Protocol of the Session on December 12, 2002

kaum finanzierte Renten- und Pensionszusagen, ein strangulierter Arbeitsmarkt, denn die Massenarbeitslosigkeit gefährdet das deutsche System. Zu viele Menschen in Deutschland sind arbeitslos. Deshalb bedarf es entregulierender Maßnahmen, damit die tragende Säule der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, also der Mittelstand, wieder Luft zum Arbeiten, wieder Luft zum Schaffen von Arbeitsplätzen hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir halten es da ganz genau mit dem Thüringer Handwerkstag und mit der Handwerkskammer in Südthüringen, die angesichts dieser Situation für das kommende Jahr einen Verlust von weiteren 5.000 Arbeitsplätzen allein in Südthüringen prognostiziert,

wenn es bei der Steuergesetzgebung in Berlin bleibt, wie von uns kritisiert. Da wir meinen, dass zur Kritik auch immer Alternativen dazugehören, wollen wir auch aufzeigen, an welcher Stelle wir anders handeln würden. Dazu gehört nach unserer Auffassung in Berlin - und ich spreche auch dazu, was nach unserer Auffassung in Erfurt dazugehört - die Abschaffung aller mittelstandsfeindlichen Gesetze, die ich auch gern noch einmal nennen möchte.

(Beifall bei der CDU)

Dazu gehört natürlich an oberster Stelle das Gesetz zur Scheinselbständigkeit, was unserer Meinung nach an erster Stelle gestrichen gehört.

(Beifall bei der CDU)

Es gehört die Rücknahme der Einschränkung für die Eigenheimzulage, es gehört die Entlastung von Bürokratie und die Ist-Besteuerung bei der Umsatzsteuer dazu und wie vor allen Dingen auch die Rücknahme von Änderungen im Kündigungsschutzgesetz und im Betriebsverfassungsgesetz.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, auf dem Luxusliner Deutschland wird über die Verhältnisse gelebt. Das Sozialsystem ist mit seinen steigenden Schulden parallel in den öffentlichen Kassen finanziert, auf Kosten der nachwachsenden Generation am Leben gehalten. Unternehmen und Bürger werden mit Steuern und Sozialausgaben überbelastet, ein allein stehender Durchschnittsverdiener verdient von seinem Bruttolohn nahezu 70 Prozent für Steuern und Sozialabgaben.

Meine Damen und Herren, genau an dieser Stelle kommt die Bundesregierung mit weiteren 48 Steuer- und Gebührenerhöhungen. Wir meinen, das ist Gift für eine wirtschaftliche Entwicklung und gehört abgeschafft und rückgängig gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Aber, meine Damen und Herren, notwendig ist noch viel mehr als die erzwungene Gleichheit, die manche immer wieder in ihren Reden propagieren, viel mehr Freiheit für den Einzelnen. In der Entfaltung der Marktwirtschaft, das ist unsere Auffassung, liegt der Schlüssel für steigenden Wohlstand. Deutschland muss wieder zur wirtschaftlichen Lokomotive der Europäischen Union werden, damit die Gemeinschaft, die vor ihr liegenden Aufgaben auch wahrnehmen kann.

Meine Damen und Herren, statt aber notwendige Reformen auf dem Arbeitsmarkt und zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unserer Sozialversicherungsthemen zu beginnen, ist die bisherige Bilanz der Bundesregierung gekennzeichnet von halbherzigen Entscheidungen und Flick

