Protocol of the Session on May 24, 2002

Für die Landesregierung hat sich Minister Köckert zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, so viel wie im letzten Jahr haben wir noch nie über den Wohnungsbau in diesem Hause diskutiert. Es vergeht kaum eine Landtagssitzung, in der wir uns nicht in unterschiedlichen Fragestellungen diesem wichtigen Problemfeld zuwenden. Ich bin dem hohen Haus sehr dankbar, dass es sich dieser Thematik immer wieder annimmt. Es ist ja nicht oft, dass auch die Oppostionsparteien gerade ein Thema aufrufen, bei dem die Landesregierung gut dasteht,

(Beifall bei der CDU)

weil sie wirklich in den letzten Jahren hier kontinuierlich sehr gute Arbeit geleistet hat.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Welche Bescheidenheit.)

Das Ergebnis, was wir alle sehen können in diesem Land, spricht für sich, und zwar positiv für sich. Ich bin Frau Doht sehr dankbar für die Hinweise, die sie gegeben hat. Wir werden sie sicher auch noch auswerten. Wenn auch nicht alles stimmig erscheint, Landesbürgschaften für Wohnungsunternehmen, wir haben ja die Aufbaubank und die prüft die Dinge in der Tat und wir helfen dort, wo wir helfen können. Allerdings muss eben die dauerhafte Konsolidierung dieser Wohnungsunternehmen gewährleistet sein, denn sonst hätten wir schlechtem Geld gutes hinterhergeworfen. Das können wir nicht und das wollen wir auch nicht. Die Eigenheimförderung ist konzentriert worden. Nur haben wir uns erlaubt, sie noch in einer Art und Weise zu konzentrieren, die bisher hier nicht angesprochen wurde. Wir konzentrieren sie auf kinderreiche Familien und nicht mehr auf jeden. Wir haben also auch den Personenkreis noch einmal eingeengt.

Zu den Thüringer Büros, Architekturbüros, die einzubeziehen sind, muss gesagt werden, wenn sie sich mit den

Architekten unterhalten und mit den Architekturbüros, die hier arbeiten, dann fragen Sie doch bitte auch danach, wie viel Thüringer Architekten

(Beifall bei der CDU)

und Ingenieure stellen diese Büros ein. Ist es nicht oft so, dass ein Thüringer Büro mit einem aus den alten Ländern kooperiert, weil sie nur so in der Lage sind, auch ihre Arbeit in der Breite, wie sie heutzutage nötig ist, durchzuführen?

(Zwischenruf Abg. Ellenberger, SPD: Was?)

Hier gibt es mehr Miteinander, als man aus Ihren Ausführungen jetzt entnehmen konnte. Insofern stimmen Ihre Prozente, die Sie bei den Aufträgen angaben, hier auch nicht, was die letzten Jahre betrifft.

(Zwischenruf Abg. Ellenberger, SPD: Das haben Sie doch selber so eingetragen.)

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage durch Frau Abgeordnete Doht?

Ja, bitte.

Bitte, Frau Abgeordnete.

Herr Minister, Sie sagten, die Prozente stimmen nicht. Die Prozente habe ich aus der Antwort auf die Große Anfrage entnommen. Dann stimmt das nicht, was mir die Landesregierung geantwortet hat.

Nein, es stimmt nicht, wie Sie diese Sache auslegen, weil Sie den Eindruck erwecken, als wären das nun alles westdeutsche Architekten, die hier tätig werden, derweil sind es hiesige, Thüringer, die in diesen Büros mitarbeiten. Insofern ist diese Auslegung, die Sie bringen, sehr kurzschlüssig. Ich verstehe ja, dass Frau Ellenberger hier auch noch etwas beiträgt, weil sie vom Fach ist, und dann können wir ganz gern im Ausschuss diese Dinge etwas differenzierter noch betrachten. Nur gegen diese kurzschlüssige Herübernahme und Schlussfolgerung

(Zwischenruf Abg. Ellenberger, SPD: Aber Sie müssen sich doch einmal schlau machen, Herr Minister.)

wollte ich mich wenden. Ich bin natürlich gern bereit, Frau Ellenberger, von Debatte zu Debatte klüger zu werden.

(Zwischenruf Abg. Ellenberger, SPD: Ja,...)

