Protocol of the Session on January 31, 2003

(Beifall bei der CDU)

Frieden und Sicherheit bestehen nur dann, wenn wir nicht angegriffen oder bedroht werden, und selbst der Papst mit seinem aufrüttelnden Friedensappell hat den Krieg als Ultima Ratio nicht generell ausgeschlossen. Wir sind mit vielen unserer Freunde einer Meinung, nämlich in Abstimmung mit den Verbündeten und den Vereinten Nationen, alle nicht militärischen Instrumente anzuwenden, um auf friedlichem Wege die UNO-Resolution durchzusetzen. Wir nehmen auch die berechtigten Sorgen der Thüringer Bevölkerung ernst.

(Beifall Abg. Zitzmann, CDU)

Laut Thüringentrend sagen zwei Drittel der befragten Thüringer, die Bundesregierung soll auf dem Weltsicherheitsrat im Sinne einer nicht militärischen Lösung einwirken. In aller Deutlichkeit: Auch die Thüringer Landesregierung setzt auf friedliche Beilegung des Konflikts,

(Beifall Abg. Zitzmann, CDU)

gleichgültig, ob das eine Verlängerung der Waffeninspektion oder eine zweite UNO-Resolution oder beides ist. Kein vernünftiger Mensch kann Krieg wollen.

(Beifall bei der CDU)

Gerade weil wir dies nicht wollen, brauchen wir den notwendigen politischen und militärischen Druck, um den nichtmilitärischen Instrumenten Durchsetzungskraft und Wirksamkeit zu geben.

(Beifall Abg. Arenhövel, CDU)

Meine Damen und Herren, diese klare und unmissverständliche Drohung hat doch bereits gefruchtet. Saddam Hussein hat nachgegeben. Er hat die UNO-Waffeninspektoren wieder in den Irak gelassen. Ohne den Druck, vor allem der Amerikaner, wäre dies nicht gelungen.

(Beifall bei der CDU)

Der amerikanische Präsident hat in seiner jüngsten Rede zu Recht darauf hingewiesen, Saddam Hussein verachtet die Vereinten Nationen und die Meinung der zivilisierten Welt. Es geht darum, zu verhindern, dass eine noch größere Bedrohung im Irak entsteht. Der Präsident hat wörtlich gesagt: "Es ist Iraks Sache, genau zu zeigen, wo es seine verbotenen Waffen versteckt. Nichts davon ist geschehen. Der Diktator des Irak rüstet nicht ab - im Gegenteil, er betrügt." So weit Bush. Der Irak trägt allenfalls nur passiv und nicht aktiv zur Aufklärung bei.

Meine Damen und Herren, der Druck der Staatengemeinschaft wird nur wirksam bleiben, wenn die Geschlossenheit gewahrt wird und wenn die unmissverständliche Bereitschaft besteht, notfalls einer Zuwiderhandlung gegen die UN-Resolution 1441 tatsächlich ernste Konsequenzen folgen zu lassen. Je entschlossener und je geschlossener wir sind, um so eher ist ein Krieg vermeidbar.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, gut gemeinte Appelle sind bei Diktatoren wie Saddam Hussein wenig hilfreich. Noch mal Bush wörtlich: "Wir wollen Frieden. Manchmal muss der Friede verteidigt werden."

Der erste Bericht der UNO-Inspektoren von Dienstag dieser Woche zeigt doch eines deutlich: Der Irak spielt nicht mit offenen Karten. Wo sind denn die Tausende Sprengköpfe zum Einsatz chemischer Waffen geblieben? Wo sind denn die Beweise, dass die umfangreichen Bestände an B- und C-Waffen und anderen chemischen und biologischen Waffen tatsächlich vernichtet worden sind, über die der Irak vor 1998 verfügt hat? Wo sind denn die Beweise dafür, dass das irakische Atomwaffenprogramm wirklich eingestellt wurde? Nicht die USA sind es also, die eine Gefahr darstellen, sondern Saddam Hussein mit seinen Massenvernichtungswaffen. Ich sage es hier noch einmal, verwechseln wir also bitte nicht Ursache und Wirkung.