schusterei. Ein Beispiel sei nur genannt mit dem so genannten Steuervergünstigungsabbaugesetz, nach dem geplant wird, in den nächsten Jahren insgesamt 22,1 Mrd.  zum Jahr 2006 an zusätzlichen Einnahmen auf Staatsseite zu erzielen. Aber dieses angebliche Steuervergünstigungsabbaugesetz ist im wahrsten Sinne des Wortes eigentlich, und so müsste es richtig sein, ein Steuererhöhungsgesetz, weil sich nämlich genau in diesem Steuervergünstigungsabbaugesetz diese 48 Steuer- und Gebührenerhöhungen wiederfinden, die wir nicht wollen. Wo ist denn da noch die Rede von Abbau und von Entbürokratisierung und von Entlastung für den einfachen Bürger sie ist nicht da, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Es hört ja damit gar nicht auf. Das reicht ja schon, aber es hört gar nicht auf. Dann versteigen sich die Genossen in Berlin noch dazu, zu sagen, eine Rentenreform ist erst nach 2010 nötig und möglich. Da werden Stimmen gesammelt in der Fraktion und die hundert Linken in der Bundestagsfraktion finden sich zu Treffen zusammen und freuen sich, dass das richtig sei. Es ist falsch, weil jede Entscheidung, die dort verboten wird, zulasten der jüngeren Generation geht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Selbst dann ist ja noch nicht Schluss. Es geht ja noch viel weiter. Dann fällt dem Bundesfinanzminister - eisener Hans wurde er in der vergangenen Wahlperiode genannt

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist aber lange her.)

angesichts dieser dramatischer Ausfälle nichts anderes ein, um die geforderte Entbürokratisierung auch auf Bundesebene hinzubekommen, als einen Nachtragshaushalt vorzulegen und weitere 14 Mrd.   5   zunehmen. Wohin soll das führen?

(Beifall bei der CDU)

Der von der Regierungskoalition selbst formulierte Anspruch an Neuerung, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit wird nicht in den geringsten Ansätzen in der täglichen Praxis in Berlin erfüllt. Er wird umgangen und das, was noch 14 Tage vorher auf dem Koalitionspapier mit frischer Tinte geschrieben war, hat nicht 14 Tage den Wert gehalten. Meine Damen und Herren, wo soll das noch hinführen? Diese Regierung ist noch, wenn sie ordentlich durcharbeitet, die nächsten vier Jahre im Amt.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: So schlimm kann es doch gar nicht sein.)

Meine Damen und Herren, dieses Hin und Her, dieses Hickhack, diese Flickschusterei in Berlin muss für die Zukunft des Landes ein Ende haben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Reformen sind notwendig und es ist falsch, wenn diese Regierung diese Reformvorhaben nicht angeht. Ich will es da gern - und ich will aus dem "Stern" zitieren - mit Walter Wüllenweber halten, der im "Stern" Nr. 48 in diesem Jahr einen Artikel mit der Überschrift "Die Last mit den Alten" geschrieben hat. Es mag nicht alles wahr und richtig sein,

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Für uns in der Fraktion trifft das nicht zu.)

(Heiterkeit bei der CDU)

was Walter Wüllenweber geschrieben hat, aber er hat Recht, wenn er sagt, dass ein Übergabeprotokoll tatsächlich erforderlich ist, ein Übergabeprotokoll, zwischen den Generationen Bilanzen aufzuzeigen, was ist bisher erwirtschaftet worden und wo hat der Staat vergessen, Reformen anzugehen. Er sagt, Frau Präsidentin, ich zitiere: "Dieses Mal geht es um alle Fragen, die unser Verhältnis prägen, der Schuldenberg, den ihr uns aufgeladen habt, die Reformen, die ihr seit Jahrzehnten verhindert habt, das absurde Steuersystem, die außer Kontrolle geratenen Sozialversicherungen, der aufgeblasene öffentliche Dienst, die alles erwürgende Bürokratie." Und er sagt weiter: "Uns hinterlasst ihr nur Chaos. Statt auch nur eine einzige Reform durchzuziehen, habt ihr euer ganzes Leben lang nur gemurkst, euch hemmungslos eurem Paragraphenfetischismus hingegeben. Im gesamten Universum hat es zu keiner Zeit eine Gruppe gegeben, die so viele Gesetze, Verordnungen, Ausnahme- und Härtefallregelungen erlassen hat, wie ihr. Ihr habt uns eingemauert in ein Labyrinth von Paragraphen, keiner weiß, wie wir da rauskommen. Alles regeln, für jeden Atemzug ein neues Gesetz."

