten Etikette dazugehört, dass Gelegenheit wäre, bevor Sie sich hinsetzen, sich für Ihre Äußerung von eben zu entschuldigen?

Das mache ich sofort. das tut mir leid. Ich habe mich extra erkundigt, ob gestern eine Entschuldigung genannt worden ist, weil, bei anderen Kollegen wurde gesagt, dass sie krank sind. Das wusste ich nicht. Dann entschuldige ich mich.

Abgeordnete Sojka, das stimmt nicht, es ist gestern von mir bekanntgegeben worden, wer sich entschuldigt hat, und es ist nicht bei einem Einzigen ein Grund angegeben worden.

Gut, Entschuldigung.

Minister Müller ist auch für heute entschuldigt. Sie können ins Protokoll schauen.

Dann nehme ich diese Äußerung zurück und entschuldige mich, das wusste ich nicht und das wollte ich nicht. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wort hat Abgeordneter Döring, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wer sich den nüchternen Fakten der neuen nationalen PISAStudie stellt, kommt für Thüringen zu einem weit differenzierteren Bild, als das die permanenten JubelArien des Kultusministeriums und der Mehrheitsfraktion erwarten lassen.

(Beifall CDU)

Damit mir vom Kollegen Emde nicht gleich wieder unterstellt wird, ich würde alles nur schwarzmalen, möchte ich zuerst die positiven Aspekte von PISA-E 2006 für Thüringen benennen. Der Freistaat hat sich dort insgesamt leicht verbessert. In allen getesteten Kompetenzbereichen liegt Thüringen erstmals signifikant über dem OECD-Durchschnitt und das ist ein Fortschritt und das erkennen wir auch durchaus als solchen an.

(Beifall SPD)

Positiv hervorzuheben ist zudem, dass sich das Kompetenzniveau der Thüringer Schüler in den bereits bei PISA 2000 getesteten Bereichen Lesekompetenz und naturwissenschaftliche Kompetenz im Vergleich zu den vorangegangenen nationalen PISARunden erneut verbessert hat. Für die mathematische Kompetenz lässt sich das leider nicht sagen. Hier hat es gegenüber PISA-E 2005 erstaunlicherweise einen leichten Rückgang um einen Leistungspunkt gegeben. Ich will es aber nicht überbewerten, es könnte sich dabei auch um eine rein statistische Schwankung handeln.

Meine Damen und Herren, so weit zu dem, was sich aus den PISA-E-Daten an Positivem für Thüringen herauslesen lässt. Wir stellen diese Resultate nicht in Abrede und wir wissen auch, wem sie zu verdanken sind, nämlich den Thüringer Lehrerinnen und Lehrern, die wirklich mit hohem persönlichen Einsatz und Engagement in Thüringen arbeiten. Ich möchte mich auf diesem Weg auch einmal bei allen Lehrerinnen und Lehrern bedanken, denn sie sind die gewesen, die diese Leistung wirklich erreicht haben,

(Beifall im Hause)

und dies, meine Damen und Herren, trotz widriger von der Landesregierung zu verantwortender bildungs-, personal- und tarifpolitischer Rahmenbedingungen.

(Beifall SPD)

Ich nenne nur einige aktuelle Schlagworte: das Festhalten am gegliederten Schulsystem, die nach wie vor fehlende Eigenverantwortung der Schulen, die mangelnde Unterstützung beim Ausbau von Ganztagsschulangeboten, die Situation der Floatinglehrer und der faktisch inexistente Einstellungskorridor für Nachwuchspädagogen. Über all diese Punkte haben wir in diesem Haus in letzter Zeit intensiv diskutiert, ich will daher das nicht weiter ausführen.

Meine Damen und Herren, so wie wir bereit sind, die positiven Aspekte von PISA-E 2006 zu würdigen, sollten Kultusministerium und CDU willens sein, sich einer anderen nüchternen Tatsache dieser Studie zu stellen. Die lautet: Solange Deutschland im internationalen PISA-Vergleich bestenfalls Mittelmaß erreicht, kommt der Positionierung Thüringens im Bundesrahmen wenig Aussagekraft zu.

