Protocol of the Session on May 23, 2002

Ich glaube, ich kann die Aussprache schließen. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden, demzufolge werden wir über den Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 3/2351 abstimmen. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Das ist eine Mehrheit. Stimmenthaltungen? Es gibt einige Stimmenthaltungen, eine Reihe von Jastimmen, aber eine Mehrheit von Gegenstimmen gegen den Antrag der Fraktion der SPD. Damit ist dieser abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 8

Unruhe im Katasterwesen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/2352

Abgeordneter Pohl, SPD-Fraktion, übernimmt die Begründung.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund vieler Ankündigungen und einer recht obs

kuren Informationspolitik der Landesregierung zur Umstrukturierung der Thüringer Katasterämter und großer Unsicherheit sowohl unter den Mitarbeitern der Katasterämter als auch der ÖBVI haben wir den Antrag zur Berichterstattung gestellt. Wir wollen auch im Interesse der Beschäftigten beider Bereiche Klarheit über die geplante Neustrukturierung der Thüringer Katasterämter bekommen.

Meine Damen und Herren, zur Situation: Mit dem InKraft-Treten des Haushaltsgesetzes von 1997 bildeten die 35 Katasterämter in Thüringen einen Landesbetrieb, aber auch spätestens seit dieser Zeit gibt es erhebliche Differenzen zwischen dem Landesbetrieb und den ÖBVI. Am 04.04.2001 begann die WIBERA-Unternehmensberatung mit der Erarbeitung eines Gutachtens über die Thüringer Kataster- und Vermessungsverwaltung. Hier sollten meines Erachtens Aussagen und Lösungsvorschläge zu einer optimalen Aufgabenerfüllung getroffen werden, das natürlich unter Berücksichtigung auch der Tätigkeit der 80 im Freistaat tätigen Büros der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, die natürlich auch einen wichtigen und entscheidenden Platz

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Herr Pohl, 78.)

- 78, ich danke Ihnen, Kollege Fiedler - einnehmen. So ist die Zusammenarbeit, Kollege Fiedler.

Dieses ca. 350.000 DM teure Gutachten liegt, glaube ich, in seiner ersten Fassung seit Februar dieses Jahres vor. Gerüchteweise soll es aber große Schwächen aufweisen und mittlerweile soll es wohl schon eine sechste oder siebte Version geben. Wir wissen selbstverständlich, dass die wirtschaftliche Situation mit einem Rückgang der Vermessungsaufträge verbunden ist. Nun ist es aber auch dringend geboten, besonders aus wirtschaftlichen Aspekten und auch im Interesse der Beschäftigten beider Seiten, die Pläne zur Strukturreform öffentlich zu machen. Der Koordinierungs- bzw. Lenkungsausschuss hat bereits am 28.04. dieses Jahres zum ersten Mal darüber beraten. Vor allen Dingen interessiert auch, aus welchen Gründen das Öffentlichmachen der Umstrukturierungspläne immer wieder weiter nach hinten verschoben wurde. Ich hoffe natürlich von der Landesregierung auf eine klare Aussage, wie es im Katasterwesen in Thüringen weiter vorangeht.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesregierung hat mitgeteilt, dass sie keinen Sofortbericht gibt, demzufolge kommen wir zur Aussprache über den Antrag der SPD-Fraktion. Als erster Redner hat sich Abgeordneter Fiedler, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein wichtiger Kollege hatte mich gerade abgehalten, ich bitte um Nachsicht, dass ich das beinahe übersehen hätte,

(Heiterkeit bei der CDU)

dass ich dran bin.

Wir unterhalten uns heute über den Antrag der SPD "Unruhe im Katasterwesen". Herr Kollege Pohl hat versucht die Dinge hier vorzutragen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Schuchardt, SPD: Er hat es vorgetragen.)