(Beifall bei der CDU)

Niemand will einen Alleingang der USA gegenüber dem Irak. Mit seinem Vorwurf einer kriegerischen Abenteuerpolitik an die Adresse der USA hat Bundeskanzler Gerhard Schröder die über Jahrzehnte gewachsene transatlantische Partnerschaft schwer beschädigt. Die Bundesregierung hat sich auch gegenüber den wichtigsten Partnern in der Europäischen Union in unverantwortlicher Weise isoliert und sie hat sich die Möglichkeit verbaut, aktiv die internationale Irakpolitik mitzugestalten. Es kann bei der Antwort auf die irakische Bedrohung keinen deutschen Sonderweg, sondern nur einen gemeinsamen Weg im atlantischen Bündnis geben.

Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler hat im Bundestagswahlkampf Kriegsangst geschürt und antiamerikanische Stimmung erzeugt. Er hat sein "ohne uns" im Wahlkampf mitten in der Drohphase gegen Saddam Hussein formuliert und er hat damit die mühsam aufgebaute Drohkulisse bewusst geschwächt. Selbst die eher sozialliberal eingestellte "Süddeutsche Zeitung" hat damals geschrieben: "Zeitpunkt und Wortwahl waren falsch. Schröder hat mit seinem Verhalten mehr zu einem Krieg beigetragen, als er die Gefahr reduziert hätte."

Durch die dilettantische Provokation ist die Gefahr eines Irak-Kriegs nicht geringer geworden, sondern der Bundeskanzler hat Deutschland in die Isolation getrieben und in das transatlantische Bündnis einen Spaltpilz eingepflanzt.

Der amerikanische Außenminister Powel hat völlig Recht, wenn er sagt: Multilateralismus kann nicht als Entschuldigung für Untätigkeit dienen. Im Übrigen, es ist naiv, die amerikanische Außenpolitik auf zwei Buchstaben zu reduzieren, nämlich Öl. Denn seit dem 11. September ist doch eines klar geworden, innere und äußere Sicherheit lassen sich nicht mehr voneinander trennen. Die Geschichte wird diejenigen verurteilen, die die Gefahr kommen sahen, aber nichts dagegen unternommen haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind es den Bürgern unseres Landes schuldig, konsequent gegen die Geißel des Terrorismus und der diktatorischen Gewalt vorzugehen. Die Frankfurter Flugzeugkaperung hat eines deutlich gemacht: Wir müssen auch die Diskussion um einen Einsatz der Bundeswehr im Inland führen. Ich kenne kein einziges überzeugendes Argument, warum die Bundeswehr im Rahmen von Verfassung und Gesetz bei einem terroristischen Angriff die Länder, insbesondere bei biologischen und chemischen Stoffen, in der Kommunikationstechnik oder bei der Bewachung gefährdeter Objekte nicht unterstützen sollte.

Meine Damen und Herren, wir müssen die Sicherheitslücken im Inneren unseres Landes schließen und wir müssen bei der Verteidigung von Freiheit und Demokratie im Äußeren konsequent unsere Bündnisverpflichtungen erfüllen. Innere und äußere Sicherheit sind - ich betone es noch einmal - nicht zu trennen. Unsere Sicherheit kann zu jedem Zeitpunkt an jedem Punkt der Erde herausgefordert sein und Deutschland darf sich auf keinen Fall isolieren, denn Sicherheit ist unteilbar geworden.

Ich kann verstehen, dass der PDS die Freundschaft zur USA schwer fällt, ist doch die Großmacht Sowjetunion längst Geschichte. Ich halte es aber für unverantwortlich und politisch töricht, wenn die SPD das transatlantische Bündnis, einen der Grundpfeiler unserer Sicherheit und Freiheit, leichtfertig aufs Spiel setzt und Deutschland ins Abseits stellt. Ich sage das bewusst, das geht an die Adresse Berlin, nicht an die Thüringer SPD, denn der Antrag der Thüringer SPD ist ja weit moderater formuliert. Wir stimmen sogar in einigen Punkten mit Ihnen überein.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Wir müssten eigentlich in allen Punkten überein- stimmen.)

