Meine Damen und Herren, im Bundestagswahlkampf wurde von Unionsseite viel von Entbürokratisierung geredet. Auf Landesebene, wo man selber die Möglichkeit zur Entbürokratisierung hätte, wird genau das Gegenteil gemacht. Ich erinnere nur an die Debatte heute früh zur Regelung für die Kosten des Winterdienstes für Ortsdurchfahrten. Obwohl es einen Vorschlag von uns gab, den der Rechnungshof und der Gemeinde- und Städtebund unterstützt hatten, haben Sie ein Verfahren vorgeschlagen, wo den Kommunen die Kosten erst einmal aufgebürdet und ihnen auf Antrag die Kosten zurückerstattet werden. Man kann sich Verwaltung auch selbst organisieren. Ungenutzte Einsparmöglichkeiten und mangelnde Effizienz innerhalb der Verwaltung führen automatisch dazu, dass natürlich der Einspardruck auf andere Haushaltsbereiche größer wird. Dafür trägt die Landesregierung die Verantwortung. Sie hat durch ihre Reformunfähigkeit die Chance vertan, Kahlschläge in wichtigen Bereichen des Landeshaushalts zu vermeiden. Dazu kommen dann noch - natürlich - ideologische Scheuklappen. Das führt dazu, dass die
Axt in einzelnen Bereichen besonders geschwungen wird. Ein Bereich, den es besonders hart trifft, ist die Arbeitsmarktförderung, die nun endgültig zerschlagen wird. Das Landesarbeitsmarktprogramm wird in den Jahren 2003 und 2004 mit jeweils 6,3 Mio. ( ! " ein Zehntel des Ansatzes von 1999, als wir noch in Mitverantwortung waren. Damit dürfte die Umsetzung bzw. ergänzende Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durch das Land faktisch entfallen. Letztlich können so Mittel der Bundesanstalt für Arbeit in Thüringen ebenfalls nicht oder nur reduziert eingesetzt werden, weil viele Kommunen und sonstige Träger unter diesen Bedingungen keine ABM mehr durchführen können. Geld, was nach Thüringen fließen könnte, geht an Thüringen vorbei.
Im Programm "Arbeitsförderung Ost" erfolgt eine Reduzierung des Ansatzes auf nunmehr jeweils 46,2 Mio. in den Jahren 2003 und 2004. Im Vergleich: 1999 wurden in diesem Bereich noch 114,8 Mio. gegeben. Gefährdet sind damit insbesondere Umsetzungen von Strukturanpassungsmaßnahmen, die Förderung von Dauerarbeitsplätzen in Unternehmen und die Förderung von älteren Arbeitnehmern über fünfzig Jahre. Auch hier wird die Möglichkeit vertan, insbesondere ältere Menschen in Arbeit zu bringen. Bundesmittel werden nicht in Anspruch genommen, Kaufkraft geht verloren. Ich rede nicht einer uneingeschränkten Fortführung der Arbeitsmarktförderung in der bisherigen Form das Wort. Man muss ehrlich konstatieren, dass in der Vergangenheit nicht alle Maßnahmen hohe Qualitäts- und Effizienzmerkmale aufwiesen.
Hinzuweisen bleibt aber auf die starke und unmittelbare Entlastung des Arbeitsmarkts. Man muss feststellen, dass die Steigerung der Arbeitslosenzahlen in Thüringen seit 1999 ausschließlich auf den Abbau der Arbeitsmarktförderung durch die Landesregierung zurückgeht. Die Landesregierung hat durch ihre Arbeitsmarktpolitik 25.000 Arbeitsplätze vernichtet, ohne die viel zitierte "Brücke in den ersten Arbeitsmarkt" zu konstruieren oder gar aufzustellen. Nicht vergessen dürfen wir dabei auch die anhängigen strukturellen Probleme bei einer solchen Verhaltensweise. Sozialeinrichtungen werden abgewickelt, Jugendklubs geschlossen, Kulturvereine lösen sich auf. Der Ministerpräsident des Saarlands nennt dieses richtigerweise das Fehlen jeder sozialen Kompetenz. Dieser Einschätzung aus ihren eigenen Reihen ist nichts hinzuzufügen.
Andere Bereiche sind aber nicht minder betroffen. So steht Thüringen, werden die Pläne der Landesregierung Gesetz, eine Fahrpreiserhöhungswelle bzw. eine Ausdünnung des Liniennetzes im Bereich des ÖPNV bevor. Die Kürzungen müssen schon als dramatisch angesehen werden. Sie
erreichen ein Volumen von mehr als 20 Mio. fast 40 Prozent der bisherigen Mittel. Bezieht man die Kürzungen der im KFA veranschlagten Zuweisungen in die Kosten der Schülerbeförderung ein, die zu einem Teil auf den Rückgang der Schülerzahlen zurückgehen mögen, sieht es noch dramatischer aus. Umwelt- und verkehrspolitische Ansätze werden auf dem Altar von Kürzungsminister Trautvetter geopfert. Im Bereich der Schulen nichts Neues, nichts anderes als in den vergangenen Jahren.