Fakt ist, Nummer eins, Herr Kollege, ich schätze Sie ja ungemein, auch der Kollege Pohl bemüht sich die Dinge vorzutragen. Sie waren nicht überzeugend vorgetragen. Man muss erst einmal festhalten, dass wir in Thüringen ein hervorragendes Kataster- und Vermessungswesen insgesamt haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in den letzten Jahren hier hervorragende Ergebnisse erreicht. Das war immer im Zusammenspiel zwischen Katastervermessung insgesamt und den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren. Ich will noch einmal ausdrücklich daran erinnern, weil immer jetzt irgendetwas aufgebaut wird, das hätte ja alles nicht funktioniert. Gerade diese Hauptbetroffenen haben sich in den letzten Jahren immer einvernehmlich auch zu den Kostenordnungen verständigt. Ich will das nur noch einmal in Erinnerung rufen, weil heute teilweise etwas erzählt wird, das hätte doch alles nicht geklappt, sondern dass dieses Vermessungswesen so aufgebaut wurde, noch dazu, wo in Thüringen vieles zu leisten war, wie jeder weiß aus der Historie, und mehrere Systeme zusammengeführt und auch erneuert werden mussten. Ich glaube, neun sind es, Kollege Kölbel, dass ich jetzt nicht eine falsche Zahl sage.

(Zwischenruf Abg. Kölbel, CDU: Richtig.)

War es richtig? Ich danke dem Vermesser.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Circa ist besser.)

Nein, die Zahl 9 ist schon konkret, genau so wie wir 78 Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure im Lande haben.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Das sind 78 Büros.)

Herr Schemmel, Sie können ja nachher hier vorgehen und können Ihre Weisheiten aus Altenburg noch beitragen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Es geht mir jetzt noch einmal darum, dass hier im Vermessungswesen ein guter Stand erreicht ist. Wir haben nach Bayern hervorragende Ergebnisse vorzuweisen, aber die Konjunktur hat sich insgesamt verschlechtert. Ich will das nicht wiederholen. Wir haben die Steuermindereinnahmen, wir wissen, was in der Bauwirtschaft los ist. Von Berlin kommt anstatt Stärkung für die neuen Länder nur Schwächung. Wir haben das natürlich auszubaden, auch die freien Berufe, weil nichts zum Vermessen da ist, weil die entsprechende Bauwirtschaft und die Dinge stagnieren. Wenn das so ist, muss man über Dinge nachdenken, dass man insgesamt auch das Vermessungswesen gegebenenfalls auf den neuen Stand bringt, um es noch weiter fortzuschreiben. Ich kann die Unruhe zwar bei einigen im Katasterwesen verstehen, aber ich denke, das Entscheidende ist, dass ein tragfähiges Konzept vorgestellt wird. Die WIBERA hat das entsprechende Gutachten, so weit mir bekannt ist, erstellt. Ich gehe davon aus, dass der Innenminister dieses entsprechend dann auch zur richtigen Zeit vorträgt und dass vor allen Dingen etwas entsteht, was zukunftsträchtig ist.

(Beifall Abg. Kölbel, CDU)

Hier kann es nicht darum gehen, Herr Kollege Pohl und Kollege Schuchardt und alle, die sich damit beschäftigen, dass jetzt schnell etwas gemacht wird, sondern es muss eine vernünftige, tragbare Geschichte sein, die dann für die nächsten zehn Jahre und länger dann trägt. Denn wir können es uns nicht leisten, ein gut funktionierendes Vermessungssystem in Thüringen infrage zu stellen.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen es erstens für die Wirtschaft, wir brauchen es für den Bürger, denn es kann nicht sein, dass die beiden benannten insbesondere keine Ansprechpartner haben. Und wir brauchen das Zusammenspiel mit den Kommunen. Denn auch die Gutachterausschüsse und alles, was hier infrage steht, muss mit bedacht werden. Dass man hier also insgesamt ein vernünftiges System findet und dieses Ganze weiterentwickelt. Man darf auch den Landesbetrieb nicht vergessen, der mit infrage steht. Dass dieses Zusammenspiel, was wir ja in den letzten Jahren ganz gut hinbekommen haben, vernünftig weiterläuft. Das Entscheidende muss sein, dass wir flächendeckend im Land, und da streite ich mich überhaupt nicht darum, ob das jetzt sechs sind oder wie sich das Nummernschild an der Haustür dann nennt, weiterhin Ansprechpartner haben - für den Bürger, für die Wirtschaft und das ist das Entscheidende. Ich denke, es darf auch kein Tabu geben, dass, wenn man schon Reformen durchführt, man auch darüber nachdenkt, dass man z.B. Grundbuch und Kataster, in welcher Art und Weise und in welcher Form auch weiter und

