Protocol of the Session on December 12, 2002

Ich will es mal einfach nennen, merkwürdig. Ich will trotzdem - ich werde vieles streichen -, aber zu Kultur muss man schon was sagen, auch das ist eigentlich - so traurig es ist - ein Mangelhaushalt. Ich will nur ein paar Dinge benennen. Also besonders betroffen sind die Sparten- und Breitenkultur, die ohnehin in den vergangenen Jahren durch die Landesregierung finanziell vernachlässigt wurden. Die Zuwendungen und Zuschüsse zur Schwerpunktförderung im Bereich Breitenkultur sinken im Jahr 2003 erneut, und zwar auf nur noch 245.700  .  werden die Zuschüsse für soziokulturelle Zentren und Projekte von rund 444.800  @ %&&%  '=1 2&& gekürzt, das ist leider so. Unter diesen finanziellen Rahmenbedingungen ist Breiten- und Soziokultur im Sinne von Kreativität und künstlerischer Innovation zumindest fast nicht mehr leistbar. Hier wird im Grunde nur noch der Mangel verwaltet - ich will mal sagen, das muss man mal im Vergleich zu Theatern und Orchestern sehen, es ist eigentlich ein am wenigsten kostenintensiver Bereich der Kultur, aber der eine ungeheure Bedeutung für den Freistaat Thüringen hat, viele Menschen anspricht im Vergleich zu Theatern und Orchestern. Also, ich kann nur sagen, mit uns sind derartige gravierende Kürzungen nicht zu machen. Das gilt allerdings auch für die von der Landesregierung geplanten massiven Streichungen bei der Literaturförderung und bei den Mitteln für spartenübergreifende Kulturprojekte, für Volkskunst und Brauchtumspflege. Wir verlangen, dass bei diesen Einzeltiteln zumindest die Ansätze des 2. Nachtragshaushalts 2002 erhalten bleiben, sonst wird es auf Dauer zu irreversiblen Verlusten der gesamten kulturellen Substanz kommen.

(Beifall Abg. Döring, SPD)

Ich bitte Sie herzlich um die Zustimmung zu den entsprechenden Anträgen. Anders als Herr Schwäblein möchte ich noch einmal was sagen zu Erfurt. Vor einigen Monaten hat sich in unserer Landeshauptstadt das neue Schauspiel Erfurt gebildet. Es ist sehr engagiert in seinem Bemühen, dem Theaterstandort Erfurt ein adäquates Schauspielangebot zu sichern. Inzwischen hat das neue Schauspiel ein Grundkonzept sowie konzeptionelle Fortschreibungen vorgelegt, die aus theaterpolitischer Perspektive, aber auch unter Finanzgesichtspunkten durchaus tragfähig erscheinen. Dennoch hat das neue Schauspiel in den Erläuterungen des Haushaltstitels - Zuweisungen an Theater und Orchester keine Berücksichtigung gefunden. Dort ist nur vage von einer Übernahme von Inszenierungen Thüringer Theater, insbesondere des Deutschen Nationaltheaters, in angemessener Anzahl die Rede. Herr Schwäblein, das ist einfach gemeint, wir überspielen halt einfach die Landeshauptstadt.

Konsequent angewendet bedeutet dieser Passus, das Erfurt künftig als einzige Landeshauptstadt der Bundesrepublik ohne ein eigenes Sprechtheater auskommen muss. Einen solch peinlichen Abstieg auf kulturpolitisches Provinzniveau sollten wir uns eigentlich ersparen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Das neue Schauspiel hat beträchtliche Vorleistungen erbracht und verfügt über ein realisierbares Konzept. Nun ist es an uns, unseren landespolitischen Verantwortungen für den Theaterstandort Erfurt gerecht zu werden. Ich bitte Sie auch hier um Zustimmung zu diesem entsprechenden Antrag.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Herr Abgeordneter Seidel, der Abgeordnete Schwäblein...

