Protocol of the Session on October 25, 2002

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, verehrte Mitglieder der Landesregierung, verehrte Gäste und Beobachter der Medien auf der Besuchertribüne, ich begrüße Sie sehr herzlich zu unserer heutigen 73. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am 25. Oktober 2002. Besonders begrüßen möchte ich ein neues Mitglied unseres hohen Hauses, Dagmar Künast, die so neu nicht ist. Wir kennen sie aus der 2. Legislatur. Alles Gute für Ihre Arbeit hier im Haus.

(Beifall im Hause)

Für die heutige Sitzung möchte ich Ihnen noch als Hinweis mitteilen, dass sie gemäß Artikel 57 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 19 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags durch mich als Präsidentin dieses Landtags einberufen wurde. Die Unterrichtung liegt dazu in Drucksache 3/2780 vor.

Als Schriftführer haben Herr Abgeordneter Huster und Herr Abgeordneter Panse Platz genommen. Abgeordneter Huster wird die Rednerliste führen. Wir haben eine Reihe von Entschuldigungen. Das betrifft von Seiten der Landesregierung Herrn Minister Gnauck. Dann haben sich Herr Abgeordneter Otto Kretschmer, Herr Abgeordneter Dr. Pidde, Frau Abgeordnete Nitzpon, Herr Abgeordneter Seela, Herr Abgeordneter von der Krone, Herr Abgeordneter Bernd Wolf, Herr Abgeordneter Stauch, Herr Abgeordneter Primas, Herr Abgeordneter Schröter und Herr Abgeordneter Prof. Goebel entschuldigt.

Wir haben als einzigen Tagesordnungspunkt heute den Punkt

(Unruhe im Hause)

- darf ich um Aufmerksamkeit bitten - "Vorwurf des Geheimnisverrats im Thüringer Innenministerium". Es handelt sich um einen Antrag der Fraktion der SPD. Er liegt in Drucksache 3/2779 vor.

Weitere Tagesordnungspunkte liegen mir nicht vor. Damit komme ich zum Aufruf des genannten Tagesordnungspunkts

Vorwurf des Geheimnisverrats im Thüringer Innenministerium Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/2779

Ich darf zunächst die einreichende Fraktion bitten, den Antrag zu begründen. Herr Abgeordneter Pohl wird das tun.

Werte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, aus Sorge um das Ansehen und um die politische Kultur in unserem Freistaat Thüringen haben wir diese Sondersitzung beantragt. Ich glaube auch, die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes dürfen nicht den Eindruck gewinnen, dass in Thüringen alles erlaubt sei.

Meine Damen und Herren, die Staatsanwaltschaft Erfurt ermittelt gegen den innersten Bereich des Thüringer Innenministeriums und geht dem ungeheuren Verdacht des Geheimnisverrats nach. Nicht, wie es uns glaubhaft gemacht werden sollte, dass die an die Zeitung "Freies Wort" lancierten geheimen Daten von den 1997 gestohlenen Festplatten stammen sollen, sondern der Verdacht besteht, dass diese aus dem unmittelbaren Umfeld des Innenministers im vergangenen Jahr an die Öffentlichkeit gelangten. Meine Damen und Herren, das wäre Geheimnisverrat in seiner klarsten Form. Der Verdacht, ein enger Mitarbeiter des Thüringer Innenministers habe Kopien von einer Sicherheitskopie der im November 1997 gestohlenen Computerfestplatte gezielt an die Presse weitergegeben, konnte in der Innenausschuss-Sitzung am vergangenen Donnerstag nicht geklärt werden. Allein aber die Aussage des innenpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, der laut TA und STZ sagte: "Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit geht man davon aus, dass sie nicht von der gestohlenen Festplatte sind.", belastet den Innenminister schwer. Aber auch die Aussage

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Mehr habt Ihr wohl nicht?)

