Protocol of the Session on June 5, 2003

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Das soll- ten Sie sich mal merken.)

Ich wusste nicht, dass Worms und Speyer heute nicht mehr in Rheinland-Pfalz liegen.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Aber Sie haben gesagt, Worms liegt in der Pfalz.)

Das stimmt, aber in Rheinland-Pfalz. Verzeihen Sie, wenn ich jetzt daran erinnere, dass Rheinland-Pfalz das ganze Land ist, deswegen ist Rheinland-Pfalz auch das junge Land und wir das alte Land. Wir sind nämlich historisch viel älter.

(Beifall bei der CDU)

Also einen wohlverdienten Ruhestand wünschen wir Ihnen. Nach so viel Engagement in und für Thüringen haben Sie sich viel Zeit in Speyer redlich verdient. Da warten die Weinstuben, da wartet das Feuerbachhaus, da wartet die "Schweizer Amsel" und der "Alte Engel". Ich sage, Herr Dr. Vogel, einfach ins "Altpörtel". Genießen Sie das Altstadtfest und mit Ihnen kommt noch eine andere Legende nach Speyer in den nächsten Tagen oder Wochen, das weiß ich nicht genau. Quasi eine Vogelfluglinie, die sich zurzeit nach Speyer aufmacht, nämlich die große Legende der Concord. Die letzte fliegende Concord wird in Speyer aufgestellt, quasi zwei Vögel fliegen nach Speyer.

Eines ganz persönlich: Nächstes Jahr, wenn die Wählerinnen und Wähler in Thüringen entschieden haben und wir als PDS unser Votum bekommen haben werden, so herum wie anders herum, eines verspreche ich, wenn wir so zulegen, wie wir es hoffen,

(Heiterkeit bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nach der Rede heute nicht.)

das verspreche ich, weil es muss auch erlaubt sein,

(Unruhe bei der CDU)

die Person zu kritisieren für die Amtszeit, für die Rechenschaft abzulegen ist und über die wir unseren Rechenschaftbericht abzulegen hatten und nicht den Schatten, den er wirft durch die großen Scheinwerfer, die auf einmal eine Riesenperson zeigen. Wir haben es mit einem Menschen zu tun, Herr Dr. Vogel, als Mensch sagen wir danke. Sollten wir es tatsächlich schaffen, ein erfolgrei

ches Ergebnis einzubringen, verspreche ich Ihnen ein Sommerfest in Speyer. Wir werden die Gruppe Blues & Blödel von Speyer engagieren, damit es ein schönes Fest in Speyer gibt.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Wunsch, den ich ganz persönlich habe:

(Unruhe bei der CDU)

Nach über 50 Jahren Grundgesetz, nach fast 60 Jahren Bundesrepublik Deutschland, nach fast 15 Jahren Gesamtdeutschland, meine sehr verehrten Damen und Herren, wünsche ich mir ganz persönlich eine Bundespräsidentin. Die Bundesrepublik Deutschland besteht nicht nur aus Männern und es wird Zeit, auch Frauen das höchste Staatsamt im Land zu übertragen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Frau Zimmer.)

(Unruhe im Hause)

Sehr geehrter Herr Althaus, ich muss jetzt spekulieren. Ich vermute, Sie haben ein knappes Jahr Amtszeit vor sich. Gehen wir von dem 11. Juli 2004 als Wahltag aus rein fiktiv - es ist ein Sonntag,

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Nicht mal da haben Sie Recht.)

also der 13. Juni 2004. Eine knappe einjährige Amtszeit haben Sie vor sich. Wir, Herr Althaus, würden tief den Hut vor Ihnen ziehen und Ihnen für Folgendes auch die Hand reichen, unser Engagement mit einbringen, wenn es Ihnen gelingt, den Trend zu brechen, dass täglich 40 Menschen ihre Arbeit verlieren und umdrehen, dass in der Amtszeit, die Ihnen noch zur Verfügung steht, 40 Menschen zusätzlich in Lohn und Brot kommen. Das wäre aller Mühe wert, darin würden wir Sie unterstützen, diesen Weg würden wir begleiten, und wenn Sie für längeres gemeinsames Lernen eintreten, so wie Sie es angekündigt haben, für die Stärkung des Sozialstaats und für die Aktivierung des parlamentarischen Lebens, so wie wir es in Lübeck beschlossen haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der Umsetzung der Drucksache 3/50 und für die Umsetzung direkt demokratischer Elemente, wie wir es auch besprochen haben, auf diesem Weg wollen wir Sie begleiten. Dafür reichen wir die Hand. Wenn wir uns daran beteiligen können, dass endlich ein Aufbruch Ost entsteht und der Nachbau West hier beendet wird, dann sagen wir, für Kreativität und eine einzige nachhaltige innovative Zone Thüringen, das wäre ein Projekt, bei dem wir Sie in Ihrem Weg begleiten würden. Wenn Sie dafür streiten, sagen wir ja. Für ein einfach nur "weiter so", sagen wir nein. Am Schluss ein Wort an den Eichsfelder von einem anderen, der ihn im Eichsfeld geprägt hat, und Sie werden gleich sagen, das ist auch gar nicht im Eichsfeld. Thomas Müntzer hat gesagt...