Ich bin gleich fertig. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will noch einmal auf ein Zitat kommen, Otto Schily meinte einmal: "Wer Musikschulen schließt, gefährdet die innere Sicherheit." Recht hat er, ich glaube, das gilt für den gesamten Kulturbereich, in Sonderheit für den Freistaat Thüringen. Ich danke herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Gut, jetzt kann die Frage kommen, bitte.

Herr Kollege Seidel, ist Ihnen bekannt, dass die international sehr renommierte Spielstätte in Sydney als eine der größten Städte Australiens bei sehr hohen Besucherzahlen nicht über ein eigenes Ensemble verfügt? Melbourne und Sydney haben ein gemeinsames Ensemble, bespielen sich gegenseitig, ist Ihnen das bekannt?

Das ist mir nicht bekannt. Ich kenne momentan nur die Waldbrände, die um Sydney sind.

(Heiterkeit und Beifall bei der PDS, SPD)

Herr Staatssekretär, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Zeit bereits sehr weit vorgerückt ist. Ich will mich darum auch auf nur zwei Themenbereiche beschränken, die hier in der Diskussion kontrovers vorgetragen worden sind. Ich glaube, dass bei den sensiblen Themen Hochschulen und Kultur alle hier im Haus sich mehr finanzielle Möglichkeiten wünschen würden, als sie uns tatsächlich gegeben sind.

(Beifall bei der CDU)

Es ist heute verschiedentlich Ursachenforschung betrieben worden, warum das so ist, warum unsere Finanzlage so schwierig ist. Wir haben da eine sehr unterschiedliche Wahrnehmung. Über eines dürften wir uns aber im Klaren sein: dass hier so wenig Geld ausgegeben werden kann, wie einige meinen - insgesamt gesehen im Vergleich zu anderen Ländern ist es schon eine ganze Menge -, liegt sicherlich zuallerletzt in der Verantwortung dieser Landesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Hochschulpakt einige Ausführungen machen, die so genannte Rahmenvereinbarung zwischen der Thüringer Landesregierung und den Hochschulen des Landes. Damit wird die Finanzierung der Thüringer Hochschulen für einen beachtlichen Zeitraum auf eine ganz solide und berechenbare Grundlage für alle Beteiligten gestellt. Sie kennen die Zahlen: 315 Mio.  %&&'%&&F      jährliche Steigerung 1 Prozent. Die Sonder- und Ausgabenbelastungen der im Ausbau befindlichen Hochschulen werden zusätzlich berücksichtigt. Darüber hinaus verpflichtet sich die Landesregierung in 2003 100 Mio.  und 2004 102 Mio.   #schulbau zur Verfügung

zu stellen.

Meine Damen und Herren, das ist ein Kraftakt für diese Landesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Dieser Kraftakt bewegt sich zugegebenermaßen nicht am Wünschenswerten, aber an dem faktisch Machbaren. Die Frage muss auch erlaubt sein, wo denn eigentlich die Hochschulen stehen würden, wenn sie diese Finanzierungszusagen nicht hätten, wenn sie nicht planen könnten. Es ist hier nicht zur Sprache gekommen, dass wir das einzige unter den neuen Ländern sind, das einen solchen Hochschulpakt abgeschlossen hat. Auch unter den alten Ländern gibt es lediglich vier, die etwas Vergleichbares vorzuweisen haben.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir belegen mit diesem Hochschulpakt erneut, dass das Wort von der Denkfabrik Thüringen doch nicht ganz so abwegig ist, wie einige es darstellen wollen.