deckt sich mit der Aussage von Innenminister Köckert in der TA vom 14.06.2001. Bereits am 14.06.2001 antwortete er auf die Frage, ob die veröffentlichten Daten nicht von den gestohlenen Festplatten, sondern aus dem Ministerium stammen könnten: "Ich schließe in dieser Geschichte gar nichts mehr aus." Aber andererseits gibt es laut Innenministerium - zu lesen in der TA vom 12.10.2002 - keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Sicherheitskopien angetastet wurden. Widersprüche ohne Ende. Erschwerend kommt hinzu, dass erst in den letzten Tagen der Presse zu entnehmen war, dass die ermittelten Stellen Informationen hatten, die den Vorwurf des Geheimnisverrats im Innenministerium erhärten. Ich denke auch, der gegenwärtige Vorgang ist nur ein Glied in der Kette der eklatanten Vorgänge in der Amtszeit des jetzigen Innenministers. Ich erinnere dabei nur an die unsäglichen Vorgänge im Landesamt für Verfassungsschutz; die Informationslecks in diesem Amt konnten damals nicht größer sein. Auch bei den noch offenen Rotlichtaffären stehen die Ergebnisse noch aus.

Dass der Innenminister nicht zu seiner politischen Verantwortung steht, war bisher vorauszusehen. Schuld waren immer die anderen. Ihnen ist oft und immer wieder jedes

Mittel recht, um abzulenken. Wir bleiben dabei: Für alle Vorfälle, besonders aber für den letzten Vorgang, der die Thüringer Landesregierung in eine tiefe Vertrauenskrise stürzt, tragen Sie, Herr Innenminister, die volle Verantwortung.

(Beifall bei der SPD)

Die schweren Verdachtsmomente verlangen eine bedingungslose und lückenlose Aufklärung; diese Affäre darf nicht ausgesessen werden. Deshalb erwarten wir von Ihnen, Herr Ministerpräsident, im Interesse der politischen Kultur erstens die Untersuchung dieser Vorwürfe durch eine externe und unabhängige Ermittlung und zweitens, in personeller Hinsicht konsequent zu handeln. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesregierung hat angekündigt, den Sofortbericht zu Ziffer 1 des Antrags zu geben. Bitte, Herr Innenminister Köckert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist in den Medien durch unterschiedliche Personen in den vergangenen 14 Tagen der Verdacht geäußert worden, aus dem Verantwortungsbereich des Thüringer Innenministeriums seien Mitte vorigen Jahres gezielt geheime Daten an die Presse weitergegeben worden. Diese Behauptungen sind bislang durch nichts belegt. Einige reden nur vom Hörensagen, andere, als Beteiligte Benannte, sehen sich nicht verpflichtet Beweis anzutreten und ziehen sich mit Hinweis auf den so genannten Informantenschutz auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht zurück. Diejenigen aber, die zum Beweis verpflichtet sind, bringen keine handfesten Belege, jedenfalls sind diese der Öffentlichkeit bislang nicht vorgelegt worden. Die Beweislast, sehr geehrter Kollege Pohl, liegt nicht bei den Angeschuldigten, sondern liegt bei denen, die die Verdachtsmomente äußern.

Die Staatsanwaltschaft geht den Verdachtshinweisen nach und hat die Ermittlungen aufgenommen. Offensichtlich wünschen einige gar kein Ermittlungsergebnis bzw. sind sich der Stichhaltigkeit ihrer eigenen Behauptung selbst nicht sicher. Wie sonst lässt es sich erklären, dass vermeintlich Wissende, wie der Fraktionsvorsitzende der PDS-Fraktion, plötzlich phantasievoll und spekulativ den Medien gegenüber Meinungen und Szenarien äußert, die er seit Monaten mit sich herumtragend der Staatsanwaltschaft selbst und sofort, nämlich im Frühsommer dieses Jahres, zu sagen sich offensichtlich nicht in der Lage sah?

