§ 2 bestimmt in seinem Abs. 1 die staatliche Errichtung der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Erfurt. Errichtungstermin ist der 1. Januar 2003. In Absatz 2 dieser Bestimmung werden unter Bezugnahme auf die Regelungen des Staatsvertrags die Bedingungen der Überleitung der Theologischen Fakultät Erfurt in die KatholischTheologische Fakultät festgelegt, die zugleich mit deren Errichtung erfolgen soll. Nach erfolgter Integration der Theologischen Fakultät Erfurt in die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Erfurt wird die staatliche Anerkennung der kirchlichen Hochschule gegenstandslos. Deshalb ist § 127 des Thüringer Hochschulgesetzes außer Kraft zu setzen.
§ 3 des Zustimmungsgesetzes bestimmt das In-Kraft-Treten des Gesetzes am Tag nach seiner Verkündung sowie die Bekanntmachung des In-Kraft-Tretens des Staatsvertrags durch die Präsidentin des Landtags im Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Thüringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, werte Gäste, Theologie, die auch der wissenschaftlichen Vorbildung von kirchlichen Amtsträgern dient und die Ausbildung an eigenen Instituten ersetzt, wie es hier der Fall ist, muss natürlich den an die Ausbildung gestellten kirchlichen Anforderungen genügen. Dies folgt aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, das den Schutz unserer Verfassung genießt. Theologische Wissenschaft, die bekenntnisgebunden betrieben wird, setzt eine Rückbindung an die jeweilige Religionsgemeinschaft nach deren Selbstverständnis voraus, damit authentische Lehre möglich wird.
Aus diesen Gründen zählen theologische Fakultäten an Staatlichen Hochschulen wie im Übrigen auch der staatliche Religionsunterricht zu den so genannten gemeinsamen Angelegenheiten von Staat und Kirche. Bei den katholisch-theologischen Fakultäten sehen die Staatskirchenverträge aus diesem Grunde eine eindeutige Kompetenzzuordnung vor. Das Land darf Kandidaten erst dann berufen, wenn der zuständige Diözesanbischof erklärt hat, dass dem nichts entgegenstehe. Es ist dies die so genannte und in der Öffentlichkeit zuletzt verstärkt diskutierte NihilObstat-Regelung. Diese Regelungen gehen zurück auf eine Bestimmung im Schlussprotokoll des preußischen Konkordats vom 14. Juli 1929, das in den Staatskirchenverträgen mit den anderen deutschen Ländern in der Nachkriegszeit im Wesentlichen einheitlich rezipiert wurde.
Das in Artikel 6 Abs. 2 nebst Schlussprotokoll des Thüringer Vertrags geregelte Beanstandungsverfahren ist zudem durch verschiedene Anforderungen begrenzt und erschwert. Danach müssen triftige Gründe, die vom Ortsbischof darzulegen sind, vorliegen.
