Protocol of the Session on September 12, 2003

Meine Damen und Herren, zum Kommunalen Finanzausgleich: Wir haben den Kommunalen Finanzausgleich trotz der Steuereinnahmen nicht verändert. Wir wollen den Gemeinden Planungssicherheit geben in schwieriger finanzieller Lage, wenn es schon der Bund mit der Gemeindefinanzreform nicht tut.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb haben wir die Finanzausgleichsmasse auf dem Niveau von 2002 belassen. Dies bedeutet, dass das Land sich höher verschulden muss, um durch zusätzliche Landesmittel den Kommunen ihren Anteil an den Steuerausfällen 2003 und 2004 auszugleichen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Heute noch!)

37 Mio.    %"" als allgemeine Schlüsselzuweisung, sondern als investive Schlüsselzuweisung ausreichen. Hiermit wollen wir die Investitionstätigkeit der Kommunen noch stärker unterstützen. Die Schlüsselzuweisungen werden steuerkraftabhängig auf die Gemeinden und Landkreise verteilt. Wir kommen so im KFA zu einer stärkeren Strukturverschiebung zu den investiven Ansätzen. Damit wird den Kommunen das deutliche Signal vermittelt, wohin die Entwicklung in Zukunft gehen wird, in Richtung Investitionen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das Festhalten an der Größe 1,86 Mio.    ist eine Priorität in diesem Nachtragshaushalt.

Kommen wir zum leidigen Problem Doppelhaushalt ja oder nein. Ganze Zeitungsspalten werden ja damit gefüllt. Wir stellen den Doppelhaushalt nicht in Frage wie die Mehrheit aller Bundesländer. Im Gegenteil,

(Beifall bei der CDU)

der Doppelhaushalt gab und gibt uns die Möglichkeit, das Notwendige und Machbare neu zu bewerten, ohne einen funktionierenden Haushalt nicht zu haben oder darauf zu

verzichten. Gleiches gilt vor allen Dingen für die mit uns verbundenen Haushalte. In schweren wirtschaftlichen Zeiten haben sie verlässliche Rahmen. Ich denke an die Hochschulen, ich denke an die Kommunen, ich denke an das Erziehungsgeld, das ja auch der Bund auf die AGENDA gestellt hat. Doppelhaushalte - ich möchte nur Mecklenburg-Vorpommern erwähnen, Herr Huster, Sie wissen das, oder Schleswig-Holstein, Frau Simonis hat jetzt einen Doppelhaushalt eingebracht 2004/2005 -, ich glaube, über dieses Thema sollten wir in dieser Breite hier nicht mehr diskutieren, sie sind richtig und sinnvoll.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Rahmen des Haushalts ist eng gesteckt. Die Einnahmen bleiben angespannt. Herr Huster fordert auf zu mehr Einnahmen. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Vorschläge, wenn sie denn werthaltig sind. Die BIP-Finanzierungsspielräume sind ausgereizt. Sparen verlangt Prioritätensetzung und Aufgabeneffizienz. Bei verschiedenen Ländervergleichen haben wir festgestellt, dass es Bereiche gibt, in denen wir uns mehr leisten als andere Länder, ganz bewusst mehr leisten als andere Länder. Und hier lassen wir uns auch nicht von Ihnen kritisieren.

Das Landesarbeitsmarktprogramm: Thüringen gibt mehr als dreimal so viel Geld pro Einwohner aus wie Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern und mehr als Sachsen. Thüringen hat natürlich darunter zu leiden, dass der Bund 1,6 Mrd. &""  Ihr arbeitspolitischer Sprecher im Bund, Herr Brandner, sagt, dass das ineffizient ist, diese Arbeitsmarktmaßnahmen - nachzulesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Bereich der Theater - Thüringen ist ein Kulturland. Wir haben im Bundesvergleich die höchst geförderten Theater. Jede einzelne Eintrittskarte wird mit 120 'teln gefördert. Aber wir freuen uns heute Abend alle, wenn wir die neue Oper einweihen können hier in Erfurt, und wir tun das.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Nicht alle.)

Ich freue mich.

(Beifall bei der CDU)

Der Bundesdurchschnitt bei den Theatern liegt bei 96 

Zur Verbundforschung: Ja, Thüringen hat als einziges Land ein eigenes Verbundforschungsprogramm. Leider - und das ist der Haushaltslage geschuldet - mussten wir auch hier Abstriche machen. Trotzdem, wir sind das einzige Land, das ein solches Programm hat. Warum sage ich das? Zum einen, weil wir bei allen kontroversen Diskussionen um die Ausgaben des Landeshaushalts immer die Verhältnismäßigkeit mit in Anspruch nehmen müs