Was mit uns allerdings nicht zu machen ist, das ist purer Antiamerikanismus.

(Beifall bei der CDU)

Für Thüringen besteht in außenpolitischen Fragen kein Handlungsbedarf, auch nicht im Bundesrat. Stellen Sie also bitte Ihre Anträge dort, wo sie hingehören, im Deutschen Bundestag, im Europäischen Parlament und machen Sie bitte den Thüringer Landtag nicht zum Objekt von

Schaufensteranträgen und machen Sie vor allem bitte nicht mit den berechtigten Kriegsängsten der Menschen Politik.

(Beifall bei der CDU)

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Gentzel, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Saddam Hussein ist ein Diktator, ist ein Verbrecher.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Im Irak werden Menschenrechte systematisch gebrochen, vom Irak geht eine permanente Gefahr für den Frieden aus. Deshalb muss es das Ziel der Staatengemeinschaft sein, Saddam zu entwaffnen, ihn abzulösen und im Irak den Aufbau eines demokratischen Systems zu fördern. Der UN-Sicherheitsrat hat auf die vom Irak ausgehende Gefährdung angemessen und souverän reagiert. In seiner Resolution 1441 missbilligt er ausdrücklich das Verhalten des Iraks und äußert sich fest entschlossen, dieses nicht zu akzeptieren. Der UN-Sicherheitsrat beschloss ferner konkrete Kontrollmaßnahmen der UN im Irak und lässt nicht daran zweifeln, dass er eine vollständige Umsetzung seiner Beschlüsse erwartet und durchsetzen wird. Abschließend erklärt der UN-Sicherheitsrat in seiner o.g. Resolution, dass er sich weiter mit diesem Thema befassen wird. Am 27.01. haben die UN-Waffeninspekteure ihren Bericht vorgelegt. Der Chefinspektor Blix sprach davon, dass Bagdad die auferlegte Entwaffnung "nicht wirklich akzeptiert". Und, damit wir mal deutlich machen, von was hier eigentlich gesprochen wird, auch in Ihre Richtung, Frau Zimmer, Sie sagen, es ist nicht bewiesen, dass der Irak über Massenvernichtungsmittel verfügt. Ich bin schon dafür, dass wir in der Thematik, wenn wir uns auch mitunter auf der Straße oder bei anderen Dingen wieder treffen, die ganze Wahrheit sagen. Und die ist zum Beispiel, dass es da ein Protokoll von 1997 gibt, wo der Irak unterschrieben hat, welche chemischen Massenvernichtungsmittel er besitzt. Da gibt es zum Beispiel 8.500 Liter Anthrax - Milzbranderreger. Keiner von den Inspekteuren weiß, wo das ist. Nur zur Erklärung, das reicht aus, um in einem Bundesland wie dem Freistaat Thüringen jedes menschliche Leben auszulöschen. Es werden auch noch 19.000 Liter Botulinium Toxin gesucht. Das reicht aus, um eine Stadt wie Paris auszulöschen. Es fehlen auch noch etliche Liter Rizin. Keiner der Inspekteure hat es gefunden. Auch diese 10 Liter von diesen Massenvernichtungsmitteln, die der Irak selbst unterschrieben hat, dass er sie besitzt, sind nicht auffindbar. Also, ich glaube, wir können das nicht einfach so runterspielen, wie Sie das sagen, und wir müssen auch ganz klar machen, die Beweispflicht liegt beim Irak und nicht bei anderen.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Meine Damen und Herren, deshalb unsere Forderung, welche auch die Forderung der UN-Inspekteure, die Forderung von Kofi Annan ist, und wir haben es heute auch im Antrag der Thüringer CDU gelesen, das Mandat der UN-Inspekteure zu verlängern.