(Beifall bei der CDU; Schuster, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur)

Ein Wort, Herr Dr. Schuchardt, zu den Kommentierungen aus dem Bereich der Hochschulrektoren. Herr Prof. Meyn ist ein seriöser Wissenschaftler, wir brauchen nicht darüber zu sprechen, ich schätze ihn sehr, wir kommen auch gut miteinander aus. Ich muss allerdings sagen, Ihr Bild, das ja auch wiederholt worden ist, dass die Rektoren mit knirschenden Zähnen und mit in der Hosentasche geballter Faust den Hochschulpakt unterschrieben hätten, dieses Bild ist nicht zutreffend. Herr Prof. Meyn hat sich kritisch geäußert. Er hat den Hochschulpakt unterschrieben. Seine kritischen Äußerungen werden von keinem einzigen der übrigen Rektoren geteilt. Deren Wahrnehmung deckt sich vollständig mit der, die ich Ihnen vorgetragen habe.

(Beifall bei der CDU)

Erlauben Sie mir auch noch kurz einige Anmerkungen zu dem Thema "Theater und Orchester". Ich weiß, dass das hier in unserem Freistaat Thüringen ein ganz sensibles Thema ist. Ich nehme auch allen, die hier zu diesem Thema gesprochen haben, persönlich ab, wie sehr sie das berührt. Und einige hier auch im Oppositionslager, die nicht gesprochen haben, mit denen ich aber in den vergangenen Monaten viele persönliche Gespräche geführt habe, haben mir dieses bestimmte Gefühl vermittelt, dass sie es ehrlich meinen, dass sie es ernst meinen und dass sie das nicht inszenieren, um einen Streit mit der Landesregierung vom Zaun zu brechen - das vorweggeschickt.

Frau Dr. Kaschuba, ich rechne Sie ausdrücklich zu diesem Kreis. Sie fordern vom Ministerium Gestaltungskraft, Sie fordern uns auf, die Theaterlandschaft - darauf läuft es nämlich hinaus - politisch zu beeinflussen, politisch zu

verändern. Meine Damen und Herren, wenn wir das getan hätten, Frau Dr. Kaschuba, fürchte ich, hätten Sie heute Abend hier gestanden und genau das Gegenteil von dem gesagt, was Sie hier vorgetragen haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir halten uns an Recht und Gesetz. Wir haben hier einen sehr liberalen Standpunkt. Wir glauben in der Tat, dass die Theaterträger diejenigen sind, die auch die Gestalt ihres Theaters zu bestimmen haben. Wir wollen natürlich mit Rat und Tat zur Verfügung stehen. Das haben wir auch getan. Wir haben mit allen Theaterträgern eine große Zahl von Gesprächen geführt. Persönlich habe ich z.B. allein mit Erfurt und Weimar über 100 Termine gehabt. Das Ergebnis ist bekannt. Wir sind nicht dahin gekommen, wohin wir eigentlich hätten kommen können und vielleicht auch besser gekommen wären, aber jetzt hat man sich in Erfurt und in Weimar für bestimmte Modelle entschieden. Das habe ich nicht zu kommentieren, ich respektiere das, weil das die Entscheidung der souveränen kommunalen Entscheidungsträger ist. Das müssen wir auch hier respektieren. Bei uns geht es darum, ob wir Geld für diese Theater und Orchester zur Verfügung stellen. Das tun wir und wir tun etwas, was ebenfalls in den übrigen 15 Ländern der Bundesrepublik Deutschland ohne Beispiel ist: Wir geben eine Planungsgarantie, eine Planungssicherheit für fünf volle Jahre.

Meine Damen und Herren, egal, wo wir politisch stehen, ich hätte mir gewünscht, dass wir hier jetzt darüber nicht kontrovers diskutiert hätten, zumal das außerhalb dieses hohen Hauses auch offensichtlich, jedenfalls im Kreis der Abgeordneten, gar nicht nötig ist.