Meine Damen und Herren, wie dramatisch die Situation ist und weshalb wir mit dem Doppelhaushalt am Schuldenabbaupfad im Sinne von weniger Nettoneuverschuldung festhalten wollen und vor allen Dingen festhalten müssen, zeigt tatsächlich der Blick

(Beifall bei der CDU)

auf die bisher notwendigen Nettokreditneuaufnahmen, die sich in diesem Jahr auf über 12 Mrd.    Wir haben im letzten Jahr 2001 - und ich will es noch einmal sagen, weil immer vom Totsparen und Kaputtsparen gesprochen wird - weitere neue Schulden von 748 Mio.  aufgenommen. In diesem Jahr werden es nach Beschlussfassung zum dritten Nachtragshaushalt 633 Mio.  und geplant sind, wenn der Haushalt heute Abend verabschiedet sein wird, im nächsten Jahr weitere 353 Mio.  und 2004 202 Mio.  8    $$    und meint, wir würden das Land ruinieren, der irrt,

(Beifall bei der CDU)

und er irrt ganz einfach, weil wir versucht haben mit dem Doppelhaushalt, der noch bis zum 31.12. in diesem Jahr gilt, endlich aus der Schuldenfalle herauszukommen und wir sind diesen Schritt konsequent gegangen und wir gehen ihn konsequent trotz dramatischer Ausfälle in diesem Jahr - ich will es auch gern immer noch einmal ins Bewusstsein rufen - von 1 Mrd.   -    auch einmal in DM umrechnen, weil es manchem dann leichter fällt, es zu verstehen, 2 Mrd. DM haben rund gefehlt in diesem Haushaltsjahr von Januar bis Dezember. Es ist unbestritten, dass diese Summe gefehlt hat. Wenn die Regierung und die sie tragende Fraktion dann trotzdem in der Lage ist, wenn auch mit allen Kämpfen und allem Zusammenstehen, am Abbaupfad hinsichtlich der Nettoneuverschuldung festzuhalten, ist das eine große Leistung.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage das natürlich auch insbesondere als einer der jüngeren Abgeordneten in diesem Haus, weil niemand vergessen darf, dass jeder Euro neue Schulden und vor allen Dingen die geplanten Millionen Euro neue Schulden, die von der PDS für diesen Haushalt hier noch vorgeschlagen werden, auch die künftige Generation belasten. Jede weiteren 100 Mio.  5   1=-  im laufenden Haushaltsjahr an Zinslasten. Und wer weiß und wer es immer wieder vergisst, ich sage es auch gern immer wieder -, wir geben in diesem Jahr 647 Mio.  nur für Zinsen aus - vor dem dritten Nachtragshaushalt. Unser eigener freier Gestaltungsspielraum liegt schon nur noch bei 620 Mio.  8 !7     Maßstab nimmt für gestaltende Haushaltspolitik, dem bleibt gar nichts anderes übrig, wenn er auch Zukunft für das Land gestalten will, und wir wollen das, als diese Säule der Zinsbelastung langfristig zu senken, um mehr Gestaltungsspielräume zu haben.

(Beifall bei der CDU)

Die Mai-Steuerschätzung 2002 in diesem Jahr prognostizierte uns eine Lücke von 393 Mio.  #" haltssperren des Finanzministers um 171 Mio.  reduziert werden konnte. Dazu kam - wir haben das hier debattiert und auch im Haushalts- und Finanzausschuss ausführlich - die November-Steuerschätzung 2002, die festgestellt hat, dass weitere 246 Mio.   @   haben. Trotz drittem vorgelegten Nachtragshaushalt, über den wir wahrscheinlich morgen beraten werden, sind wir nicht umhingekommen, auch einen Teil der Einsparungen durch höhere Nettokreditaufnahmen in diesem Jahr zu finanzieren. Aber wir sind als CDU-Fraktion geschlossen - nicht nur die jungen Wilden, die gibt es gar nicht so viele -,

(Beifall Abg. Gentzel, SPD)

sondern geschlossen als CDU-Fraktion der Regierung dafür dankbar

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Junge gibt es, aber nicht so viele Wilde.)

und trotzdem alle 49 Mann. Es bleibt unbestritten, dass ein Großteil, nämlich zwei Drittel der prognostizierten Steuerausfälle durch die November-Steuerschätzung, eben nicht durch Nettokreditaufnahme finanziert wurde, sondern durch tatsächliche Einsparungen auf der Ausgabenseite.