Wir sollten uns das in diesem Hause gegenseitig zugestehen. Ich hoffe ja auch, dass Sie, als Sie hier vorn standen, immer wieder etwas dazugelernt haben. Das meine ich jetzt ganz ernst, das meine ich jetzt wirklich ganz ernst, wenn wir uns das nicht gegenseitig zugestehen, sind wir wirklich arme Säcke. Das sollten wir nicht sein, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit im Hause)

Frau Sedlacik, lassen Sie mich, bevor ich zum Text komme, auch noch zu Ihnen kurz ein paar Worte sagen. Wenn Sie doch aufhören würden, wenn Sie es ankündigen. Sie wollten aussteigen aus dieser Diskussion, aber Sie haben dann weiter gemacht und weiter gemacht. Dann sage ich Ihnen, wenn Sie für eine angeblich desolate Situation die Regierung verantwortlich machen, die Regierung steht in Verantwortung, die Geburtenrate wäre so gering, dann nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir in den letzten Jahren einen kontinuierlichen Anstieg der Geburtenrate haben.

(Beifall bei der CDU)

Wenn dafür auch die Regierung Verantwortung trägt, ist das in Ordnung.

(Heiterkeit bei der CDU)

Denn das zeigt, meine Damen und Herren, die Thüringerinnen und Thüringer sehen offensichtlich - und das ist statistisch an der Geburtenrate nachweisbar, wenn ich jetzt Ihre Schlussfolgerung weiterziehe - für sich und ihre Kinder Zukunftschancen in diesem Land.

(Beifall bei der CDU)

Das können wir uns doch nicht kleinreden lassen, meine Damen und Herren.

Was die Haushaltskonsolidierung betrifft und die Diskussion, die wir hier darüber zu führen haben, dann, glaube ich, hat der Wohnungsbau nicht die schlechteste Bedienung erfahren in den letzten Jahren. Nur dass wir bitte schön nicht Ihren Vorschlägen zur Haushaltskonsolidierung nachgeben können, weil sie keine Konsolidierungsvorschläge sind, das haben wir doch in der Debatte zum letzten Nachtragshaushalt deutlich vor Augen geführt bekommen. Wohin Ihre Prognosen führen, die Sie haushaltsmäßig hier in diesem Haus darbieten, dann hätten wir jetzt nicht nur ein Steuerloch von 400 Mio.   hätten wir ungefähr im Effekt, wenn wir Ihre Vorschläge zum Haushalt vollzogen hätten, jetzt ein Minus von ungefähr 800 Mio.    lose Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage durch Frau Abgeordnete Sedlacik?

Sie wollte sich eigentlich ausklinken. Aber klinken Sie sich wieder ein, Frau Sedlacik.

Bitte, Frau Abgeordnete.

Bevor ich meine Frage stelle, möchte ich es richtig stellen. Ich wollte mich ausklinken aus der Wirtschafts- und Haushaltsdebatte, weil wir ja heute zum Stadtprogramm reden. Ich komme zu meiner Frage: Herr Minister, warum reden Sie jetzt eigentlich immer das Land schlecht, es ist doch auch Fakt

(Heiterkeit im Hause)

ja, er redet von Steuerlöchern, wo wir ja alle letzten Endes reinfallen. Löcher sind ja dazu da, um reinzufallen - und darauf hat auch die PDS-Fraktion immer hingewiesen, dass immerhin noch 6 Mrd.    !!3 in diesem Land zur Verfügung stehen. Das müsste man vielleicht der Ehrlichkeit halber auch sagen. Es ist nicht so, dass viel, viel weniger Geld da ist, mit dem man nichts anfangen kann.

(Unruhe bei der CDU)

Es stehen gegenüber der Entwicklung des Jahres 2001 genau 6 Mrd.   !! 4*gung. Das ist auch Fakt.

Frau Sedlacik, Sie reden, wie Sie es verstehen, und da merkt man, wie Sie reden, dass Sie es nicht verstehen. Entschuldigung, wenn ich das so deutlich sage.

(Beifall bei der CDU)

Sie meinen wahrscheinlich das Bundesprogramm in diesem Bereich, was eine bestimmte Dotation hat, aber die zieht sich über Jahre hinweg. Das sind die Bundesanteile,

(Zwischenruf Abg. Dr. Koch, PDS: Nein, Sie verstehen es nicht.)

die über Jahre hinweggehen. Insofern - bitte, ich wäre dankbar, wenn wir diese Sache dann auch in dem Ausschuss

behandeln können, dann können wir uns gegenseitig diese Zahl noch mal vorlegen. Diese 6 Mrd. werden über Jahre gerechnet und stehen nicht im Jahr 2002 allein zur Verfügung.

(Zwischenruf Abg. Dr. Koch, PDS: Nein, das ist falsch.)