Schließlich möchte ich in diesem Zusammenhang bemerken, dass die Anzahl der Beanstandungen, die im Einzelnen zu erheblichem Aufsehen in der Öffentlichkeit geführt haben, bei genauerem Hinsehen wenig spektakulär ist. Entsprechende kirchliche Mitwirkungsrechte bei der Berufung von Hochschullehrern bestehen im Übrigen auch an evangelisch-theologischen Fakultäten. Gegenüber den Mitwirkungsrechten der katholischen Kirchen bestehen Unterschiede. Sie sind den Strukturen der Kirchen selbst geschuldet, die als Ausdruck von deren Selbstbestimmungsrecht staatlicherseits zu respektieren sind. Es ist deshalb nur zu verständlich, wenn in einem jüngst öffentlich bekannt gemachten "Brief aus Sankt Gallen", wenn ich das so sagen darf, einer der um die Problematik dieser Fragen weiß und dem die Entwicklung der Universität am Herzen liegt, die Integration der Theologischen Fakultät in die Universität Erfurt ausdrücklich begrüßt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Kontinuität der bislang von der Theologischen Fakultät Erfurt geleisteten wissenschaftlichen Vorbildung in katholischer Theologie für den Priesterberuf und andere kirchliche Dienste sowie der Ausbildung von Lehrern für den katholischen Religionsunterricht wird durch die vorgesehene Überleitung gesichert. Die von der Theologischen Fakultät Erfurt als staatlich anerkannte Hochschule in kirchlicher Trägerschaft begründete Tradition der Priesterausbildung wird nunmehr als Teil einer staatlichen Universität fortgesetzt. Die Bischöfe der Diözesen Berlin, Dresden - Meißen, Erfurt, Görlitz und Magdeburg haben gemäß Absatz 1 des Schlussprotokolls zu Artikel 11 Abs. 2 des Vertrags vom 11. Juni 1997 für den Fall der Errichtung einer katholisch-theologischen Fakultät durch den Freistaat Thüringen auf die Ausübung ihres Rechts aus Artikel 10 Abs. 1 dieses Vertrags verzichtet, eine eigene Einrichtung für die wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen zu errichten oder zu unterhalten. Sie haben ihren
Willen bekräftigt, an der gemeinsamen Ausbildung ihrer Priesteramtskandidaten in Erfurt festzuhalten. Dies verleiht der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Erfurt eine weit über die Landesgrenzen hinaus gehende Bedeutung für die wissenschaftliche Vorbildung von Priesteramtskandidaten und von Lehramtsanwärtern für den katholischen Religionsunterricht sowie für die Pflege und Entwicklung von Lehre und Forschung in der katholischen Theologie.
Der Senat der Universität Erfurt hat am 13. November 2002 die Integration bzw. Errichtung der Katholischen Fakultät einstimmig befürwortet und der Universitätspräsident hat in einer Pressemitteilung vom 18. November dieses Jahres festgestellt, dass damit das Gründungskonzept der Universität Erfurt umgesetzt ist.
Ich eröffne die Aussprache und bitte als ersten Redner Herrn Abgeordneten Schuchardt ans Rednerpult. Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Gesetz, das uns heute vorliegt, ist nicht irgendein Gesetz, es ist ein Gesetz mit Folgen im in Rede stehenden Staatsvertrag, das quasi in die Ewigkeit wirken sollte. Das heißt, es wäre an sich wünschenswert gewesen, wenn hier ein breiter fraktionsübergreifender Konsens bei den Einzelheiten dieses Gesetzes herstellbar gewesen wäre. Ich möchte feststellen, dass in Sachen dieses Staatsvertrags durchaus die Landesregierung ihrer verfassungsmäßigen Pflicht nachgekommen ist, das Parlament rechtzeitig über die Inhalte des vorliegenden Gegenstands ins Bild zu setzen und rechtzeitig die entsprechenden Dokumente zuzuleiten, ganz im Gegensatz zu der Problematik Kali etwa. Also daran hat es nicht gelegen, das beklage ich auch nicht, sondern möchte das ausdrücklich anerkennen. Aber ich hätte mir im Vorfeld der Erarbeitung dieses Staatsvertrags vielleicht doch den Kontakt der Landesregierung zu den Fraktionen gewünscht.
Meine Damen und Herren, das hier vorliegende Gesetz eignet sich mit Sicherheit nicht, parteipolitische Auseinandersetzungen zu führen. Und es eignet sich erst recht nicht dazu, hier vielleicht mit schwerer parlamentarischer Keule aufeinander einzuschlagen. Ich appelliere deshalb zu Beginn der Aussprache nachdrücklich, diese parlamentarische Aussprache mit der entsprechenden Angemessenheit zu vollziehen.
Wie wenig dieses Gesetz parteipolitisch geeignet ist sich auseinander zu setzen, mögen Sie daran ersehen, dass es
z.B. in der SPD-Fraktion kein einheitliches Abstimmverhalten in dieser Frage geben wird. Ich möchte das betonen, dass hier wirklich jeder frei nach seiner eigenen Einschätzung der Situation entscheiden wird. Ich möchte nichts wiederholen, was Herr Minister Krapp eben zu den Rahmenbedingungen vorgetragen hat - ich hoffe, dass auch andere Debattenredner davon absehen, das alles noch einmal wiederzugeben -, sondern möchte ins Zentrum meiner Ausführungen gleich das Hauptproblem stellen, das die Mehrheit der Abgeordneten der SPD-Fraktion sieht. Diese Regelung im Staatsvertrag, die mit den Worten "nihil obstat" umschrieben ist, letztendlich den Artikel 6.