enger zusammenbringt. Ob das Vernetzung ist, ob das gemeinsame Dinge dort angeht, auch über diese Tabus muss man reden dürfen und können, damit für die Zukunft weiterhin ein starkes Vermessungswesen da ist. Wir müssen reden über, es gibt ja auch noch in einigen Städten die Vermessungsämter, wenn ich an Jena, Nordhausen denke, es war noch ein Drittes

(Zwischenruf Abg. Kölbel, CDU: Erfurt.)

ich glaube, so eine kleine Stadt in Thüringen, die noch eigene Vermessungsämter sich leisten. Auch über diese Dinge muss man reden und man muss auch in Richtung Landwirtschaft schauen, dass die Flurneuordnung vernünftig, notwendig, wie sie ist, weiterbetrieben werden kann. Dass man das alles zusammenbringt, um hier ein, ich denke, gutes Vermessungswesen weiter voranzuführen. Jeder weiß, dass die Zuschüsse im Katasterwesen nicht unerheblich sind und waren. Jeder, der sich mit der Materie beschäftigt, weiß auch, wie kompliziert das ist, dass hier das ALK weiterentwickelt werden muss, weil es ein dringender Faktor ist, der für die Wirtschaft und für alle, die damit zu tun haben, dringend notwendig ist. Wir haben dort auch Punkte gesetzt bekommen vom Bund und von der EU, dass entsprechend auch dieses passieren muss.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist gut und richtig, sich mit den Dingen zu beschäftigen. Wir sollten aber nicht die Unruhe herbeireden, sondern wir sollten die entsprechenden Dinge, die die Landesregierung dann vorlegt, in den Fachausschüssen behandeln. Wir sollten wirklich Gründlichkeit, und ich sage das ausdrücklich, nicht dass der Eindruck entsteht, wir wollen etwas verschieben oder so, Gründlichkeit muss hier vor Schnelligkeit gehen. Das ist meine Bitte in der weiteren Beratung.

(Beifall bei der CDU)

Für die PDS-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Hahnemann zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege Fiedler, die Unruhe muss man nicht herbeireden, die Unruhe ist schon da.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Dass wir heute diesen Antrag diskutieren, das liegt an der Art und Weise des Vorgehens und auch an einem klaren partiellen Versagen der Landesregierung in Bezug auf die Neustrukturierung der Landesverwaltung und einer verfehlten Informationspolitik. Das muss man ganz einfach und offen so sagen.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Herr Hahnemann, das ist aus der Luft gegriffen.)