(Beifall SPD)

Es ist nun einmal von untergeordneter Bedeutung, ob ich in der Regionalliga auf Platz 1, 2 oder 3 stehe, solange die Teilname am UEFA-Cup in unerreichbar weiter Ferne liegt. Genau das ist die Si

tuation in Thüringen, aber natürlich auch in den anderen Bundesländern. Die Einschätzung, dass das nationale PISA-Ranking daher insgesamt wenig Sinn macht, teilen nicht nur die meisten deutschen Bildungsforscher, auch die KMK hat sich inzwischen zu dieser Auffassung durchgerungen und - wie ich am Mittwoch aus der Presse entnehmen konnte - will deshalb künftig auf den innerdeutschen PISAVergleich verzichten. Was bei PISA allein zählt, meine Damen und Herren, ist der internationale Vergleichsmaßstab. Das gilt für Deutschland insgesamt und das gilt genauso für die einzelnen Bundesländer. Hier zeigt sich nun einmal, dass die PISA-Spitzenstaaten in den Kompetenzbereichen mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenz jeweils rund 30 Leistungspunkte vor Thüringen liegen; laut OECD entspricht das einem Kompetenzunterschied von einem Schuljahr. Bei der Lesekompetenz beträgt der Abstand der internationalen PISA-Sieger zu Thüringen sogar rund 50 Leistungspunkte, also fast zwei Schuljahre. Ein ähnlich schlechtes Resultat im internationalen Maßstab hat der Freistaat bereits bei PISA-E 2002 und PISA-E 2005 erzielt. 2002 rangierten die PISA-Spitzenstaaten in allen drei geprüften Kompetenzbereichen 40 bis 60 Leistungspunkte vor Thüringen, was ungefähr, wenn man die Berechnungsmethode weiter beibehält, ein bis zwei Schuljahren gleichkommt. Bei PISA-E 2005 betrug der Abstand der internationalen Spitze zu Thüringen in allen getesteten Kompetenzbereichen 30 bis 40 Leistungspunkte. Das heißt, dass sich das Schulwesen im Freistaat im internationalen Vergleich seit Jahren als wenig leistungsfähig erweist. Uns ist es bis heute nicht gelungen, den Rückstand auf die internationalen PISA-Sieger zu verringern. Ich bin überzeugt, das wird auch nicht gelingen, solange wir die strukturellen Reformen im Schulbereich nicht angehen. Das sind für mich die nüchternen Fakten, die jeder, der sich einmal einschlägige PISA-Tabellen angeschaut hat, unschwer nachvollziehen kann. Ich würde mir wünschen, meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie auch diese Aspekte der PISAStudie, der PISA-Resultate endlich zur Kenntnis nehmen.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, wenn wir über PISA-E 2006 sprechen, lohnt sich auch ein Blick auf die jüngste IGLU-Runde. Anders als bei PISA hat Thüringen dort auch im internationalen Vergleich ausgezeichnet abgeschnitten. Daran gibt es überhaupt nichts rumzudeuteln. Für mich ist das ein Superergebnis, aber es ist auch ein eindeutiger Beleg für die hohe Qualität der von den Thüringer Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern geleisteten pädagogischen Arbeit. Das zeigt aber auch, dass eine integrative Schule mit heterogenen Lerngruppen selbst im internationalen Maßstab Spitzenleistung

erreichen kann. Die Thüringer Grundschule ist ja eine Schule für alle; an ihr lässt sich keine künstliche Homogenität herstellen, sie muss mit unterschiedlichen Begabungen und Lernständen zurechtkommen, und wie IGLU-E 2006 beweist, gelingt ihr das auf hervorragende Weise.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, und was wir nach der Klassenstufe 4 brauchen, ist also nicht das frühe Aufteilen auf unterschiedliche Schularten, ist nicht der damit verbundene Irrglauben an die höhere Leistungsfähigkeit möglichst homogener Lerngruppen. Was wir brauchen, ist eine Verlängerung des gemeinsamen Lernens über die Grundschulzeit hinaus