Herr Minister Krapp erwähnte einen Ruf aus St. Gallen. Ich möchte es gleich konkret machen. Er meint mit Sicherheit den Herrn Peter Glotz. Gehe ich richtig in der Annahme? Ja, wissen Sie, grundsätzlich bin ich der Meinung, wer es sehr eilig hatte, hier aus Thüringen wieder wegzukommen, sollte sehr zurückhaltend sein mit der Äußerung über Thüringer Kompetenzen und Thüringer Verantwortlichkeiten.
Gleichwohl kann ich Ihnen entgegenhalten, dass Herr Glotz diese Dinge durchaus sehr differenziert sieht und durchaus unterschiedliche Sichtweisen hier gelten lässt. Ich habe schon geahnt, dass hier ein solcher Bezug genommen wird. Mit der Erlaubnis der Frau Präsidentin möchte ich ganz kurz Herrn Glotz zitieren. Er sagt: "Man muss diese Zweifel", es geht um nihil obstat, "verstehen. Der Staat soll zahlen, wenn die Kirche Grundsätze durchsetzt, die nur eine Minderheit noch für richtig hält. Andererseits sollte man sich klar machen, die Kirche käme in nicht mehr entwirrbare Konflikte, wenn sie ihre Prinzipien nicht einmal mehr in dem eigenen Einflussbereich praktizieren würde." Also, durchaus die Sicht von Herrn Glotz diese Seite und die andere Seite. So viel zu Herrn Glotz.
Mir wurde, man redet ja vorher mit Abgeordnetenkollegen über diese Frage, oft gesagt, ja, aber in den anderen Ländern, in denen es solche katholisch-theologische Fakultäten gibt, sind überall diese Regeln und das ist ja nichts anderes in Thüringen als in all diesen anderen Bundesländern.
Meine Damen und Herren, wir sind hier in Thüringen. Wir haben hier aus unserer eigenen Thüringer Verantwortung über die Dinge zu entscheiden. Wenn wir nur Dinge aus anderen Bundesländern übernehmen wollten oder sollten, wie sie sind, dann würde das das Selbstverständnis des Thüringer Landtags letzten Endes tangieren und dann brauchten wir in letzter Konsequenz den Thüringer Landtag überhaupt nicht mehr, wenn wir nur die Dinge aus anderen Ländern übernehmen wollten. Um seine eigene Verantwortlichkeit kommt hier niemand.
Worum geht es nun konkret? Was ist das Problem? In Artikel 6 Abs. 1 ist also dargelegt, dass vom Freistaat für einen Lehrauftrag nur ernannt oder zugelassen werden
kann, wenn durch den Bischof von Erfurt gegen den in Aussicht genommenen Kandidaten keine Einwendung erhoben wird. Das ist die so genannte Regel nihil obstat. Nun ja, das ist durchaus schon ein erheblicher Eingriff in die Rechte und Zuständigkeiten des zuständigen Thüringer Ministeriums und insbesondere auch der betroffenen Universität. Aber das ist noch nicht einmal, aus meiner Sicht, das schwer wiegendste Problem. Schwer wiegender ist der Absatz 2 von Artikel 6. Hier möchte ich doch die Problemstellen gern zitieren dürfen, Frau Präsidentin, die ich problematisch sehe. Es kann also dort laut Abs. 2 eine Zulassung aus triftigen Gründen zurückgenommen werden, "... wegen eines Verstoßes gegen die Lehre oder gegen die Erfordernisse eines Lebenswandels nach der Ordnung der katholischen Kirche durch den Bischof von Erfurt eine Beanstandung erhoben, so kann der Lehrer seine Lehrtätigkeit nicht mehr ausüben. Der Freistaat Thüringen wird alsbald für einen zur Erfüllung der Lehrbedürfnisse erforderlichen gleichwertigen Ersatz sorgen." Das Ganze im Zusammenhang mit einer anderen Regelung, nämlich aus dem Schlussprotokoll, dass diese Beanstandung zugleich den Entzug der kirchlichen Lehrbefugnis bewirkt, unbeschadet des dienstrechtlichen Status, das Ausscheiden aus der Fakultät, also zwangsläufig. Das Ganze verbunden mit einem Zitat aus der Begründung zum Schlussprotokoll zu Artikel 6: "Die Feststellung der Authentizität der Lehre und der Einhaltung sittlicher Grundnormen einer Lebensführung, entsprechend dem Bekenntnis, ist daher nur der Kirche möglich. Ihr ist deshalb die Prüfung in beiderlei Hinsicht vorbehalten", und weiter, "erforderlichenfalls eine Einwendung zu erheben." Das letzte Zitat, das ist ebenfalls die Begründung zum Schlussprotokoll zu Artikel 2. Dort steht, "wonach Theologieprofessoren in der Regel Priester sein sollen."