sen. Wir müssen Verhältnismäßigkeit wahren. Und Sie, Herr Höhn, haben ja gesagt Benchmarking. Ja, wir haben Benchmarking gemacht und wir liegen in vielen Bereichen über dem, was sich andere Bundesländer, auch Geberländer, leisten. Deswegen ist mein Appell: Keine Amokfahrt durch Programme, sondern zielgerichtet. Programme und Haushaltsanschläge sind keine Mindestanschläge, sie sind Haushaltsermächtigungen dieses Hauses und keine Verpflichtung auszugeben. Effizienz ist angesagt, Benchmarking und Vergleich. Gerade bei der Wirtschaft, das habe ich gesagt, zeigt das ja seine Früchte. Die Haushaltslage zwingt uns zum Realismus. Wir können nicht mehr alles fördern und jeden fördern. Wir können uns nicht mehr alles leisten, wir müssen Prioritäten setzen für Zukunftsfelder. Ich wiederhole es wieder: Familie, Hochschulen, Kommunen, innere Sicherheit. Ich bin neulich gefragt worden, warum denn die Investitionsquote so wichtig ist. Es ist ja viel Haushaltssystematik dabei bei dieser Investitionsquote. Trotzdem, Investitionen - dahinter stehen Arbeitsplätze. Bei den Zeiten hoher Arbeitslosigkeit ist die Landesregierung gefordert, Investitionen zu tätigen, aber auch moderne Formen der Finanzierung mit zu nutzen. Die klassische Haushaltssystematik und mancher Rechnungshofhinweis gehen noch nicht in diese Richtung. Trotzdem, wir werden uns modernen Finanzierungsformen weiter offen zeigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Nachtragshaushalt ist auf der Basis bestehender Gesetze erarbeitet worden. Das ist die allgemein übliche Praxis in Bund, Ländern und Gemeinden. Auch machen die unterschiedlichen Diskussionsbeiträge der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen eine verlässliche Prognose für alle übrigen Gesetze, die derzeit beraten werden, unmöglich. Ich möchte nur die Problemfelder Steuerreform oder Gemeindefinanzreform nennen. Hier hat sich ja postwendend nach der Kabinettssitzung die Fraktionsvorsitzende geäußert und gesagt, das kommt nicht so durch den Bundestag. Also, wir machen den Haushaltsanschlag auf den jetzigen Gesetzeslagen.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Der neuerliche finanzielle Dammbruch in Deutschland zwingt den Freistaat Thüringen zur Vorlage dieses Nachtragshaushalts. Die Landesregierung sieht sich veranlasst, das Ziel der Haushaltskonsolidierung zu strecken. Ansätze von Programmen werden gekürzt. In vielen Fällen aber wird das hohe Niveau gehalten. Zukunftsfelder wie Familie, Hochschulen sind ausgenommen. Gegenüber den Kommunen kommt die Landesregierung ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung nach. Zugleich haben wir weitere personalwirtschaftliche Maßnahmen und die Demografie unseres Landes im Blick.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie mir sagen, dort oder da, man sieht das ja jetzt in der Presse, darf nicht gekürzt werden, dann bitte sagen Sie, wo gekürzt wird und woher wir die Finanzierung dann nehmen sollen, denn nur das ist seriös und verantwortlich gegenüber dem Land.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden Sie nicht aus dieser Verantwortung entlassen, Vorschläge zu unterbreiten. Wisse Decker, ein niederländischer Topmanager, sagte einmal: "Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorauszusagen, sondern sich auf die Zukunft vorzubereiten." Ich glaube, dass sich die Landesregierung verantwortlich mit diesem Nachtragshaushalt auf die Zukunft einstellt, auch unter schweren wirtschaftspolitischen, arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen. Lassen Sie uns fair und engagiert um die Sache streiten, denn nur so werden wir der Verantwortung der Menschen in Thüringen gerecht. Ich wünsche uns gute Beratungen und danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Damit kommen wir zur Aussprache. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Huster, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, liebe Staatssekretäre,

(Beifall bei der PDS)

nach der Bewirtschaftungsreserve und der Haushaltssperre liegt uns nun der Entwurf für den Nachtragshaushalt vor und ich will es vorwegnehmen, dieser Nachtragshaushalt offenbart die Notwendigkeit eines gründlichen Kassensturzes in Thüringen.

(Beifall bei der PDS)

Herr Althaus, es wäre zumindest nach fast 100 Tagen ein Signal von Ihnen gewesen, wenn mit diesem Nachtrag die wirklichen Verbindlichkeiten auf den Tisch gelegt würden. Meine Behauptung ist, dass von Sparen und Gestalten spätestens mit diesem Nachtragshaushalt nichts mehr übrig ist.

(Beifall bei der PDS)

Sie kürzen in Zukunftsbereichen, Lasten werden in die Zukunft verschoben und von Transparenz kann auch keine Rede mehr sein. Frau Ministerin, das ist der entscheidende Punkt. Sie hätten die Pflicht gehabt, hier im Plenum über die Konsequenzen aus der Bewirtschaftungsreserve und der Haushaltssperre zu berichten. Genau das haben wir verlangt und dazu waren Sie nicht bereit.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, die Ministerin ist auf die Ursachen eingegangen. Natürlich, die Ergebnisse der Steuerreform sind für den Landeshaushalt verheerend. Aber