Auf der Basis eines zweifelhaften Personalkonzepts werden weiter Stellen abgebaut - über 2.300. Dass die Thüringer Schulen überhaupt noch funktionieren wie sie funktionieren, ist eigentlich nur noch dem großen Einsatz vieler Thüringer Lehrer zu verdanken. Ihnen möchte ich an dieser Stelle für diesen Einsatz danken.
Von den im Personalbereich in erheblichem Umfang eingesparten Mitteln, nämlich über 53 Mio. + ! Cent zur Verbesserung der Schulqualität eingesetzt.
Das steht in klarem Widerspruch zu den aus PISA abgeleiteten Konsequenzen für das Thüringer Schulsystem.
Ca. 45 Prozent aller Einsparungen in diesem Haushalt treffen so den Bildungsbereich und das nach allen Schwüren zur PISA-Studie. Sie sollten sich schämen!
Versteckt im kommunalen Finanzausgleich, aber dem Schulbereich zuzuordnen ist die Kürzung der Landeszuschüsse für die Schulspeisung, die dann 2004 ganz abgeschafft werden sollen. Ist nicht die Schulspeisung auch eine Voraussetzung, um Ganztagsangebote in den Schulen auszubauen? Nicht ganz neu, aber in diesem Umfang in Thüringen bisher unbekannt, ist die Entdeckung der Verbeamtung als Einsparinstrument. Fast 5.000 Lehrer sollen im kommenden Jahr verbeamtet werden.
Wenn der Finanzminister ehrlich wäre, würde er die laufenden Einsparungen, wie das die Kommunen in ähnlicher Weise tun, dem Pensionsfonds zuführen. Aber so weit geht die haushaltspolitische Konsequenz unseres sehr verehrten Herrn Trautvetter dann doch nicht. Der Plan zeigt an vielen Stellen ohnehin, dass es mehr auf den haushaltspolitischen Schein als auf das Sein ankommt.
Beispiel Sondervermögen "Verbesserung wasserwirtschaftlicher Strukturen": Dem Einfallsreichtum des Finanzministers sind nun hier wirklich keine Grenzen mehr gesetzt.
Das muss man sich einmal vorstellen, aus 286 Mio. Schulden macht Trautvetter noch ein "Sondervermögen".
Wenn so etwas der Eichel gemacht hätte, hätten Sie und die gesamte CDU-Riege ihm Scheinbuchung und verdeckte Verschuldung vorgeworfen. Aber so macht es der Meister ja selbst.
Man kann es auch anders sagen: Jeder hat halt seine eigenen Maßstäbe und die gelten dann nur für einen selbst. Hinsichtlich der Finanzierung dieses "Sondervermögens" und der Kostenvergleichsrechnungen zwischen alternativer und herkömmlicher Haushaltsfinanzierung wird es noch die eine oder andere Frage während der Ausschussberatungen geben. Vieles lässt der Haushalt in seiner jetzigen Form dann noch offen. Den Beweis, ob das Ganze wirklich funktioniert und auch noch nach zehn Jahren Bestand haben kann, ist die Landesregierung bis heute sowieso noch nicht angetreten.
Nach wie vor befürchten wir den Einstieg in eine Privatisierung der Fernwasserversorgung. Ähnlich verhält es sich mit der angekündigten Einführung von Studiengebühren für Langzeitstudenten. Auch hier gibt es unsererseits Befürchtungen, dass dies nur der Einstieg in eine generelle Einführung von Studiengebühren ist. Wehret den Anfängen, kann ich da nur sagen. Wir wollen kein System, in dem der Bildungsweg eines jungen Menschen vom Portemonnaie der Eltern abhängt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind uns in diesem Hause einig, dass dem Aufbau und der Sicherung einer breiten Forschungsinfrastruktur in Thüringen für die weitere Entwicklung unseres Landes eine herausragende Bedeutung zukommt. Der Einigkeit im Wort fol
gen aber durch die Landesregierung nur halbherzige Taten. Wieder sollen in den folgenden zwei Jahren Landesmittel aus dem Bereich wirtschaftsnahe und Grundlagenforschung abgezogen werden. So wird der Abbau der letzten Jahre fortgesetzt, auch wenn versucht wird, mit EFREMitteln einiges dieser Kürzungen zu kompensieren.
Damit werden den Hochschulen des Landes wichtige, auf andere Weise nicht zu kompensierende Forschungsmittel entzogen. Der von Frau Schipanski verkündete Zukunftspakt mit den Hochschulen erweist sich schon zu Beginn als Farce. Kaum bewertbar ist die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben bei den Hochschulen. Auch hier werden wir in den Haushaltsberatungen Analysen anstellen, Fragen stellen und Ansätze vergleichen.