Was bedeutet all das jetzt von mir Zitierte zusammengenommen? Ich möchte einmal an einem einzigen Beispiel demonstrieren, was das bedeuten kann und womit ich und viele andere Mitglieder meiner Fraktion ganz einfach ein Problem haben. Wir nehmen einmal ein Beispiel: Auf einem solchen Lehrstuhl, auf dem diese Regel gilt, der Lehrstuhlinhaber soll Priester sein. Das gilt nicht für alle Lehrstühle, beispielsweise Liturgie, nach meiner Kenntnis, da ist diese Regelung wohl nicht so streng. Dort sei auf die Planstelle C 4 ein Professor als Thüringer Lebenszeitbeamter berufen. Schauen Sie bitte in den vorliegenden Gesetzentwurf des Haushaltsgesetzes, dort sind die Planstellen aufgelistet. Ich habe mich in der Ausschuss-Sitzung, es war eine öffentliche Ausschuss-Sitzung, noch einmal bei der zuständigen Ministerin vergewissert, es ist tatsächlich auch an Verbeamtungen gedacht, also auch an Lebenszeitverbeamtungen selbstverständlich. Ein solcher im Staatsdienst stehender C 4-Lebenszeitbeamter heiratet, das bedeutet, dass er aus diesem Grunde abberufen werden müsste, dass er aus diesem Grunde die Fakultät verlassen müsste. Nicht nur, dass der Freistaat Thüringen dann eine weitere solche Besetzung des Lehrstuhls vornehmen müsste, es hat ja dann auch noch die Konsequenz, dass der bisherige Lehrstuhlinhaber, er ist ja C 4-Lebenszeitbeamter, nicht nur selber vom
Freistaat Thüringen weiter finanziert werden muss - das auch, er hat aber entsprechend seiner Rechte auch das Recht, weiterhin Forschung und Lehre zu betreiben. Allerdings nicht mehr in der Fakultät, aus der er raus muss. Wenn es zufällig eine Fakultät gibt, die ihn gerade gebrauchen kann, dann wäre das ja noch gut. Aber, wir kennen auch die Situation an unseren Hochschulen. Ich wage das zu bezweifeln, dass so etwas immer reibungslos und glatt verlaufen könnte. Das heißt, wenn ein solcher Fall auftritt oder ein entsprechender Verstoß gegen die Lehrmeinung, die beanstandet wird, vorliegt, hat das doch ganz erhebliche Folgen. Ich möchte solche Einzelfälle, die es wahrscheinlich sein werden, aber es wird solche Fälle geben, denn in der Vergangenheit ist ja bekannt, zumindest sind mir etliche Fälle bekannt, wegen Beanstandung gegen die Lehre, ich möchte so etwas dem Thüringer Steuerzahler nicht so gern erläutern, dass das so gut und richtig sei. Ich sehe im Übrigen hier seitens der Rechte, die der katholischen Kirche hiermit eingeräumt werden, eine Eingriffsmöglichkeit in das Rechtsgefüge des öffentlichen Dienstes. Wenn aufgrund des Votums des Bischofs von Erfurt - ich weiß, er symbolisiert, personifiziert jetzt die Rechte der katholischen Kirche hier, dahinter steht dann natürlich die Bildungs- und Glaubenskongregation, soviel ich weiß - hier ein Recht auf einen Eingriff in den öffentlichen Dienst in Thüringen festgeschrieben wird, dass also entschieden werden kann über Professoren, die im öffentlichen Dienst stehen als Beamte oder als angestellte Professoren auf Lehrstühlen, die aus Steuermitteln finanziert sind in einer Fakultät, in einer Universität, die aus Steuermitteln finanziert ist. Meine Damen und Herren, das ist das Kernproblem und ich hoffe, dass das zumindest aus meiner Sicht verstanden werden kann. Es gibt insbesondere auch noch zwei andere Probleme, die ich aber jetzt nur beiläufig erwähnen möchte.
