Protocol of the Session on December 12, 2002

(Beifall bei der CDU)

Danach liegen mir jetzt keine Wortmeldungen mehr zum Einzelplan 15 vor. Dann schließe ich den. Es würden folgen der Einzelplan 01 - Thüringer Landtag - und der Einzelplan 11 - Thüringer Rechnungshof -, zu denen mir aber keine Wortmeldungen vorliegen, das ist richtig.

Damit kommen wir jetzt zur Schlussrunde. Ich will ansagen, dass Herr Ministerpräsident Vogel die Absicht geäußert hat, das Wort zu ergreifen. Es gab einmal Teiläußerungen von Abgeordneten des Hauses, die werden aber im Moment nicht aufrechterhalten. Doch, Herr Abgeordneter Gerstenberger. Herr Ministerpräsident, die Landesregierung hat immer die Wahl, wann sie das tut.

(Zuruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Lassen Sie ihn zuerst reden.)

Der Abgeordnete hat Vortritt. Gut, dann Abgeordneter Gerstenberger.

Meine Damen und Herren, es ist zwar spät am Abend, aber Sie wollten die Debatte so und nun führen wir diese Debatte auch zu Ende. Zu dieser Debatte gehört auch, dass man redet und denkt, möglichst in umgekehrter Reihenfolge, und nicht erst wartet auf den Feierabend und deshalb, denke ich, macht diese Schlussrunde und diese Diskussion auch Sinn.

(Beifall bei der PDS)

Was soll man von diesem Haushalt halten, meine Damen und Herren? Die einen sagen ja zum Haushalt, die anderen sagen nein. Mein Urteil ist da mehr gespalten, und um das sichtbar zu machen, nehmen wir einmal die sechs folgenden Fragen und meine jeweiligen Antworten darauf.

(Unruhe bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ist die Haushaltspolitik der Landesregierung den Tagesproblemen Thüringens entrückt? - wäre meine Frage.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Sie sind schon lange entrückt!)

Diese Frage muss man eindeutig mit Ja beantworten.

(Beifall bei der PDS)

Die zweite Frage: Ist die Haushaltspolitik der Landesregierung zur Lösung der Thüringer Probleme geeignet? Für diese Frage, meine Damen und Herren, ein eindeutiges und klares Nein.

Drittens: Sind viele Punkte der Kritik an der Bundesregierung, die von Landesregierungsseite geäußert werden, richtig? Auch hier ein Ja.

Und viertens: Beherzigt die Landesregierung die an Berlin gerichteten Kritikpunkte in ihrer eigenen Arbeit? Und hier bleibt wieder nur ein Nein.

Fünftens: Ist die in Reden der Landesregierung getroffene Aussage, wir brauchten ein neues Denken, richtig? Da sage ich Ja.

Sechstens: Findet man etwas von dieser Forderung im Haushalt wieder? Da bleibt wieder nur ein Nein.

Meine Damen und Herren, gut, dass der alte Spruch "meine Hand für mein Produkt" von dieser Regierung weder ernst genommen und schon gar nicht übernommen wurde, es hätte katastrophale Folgen auf den Gesundheitszustand des Kabinetts. Lassen Sie mich das, was in der heutigen Debatte zu den Einzelplänen an Äußerungen von Oppositions- und Regierungsseite geäußert wurde, noch einmal in ein paar Stichworten zusammenfassen.

Das Erste - Innovation und Investition á la CDU-Landesregierung: Was haben wir dazu in der Debatte gelernt? Meine Damen und Herren, zwischen 2001 und 2003 gelingt es der Landesregierung in beispielloser Weise im Einzelplan, der einen Hang zur Selbstkasteiung hat, 352 Mio.  das entspricht rund 25 Prozent des Gesamthaushaltsansatzes des Wirtschaftsministeriums, zu streichen und gleichzeitig von einer Infrastrukturoffensive in und für Thüringen zu reden.

In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass man selbstverständlich die Arbeitsmarktpolitik fortsetzen will, jedoch gleichzeitig die Mittel der Arbeitsmarktpolitik seit 1999 um nahezu 150 Mio.   

Meine Damen und Herren, man spricht vom Vollständigkeitsprinzip der Mittelveranschlagung im Haushalt gemäß Landeshaushaltsordnung § 11 und weiß, dass man in mehreren Titeln die Unterveranschlagung bewusst in Kauf genommen hat. Im finanzbuchhalterischen Deutsch heißt das dann, es handle sich um spitz veranlagte Titel. Beispiele dafür könnten im Einzelplan 08, z.B. im Pflegebereich, aber auch im Einzelplan 07, z.B. ÖPNV, mehrfach

gefunden werden.

