Meine Damen und Herren, und die CDU hat sogar noch eine Kohle aufgelegt. Im Kapitel 08 20 mit dem Titel 653 13 gibt es eine Aufstockung um 4 Mio. DM. Mit dem Zufließvermerk aus dem Einzelplan 07 um weitere 4 Mio. DM ist der Haushalt im Einzelplan 08 sogar 50 Mio. DM größer als im Haushalt 1999. Ich halte das für einen Erfolg der Sozialpolitik der CDU.
Wenn Sie also von der SPD weiterhin aufrecht erhalten wollen, dass dieser Haushalt eine soziale Schieflage enthält, dann habe ich das Gefühl, ist die Zielrichtung dieser Aussage eine andere. Ich habe das Gefühl, Sie wollen die verheerende bundespolitische Bilanz Ihrer Partei des letzten Jahres vergessen machen oder Sie soll hier nicht gar so unsichtbar werden.
Herr Höhn, wie Sie Bundespolitik schöngeredet haben, das ist schon ein Meisterstück. Auch wenn Sie neu sind, das haben Sie gut gemacht.
Aber es trifft natürlich nur nicht zu, Herr Höhn. Meinen Sie etwa, dass das Gesetz zur Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit und das 630-DM-Gesetz nach mehrfacher Nachbesserung doch ein Erfolg war? Fragen Sie doch einmal bei den Zeitungen nach und im Gaststättengewerbe, wie viele Arbeitsplätze dort verloren gegangen
Und wem hilft denn dieser Einschnitt - etwa den kleinen Leuten, für die Sie immer so gern da sein wollen? Und wie war das doch mit der sozialen Kehrtwende, die in Berlin bzw. erst in Bonn gemacht werden sollte? Glauben Sie, dass die so genannte Rentenanpassung nach Willkür und Gnade der Bundesregierung schon vergessen worden ist?
Dieser Vorgang bleibt ein ungeheuerlicher Skandal in der Geschichte der Bundesregierung, weil Rentenkürzungen dazu benutzt wurden, um Haushaltslöcher zu stopfen und nicht, um die Rentenreform auf den Weg zu bringen. Und das sind Ihre so genannten Erfolge.
Ja, aber Sie wissen doch, wenn sie um die Inflationsrate steigt, dass die Realeinkommen damit sinken. Das wird von Ihnen immer wieder postuliert und wird an allen Stellen, wo das nur geht, in die Diskussion gebracht. Um die Rentenreform nun doch noch auf den Weg zu bringen, meine Damen und Herren, dann kommen die Einschnitte erst noch und auf die sind wir allerdings neugierig und gespannt. Bisher ist von dieser Seite jedenfalls noch nichts gekommen außer vollmundigen Ankündigungen. Oder sind Sie etwa der Meinung, die so genannte ökologische Steuerreform sei sozial? Ich sagen Ihnen, sie ist weder ökologisch noch sozial.
Sie ist nicht ökologisch, weil sie keine ökologische Lenkungsfunktion ausübt. Eine ökologische Lenkungsfunktion müsste ja wohl so aussehen: Wer wenig verbraucht, muss belohnt werden, und wer viel verbraucht, muss bestraft werden. Und was tut der Gesetzgeber? Großverbraucher werden ausdrücklich von dieser Steuer ausgenommen. Also, die Schlussfolgerung: Es werden bald mehr Großverbraucher da und die ökologische Wirkung gleich null sein. Der kleine Mann wiederum wird abgezockt, und zwar mehrfach, nämlich derjenige, der seine Mehrkosten nicht umlegen kann auf Preiskalkulationen, der die Mehrkosten nicht in Streikauseinandersetzungen und Tarifstreiten wiederholen kann, der muss die Zeche am Ende bezahlen; das sind die Rentner, Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose.
Meine Damen und Herren, so sieht die Bilanz Ihrer Regierung aus in Bonn bzw. jetzt in Berlin. Das festzustellen, ist Ihnen immer wieder unangenehm und deswegen reden Sie von sozialer Schieflage in diesem Thüringer Haushalt, unabhängig davon, ob Sie Ihren eigenen Ansatz aus dem letzten Jahr damit nicht etwa doch schlechterreden als er im Grunde genommen war.
Meine Damen und Herren, ich darf an dieser Stelle nur noch erinnern, dass der Verschiebebahnhof des Bundes, sich zu entlasten zulasten der anderen Gebietskörperschaften des Landes und der Kommunen, ein weiterer Vorgang ist, der in dieser Bundesrepublik einmalig ist. Ich denke, auch das werden wir im Bundesrat, dort, wo wir es können, zu verhindern wissen.