Ich hätte mir gewünscht, dass es im Staatsvertrag auch eine Schließungsklausel geben sollte. Sie wissen, wir hatten hier in diesem hohen Hause in der zurückliegenden Legislaturperiode einmal über das Schließen einer Fakultät zu entscheiden. Es handelte sich um eine Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät an der Pädagogischen Hochschule Erfurt, wo irgendwann ganz einfach zu wenige Studenten da waren, dass es absolut nicht mehr verantwortbar war, eine Fakultät für drei, vier, fünf, zehn Studenten allein vorzuhalten. Die Schließung einer solchen Fakultät lag im Ermessen der dafür Verantwortlichen, letztendes des Thüringer Landtags. Das ist unter Schmerzen geschehen. Das war keine sehr gute Aufgabe, aber es musste sein im Interesse der Ausgewogenheit der Thüringer Hochschullandschaft.
Eine Fakultät, die über diesen Staatsvertrag fest verankert ist, steht nicht mehr in der Entscheidungsmöglichkeit der Thüringer Verantwortungsträger, weil es ja gegenüber dem Vertragspartner festgeschrieben ist. Mir ist sehr wohl bekannt, es gibt auch eine Bestandsklausel im Kirchenstaatsvertrag mit der evangelischen Kirche, Jena betreffend. Allerdings ist die in gewisser Weise konditioniert. Ich bitte
die Abgeordneten, die sich dafür genauer interessieren, das einmal nachzulesen. Ich hätte mir also eine möglicherweise auch so konditionierte Klausel gewünscht.
Ein zweites Problem, das ich noch ansprechen möchte, ist folgendes: Ich hatte Ihnen vorhin einige Zitate genannt, dass es also eine Reihe von Lehrstühlen gibt, für die in der Regel die Lehrstuhlinhaber Priester sein sollen. Das ist ganz neu in Thüringen, so etwas haben wir bis jetzt nicht. Wir reden hier immer in vielen Debatten von gender mainstreaming. Das bedeutet nach meiner Auffassung - ich bin mir da nicht ganz sicher, bitte belehren Sie mich eines anderen, wenn ich das nicht richtig sehe -, dass für Lehrstühle, wo die Vorgabe Priester gegeben ist, die Hälfte der Thüringer Bürger und Steuerzahler prinzipiell ausgeschlossen wären, einen solchen vom Staat finanzierten C 4-Lehrstuhl jemals zu erreichen.
Ja, es tut mir Leid, ich stelle lediglich fest, ich finde das auch gar nicht so lustig, es gibt - und das ist ganz neu, das ist eine neue Qualität -, im öffentlichen Bereich von Thüringen Stellen, die prinzipiell der Hälfte der Bevölkerung nicht zugänglich sind.