Meine Damen und Herren, wer jetzt von Mut für neue Schulden spricht, so wie es die PDS-Fraktion im Vorfeld der Haushaltsberatung getan hat, spielt mit der Zukunft unseres Landes. Die PDS-Fraktion, die sich sonst die Mahnungen des Rechnungshofs und des Bunds der Steuerzahler immer zu Eigen macht, vergisst das spätestens immer dann, wenn ihre eigenen Forderungen damit nicht mehr untersetzt werden können. Wir appellieren an dieser Stelle, dem Rechnungshof und dem Bund der Steuerzahler in ihren Argumenten zu folgen, die nämlich klar sagen, wir müssen weg von weiterer Verschuldung, wir müssen die Pro-Kopf-Verschuldung in diesem Land senken, und die CDU-Fraktion steht als Garant für diese Zusage, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Das stimmt eben nicht, Herr Mohring, Sie senken doch die Schulden in diesem Jahr nicht.)

Doch, das stimmt.

(Unruhe im Hause)

Die PDS-Fraktion, die regelmäßig ihre klynesionische Theorie verbreitet und immer wieder davon spricht, dass in Zeiten von schwacher Konjunktur der Staat mehr investieren müsste, vergisst immer, den zweiten Teil dieser Theorie dazuzusagen. Ich will sie uns noch einmal in Erinnerung rufen, nämlich dann, wenn es heißt, in Zeiten besserer wirtschaftlicher Entwicklung auch den aufgebauten Schuldenberg wieder abzuführen, wird nichts gemacht. Erstmals, und darauf will ich noch einmal eingehen, ist mit der Ölkrise Anfang der 70er Jahre übrigens eine sozialliberale Koalition daran gescheitert, dass ein bisher nicht gekannter Schuldenberg aufgehäuft wurde. Dennoch haben es Nachfolgeregierungen bis 1989, und da insbesondere die Regierung unter Helmut Kohl seit 1982, geschafft, die Staatsverschuldung, die Nettoneuverschuldung im laufenden Jahr 1989 auf 8 Mrd.  reduzieren. Wenn dann immer dieser Theorienstreit kommt - 16 Jahre Helmut Kohl, die Last hätte die jetzige Bundesregierung abzutragen -, die Menschen, die diesen Vorwurf machen mit Blick auf die Staatsverschuldung, vergessen dabei zu sagen, dass nämlich insgesamt im Rahmen der Einheit, die 1990 vollzogen werden konnte, Netto abzüglich aller Transferleistungen 770 Mrd.  Wiedervereinigung in die jungen Länder geflossen sind.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich darf sich doch niemand wundern, dass diese irre Transferleistung von 770 Mrd.     5 finanziert werden musste und es blieb der Regierung in den Jahren seit 1990 gar kein anderer Weg, als so den Aufbau Ost voranzubringen. Aufbau Ost - übrigens ein schönes Beispiel dafür, wie oft man von Chefsache reden kann, aber vergisst, das tatsächlich in der eigenen Regierungspraxis auch auszuleben. In der Erklärung des Bundeskanzlers zur Einbringung des neuen Haushalts für das Jahr 2003 findet sich zum Thema "Aufbau Ost" ein einziger Satz. Ich will Ihnen den Satz zitieren, Frau Präsidentin, dort heißt es: "... sind insbesondere in den Sozialsicherungssystemen die strukturellen Probleme und durch die, Gott sei Dank, zu finanzierende Einheit verursachten Probleme offenbarer denn je geworden." Dazu ist fast nichts mehr zu sagen.

(Zwischenruf Abg. Zitzmann, CDU: Nein, gar nichts!)