Protocol of the Session on July 3, 2003

(Beifall bei der SPD)

Gilt eigentlich das noch, was die Enquetekommission besprochen hat? Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister, ich habe es zu Ihrem Amtsantritt schon formuliert und will es auch gern wiederholen, Sie sollen wie jeder neue Minister Ihre 100 Tage haben, ich will darüber hinaus gern formulieren, dass wir sicherlich nicht nur in der SPD-Landtagsfraktion eine sehr hohe Erwartungshaltung an Sie haben. Vieles liegt brach in der Thüringer Wirtschaftsförderung, und deshalb sind wir die Letzten beim Wirtschaftswachstum der neuen Bundesländer. Ich habe Ihnen wesentliche Stichpunkte gegeben, handeln Sie!

(Beifall bei der SPD)

Ihr Amtsantritt mit der Bemerkung, dass Sie vom Tourismus keine Ahnung haben, war sicherlich nicht besonders glücklich. Ich hoffe aber, dass Tourismus das einzige Gebiet ist, wovon Sie keine Ahnung haben. Und um einem Gerücht entgegenzutreten, würde ich Sie bitten sich dazu zu äußern, ob es wirklich so ist, dass Sie sich vertraglich ein Rückkehrrecht auf Ihre Position in der LEG gesichert haben. Es wäre für einen Wirtschaftsminister schon fatal, wenn er so ein Amt, so ein wichtiges Amt übernimmt, nur unter der Voraussetzung, dass er auch im Falle des Scheiterns abgesichert ist. Nicht ungern haben wir, Herr Minister, Ihre Ausführungen über den zweiten Arbeitsmarkt gehört. Sie wollen ihn stärken, insbesondere im Bereich der SAM. Wir werden sehen, wie Sie sich in den Haushaltsberatungen der Landesregierung

zum Nachtragshaushalt durchsetzen werden. Denn wir brauchen bei allen Prioritäten für den ersten Arbeitsmarkt in Thüringen nach wie vor einen zweiten Arbeitsmarkt.

(Beifall bei der SPD)

So wie die Landesregierung bisher mit ihrer Verantwortung umgegangen ist, nämlich die entsprechenden Haushaltsansätze um bis zu 70 Prozent zu kürzen, ist nicht richtig. Ich muss an dieser Stelle aber auch deutlich die Bundesregierung tadeln. Ihre jetzt auch zum Teil wieder zurückgenommenen Kürzungen im Bereich des zweiten Arbeitsmarkts waren nicht nachzuvollziehen.

(Beifall bei der SPD)

Ich will es vom Grundsatz her noch einmal klar und deutlich formulieren: Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland einen geteilten Arbeitsmarkt. Auf der einen Seite Regionen mit einer relativ geringen Arbeitslosigkeit und auf der anderen Seite Regionen - und dazu gehört leider nun mal der Freistaat Thüringen - mit einer relativ hohen Arbeitslosigkeit. Für diese unterschiedlichen Situationen brauchen wir auch unterschiedliche Stellschrauben. Die SPD-Landtagsfraktion hat das aufgegriffen und auch durch unsere Initiative wird es ab 1. September dieses Jahres ein Programm des Bundes für 100.000 Langzeitarbeitslose mit einer Laufzeit von zwei Jahren geben

(Beifall bei der SPD)

Umfang 865 Mio.   ) %    kommunale Beschäftigungsangebote. Nicht vergessen werden darf hier auch das Programm der Bundesregierung "Jump plus", hier sollen 100.000 Jugendliche einen Job bekommen.

Meine Damen und Herren von der Landesregierung, und nun sind Sie an der Reihe. Sie, Herr Minister Reinholz, haben, ich habe es erwähnt, in den ersten Tagen Ihrer Amtszeit ein paar Ansätze geliefert, die wir auch nachvollziehen können, wir hoffen, dass es denn eben auch so wird.

Zwei Bemerkungen zu den hier im Hause ach so stark gescholtenen Hartz-Gesetzen. Ich nehme gern zur Kenntnis, dass sich überall in Thüringen Personalagenturen gründen, die mit einer gehörigen Portion Optimismus ihre Arbeit aufgenommen haben, eben ganz anders, meine Damen und Herren von der CDU, als Sie unken.

(Zwischenruf Abg. Schugens, CDU: Wir haben... noch keine Ergebnisse.)

Dass sich in Thüringen bisher fast 1.000 Ich-AGs gegründet haben, bundesweit sind es 33.000, freut uns.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Den Hand- werkern die Arbeit wegnehmen.)

Wir feiern dies aber eben nicht als Durchbruch, sondern nehmen einfach zur Kenntnis, dass aufgrund der HartzGesetzgebung erstmals Tausende von Arbeitslosen in Deutschland bereit sind, ihr berufliches Schicksal in die eigene Hand zu nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb, Herr Ministerpräsident, bei der weiteren HartzGesetzgebung prüfen Sie erst, bevor Sie vorschnell im Bundesrat blockieren.