Ich möchte es bei diesen Beispielen bewenden lassen. Ich möchte doch noch einmal, weil es eine öffentliche Sitzung war im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst, meinen verehrten Kollegen Goebel hier einmal kurz zitieren. Sie werden mir es nicht verübeln, es wird auch nichts Schlimmes. Kollege Goebel sagte, es gibt eben Regeln seitens der katholischen Kirche und die Frage steht dann, wenn man die Integration dieser Fakultät wirklich will, dann muss man diese Regeln entsprechend akzeptieren und dem dann so zustimmen. So sinngemäß haben Sie das, glaube ich, gesagt, Kollege Goebel. Ich kann dem nur entgegenhalten, auch ich möchte die Integration der Katholisch-Theologischen Fakultät in die Universität, aber nicht um jeden Preis. Das ist vielleicht der Unterschied an der Stelle zwischen uns.
Ich bitte, meine Damen und Herren, um Verständnis für die hier vorgetragene Sichtweise, für die Probleme, die wir hier vor uns sehen. Ich möchte in dem Zusammenhang durchaus noch einmal darauf hinweisen, dass die Integration dieser Fakultät von uns eigentlich gewünscht war. Wir haben auch einstimmig als SPD-Fraktion am 11. Juni 1997 dem Staatsvertrag mit der katholischen Kirche zugestimmt und dazu stehen wir auch heute noch.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal zum Ausdruck bringen, dass es seitens der SPD-Fraktion eine hohe Wertschätzung des Wirkens der katholischen Kirche in Thüringen gibt und insbesondere auch des Wirkens ihres Bischofs. Ich wünsche, dass es trotz der vorgetragenen Vorbehalte der Mehrheit meiner Fraktion weiterhin ein gutes Einvernehmen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche in Thüringen gibt und spreche diesen Wunsch meiner Fraktion aus, sowohl für die Frommen als auch für die weniger Frommen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Thüringer Landtag hat in den zwölf Jahren seines Bestehens schon viele Gesetze bearbeitet: wichtige, ganz wichtige und manche, deren Bedeutung sich nur noch bei entsprechendem Nachlesen erschließt. Ich darf an bedeutende erinnern, die da waren, dieses Land wieder zu begründen, ein vorläufiges Schulgesetz auf den Weg zu bringen, eine Verfassung zu gestalten. Ich erwähne den Vertrag mit der Jüdischen Landesgemeinde, ich erinnere an den Staatsvertrag mit den Evangelischen Kirchen in Thüringen und ich erwähne hier auch das, was Dr. Schuchardt schon herangezogen hat, den Staatsvertrag mit der katholischen Kirche. Ich möchte in diese Reihe der wichtigen Gesetze für Thüringen auch den heute zu behandelnden Staatsvertrag mit einreihen und möchte das auch begründen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir haben mit dem Staatsvertrag von vornherein den Wunsch verbunden, diese Katholisch-Theologische Fakultät, damals hieß es noch Studium, 1999 ist es dann zur Fakultät erklärt worden, in die in Erfurt wieder begründete Universität zu integrieren. Nun hat es gedauert, mehr als wir es uns gewünscht haben, mehr auch als es einige der eifrigsten Befürworter gewünscht haben. Hier darf mit Bedauern festgestellt werden, dass es Professor Ernst nicht mehr selber erleben kann, der sich von Anfang an auch als Mitglied des Gründungssenats der Universität Erfurt dafür eingesetzt hat. Das ist der Punkt, den ich so sehr bedaure am heutigen Tage, dass er das nicht mehr selber erleben konnte. Aber wir erfüllen damit auch das Vermächtnis derer, die sich darum bemüht haben, dass diese katholisch-theologische Bildungsstätte in die staatliche Universität eingeht.