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die Dinge, welche im Zusammenhang mit den 1997 gestohlenen Computern sowie den aktuellen Vorwürfen des Geheim

nisverrats stehen, im Gesamtzusammenhang darstellen: Ich möchte dabei vorausschicken, dass es sich dabei um Vorgänge handelt, die teilweise Zeiträume betreffen, die vor meinem Amtsantritt gelegen haben. Eine lückenlose Dokumentation, insbesondere auch über den Umgang mit Sicherungskopien, ist nicht möglich. Insoweit fehlen detaillierte Kenntnisse über die Umstände, ob und wann Vervielfältigungen vorgenommen wurden. Ebenso sind Modalitäten und genauer Ort der Aufbewahrung sowie gegebenenfalls durchgeführte Löschungen nicht für jeden Einzelfall nachweisbar. Ich bin bei der Feststellung des Sachverhalts daher auf die mir zur Verfügung stehenden Unterlagen und Protokolle angewiesen, wie sie sich aus den vorhandenen Akten ergeben. Gleiches gilt im Übrigen für die allgemeinen Ereignisse in diesem Zusammenhang.

Danach ist Folgendes zu berichten: Am 23. Oktober 1997 wurden vorsorglich, weil ein Umzug bevorstand, die Daten des spätestens am 4. November 1997 gestohlenen Computers auf dem Server des Thüringer Innenministeriums gesichert. Unmittelbar nach dem Umzug wurden zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit diese gesicherten Daten auf den neuen Computer überspielt. Diese Serverdaten wurden vermutlich zwischen Januar und Februar 1998 gelöscht. Die Sicherungsbänder, auf denen die gelöschten Serverdaten vermutlich zwischen November 1997 und Februar 1998 routinemäßig gesichert wurden, wurden spätestens 6 Monate nach Überspielung gelöscht. Der jeweils exakte Zeitpunkt der damaligen Löschungen ist heute nicht mehr feststellbar.

Die Daten des neuen Computers wurden am 25. März 1998 auf mehrere Disketten gezogen und von der Festplatte des neuen Computers gelöscht. Die Disketten wurden versiegelt und im VS-Panzerschrank aufbewahrt, wo sie sich noch heute befinden. Jeder Zugriff darauf ist dokumentiert und nachvollziehbar. Weiter wurden am 29. Januar 1998 die vom Server auf den neuen Computer überspielten Daten auf ein Notebook des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz überspielt. Dies geschah zum Zwecke der Überprüfung durch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz auf mögliche Auswirkungen des Computerdiebstahls im Hinblick auf Sicherheitsbelange von Bund und Ländern. Da in der Zwischenzeit der Datenbestand über den des 23. Oktober 1997 hinaus ging - das war der Zeitpunkt der Sicherung der Daten auf dem Server des Innenministeriums - wurde außerdem veranlasst, dass das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz Kopien von den Sicherungsbändern zieht. Dieses Ziehen von Kopien geschah in der Zeit vom 3. bis 5. Februar 1998. Zwischen dem 29. Januar und dem 15. Februar 1998 wurden diese Daten vom Notebook des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz auf CD gebrannt und die Daten auf dem Notebook gelöscht. Vermutlich zwischen dem 15. Februar und dem 31. März 1998 wurden die Daten der Sicherungsbänder auf dem Server des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz gespeichert. Die Zugangsberechtigung bestand nur für den Präsidenten und zwei weitere Bedienstete des Landesamts. Die Daten wurden im

November 2000 vom Server gelöscht, zuvor wiederum auf ein Sicherungsband überspielt, welches vermutlich im Dezember 2000 gelöscht wurde.

Im Frühjahr 2001 wurde bekannt, dass im Milieu die Festplatten der beiden gestohlenen Computer gehandelt würden. Einzelnen Journalisten, aber auch dem Geschäftsbereich des Thüringer Innenministeriums wurde gegen Bezahlung die Beschaffung der Festplatten angeboten. Um im Falle eines plötzlichen Auftauchens der Datenträger oder einzelner Dateiinhalte einen kurzfristigen Datenabgleich durchführen zu können, wurde Ende Mai 2001 dem Innenminister auf seine Bitte hin vom Landesamt für Verfassungsschutz eine CD mit Computerdateien übergeben. Unmittelbar nach der Veröffentlichung einzelner Dateiinhalte im "Freien Wort" übergab der Minister die CD dem damaligen Pressesprecher zur Sichtung und Abklärung der Frage, ob es sich um authentische Kenntnisse und Auszüge handle oder nicht. Nach Erledigung dieser Abprüfung nahm der Minister die CD wieder unter Verschluss. Eine im Zusammenhang mit den jetzigen Presseveröffentlichungen stehende Sichtung hat ergeben, dass diese CD derzeit nicht auffindbar ist. Sollte sich dies bestätigen, wird Strafanzeige erstattet.