natürlich schlägt sich nicht nur die Steuerreform nieder, sondern auch die hohen Kosten der Arbeitslosigkeit und es wird gelegentlich in der finanzpolitischen Debatte vergessen. Wer systematisch die Einnahmeseite schwächt, der muss sich nicht wundern, wenn das Geld vorn und hinten nicht reicht. Er muss sich auch nicht wundern, wenn er am Jahresende neue Schulden aufnehmen muss, nicht um das Geld arbeiten zu lassen, sondern lediglich um Löcher zu stopfen. Diese permanente Ausgabenkürzung, die dann daraus ebenfalls folgt, beschleunigt den verhängnisvollen Kreislauf nach unten, in dem sich Deutschland seit Jahren befindet. Die öffentlichen Haushalte in Deutschland wurden in den letzten Jahren systematisch verarmt und geplündert. Große Kapitalgesellschaften und Vermögende tragen immer weniger zur Finanzierung des Gemeinwesens bei. Die Steuerlast liegt ganz klar auf Seiten der Lohnsteuerzahler. Dieser Prozess, meine Damen und Herren, ging einher mit einer gigantischen Umverteilung von unten nach oben. Im Osten Deutschlands, also auch in Thüringen, wird die Situation durch eine zunehmende Abwanderung verstärkt. Lassen Sie mich an dieser Stelle bemerken, dass finanzielle Not auch immer einhergeht mit dem Abbau von Demokratie, weil Menschen sich nur engagieren oder besonders engagieren, wenn es auch etwas zu verteilen gibt,

(Beifall bei der PDS)

und das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren, ich rede hier von einer Kontinuität, von einer Kontinuität in der Politik, die reicht von Helmut Kohl bis zur Politik von Gerhard Schröder. De facto bestand und besteht im Bundestag eine große Koalition und diese große Koalition setzt die soziale Schieflage fort. Das Scheitern der Gemeindefinanzreform zeigt, dass beide großen Parteien nicht in der Lage sind, substanzielle Verbesserungen für die Kommunen Deutschlands herauszuholen, obwohl wir genau in dieser Situation endlich Hilfe für die Kommunen in Deutschland bräuchten.

(Beifall bei der PDS)

Die PDS hat von Anfang an die falsche Grundrichtung der Steuerreform kritisiert. Ja, wir behaupten, der Ansatz von CDU und SPD ist insgesamt falsch gewesen und er ist es noch heute. Es stimmt eben nicht, dass Steuergeschenke an die großen Kapitalgesellschaften und die wirklich Reichen unmittelbar zu mehr Investitionen und zu mehr Steuereinnahmen und daraus folgend zu mehr Arbeitsplätzen führen. Das Ergebnis der letzten Jahre, meine sehr verehrten Damen und Herren, müsste eigentlich alle Philister der Betriebswirtschaft und deren Parteiideologen erzittern lassen, denn genau die besonders Begünstigten der Steuerreform haben sich mit der weiteren Entlassung Hunderttausender Menschen in Deutschland bedankt. Auch alles Gerede von der Förderung des Mittelstands kann daran nichts ändern. Gerade den Mittelstand hat man jahrelang vernachlässigt, auch wenn er im Wahlkampf immer wieder als vorzügliches Mittel taugt.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, nun soll diejenige Stufe der Steuerreform vorgezogen werden, die den kleinen Leuten mehr Geld in die Tasche bringt. Die erfolgten und erfolgenden Ausfälle sorgen dafür, dass diese neuen Entlastungen teils mit neuen Schulden, teils mit Subventionsabbau gegenfinanziert werden müssen. Und wie die Diskussion um die Kilometerpauschale zeigt, geht es in die eine Tasche hinein und aus der anderen Tasche heraus. Zusätzlich haben die Länder erhebliche Ausfälle, Frau Ministerin hat davon gesprochen, und für diese sind noch keine ausreichenden Kompensationen in Sicht. Jawohl, wir wollen die Entlastung insbesondere der abhängig Beschäftigten zum Anschieben der Binnennachfrage. Lassen Sie mich an dieser Stelle sagen, dass zur Binnennachfrage auch öffentliche Investitionen gehören. Das sollte hin und wieder mal klargestellt werden.

Meine Damen und Herren, diejenigen, die die Misere in Bund und Ländern verursacht haben, kämpfen jetzt wieder um die Meinungsführerschaft, um den kleinen Leuten zu sagen, dass wir uns kaum noch etwas leisten können. Ich halte das für eine ziemliche Verdummung und ich hoffe, dass sich das in den nächsten Monaten rächt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Unsere Position ist: Wir haben in Deutschland vor allem ein Einnahmeproblem. Mit diesem Einnahmeproblem verbunden ist eine gewachsene enorme soziale Schieflage zu beklagen. Ohne die deutliche Erhöhung der Einnahmen kommen wir dem Ziel der Konsolidierung des Landeshaushalts auch nicht näher

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Und wie machen wir das?)

- dazu werden wir kommen, Herr Ministerpräsident -, sondern wir werden uns immer weiter davon entfernen.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Und wie wollen Sie die Einnahmen erhöhen?)

Und die Verdoppelung bzw. Verdreifachung der Nettoneuverschuldung beweist dies.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Er- klären Sie mal, wie Sie die Einnahmen erhö- hen wollen.)