Meine Damen und Herren, Städtebau und Wohnungsbau in Thüringen befinden sich im Umbruch. Das ist von all den Rednern hier auch entsprechend zum Ausdruck gebracht worden. Anhaltender drastischer Bevölkerungsrückgang - und der wird auch in den nächsten zehn Jahren noch bestimmend sein, das ist gestern ausführlich diskutiert worden - hat mit dazu beigetragen, dass wir vor erheblichen Leerständen stehen. Der Wohnungsmarkt ist nicht mehr von einem Wohnungsnotstand geprägt, sondern von einem Wohnungsleerstand. Stadtentwicklung ist deshalb eine Reaktion heute auch auf die Schrumpfung im Wohnungsmarkt und sie ist deshalb als Stadtumbau zu verstehen. Mehr Stadt für weniger Bürger - diese Fragestellung, die wir vor anderthalb Jahren ungefähr das erste Mal gestellt haben und die wir diskutiert haben, das ist die entscheidende Frage des Stadtumbaus geworden. Dafür brauchen wir Leitbilder. Die Landesregierung unterstützt die Kommunen bei der Entwicklung solcher Leitbilder. Ganzheitliche städtebauliche Rückbaustrategien sind notwendig und Stadtumbau soll eben nicht Stadtvernichtung sein, sondern in der Reurbanisierung unserer Städte liegt ein riesiges Investitions-, aber eben auch vor allen Dingen Innovationskapital. Die Etappe der Stadtreparatur, die die 90er-Jahre geprägt hat, geht zu Ende und sie fließt über in die Etappe des Stadtumbaus. Stadtumbau ist deshalb nicht eine Crux, ein Elend, mit dem wir uns auseinander setzen müssen, sondern es ist eine große Chance zum Aufbau neuer qualitätsvoller Wohngebiete und Stadtstrukturen. Diese Chance ist uns gegeben, nun auch mit einigen Sünden der Vergangenheit aufzuräumen und etwas Neues zu schaffen.

Wir haben hier ja in Thüringen durch unsere Tradition, es wurde die Bauhaus-Universität genannt, gerade durch unsere Tradition eine besondere Verpflichtung zur Weiterentwicklung der Baukultur. Wir müssen die gebaute Umwelt, die unmittelbar die Lebensqualität mit prägt, das ZilleZitat ist ja genannt worden, hier entsprechend auch würdigen. Baukultur ist ein nicht unerheblicher Standortfaktor. Deshalb werden wir die bundesweite Initiative Architektur und Baukultur mit vorantreiben. Mit eigenen Programmen wie die "Thüringer Innenstadtinitiative" oder "junges Wohnen in den Innenstädten", mit dem Wohnungsmarktstabilisierungsprogramm sowie mit dem Stadtumbau Ost wollen wir auch die Innovationen im Stadtumbau fördern. Da ist ein Bestandteil, Frau Doht hat es angesprochen auch noch als Forderung, die differenzierte Wohnraumförderung. Die Sicherung des Bestandes hat derzeit Vorrang vor Neubauten. Kerngebiete oder Stadtinnenräume genießen den Vorzug vor dem Umland. Deshalb betreiben wir seit dem letzten Programmjahr eigentlich schon, und dieses Jahr noch mal ausgeprägter, eine

Wohnraumförderung nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip, wie es in den 90er Jahren der Fall war, sondern die Fördermittel werden mit den Regionalplanungen abgestimmt und der Stadtumbau wird entsprechend auch durch Begleitforschung ergänzt.

Eines der Kernpunkte des Stadtumbaus heißt Innenstadtentwicklung. Wir haben bereits im vorherigen Jahr, im Jahr 2001, mit einem Wohnungsmarktstabilisierungsprogramm hier in Thüringen Akzente setzen können. Die Bundesregierung hat, und das muss man der Ehrlichkeit halber sagen, nach langem Drängen von Sachsen und Thüringen das "Stadtumbauprogramm Ost" auf den Weg gebracht und damit haben wir als Länder, als neue Bundesländer nun endlich berechenbare Finanzierungszusagen bekommen, mit denen wir weiterarbeiten können. Der Bund hat leider nicht zusätzliches Geld aktiviert, sondern er hat mit diesem Programm im gedeckelten Finanzierungskorsett interne Umschichtungen vorgenommen. Es kommt also bei dem Bundesprogramm kein zusätzlicher Euro in die neuen Länder, sondern es ist anderswo gekürzt und umgeschichtet worden.