Meine Kollegen aus den Facharbeitskreisen werden diese Diskussion im Einzelplan 08 noch mit Zahlen unterlegen können, ich möchte diesen hier nicht vorgreifen. Ich möchte nur so viel sagen: Mit dem letztgenannten Titel 653 13 im Kapitel 08 20 hat die Landesregierung ein weiteres Vorhaben in die Tat umgesetzt bzw. mit Finanzmitteln untersetzt, es ist das Programm "50 Plus". Die Ankündigung der Landesregierung ist hier in Zahlen umgesetzt. Wenn diese Zahlen etwas geringer sind als vorher angenommen, dann ist das kein schlechtes Zeichen, sondern es ist ein Zeichen dafür, dass wir am Anfang nicht so viel brauchen, wie ursprünglich für das Gesamtprogramm kalkuliert ist. Das Gesamtprogramm wird natürlich insgesamt mit Finanzmitteln so untersetzt, wie es ursprünglich auch vorgesehen war. Das ist in diesem Jahr im Haushalt nicht notwendig. Dann beginnt dieses Programm ja erst und muss probiert werden. Aber ich denke, dieses Programm, das "50 Plus" heißt, wird angenommen, denn es gibt bereits eine Menge Nachfragen. Auch wenn über dem Titel die Zweckbestimmung "Honorierung ehrenamtlichen Engagement älterer Arbeitsloser steht", ist es nicht die Bezahlung von ehrenamtlicher Tätigkeit. Es ist ein gewisser Anreiz für ehrenamtliche Tätigkeit bei Arbeitslosen, die über 50 Jahre alt sind. Die Arbeitslosigkeit bedeutet für viele nicht zuerst eine finanzielle Notlage. Sie bedeutet in vieler Hinsicht eine soziale Notlage und den Verlust von Selbstwertgefühl. Und genau darum geht es. Dieses Programm soll an der Stelle einsetzen. Die Nachfragen zeigen, dass dafür ein Bedarf besteht und ich hoffe, dass das TMSFG recht schnell die Richtlinien auf den Weg bringt, damit dieses Programm auch greifen kann.
Eine weitere Legende, die pausenlos - sowohl von der PDS als auch von der SPD - verbreitet wird, aber deswegen nicht wahrer ist, ist die, dass wir die Kommunen nicht ausreichend mit Finanzmitteln ausstatten. Nun, was ist in diesem Zusammenhang ausreichend? Wie Sie alle wissen, sind Finanzmittel nie ausreichend. Geldmittel reichen in der Regel nicht für uns im Land, Geldmittel reichen nicht bei den Kommunen, Geldmittel reichen für keinen. Was ist also ausreichend? Ein Indiz, ob wir fair mit den Kommunen umgehen oder nicht, ist für mich die Frage, wie stehen wir im Vergleich zu den anderen Ländern, vor
allen Dingen zu den anderen jungen Bundesländern. Und hier ergibt sich eindeutig, dass Thüringen an der Spitze bei der Förderung seiner Kommunen liegt. Mit 1.561,00 DM pro Einwohner im Kommunalen Finanzausgleich liegt Thüringen deutlich vor Sachsen, und im vergangenen Haushalt lag Thüringen mit 90,00 DM auch noch vor Brandenburg; ich nehme an, die Zahlen haben sich in diesem Jahr nicht geändert. Die Zahlen aus diesem Jahr liegen allerdings noch nicht aktuell vor, so dass wir auf die Vorjahreszahlen zurückgreifen müssen. Übrigens liegt hier auch einer der Hauptgründe für die geringe Verschuldung des Freistaats Sachsen, weil Sachsen eben in kommunalen Finanzzuweisungen deutlich unter unserem Stand liegt. Ich glaube, dass man den Unterschied der kommunalen Finanzen augenscheinlich erleben kann. Fahren Sie mit dem PKW einmal abseits von den Autobahnen und Bundesstraßen durch Brandenburg, fahren Sie durch Sachsen und dann fahren Sie durch Thüringen, meine Damen und Herren, den Unterschied zu Thüringen können Sie deutlich erleben.
Es gibt noch ein weiteres Indiz, dass unser Haushalt kommunalfreundlich ist: Der Kommunale Finanzausgleich steigt im Jahr 2000 um 2,5 Prozent. Das ist mehr als eine doppelt so große Steigerung als bei unserem eigenen gesamten Haushalt, der nur um 1,1 Prozent ansteigt.
Ich bleibe also bei meiner Feststellung, dass Thüringen das kommunalfreundlichste Land unter den jungen Bundesländern ist.