Meine Damen und Herren, Herr Abgeordneter Seidel hat noch einmal darauf hingewiesen, dass wir über dieses Thema "Kultur" sehr viel länger diskutieren müssten. Das sollten wir auch. Wir müssen das aber nicht unbedingt heute Abend tun und nicht unbedingt in diesem hohen Haus. Wir haben im Vorfeld viele gute Gespräche über Parteigrenzen hinweg geführt. Wenn Sie sich anschauen, wer die Träger der Theater und Orchester sind, dann wissen Sie auch, dass sich dieses Thema am allerwenigsten zum parteipolitischen Streit eignet, weil in den Kommunen, in den Gebietskörperschaften Politiker ganz unterschiedlicher Parteien, ganz unterschiedliche parteipolitische Konstellationen Verantwortung tragen für Theater und Orchester. Lassen Sie uns das bitte aus dem Streit heraushalten. Ich glaube, wir sind auf einem sehr guten Weg, jedenfalls dem besten unter den gegebenen Umständen. Niemandem ist gedient, wenn wir jetzt hier an dieser Stelle versuchen, Profilübungen durchzuziehen. Wir geben sehr viel Geld - 60 Mio.  ( (  mung auch zu diesem Punkt.

Meine Damen und Herren, ich will einen letzten Satz sagen, weil das auch nicht so ganz selbstverständlich ist. Für die anderen Ressorts war es nicht einfach hinzu

nehmen, dass in unserem Bereich zwei große Bereiche faktisch unangetastet blieben, nämlich die Hochschulen und die Theater und Orchester. Dafür danke ich auch den Ministern und Staatssekretären der anderen Ressorts. Ich glaube, wir haben damit zwei Dinge bewiesen: Erstens, dass wir uns für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes engagieren, und zweitens, dass wir zu unserer Kulturlandschaft stehen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Schuchardt wollte noch kurz erwidern. Dafür haben Sie drei Minuten.

(Zwischenruf Abg. Dr. Schuchardt, SPD: Das ist sehr reichlich. Danke, Frau Präsidentin.)

Das sind die drei Minuten, die Ihnen jetzt der Staatssekretär durch seine längere Rede ermöglicht hat.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nur ganz kurz, ich tue niemandem gern Unrecht, schon gar nicht von diesem Podium aus. Wenn Herr Kollege Althaus das Gebiet Forschung nicht genannt haben sollte, wie ich das der Thüringer Presse entnommen habe, dann tut mir das Leid und ich ziehe das mit der Frage der Glaubwürdigkeit zurück. Ich studiere halt nicht die Presseerklärung der CDU, sondern lese eben als Thüringer unsere Thüringer Zeitung.

Wovor ich mich aber aufs Entschiedenste verwahre, ist, dass hier der Abgeordnete Schwäblein die Zeitungen zu DDR-Zeiten, die vom Staat indoktriniert waren und die in der Tat voller Lügen waren, mit der heutigen Thüringer Zeitungslandschaft vergleicht. Das weise ich aufs Entschiedenste zurück.

(Beifall bei der SPD)

(Unruhe bei der CDU)

Herr Abgeordneter Schwäblein, ebenfalls eine kurze Replik oder Frage? Nein, Rede.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Unterstellung muss ich zurückweisen. Es darf nicht zu dieser Gleichstellung kommen. Sie ist von mir nicht ausgesprochen worden, ich wehre mich gegen diese Fehlinterpretation. Aber wie wir gelegentlich lesen können, gibt es heute ab und zu Gegendarstellungen. Warum gibt es sie? Weil in dem einen oder anderen Falle nicht gründ

lich genug recherchiert wurde, weil möglicherweise etwas falsch ausgelegt wurde, weil dann Betroffene das Recht haben, auch tatsächlich die Fehlaussagen zu korrigieren.

(Zwischenruf Abg. Dr. Schuchardt, SPD: Sie haben was vergessen.)

Insofern stimmt meine Aussage, wenn früher schon vieles in der Zeitung nicht gestimmt hat, kommt es heute gelegentlich vor. Das darf immer noch ausgesprochen werden. Dafür haben wir diese Demokratie.

(Beifall bei der CDU)