Protocol of the Session on September 12, 2002

(Beifall bei der CDU)

Das ist ja ungeheuerlich, was Sie hier von sich geben, Frau Nitzpon.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das ist jetzt Wahlkampf.)

Da bitte ich sehr genau hinzuhören. Frau Nitzpon hat hier öffentlich erklärt, dass sie eine andere Gesellschaft will.

(Zwischenruf Abg. Zitzmann, CDU: Ja, hat sie gesagt.)

Das, meine Damen und Herren, sollte man sich wirklich zu Gemüte führen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Kinderfreundlich und nicht so zynisch, wie Sie jetzt reden.)

Ich bin überhaupt nicht zynisch. Wenn es hier einen Zyniker gibt, dann sind Sie es, Herr Ramelow.

(Beifall bei der CDU)

Das muss man an dieser Stelle auch einmal sagen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS:... Bundeswehr.)

Ja, sie hat doch gesagt - haben Sie nicht zugehört?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Ja, als es um die Kosten ging.)

Hören Sie nicht einmal bei Ihren eigenen Leuten zu?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS:... weil es um das Geld geht, das der Staat vorlegt.)

Ach, erzählen Sie doch keinen Quark.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS:... Das interessiert Sie überhaupt nicht. Nein, Sie haben nicht zugehört.)

Herr Ramelow, Sie müssen richtig hinhören und Sie müssen nicht die Inhalte der Reden hier verdrehen und den Leuten das Wort im Munde herumdrehen.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe sehr genau zugehört und ich habe gesagt, wovon ich mich ausdrücklich distanziere.

Meine Damen und Herren, Kinder sind Reichtum einer Familie. So hieß es vielleicht einmal, weil Kinder nämlich auch Altersabsicherung waren. Erstens bin ich sehr froh, dass Kinder heute nicht mehr Altersabsicherung für unsere ältere Generation sein müssen. Dennoch sind Kinder der Reichtum auch einer Gesellschaft

(Beifall bei der CDU)

und wir müssen uns mit aller Konsequenz darum kümmern. Aber bei der Einbringungsrede von Ihnen, Frau Fischer, habe ich eher den Eindruck gehabt, dass es um ein Förderprogramm für allein Erziehende geht. Darüber können wir uns ja unterhalten. Aber es geht bei dem Unterhaltsvorschuss eben nicht um ein Förderprogramm für allein Erziehende, sondern es geht eben um eine Vorschussleistung des Staates,

(Beifall bei der CDU)

eine Vorschussleistung dafür, dass es eben Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die ihrer Verpflichtung nicht nachkommen. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass allein erziehende Elternteile eben einer erhöhten Belastung ausgesetzt sind, die sich insbesondere bei Ausbleiben von Unterhaltszahlungen

(Beifall Abg. Tasch, CDU)

auch bis zu einer wirtschaftlichen Notlage steigern kann. Dafür steht der Staat, für diesen Zwischenraum. Für die

sen Zwischenraum steht der Staat ein. Wenn Sie beklagen, dass es nur 72 Monate sind, meine Damen und Herren, 72 Monate sind immerhin sechs Jahre. Ich erwarte eigentlich, dass innerhalb von sechs Jahren Unterhaltsregelungen geregelt sind und dass bis dahin auch jemand bereit ist, seine Unterhaltsverpflichtungen zu übernehmen. Meine Damen und Herren, dieser Unterhaltsvorschuss ist ganz einfach eine schnelle wirtschaftliche Hilfe für die Fälle, in denen eben Unterhaltsansprüche häufig auch durch lang dauernde Verfahren durchgesetzt werden müssen. Es soll - und darauf will ich noch einmal hinweisen - damit keineswegs der Unterhaltspflichtige von seiner gesetzlichen Pflicht entlastet werden. Leider häuft sich die Zahl der Fälle, in denen Unterhaltsvorschussleistungen zu Unterhaltsausfallleistungen werden. Das kann aber nicht Sinn und Zweck der Unterhaltsvorschussleistung sein. Tatsache ist, dass Unterhaltsentzug gesellschaftlich als Ächtnis und keinesfalls als so genanntes Kavaliersdelikt zu sehen ist.

(Beifall bei der CDU)

Die Länder haben seit vielen Jahren gemeinsam mit dem Bund einen Handlungsrahmen entwickelt, der eine Vielzahl von Möglichkeiten geschaffen hat, säumige Unterhaltsschuldner zur Erstattung heranzuziehen und unter Sanktionen zu stellen, und dieser Rahmen ist ja in den letzten Jahren auch ausgeweitet worden. Folgerichtig ist Unterhaltsentzug ein Straftatbestand.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, soweit jedoch der Staat mit der Zahlung von Minimalunterhalt an Kinder allein erziehender Elternteile in Vorleistung für den eigentlichen Unterhaltsschuldner geht, ist es erforderlich, dass die auf das Land übergegangenen Ansprüche nach diesem Gesetz auch mit Nachdruck verfolgt werden.