Mit der Novellierung des Finanzausgleichgsgesetzes bezüglich der Auftragskostenpauschale werden die Kommunen weitere Planungssicherheit auch in diesem Bereich erhalten. Meine Damen und Herren, bei aller Diskussion um Verteilung sollte man meines Erachtens auch einmal die eigene Einnahmesituation der Kommunen betrachten. Da wäre unter anderem eine zusätzliche Einnahmequelle durch die Nichterhebung der Gewerbekapitalsteuer 1997 und 1998 durch die Gewerbesteuerumlage. Diese beträgt jährlich über 50 Mio. DM. Die Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer von 2,2 Prozent wird für 2000 auf 121 Mio. DM geschätzt. Damit wird die Nichteinführung der Gewerbekapitalsteuer weit überkompensiert. Die Wirkungen des 1999 novellierten Finanzausgleichsgesetzes bewahrte die Kommunen 1999 vor einer Kürzung des Finanzausgleichs. Aufgrund der notwendigen Spitzabrechnungen nach vorheriger Gesetzeslage und der Steuermindereinnahmen hätten die Kommunen 166 Mio. DM weniger gehabt. Der Freistaat hat dafür gesorgt, dass diese Einnahmen nicht sinken. Eine solche Regelung im Kommunalen Finanzausgleich gibt es übrigens nur in Thüringen und Sachsen.
Meine Damen und Herren, ein letzter Vergleich: Die ProKopf-Verschuldung des Landes beträgt, wie bereits vorhin angeführt, 8.038,00 DM je Einwohner. Die Pro-KopfVerschuldung der Kommunen beträgt dagegen lediglich 2.400,00 DM. Daher gilt es meines Erachtens zu fragen: Wollen wir wirklich angesichts der fast vierfach höheren Verschuldung des Landes die Verschuldung weiterhin zulasten der Kommunen höhertreiben? Ich halte diesen Ihren Antrag von der PDS als eine finanzpolitische Geisterfahrerei.
Wider besseres Wissen betreiben Sie billigen Populismus und nehmen einen finanzpolitischen Crash in Kauf.
Im Übrigen, meine Damen und Herren von der PDS, aber auch von der SPD, Sie beklagen, dass wir Ihren Anträgen nicht zustimmen. Glauben Sie wirklich, die CDU spart unter Zähneknirschen, Verzeihung, unter Stirnrunzeln der Minister 240 Mio. Kreditmarktmittel ein, damit Sie von der PDS 100 Mio. DM wieder aufstocken und auf den Kopf schlagen können? Nein, meine Damen und Herren, diese Art von Arbeitsteilung ist mit uns nicht zu machen.
Die CDU ist dann nämlich dafür da, das Geld heranzuschaffen und die Opposition ist dafür da, das Geld auszugeben - nein, meine Damen und Herren, diese Rechnung geht so mit uns nicht auf.
Im Übrigen verstehe ich das so, Herr Höhn und Frau Neudert: Die CDU hat in Thüringen von den Wählern eine Mehrheit erhalten, damit sie ihre Politik und ihre Vorstellungen umsetzt. Wir haben nicht die Mehrheit erhalten, damit wir die Politik der Opposition umsetzen.
Wenn wir das in den letzten neun Jahren so beherzigt haben, dann werden wir das auch die weiteren Jahre so beherzigen, ich denke, das war gut für Thüringen, das war gut für die Entwicklung dieses Freistaats.
Außerdem, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Anträge der Opposition sind ebenso wenig seriös finanziert, von Ihnen von der SPD, wie die Schuldenausweitung durch die PDS. Die SPD will 60 Mio. DM durch Steuermehreinnahmen gewinnen. Meine Damen und Herren, Herr Kollege Pidde oder Herr Höhn - beide sind wohl nicht anwesend -, hier muss ich doch sehr an den seriö
Haben Sie das wirklich in Ihrer Fraktion mitgemacht, dass Sie 60 Mio. DM Mehreinnahmen einfach so kalkulieren und damit ungedeckte Schecks ausstellen wollen? Sie wissen so gut wie ich, dass erst die Spitzabrechnung am Jahresende Klarheit über die Steuermehreinnahmen schafft. Bestenfalls können wir ab November hochrechnen, wie sich die Steuermehreinnahmen entwickeln könnten; und das nun ausgerechnet für arbeitsmarktpolitische Programme einzusetzen, ist eine der unsichersten Deckungen, die ich je erlebt habe.
Meine Damen und Herren, das ist weitab von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit, was Sie hier immer so laut einfordern.
Das, was zu arbeitsmarktpolitischen Programmen noch näher zu sagen ist, das werden meine Kollegen vom Facharbeitskreis sagen, aber an dieser Stelle so viel: Das Geld, was bisher eingestellt war, ist in diesem Umfang nie abgeflossen. Der Sockel, den Sie aufgestellt haben, war immer eine Mogelpackung. Das ist, meine Damen und Herren, mit uns nicht zu machen. Unser Haushalt wird an dieser Stelle Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit widerspiegeln. Wir werden Luftbuchungen, die die Realität wie Seifenblasen zerplatzen lässt, nicht mit unterstützen, solcher Populismus ist mit uns nicht zu machen.
Meine Damen und Herren, so populistisch Ihre Diskussion an dieser Stelle ist, so populistisch ist sie auch bei dem Landtagsneubau. Eine solche verlogene und scheinheilige Diskussion habe ich bisher kaum erlebt.