Der zweite Punkt - Standhaftigkeit und Zuverlässigkeit á la CDU-Landesregierung: Meine Damen und Herren, was die CDU beschließt, wird sein. Man beschloss einen Doppelhaushalt und wird heute wieder einen Doppelhaushalt beschließen. Der von 2001 und 2002 wurde im Laufe des Jahres 2002 dreimal geändert. Die dritte Änderung erwartet uns morgen, die Diskussion dazu wird uns noch im Januar beschäftigen. So viel zur Planungssicherheit, Frau Ministerin. Und auch Vergleiche mit Mecklenburg-Vorpommern ziehen in diesem Zusammenhang nicht. Sie, Frau Ministerin, machen ja auch nicht das, was andere CDU-Regierungen, z.B. die hessische, tut. Dann wäre die Diskussion um das Volksbegehren längst Geschichte und auch in der Verschuldung hätten wir ein anderes Niveau erreicht, es läge 300 Mio.     das, was wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Thüringen haben. Es mag ja mit der Wahl zusammenhängen, aber fest steht, dass man die Länder nicht miteinander vergleichen sollte. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht den ersten Stein werfen.

(Beifall bei der PDS)

Die Steuerschätzungen des November machen deutlich, dass ähnlich katastrophale - Entschuldigung, die CDU spricht hier von zuverlässigen und verbindlichen - Haushaltsplanungen für das Jahr 2004 in Thüringen ins Haus stehen. Was wir also heute für 2004 hier verabschieden, ist Makulaturpapier. Und das wissen sowohl die Abgeordneten, die sich damit beschäftigt haben, auch die Landesregierung weiß es, aber - und das insbesondere auch die Verantwortlichen in den Ministerien. Statt nun im Interesse einer vernünftigen, ordnungsgemäßen, auf Sachhintergrund beruhenden Planung den Haushaltsentwurf für 2004 zurückzuziehen, wird erst mal der Beschluss herbeigeführt, dann kann man sich ja nicht irren, und wenn man sich nicht irrt, meine Damen und Herren, dann gibt man es nicht zu. Herr Kummer spricht morgen bezeichnenderweise von den toten Pferden, die in der Politik geritten werden. Meine Damen und Herren, den Gaul, den Sie mit dem Doppelhaushalt für 2004 reiten, ist schon lange tot.

(Beifall Abg. Kummer, PDS)

Zum Punkt "Zuverlässigkeit und Standhaftigkeit" noch eine kleine Ergänzung, in der ich leider meinen Fraktionskollegen Bodo Ramelow korrigieren muss.

(Unruhe im Hause)

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Macht- kämpfe.)

Meine Damen und Herren, er ist bekannt für seinen Optimismus, ich muss ihm diesen Optimismus heute leider mal wieder rauben.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Und Sie sind bekannt für Pessimismus!)

Herr Minister Schuster äußerte in seiner Erklärung zur Enquetekommission, Datum 10.12., also vor 62 Tagen: "Wir hatten bei der GA bisher immer das Teilungsverhältnis 80 zu 20, 80 gewerbliche Wirtschaft, 20 Infrastruktur. Wir haben dieses Verhältnis unter dem Eindruck der Konjunktur auf 50 : 50 geändert." Meine Damen und Herren, wer sich die Mühe macht, bei der Gemeinschaftsaufgabe nachzurechnen, wird feststellen, dass der Haushaltsentwurf, der heute beschlossen werden soll, ein Verhältnis ausdrückt von 77,8 zu 22,2 Prozent. Die Halbwertzeit, lieber Bodo, ist also nicht drei Monate, sondern lediglich 62 Tage, so kann man sich irren.

(Unruhe im Hause)

10.10.2002 - sollte ich mich versprochen haben? - das war das Plenum im Oktober, Herr Althaus. Aber weil wir gerade bei Ihnen sind, Herr Althaus, Ihre Halbwertzeit in Bezug auf Versprechungen gegenüber dem Bürgermeister oder Oberbürgermeister der Stadt Suhl haben wir ja heute bereits gehört, die hält sich nur um wenige Wochen über dieser angegebenen Grenze.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Ihre wird noch kürzer sein.)