Jetzt etwas zur Geschichte: Warum ist es nicht von vorn herein klar gewesen, dass es hier diese staatliche Anbindung gibt? Angemerkt werden darf an diesem Punkt, dass die Vorläufer-Universität, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch die Preußen aufgehoben wurde, aber vor allem
weil sie so schlechte Qualität geliefert hat und nicht so sehr als preußisches Diktat, dass diese Universität die erste Universität war, an der katholische und evangelische Theologie zusammen gelehrt wurden, die erste deutsche Universität. Es ist also eine reiche Tradition, an die man durchaus anknüpfen kann. Des Weiteren ist festzuhalten, dass in der Folge des verlorenen Zweiten Weltkriegs die Spaltung Deutschlands manifestiert wurde, insbesondere durch Handeln der DDR, und die Priesterausbildung, die ursprünglich nicht in der Ostzone vorgesehen war, in den Westzonen erfolgte, aber mit der Abkapselung irgendwann zwingend auch auf dem Staatsgebiet der DDR wurde. So kam es nach zähen Verhandlungen, nachdem man in Berlin vergeblich versucht hatte das hinzukriegen, 1952 zur Gründung dieses Katholisch-Theologischen Studiums in Erfurt. Ein gutes Jahr, wie mancher in diesem Parlament weiß, ein guter Jahrgang 1952 und dort ist etwas sehr Wertvolles begründet worden. Es ist geglückt, und da darf man den Männern und Frauen, die sich darum bemüht haben, nur herzlich dankbar sein, eine katholische Bildungsstätte mit Hochschulanspruch und Hochschulcharakter zu begründen, die sich der staatlichen Kontrolle der DDR entzogen hat.
Dies ist einmalig für den ganzen Ostblock und bedarf auch heute noch der Würdigung. Nun kann man reflektierend feststellen, die Reflexion wird umso leichter je weiter man von den Ereignissen weg ist, es ist damit nicht ein Herd der Opposition entstanden mit dieser katholischtheologischen Ausbildungsstätte, aber sehr wohl eine Bildungsstätte, die sich dem staatlichen Einfluss und dem Diktat dieser Staatsideologie entzogen hat. Dies ist ein Gewinn für die Geisteswissenschaft in Deutschland und weit darüber hinaus. Man darf heute anerkennend äußern, dass diese katholische Bildungseinrichtung sich nie abgekapselt hat. Sie hat sehr wohl, trotz ihrer Abgeschiedenheit, die ihr diese staatliche Einflussnahme erübrigt hat, segensreich gewirkt in der Ausbildung von Priestern für ost- und mitteleuropäische Staaten. Es darf daran erinnert werden, dass es in der damaligen Tschechoslowakei ein Agieren der katholischen Kirche gar nicht geben durfte. Die Ausbildung wurde also verdeckt, heimlich wahrgenommen und die Priester haben dort unter anderen Berufen offiziell gearbeitet und haben trotzdem ihr Amt ausgeübt. Dass das möglich wurde, ist auch den Erfurter Theologen zu verdanken. Es hat dann in dieser Bildungsstätte immer eine Anbindung an das gegeben, was in der katholischen Theologie weltweit passiert ist. Es hat wesentliche Beiträge zum konziliaren Prozess gegeben. Erst zum letzten großen Weltkonzil der katholischen Kirche haben die Erfurter auch wesentliche Beiträge geleistet. Ich erwähne das hier, damit es nicht so aussieht, jetzt wird ein Gnadenakt geübt und die katholische Kirche wird auf Dauer die Personalkosten an dieser Stelle los, nun gut, wo kann man es ansiedeln, man packt es halt in die Universität. Beileibe nicht, Herr Dr. Schuchardt, hier kommt es zu einem echten Zugewinn an Wissen und Qualität mit dieser Integration in diese Universität.
Die Bedenken, die Sie vortragen, zeugen von einem sehr kleinen Karo, was Sie vor sich herschieben. Es sind finanzielle Risiken da; nur, wo Sie die große Zahl der Fälle hernehmen, die Sie da jetzt zitieren wollen, kann ich nicht nachvollziehen. Mir sind namentlich drei bekannt, wir können uns auch noch über die Namen unterhalten, und das ist mittlerweile viele, viele Jahre her. Aber in der Abwägung dessen, was wir gewinnen und was wir eventuell an zwischenzeitlich finanziellen Lasten haben, muss ich sagen, dann hat dieser Landtag - die Entscheidung haben Sie zu Recht hervorgehoben - zu entscheiden, ja, wir machen es, das Risiko ist so klein, dass wir es tatsächlich tolerieren und eingehen.