Am 27. Juni 2001 wurde die im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz befindliche CD auf einen Laptop des Thüringer Innenministeriums überspielt. Hintergrund war die Herstellung eines Ausdrucks sowie dessen Übermittlung an den Thüringer Landtag, welcher den Sicherungsbestand vor dem Umzug dokumentieren sollte. Die Dateien auf dem Laptop wurden am 17. Juli 2001 gelöscht, eine Kopie des Ausdrucks wird im VS-Panzerschrank im Thüringer Innenministerium aufbewahrt. Ebenfalls am 27. Juni 2001 wurden die Daten, vermutlich von der CD des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz, nochmals auf dem Server des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz gespeichert, um eine Sichtung der Daten auf ihre derzeitige Geheimhaltungsbedürftigkeit mit Blick auf die Presseveröffentlichungen vorzunehmen. Zugriff auf diese Daten hatten im Landesamt nur die Referatsleiterin für Grundsatzangelegenheiten und der Abteilungsleiter 1.

Ebenfalls im Juni 2001 wurde im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz eine Kopie der CD auf eine weitere CD vorgenommen, um den Geheimschutzbeauftragten des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz mit einzubeziehen.

Am 5. September 2001 wurden die bislang im Thüringer Innenministerium aufbewahrten Disketten im Rahmen des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft auf einer Festplatte im Landeskriminalamt gespeichert und von dort außerdem auf eine CD überspielt. Diese CD befindet sich im VS-Panzerschrank des Thüringer Innenministeriums. Soweit die ermittelten Ergebnisse im Umgang mit diesen Computerdaten.

Da in einer großen Thüringer Tageszeitung am vergangenen Mittwoch mit Verwunderung dargestellt wurde, warum das Thüringer Innenministerium vom Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz eine Kopie der CD auf den Laptop des Thüringer Innenministeriums zu ziehen verlangt, möchte ich noch einmal klarstellen: Dies ist geschehen, um, wie ich vorhin schon erwähnte, die Herstellung sowie die Übermittlung eines Ausdrucks an den Thüringer Landtag zu ermöglichen, und zwar mit den Daten vom 23. Oktober 1997. Diese Daten waren nur vorrätig im Landesamt für Verfassungsschutz.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nach den vorgenommenen Recherchen ist nach dem 25. März 1998 der Umgang mit den im Thüringer Innenministerium befindlichen Sicherungsdisketten lückenlos dokumentiert worden. Ein unberechtigter Zugriff nach diesem Zeitpunkt wäre feststellbar und ist, da dies nicht der Fall war, ausgeschlossen.

Aufgrund der bei ihr eingegangenen Hinweise ist die Staatsanwaltschaft Erfurt tätig geworden. Sie hat entsprechende Vernehmungen begonnen. Sie hat sowohl das Thüringer Innenministerium als auch das Landesamt für Verfassungsschutz angeschrieben, um den Status der entsprechenden Sicherungskopien und deren Verlaufsgeschichte zu überprüfen. Sie wird alle Personen, die mit diesen Kopien seit 1998 betraut waren bzw. noch betraut sind, entsprechend vernehmen. Die Landesregierung hat zudem, nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen einen Landesbediensteten, den Kultusminister als den derzeitigen direkten Vorgesetzten gebeten, diesen Bediensteten und die Kollegen seines unmittelbaren Umfelds zu befragen, um auf diesem Wege gegebenenfalls zur Aufklärung mit beitragen zu können. Diese Befragungen wurden vergangene Woche durch einen älteren erfahrenen Juristen durchgeführt. Das Ergebnis dieser Befragung ist, dass der besagte Angestellte zwar zu seiner Person und auch zu seiner beruflichen Entwicklung Auskunft gegeben hat, aber nicht bereit war, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu beziehen, da die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen ihn eröffnet hat und er daher sein Recht in Anspruch nimmt, nur dort im Verfahren auszusagen. Die weitere Befragung des kollegialen Umfelds hat keine weiteren Informationen ergeben, bis auf die Befragung des unmittelbaren Vorgesetzten, dem der Bedienstete auf die Vorhaltung, wenn nichts dran sei, könne er dies doch laut und öffentlich sagen, antwortete, dass dies nicht so einfach sei. Der Kultusminister hat im Ergebnis der von ihm veranlassten Befragung den besagten Bediensteten aus dem Öffentlichkeitsreferat in eine Abteilung versetzt und mich zugleich gebeten, ihn bis zur Klärung der Vorwürfe von seinen Dienstaufgaben freizustellen. Als Dienstvorgesetzter im dienstrechtlichen Sinne bin ich der Empfehlung des Kultusministers gefolgt. Der Bedienstete ist seit dem 18. Oktober von seinen Dienstaufgaben freigestellt, die Befragungsprotokolle wurden der Staatsanwaltschaft übersandt.