Meine Damen und Herren, so weit zum Verhalten, zum Handeln der Vereinten Nationen. Ich sage es gerne noch einmal, nach unserer Auffassung haben die Vereinten Nationen besonnen und entschlossen reagiert. Problematisch wird es für uns mit der Haltung der Vereinigten Staaten zu dieser Sache. Sie verschärft die Situation im Nahen Osten, sie gefährdet das Bündnis gegen den weltweiten Terrorismus und schwächt die Rolle der Vereinten Nationen. Auch das muss man deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD)

Letztlich birgt der von den Amerikanern eingeschlagene Weg eines Präventivkriegs unendliche und nicht zu kalkulierende Gefahren für den Weltfrieden. Ich will hier nicht falsch verstanden werden. Wir Sozialdemokraten sind nicht die Träger und Verbreiter von billigem Antiamerikanismus. Unvergessen bleibt für uns zum Beispiel die wichtige Rolle der Amerikaner im Zweiten Weltkrieg bei der Befreiung Deutschlands vom nationalsozialistischen Regime. Sie haben auch wesentlich zum Aufbau der demokratischen Bundesrepublik beigetragen und deshalb wird unser Verhältnis zu den Vereinigten Staaten immer ein partnerschaftliches sein, auch wenn man mitunter in der Sache streitet, ja, streiten muss.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich sage es ganz deutlich, es gibt keinen Grund hinter irakischen Fahnen herzulaufen und gibt erst recht keinen Grund amerikanische Fahnen zu verbrennen.

(Beifall bei der SPD)

Aber auch Amerika muss akzeptieren und vielmehr aber auch verstehen, dass die Bundesrepublik Deutschland dem Weg eines Präventivkriegs gegen den Irak nicht folgen kann und darf, vielleicht gerade, weil wir zum "alten" Europa gehören und historische Erfahrungen besitzen, die die USA noch nicht kennen. Diese Erfahrungen prägen auch unser Handeln. Nachdem wir Deutsche zwei Weltkriege vom Zaun gebrochen haben, sind wir geradezu verpflichtet, an einer Weltordnung zu arbeiten, die einfach nicht akzeptieren kann, dass ein einzelner Staat über Krieg und Frieden entscheiden kann und darf.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage auch deutlich, kein Bündnis kann uns diese historische Verantwortung abnehmen, selbst eine wirt

schaftliche Großmacht und eine militärische Weltmacht wie die USA muss dieses akzeptieren und verstehen. Nur die Vereinten Nationen, die Staatengemeinschaft, kann und darf solche weit reichenden Entscheidungen treffen. Das Verhalten der Bundesrepublik Deutschland im Weltsicherheitsrat und in der Öffentlichkeit war bisher klar und souverän, auch wenn man mitunter versucht, uns anderes zu unterstellen. Wir Deutschen werden uns nicht an einem Präventivkrieg gegen den Irak beteiligen, wir bezweifeln den Sinn und die Ziele eines solchen Kriegs.

Ich finde es schon bemerkenswert, Herr Althaus und Herr Trautvetter, dass Sie nicht einmal einen Verweis auf das Grundgesetz gemacht haben. Dort gibt es nämlich den Artikel 87 a und der verbietet der Bundeswehr einen Angriffskrieg zu führen. Auch deshalb, weil des grundgesetzlich verboten ist, auch deshalb war und ist die frühe und klare Festlegung des Bundeskanzlers Gerhard Schröder richtig.

(Beifall bei der SPD)

Nicht zuletzt: Wir wollen den weltweiten Terrorismus weiterhin wirksam bekämpfen. Dazu brauchen wir das internationale Staatenbündnis gegen den Terrorismus genauso wie die zurzeit stattfindenden internationalen Einsätze der Bundeswehr weltweit, sei es nun am Horn von Afrika oder sei es in Kuwait.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weltweit, auch in den USA, werden die Proteste gegen den geplanten Krieg immer größer. Auch in Thüringen wird der Ruf nach Frieden immer lauter. Wir Sozialdemokraten begrüßen dies nicht nur, wir selbst sind Teil dieses Bündnisses gegen die Unvernunft. Gemeinsam mit Kirchen, Gewerkschaften, mit Vereinen und Verbänden, mit einigen Thüringer Parteien sagen wir: Schließt euch uns an, der Krieg ist noch zu verhindern!