Meine Damen und Herren, besonderes Augenmerk wurde von Seiten der SPD-Landtagsfraktion schon immer auf die Finanzausstattung der Thüringer Kommunen gelegt. Das hat die Landesregierung auch immer getan, allerdings zunächst immer bei den Kürzungsmaßnahmen. Auf den ersten Blick scheint dies bei dem nun vorgelegten Haushalt anders zu sein. Positiv wirkt sich hier zum ersten Mal die Regelung aus, wonach die Kommunen an einer Reduzierung der Steuerverbundquote nur zur Hälfte beteiligt werden. Allerdings mussten sich die Kommunen das teuer erkaufen. Für diese Regelung bezahlten sie, da parallel zur damaligen Gesetzesänderung die Mittel innerhalb des KFA drastisch gekürzt wurden.
Die Kommunen kommen beim jetzt diskutierten Doppelhaushalt nicht ungeschoren, aber im Gegensatz zu den anderen Bereichen noch relativ glimpflich davon. Ganz ehrlich ist aber die Landesregierung auch hier wieder nicht. So werden im Kommunalen Finanzausgleich zwei neue Haushaltstitel installiert, die letztlich das Ausgabevolumen des KFA weiter einschränken. Ich spreche hier von der Winterdienstregelung für Ortsdurchfahrten und vom neuen Haushaltsansatz für die Schulsozialarbeit.
Obwohl dies 100 Prozent kommunale Mittel sind und kein Cent zusätzliches Geld für die Einführung der Schulsozialarbeit in die Hand genommen wird, feiert sich der Kultusminister Krapp nun schon seit Wochen in den Medien. Vielleicht, weil man sonst nichts erreicht hat in seinem Ressort, dann muss man es halt so machen.
Ein Bereich, in dem die Kommunen mittelbar, aber auch unmittelbar tätig sind, ist der Tourismus. Obwohl für den Freistaat von größter Bedeutung, wird er seit Jahren sehr stiefmütterlich behandelt. Ganze 7,3 Mio. /* rismus dem Thüringer Wirtschaftsminister wert. Nur zum Vergleich und zur Meinungsbildung: Die Chaotenkampagne "Willkommen in der Denkfabrik" ist insgesamt mit 3 Mio. ( ! , ! ! ! Stelle nichts hinzuzufügen.
Wie in den Vorjahren nutzt die Landesregierung auch in den Haushaltsjahren 2003 und 2004 höhere Zuweisungen vom Bund und von der EU, um Landesmittel zu kürzen. Der gewünschte Effekt der zusätzlichen Förderung verpufft so wirkungslos. Besonders drastisch passiert das in den Folgejahren beim "Stadtumbau Ost", wo sich das Land nur noch auf eine Gegenfinanzierung der Bundesmittel beschränkt.
Eine zusätzliche Sparbüchse könnte sich für den Finanzminister aus der Städtebauförderung ergeben. Die Erhöhung des kommunalen Mitfinanzierungsanteils wird nicht gerade für einen besseren Mittelabfluss der vorhandenen Gelder sorgen. Aber gerade die Städtebauförderung kommt wie auch die Dorferneuerung insbesondere den kleinen Handwerksfirmen vor Ort zugute, genau die Gruppe, für die die CDU immer vorgibt, sich besonders einzusetzen. In Thüringen ist das Gegenteil der Fall.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Anfang intensiver Haushaltsberatungen. Ich bin mir bewusst, dass ich nur einige Schwachpunkte des Haushalts konkret benannt habe. Ich könnte an dieser Stelle noch die globale Minderausgabe im Bereich der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" nennen, die nichts anderes als eine kosmetische Buchung ist. So hebt man halt die Investitionsquote über 20 Prozent. Auch der staatliche Hochbauhaushalt ist dahingehend zu überprüfen, ob daraus überhaupt noch etwas anderes finanziert wird als Leasingraten. Das ist insbesondere dann auch in einem Hinblick für uns wichtig, es geht uns nämlich dabei um wichtige Verbesserungen im Polizei- und Justizbereich. Wir hätten ja eine Chance gehabt, meine Damen und Herren, andere Zeichen zu setzen in dieser Richtung. Mit der Insolvenz von Holzmann waren wir ja aus dem Vertrag gelöst, was den komplexen Neubau des Thüringer Landtags betrifft. Und an dieser Stelle auf einen neuen Plenarsaal zu verzichten und dafür vielleicht eine PI herzurichten oder etwas anderes, ich glaube, das wäre das richtigere Signal hier aus dem Thüringer Landtag gewesen.
Aber man liest ja mittlerweile, dass das ganz anders geht. Der CDU-Fraktion reicht eine Turnhalle nicht für ihre Fraktionsräume, da wird halt noch ein Groschen draufgelegt.