Der Landesregierung, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist an einer zügigen Aufklärung der infrage stehenden Vorwürfe in hohem Maße gelegen. Sie vertraut dabei auf die Staatsanwaltschaft des Landes und schließt sich daher Verdächtigungen und Vorverurteilungen, wie sie zurzeit im Schwange sind, nicht an.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kehre noch einmal zu einem erwähnten Punkt zurück. Im Zuge der nach den jetzigen Presseveröffentlichungen vor 11 Tagen von mir veranlassten Überprüfung ist zu Tage getreten, dass eine von mir angeforderte CD nicht mehr auffindbar ist. Die Abforderung der CD zu meiner Verfügung, trotz vorhandener Fachreferate, ist ein Fehler. Für diesen Fehler und für das Datenrisiko durch die Nichtauffindbarkeit der CD trage ich die politische Verantwortung. Ich werde deshalb den Ministerpräsidenten bitten, mich aus dem Amt des Thüringer Innenministers zu verabschieden.

Das war der Bericht des Innenministers der Landesregierung. Wird die Aussprache von Seiten der Fraktion gewünscht? Herr Fraktionsvorsitzender Gentzel für die SPD.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe meinen vorbereiteten Redebeitrag auf meinem Platz gelassen, weil sich Ausführungen in der Tiefe nach den letzten Worten des Innenministers erübrigen. Herr Innenminister, Respekt vor den Konsequenzen, die Sie aus diesen Vorgängen gezogen haben. Auch wenn die SPDLandtagsfraktion sagt, es war ein insgesamt zu langer, quälender Vorgang, Sie haben sich Ihrer politischen Verantwortung gestellt und dem gebührt Respekt. Ich danke Ihnen.

(Zwischenruf Abg. Sonntag, CDU: Das hät- ten Sie sicher nicht getan.)

So, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Doch, Herr Fraktionsvorsitzender Ramelow.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, ich hatte tatsächlich angedeutet, dass ich meine Redemeldung zurückziehe. Ich möchte auch inhaltlich zu all dem, was ich notiert habe, nichts mehr sagen. Ich möchte Sie bitten, Herr Ministerpräsident, dass mit Nachdruck alle Fragen, die Herr Köckert jetzt aufgeworfen hat, ermittelt werden. Ich habe mich sehr schwer getan, das ist hier angedeutet worden, mit der Information, die ich von Journalisten durch Hörensagen weitergetragen bekommen habe und ich habe mich sofort an einen Rechtsanwalt gewandt, um mich be

raten zu lassen, ob ich nun Kenntnis von einer Straftat habe oder nicht. Das alles aufzuklären, denke ich, ist eine Aufgabe der Landesregierung und es muss im Interesse der Landesregierung sein, diese Fragestellung jetzt mit Hochdruck zu klären, weil ich glaube, dass eine ganze Reihe von datenrechtlichen Fragen angesprochen worden sind. Sie haben mit Ihrer Bitte, Herr Innenminister, den Weg frei gemacht, zumindest was das politische Ansehen angeht. Ich denke, dass es sich jetzt nicht anschickt, hier im hohen Hause en détail alles zu erörtern, von dem ich glaube, dass Aufklärung im Interesse der Landesregierung und des Freistaats Thüringen notwendig ist, eben auch die Frage, wer alles an der Weitergabe beteiligt war, weil nach meinem Dafürhalten der genannte Pressesprecher alleine nicht dazu in der Lage gewesen ist. In diesem Sinne würde ich die Bitte an Sie, Herr Ministerpräsident, aussprechen, mit entsprechendem Nachdruck die Ermittlungen anzustellen. Ich habe alles, was in meinem Wissen steht, der Staatsanwaltschaft zugänglich gemacht.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sehr ver- spätet.)