(Beifall bei der CDU)

Eine Steigerung des Rückholens konnte in den vergangenen Jahren nur in geringem Prozentsatz erreicht werden. So beliefen sich, es ist schon angeführt worden, im Jahr 2001 allein in Thüringen die Ausgaben auf rund 20 Mio. * denen nur Einnahmen in der Größenordnung von 3,2 Mio.   genüberstanden. Sie wissen, wir haben den kommunalen Gebietskörperschaften einen Anreiz gegeben, es sind damit mehr Rückgriffe möglich geworden. Aber, meine Damen und Herren, es ist auch seit dem Jahr 2000 erstmalig, dass sich die Kommunen mit beteiligen. Denn der Bund hat sich mit Wirkung zum 1. Januar 2000 aus seiner bisherigen Finanzierungsverpflichtung zurückgezogen, indem er seinen bisherigen hälftigen Kostenanteil - und übrigens ohne Übergangsregelung - auf ein Drittel reduziert hat und damit zwei Drittel auf Land und Kommunen abgedrückt hat.

Meine Damen und Herren, sehr verehrte Frau Nitzpon, Ihrem Antrag kann ich als zuständiger Fachminister - auch

wenn manches vielleicht wünschenswert wäre - aber nicht folgen. Eine Erweiterung des Unterhaltsvorschussgesetzes würde eine nicht überschaubare Kostensteigerung mit sich bringen, die von der öffentlichen Hand abgedeckt werden muss. Bisher stehen Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und höchstens 72 Monate. Allein bei einer Zahlung von Leistungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr und bei einer Verdopplung der Bezugsdauer gehen vorsichtige Schätzungen von einer Verdreifachung der bisherigen Ausgaben aus. Ganz zu schweigen von dem sehr kostenrelevanten Verzicht auf Begrenzung der Bezugsdauer. Dann wird das Ganze unüberschaubar.

Meine Damen und Herren, der Antrag zeigt, dass es für Thüringen und die Landesfinanzen von Vorteil ist, dass Ihre Partei nicht in Regierungsverantwortung ist, denn Sie gehen etwas sehr leichtfertig mit dem Geld um. Wenn Sie sagen, Sie wollen, dass das Geld keine Bedeutung mehr hat, Herr Ramelow, dann muss man es so machen, wie Sie es früher gemacht haben, dann muss man es drucken. Dann hat es in der Tat keine Bedeutung mehr.

Meine Damen und Herren, ein stärkeres Engagement des Bundes übrigens kann auch nicht erwartet werden, wenn erst vor zwei Jahren eine Neuregelung der Finanzierung beschlossen worden ist. Zumindest unter dieser Bundesregierung, bin ich mir sicher, wird es keine Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes mehr geben. Da ist die Landesregierung bestrebt, die vielfach unbefriedigende Situation von allein Erziehenden durch Einführung dessen, was wir als Familiengeld bezeichnen, auf Bundesebene zu verbessern

(Beifall bei der CDU)

und dadurch übrigens auch - weil das einkommens- und erwerbsunabhängig ist - die durch die Steuerreform bedingte Schlechterstellung der allein Erziehenden wieder zu verbessern.

(Beifall bei der CDU)

Auch müssen die Möglichkeiten verbessert werden, zahlungswillige Unterhaltsschuldner konsequenter als bisher heranzuziehen. Ich hoffe, dass uns dieses gelingt.

Meine Damen und Herren, ich kann diesem Antrag beim besten Willen nicht zustimmen, weil ich nicht sehe, dass er erstens umsetzbar ist und weil er zweitens zu finanziellen Belastungen führt, die nicht überschaubar sind.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Aber das Familiengeld im Wahlkampf fordern, Familien- geld fordern, Ihre Partei, alles versprechen...)

(Unruhe bei der PDS)

Ja, da sieht man mal wieder, Herr Ramelow, Sie passen nicht auf, wenn es um Politik geht, das Familiengeld ist bei der CDU weit länger als im Wahljahr schon in der Diskussion.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das ist Zynismus.)

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, es ist auch keine Ausschussüberweisung beantragt worden. Ich schließe die Aussprache. Es ist der Antrag gestellt worden auf namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln - namentliche Abstimmung zum Antrag der PDS-Fraktion, Bundesratsinitiative der Landesregierung zur Schließung von Lücken im Unterhaltsvorschussrecht, in Drucksache 3/2634.

Hatte jeder die Möglichkeit, seine Stimmkarte abzugeben? Das ist der Fall, dann bitte ich um das Auszählen.

Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt vor. In namentlicher Abstimmung wurden 69 Stimmen abgegeben, mit Ja haben 15 gestimmt, mit Nein haben 54 gestimmt. Damit ist der Antrag abgelehnt (namentliche Ab- stimmung siehe Anlage 3).