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht zum wievielten Male, Thüringen braucht endlich eine Verwaltungsreform, die diesen Namen verdient, auch, weil wir die zweithöchste Personalquote der neuen Bundesländer haben. Bisher war ja die Ausrede immer die Hortnerinnen, die wir noch mit drin hatten. Jetzt haben wir festgestellt, wenn man die Hortnerinnen herausrechnet, haben wir immer noch die zweithöchste Personalquote, also muss jetzt das Hochwasser in Sachsen und in Sachsen-Anhalt herhalten. Das ist nichts anderes als ein ziemlich schlechter Witz, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der SPD)

In den letzten Wochen und Monaten

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist doch doppelzüngig.)

ist wie in so vielen Bereichen viel angekündigt worden, gehandelt wurde nicht,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ihr seid doch Pfeifen.)

auch heute nur Versprechungen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Soll ich wiederholen?)

Bist du fertig?

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nein,... ihr seid Pfeifen.)

Bist du jetzt fertig?

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Jetzt bin ich fertig.)

(Unruhe bei der CDU)

Ich hätte Sie sonst gefragt, Herr Abgeordneter Fiedler, ob Sie eine Zwischenfrage stellen wollen.

(Zuruf Abg. Fiedler, CDU: Noch nicht.)

Das traut er sich doch nicht, so weit reicht es doch nicht.

(Unruhe bei der CDU)

Seit 1999, meine Damen und Herren von der CDU, regieren Sie mit absoluter Mehrheit. Jetzt, zum Ende des Jahres 2003, ist das Handeln Ihrer Stabsstelle in der Staatskanzlei angekündigt. Sieht so kraftvolles Regieren aus? Ich sage Ihnen, auch das wird wieder ein Papiertiger werden, den Sie hier konstruieren, weil Sie doch gar nicht die Verwaltung auf ein vernünftiges Maß reduzieren wollen, Sie wollen doch gar keine transparente Verwaltung in Thüringen. Was Sie wollen, das sind doch Posten und Pöstchen für CDU-Mitglieder und Ihre Verwandten und Bekannten.

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Dr. Pietzsch, CDU: Wie bei der SPD in NRW.)

Was Sie wollen, sind doch Posten und Pöstchen für CDUMitglieder und Ihre Verwandten und Bekannten, nur so ist es doch zu erklären, dass es hier in Thüringen weder ein Personalentwicklungskonzept noch etwas Ähnliches gibt. Die Vetternwirtschaft greift in Thüringen nach und nach um sich, und auch der neue Ministerpräsident, Herr Dieter Althaus, hat heute klar gemacht, dass er nicht willens ist diesen Knoten endlich zu zerschlagen.

Meine Damen und Herren, kommen wir zu einem weiteren traurigen Kapitel im Freistaat Thüringen, dem Tourismus. Das dritte Standbein der Thüringer Wirtschaft sollte es werden. Das Ergebnis ist mehr als ernüchternd, deshalb wohl auch dazu, Herr Althaus, in Ihrer Regierungserklärung nicht ein einziges Wort. Auch im Jahre 2003 ist die Tourismusbranche in Thüringen schlechter gestartet als alle anderen. In den ersten drei Monaten sank die Zahl der Besucher um fast 5 Prozent. Wir haben somit einen Einbruch zu verzeichnen, der wesentlich höher liegt als der Bundesschnitt. Und warum? Weil hausgemachte Probleme den Tourismus belasten. Der ehemalige Wirtschaftsminister hat immer wieder Strukturveränderungen angekündigt und angekündigt und angekündigt und angekündigt. Aber was wird jetzt nun mit den Regionalverbänden, mit dem Landesfremdenverkehrsverband und mit der TTG. Wer soll welche Aufgabe zukünftig leisten? Auch das bleibt nach Ihrer Erklärung, Herr Ministerpräsident, weiterhin ein Rätsel. Im Übrigen, meine Damen und Herren von der CDU, Ihr Tourismuskonzept ist mittlerweile

11 Jahre alt. Es stammt von 1992. Einer Weiterschreibung dieses Tourismuskonzepts haben Sie sich ja hier im Landtag verwehrt. Was wir heute von Ihnen erwartet haben, Herr Ministerpräsident, war eine Zielsetzung, wo der Thüringer Tourismus hin will. In welchen Zeiträumen soll was erreicht werden, aber ich sagte es schon, auch hier totale Fehlanzeige.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden uns nach der Sommerpause hier in diesem Haus mit dem Nachtragshaushalt für dieses Jahr zu beschäftigen haben. Insofern wissend, dass da eine Generaldebatte in diesem Hause ansteht, möchte ich mich schwerpunktmäßig zu einigen Fragen der kommunalen Finanzen äußern. Vorab zwei Eckzahlen: Die Thüringer Kommunen haben das geringste Eigenaufkommen in den neuen Bundesländern, und im letzten Jahr hat die Landesregierung ihre Investitionsmittel für die Kommunen um ca. 25 Prozent gekürzt.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wo hast du denn das her?)

Nirgendwo in den neuen Bundesländern ist es für die Kommunen so schwer wie in Thüringen, zu investieren. Auch dadurch erklärt sich das schwache Wirtschaftswachstum. Die SPD-Landtagsfraktion geht davon aus, dass beim Nachtragshaushalt die Kommunen soweit wie möglich ungeschoren davonkommen.

(Beifall bei der SPD)

Ihre gleich lautende Ankündigung, Herr Ministerpräsident, können Sie im Übrigen mit einer Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag unterstreichen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: In dem Antrag sind wir uns sogar einig.)

Horch zu, horch zu,

(Heiterkeit im Hause)