Nicht sehr verspätet, Herr Fiedler. Ich habe am 29.07.2002 die Mitteilung bekommen und mir am 01.08.2002 rechtsanwaltlichen Rat geholt. Aber es hat drei Wochen gedauert, bis die Staatsanwaltschaft die Freigabe hatte, mich vernehmen zu dürfen. Verzeihen Sie, ich habe vom ersten Tag an sofort auf mein Aussageverweigerungsrecht verzichtet. Auch wenn heute eine Tageszeitung darüber spekuliert, kann ich nur aussagen, wenn ich aufgefordert werde auszusagen. Ich kann mich nicht irgendwo vor ein Gebäude stellen oder öffentlich darüber schwadronieren, sondern ich kann nur dann aussagen, wenn der Staatsanwalt sich bei mir meldet. Als er sich bei mir gemeldet hat, habe ich innerhalb von 24 Stunden eine Aussage gemacht.

Ich denke aber, dass zur Frage der Weitergabe von Daten von Ihnen, Herr Innenminister, eben eine ganze Menge mit angesprochen worden ist, von dem ich glaube, dass es Not tut, dass solche Pannenwege und Datenwege sich nicht mehr wiederholen. In diesem Sinne hoffe ich darauf, dass tatsächlich nachhaltig Aufklärung betrieben wird, damit sich solche Lecks nicht wiederholen und dass man den fatalen Eindruck gegenüber den Bürgern vermeiden kann, als wenn zum richtigen Zeitpunkt richtige Manöver gefahren werden und Journalisten dazu benutzt werden, an Manövern beteiligt zu sein. Ich glaube, es ist einfach notwendig, die Dinge sorgsam abzustellen und da sind Dateien nicht anders zu behandeln wie jede Geheimschutzakte oder wie jedes Amtsgeheimnis und andere Dinge. In diesem Sinne hoffe ich auf Aufklärung, behalte aber nach wie vor meine Position aufrecht, dass es eine Ermittlungsfähigkeit sein muss, die nicht der Weisungskette unterworfen sein darf. In diesem Zusammenhang spielt es schon eine Rolle, ob es vor einem halben Jahr eine polizeiliche Vernehmung eines Zeugen gegeben hat, wie eine Tageszeitung behauptet, und warum es innerhalb des Ermittlungsverfahrens keine Konsequenzen gegeben hat,

wenn es stimmt, was dort abgedruckt war - es war ja schon seit einem halben Jahr bekannt -, dass es keine Rechner oder keine Daten von dem gestohlenen Rechner geben kann.

In diesem Sinne, denke ich, dass wir die heutige Debatte tatsächlich nicht intensiv weiter fortführen sollten, sondern unsere Bitte an Sie, Herr Ministerpräsident, nach innen hin dafür zu sorgen, dass das Datenleck aufgeklärt und gestoppt wird. Vielen Dank.

Es hat sich zu Wort gemeldet Justizminister Dr. Gasser.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete, ganz so, Herr Ramelow, wie Sie das eben gesagt haben, war es, glaube ich, auch nicht mit den Informationsflüssen, sondern Herr Dr. Dewes hatte angeführt, dass er vor einigen Wochen, nachdem er das sagte, von Ihnen die Information erhalten hatte, dass Sie von Journalisten

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Ich habe der Staatsanwaltschaft erläutert... )

unterrichtet worden sind. Ich frage mich natürlich, warum Sie diese Information nicht unverzüglich nach dem Gespräch mit den Journalisten an die Staatsanwaltschaft weitergegeben haben. Insofern muss ich sagen, diese zeitlichen Abläufe geben natürlich schon Anlass zum Nachdenken.