(Beifall SPD)

und wir brauchen, meine Damen und Herren, eine neue, auf individuelle Förderung abzielende Lernkultur, wie sie bereits in vielen Grundschulen im Freistaat gelebt wird. Mit unserem Modell der Thüringer Gemeinschaftsschule haben wir einen gangbaren Weg aufgezeigt, wie man wirklich längeres gemeinsames Lernen und neue Lernkultur sinnvoll verknüpfen kann.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, auch der direkte Vergleich der Thüringer IGLU-Leistungen mit den bei PISA-E 2006 erzielten Resultaten zeigt, dass der Freistaat schnellstmöglich Abschied vom gegliederten Schulwesen nehmen sollte.

(Beifall SPD)

Im Mittelpunkt der IGLU-Studien steht die Untersuchung der Lesekompetenz. Der Staatssekretär hat es ja schon angedeutet, in diesem Kompetenzbereich liegt Thüringen bei IGLU-E 2006 zusammen mit Hongkong international auf Platz 2 und nur einen Leistungspunkt hinter dem IGLU-Sieger Russland und auch da, was Russland betrifft, kann man ja ein Fragezeichen stellen. Nun passiert etwas Erstaunliches, denn bei PISA-getesteten 15-Jährigen gelingt es nicht einmal in Ansätzen, an die hervorragende Positionierung der Grundschüler anzuschließen. Bei PISA-E 2006 liegt der Freistaat im Hinblick auf die Lesekompetenz zwar mit 500 Leistungspunkten über dem OECD-Durchschnitt, der Rückstand auf die internationalen PISA-Sieger in diesem Teilbereich beträgt jedoch - ich habe es bereits vorhin erwähnt - rund 50 Leistungspunkte, mithin fast zwei Schuljahre. Also nach einem ausgezeichneten Start mit der Grundschule folgt im Thüringer Schulwesen, also nach Klasse 4, der Absturz in die internationale Bedeutungslosigkeit. Das, meine Damen und

Herren von der CDU, sollte uns zu denken geben. Es sollte vor allem Ihnen zu denken geben für Ihr praktiziertes stures Festhalten am gegliederten Schulsystem.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, auch wenn sich die CDU - der Staatssekretär hat es ja noch mal erwähnt, Kollege Emde wird es auch wieder zelebrieren - einer strukturellen Reform verweigert, sind die Thüringer Bürgerinnen und Bürger schon längst zu dieser Einschätzung gelangt, dass derartige Strukturveränderungen unumgänglich sind. Das belegen etliche repräsentative Umfragen der letzten Jahre, bei denen sich stets eine überwältigende Mehrheit der Thüringer und interessanterweise auch der CDU-Wähler für längeres gemeinsames Lernen ausgesprochen hat. Das zeigt auch der jüngste Thüringen-Monitor. Darauf gehen Sie ja im Bereich Bildung überhaupt nicht ein, denn dass die CDU die größte Kompetenz im Bildungsbereich hat, glauben nur noch 24 Prozent.

Meine Damen und Herren, 24 Prozent der Thüringer geben der CDU die größte Kompetenz in Bildung. Für eine Partei, die seit 18 Jahren das Kultusressort verantwortet, ist das ein wirklich desaströser Wert. Darüber sollten Sie intensiv nachdenken bei allen Jubel-Arien, die Sie hier heute singen werden.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Da müssen wir Ihren Lügen besser widersprechen.)

Aber, Kollege Schwäblein, so kann es einem ergehen, dessen Bildungspolitik wirklich seit Jahren - und Sie haben es heute wieder gezeigt - aus Schönrederei, aus Selbstbeweihräucherung und aus sturem Weiterso besteht, und insofern haben Sie wirklich den Thüringen-Monitor und die Ergebnisse intensiv verdient. Danke.

(Beifall SPD)

Das Wort hat Abgeordneter Emde, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, in 12 Tagen feiern wir in der ganzen Welt, weil ein Kind geboren wurde, das Hoffnung gibt, und ich denke, auch die Ergebnisse, die unsere Kinder erzielt haben, machen einfach Hoffnung für dieses Land.

(Beifall CDU)