(Zwischenruf aus der CDU-Fraktion)

(Heiterkeit bei der CDU)

Das war nicht im Eichsfeld, das weiß ich. Die Frage ist, wo er den Satz gesagt hat. Ich dachte...

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Müntzer war nie im Eichsfeld.)

Er war nie im Eichsfeld, aber in Mühlhausen. Aber trotzdem wäre Müntzer für Sie der Richtige, den ich Ihnen auf den Weg gebe, Herr Althaus: "Die Herren machen es selber, dass ihnen der arme Mann zum Feind wird." Sorgen Sie dafür, dass der arme Mann in diesem Land das Gefühl hat, dass es einen Aufbruch gibt, der nach vorn geht, die besten Jahre liegen vor uns. Eines darf ich Ihnen sagen, am Wahltag kann der Wähler entscheiden und nicht die Mehrheitsfraktion, wie sie hier sitzt, ob der Übergang gelingen wird. Wir sagen, wenn der Wähler wägt und prüft, was abgerechnet worden ist, dann wird der Übergang gelingen. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Peinlich.)

Es hat jetzt das Wort der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Heiko Gentzel.

(Unruhe im Hause)

Frau Präsidentin,

Ich darf bitten, sich auf den neuen Redner zu konzentrieren.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, es hat in der letzten Zeit im Thüringer Landtag eine wahre Inflation von Regierungserklärungen gegeben. Viele erscheinen mir auch im Nachhinein noch als vollkommen überflüssig, weil eben auch folgenlos.

Die heutige Regierungserklärung des Ministerpräsidenten war eine andere, war eine besondere. Seit dem CDU-Parteitag vom 24. Mai dieses Jahres wissen wir, dass er heute sein Amt als Ministerpräsident niederlegen wird. So war also von vornherein klar, dass wir heute so eine Art Bilanz Bernhard Vogel in elf Jahren vorgetragen bekommen. Einige haben in den letzten Tagen in diesem Zusam

menhang vom Ende einer Epoche gesprochen. Mir, uns Sozialdemokraten geht das viel zu weit. Viel sympathischer ist die eigene Einschätzung des Ministerpräsidenten ich zitiere: "Ich wollte helfen und ich habe versucht zu helfen. Ich habe versucht, meine Pflicht zu tun - nicht mehr und nicht weniger."

(Beifall bei der CDU, SPD)

Dieses, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das selbstbewusste Understatement, wie es sich für einen Ministerpräsidenten gehört. Ich habe mir einige Reden und Ankündigungen des Ministerpräsidenten der letzten elf Jahre, insbesondere hier in diesem Haus, noch einmal durchgelesen und ich komme zu folgendem Resümee: Mit ihm - auch mit ihm - ist in Thüringen viel erreicht worden,

(Beifall Abg. Zitzmann, CDU)

aber auch er war nicht frei von Irrtümern und Fehlern. Sie können jetzt weiterklatschen.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt keinen Grund, den scheidenden Ministerpräsidenten zu segnen oder gar heilig zu sprechen - Herr Althaus bei Ihren Reden habe ich immer das Gefühl, wir stehen kurz davor -, ich bin mir aber auf der anderen Seite wiederum sicher, Herr Ministerpräsident, Sie wollen dieses gar nicht.

Meine Damen und Herren, als Ministerpräsident Bernhard Vogel vor elf Jahren nach Thüringen kam, hatte er im sprichwörtlichen Rucksack, den man immer so mitbringt vor allem eines: einen riesigen Erfahrungsschatz. Dies gepaart mit Routine, Erfahrung und Fleiß war bitter nötig. Nicht nur durch eine Clownerie seines Vorgängers Josef         stand der Thüringer CDU war erbärmlich.

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich mich so an all die Kandidaten erinnere, die damals gehandelt worden sind,

(Zwischenruf aus der SPD-Fraktion)

(Heiterkeit bei der CDU)

sage ich für Thüringen und für die CDU: Es hätte viel schlimmer kommen können.

(Beifall bei der SPD)

So ist es nicht verwunderlich, eher nachlesenswert, dass der Ministerpräsident Bernhard Vogel in seiner ersten Regierungserklärung im Thüringer Landtag Aufgaben und Forderungen formuliert hat, von denen heute noch viele unterschrieben werden können. Auffällig bleibt bei all diesen Dingen sein damaliger Großmut mit der Bundes

regierung. Dieser endete übrigens abrupt 1998. Hatte er damals noch Verständnis für viele Unzulänglichkeiten auf Bundesebene, sprach er öfter davon, man sollte nicht so viel diskutieren, sondern man sollte eben anpacken, aber seit 1999, Herr Ministerpräsident, geht Ihnen nichts mehr richtig schnell und gut genug - so ändern sich halt die Zeiten.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Ja, leider.)