Und wir könnten auch noch mal Herrn Schuster mit seiner Aussage zu den Streichorgien bei SAM, die nicht stattfinden, anführen und dazu die aktuellen Propleme der ALI Südthüringens aufführen, die uns mitteilten, dass sämtliche - Herr Minister Schuster -, sämtliche Ihrer Anträge zur Verlängerung der SAM von Seiten Ihrer Landesregierung nicht genehmigt wurden, was zur Konsequenz hat, dass in diesem Bereich ein Drittel aller Beratungsstellen in Südthüringen abgeschafft wird und damit die Arbeit dieses Bereichs weitestgehend lahmgelegt ist.

Dritter Punkt - Zukunftsfähigkeit à la CDU-Regierung: In Zukunft, meine Damen und Herren, wird dank der CDU-Landesregierung alles besser.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Genau.)

Wir werden zwar drastische Einschnitte im Haushalt vollziehen müssen, aber wir werden die wichtigsten Aufgaben des Jahres 2003 erfüllen - so tönten die Fraktion und auch die Landesregierung heute in den Debatten.

In der Praxis, meine Damen und Herren, findet etwas ganz anderes statt. Dazu muss ich allerdings etwas weiter ausholen.

(Unruhe bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich hatte Ihnen gesagt, erst denken und dann reden - und das gehört zum Haus.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Sie haben gelernt: erst reden, dann denken.)

Das ist das Problem, Herr Althaus, mit Ihrer selektiven Wahrnahme. Ich habe tatsächlich gesagt, erst reden und dann denken, möglichst in umgedrehter Reihenfolge. Ich wollte mich daran halten. Sie müssen den Satz immer bis zu Ende lesen und nicht die Hälfte. Das war beim Parteilehrjahr ja vielleicht einmal sinnvoll und praktisch. Aber jetzt gilt ein bisschen etwas anderes. Gewöhnen Sie sich einfach die neuen Methoden an!

Heute Morgen, meine Damen und Herren, sprach Herr Mohring von einem eigenen Gestaltungsspielraum innerhalb des Haushalts, der bei 620 Mio.     Gestaltungsspielraum ist zu gering und wird immer geringer - das wurde von Ihnen gesagt und das ist unbestritten. Ihn deshalb künstlich für das Jahr 2003 zu beschneiden, ist deshalb sträflich. Aber genau das macht diese Landesregierung. Sie kultiviert den Berufsstand der Magier und Zauberer durch staatliche Bezahlung von Rechenkünstlern in den Verwaltungsbereichen.

Was meine ich damit? Mit der totalen Haushaltssperre im Jahr 2002 sollen über 400 Mio.  $ !   also fast zwei Drittel unseres eigenen Gestaltungsspielraums im Landeshaushalt. Und dafür ist jedes Mittel recht. Das heißt, Rechnungen, meine Damen und Herren, bezahlte Rechnungen werden so lange geprüft, bis der Kassenschluss erreicht, Weihnachten und Silvester vorbei ist und somit das neue Haushaltsjahr beginnt.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Wenn nichts mehr da ist.)

Dann werden diese Rechnungen oder auch zugesagte andere Haushaltsmittel des Freistaats ausgezahlt. Geld ist Geld, das ist richtig, Herr Kretschmer, man muss nur weiterdenken. Für das Haushaltsjahr 2002 wird so die Einsparung von 400 Mio.     gens auch zu Lasten von Bundes- und EU-Mitteln, die nicht ausgereicht werden.

Die viel gerühmte Punktlandung für den Haushalt 2002 unter Nutzung dreier Nachtragshaushalte steht also wieder ins Haus; Note 1 für die Landesregierung. Allerdings, meine Damen und Herren, mit der Konsequenz, dass ein Großteil der aus 2002 berechtigt an das Land gestellten Forderungen zu Lasten des Haushaltsjahres 2003 gebucht wird. Das heißt, den ohnehin geringen Gestaltungsspielraum von 620 Mio.  # -ring heute früh so verkündete und beklagte, beschneidet diese Landesregierung für das Hauhaltsjahr 2003 weiter.

An dieser Stelle sei bemerkt, dass für diese Entscheidung die Kommunen, die Unternehmen, die Vereine und Verbände die Zwischenfinanzierung dieses Taschenspielertricks übernehmen müssen. Was das mit Zukunftsfähigkeit und Zuverlässigkeit einer Landesregierung zu tun hat,