Gemach, gemach, Herr Kollege Böck. Ein Konzept der Landesregierung für die Schaffung leistungsfähiger Verwaltungsstrukturen ist in diesem Punkt genauso wenig erkennbar, wie an anderen Punkten auch. Der Kürzungskurs verführt die Landesregierung zu punktuellem und auf kurzfristige Spareffekte ausgerichtetem Handeln und das immer auf Kosten der Betroffenen und Beschäftigten. Da stellt die laufende Diskussion zur Umstrukturierung des Katasterwesens keine Ausnahme dar. Vor gut 18 Monaten hat die Landesregierung im Zusammenhang mit dem Doppelhaushalt 2001/2002 als eine so genannte Konsolidierungsmaßnahme eine Strukturveränderung im Landesbetrieb für Katasterwesen beschlossen. Die bisherige Struktur von 35 Katasterämtern sollte nach ersten Vorstellungen der Landesregierung auf bis zu 6 Ämter reduziert werden. Dass hier Strukturveränderungen notwendig sind, zeigt schon die heutige Anzahl der Ämter. Sie stimmt nicht mit den aktuellen Verwaltungsstrukturen der Landkreise und kreisfreien Städte überein. Die Kreisgebietsreform 1994 hatte keine Auswirkungen auf die Struktur der Katasterämter. Wenn also Strukturveränderungen notwendig sind, ergeben sich Fragen.

Erste Frage: Welche Struktur soll angestrebt werden? Die bisherigen Vorstellungen der Landesregierung leuchten nicht ein. Es gibt einen Vorschlag der Gewerkschaft ver.di, der eine flächendeckende Struktur von 18 Katasterämtern vorsieht. In jedem Landkreis gäbe es ein Katasteramt unter Vernachlässigung der Kreisfreiheit der großen Städte mit Ausnahme von Erfurt. Meines Wissens gibt es auch einen Vorschlag der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure. Alle diese Dinge sollten aufgeschlossen und offen diskutiert werden.

Zweite Frage: In welchen Zeiträumen soll die Umstrukturierung vonstatten gehen? Die Landesregierung hatte ein externes Gutachten in Auftrag gegeben, das inzwischen, ich weiß nicht genau in welcher Stufe, vorliegt, aber nicht veröffentlicht wird. Warum das Innenministerium das Gutachten geheim hält, kann nur erahnt werden, aber die Geheimhaltung des Gutachtens ist eine Ursache für die Unruhe, die Herr Fiedler hier vorhin so überhaupt nicht verstehen konnte oder für eine herbeigeredete hält.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Wo sind denn bisher Gutachten veröffentlicht worden?)

Im Innenministerium wurde auch eine Lenkungsgruppe zur Neustrukturierung des Katasterwesens gebildet. Hier arbeiten aber nicht alle Betroffenen mit. So wird der Landesgruppe der Öffentlich bestellten Vermessungsin

genieure die Mitarbeit verweigert. Das, obwohl auch diese unmittelbar von den Strukturveränderungen im Katasterwesen betroffen sind. Wenn Sie das selbst feststellen, Herr Minister, dann wundern Sie sich doch im Grunde genommen oder wenn Sie sich vielleicht gar nicht darüber wundern, aber Herr Fiedler möge sich dann bitte nicht über die Turbulenzen wundern, die entstanden sind.

Dritte Frage: Welche inhaltlich funktionalen Veränderungen soll es mit der Strukturveränderung geben? Sowohl die Katasterämter - das ist hier auch schon gesagt worden - als auch die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure erbringen auf der Grundlage einer Landeskostenverordnung Vermessungsleistungen. Insofern sind beide Anbieter und gleichzeitig Mitbewerber auf einem Vermessungsmarkt. Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, auch im Bauwesen, geht der Auftragsumfang an Vermessungsleistungen zurück. Eine Folge ist, dass der Landesbetrieb für Katasterwesen aus dem Landeshaushalt zunehmend Zuweisungen erhalten muss. Die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure befürchten nun ihrerseits, dass im Rahmen der Strukturveränderungen der Bestand der Katasterämter zu ihren Lasten gesichert wird. Seit Mitte des vergangenen Jahres hat unsere Fraktion Kontakte zur Landesgruppe der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure und diese haben einen Vorschlag für eine Struktur des Thüringer Katasterwesens unterbreitet. Der sollte ebenfalls unvoreingenommen und offen diskutiert werden. Danach sollen nämlich die Katasterämter nur noch die hoheitlichen Aufgaben realisieren.