Protocol of the Session on April 25, 2002

(Beifall bei der CDU)

Dieses war zwar ein 25-Mio.- &  "   Änderung der Strukturen des Nachtragshaushalts, den die Unionsfraktion beschlossen und die PDS-Fraktion abgelehnt hat. Es war eine punktuelle, völlig richtige Handlung, die in diesem Augenblick notwendig war. Jetzt kommt der 2. Nachtragshaushalt, der ausschließlich gemacht wird, weil die November-Schätzung letzten Jahres die Folgen einer erheblich verschlechterten Konjunktur in Deutschland ausgewiesen hat.

(Beifall bei der CDU)

Das ist jetzt gegen keine Partei, gegen keine Regierung, sondern eine sachliche Feststellung. Deutschland hat eine dramatisch verschlechterte konjunkturelle Lage und das führt selbstverständlich zu einer veränderten Steuerschätzung im letzten November. Die Einnahmen blieben hinter den Erwartungen zurück.

Meine Damen und Herren, es ist schon kühn - um nicht zu sagen tollkühn - wo die ganze Republik jetzt fürchtet, die nächste Steuerschätzung im Mai könnte weiter zurückgehen, hier im Landtag von Thüringen aufzutreten und zu sagen, wir gehen davon aus, dass die Steuerschätzung eine Mehreinnahme bringen wird.

Meine Damen und Herren, tollkühn, aber auf tollkühne Ideen sollte man keine Haushalte gestalten.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen wird das nur noch überboten durch die Ausführungen von Herrn Huster vorhin, am Schuldenabbau führt kein Weg vorbei und deswegen erhöhen wir jetzt erst einmal die Schulden in diesem Jahr, weil ohnehin am Abbau in den nächsten Jahren kein Weg vorbeiführt.

Meine Damen und Herren, das erinnert mich an einen, der eine große Bergtour machen will und sagt, es wird ohnehin Nacht, also stehe ich später auf, als ich mir vorgenommen habe. Nein, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der CDU)

das ist in der Tat eine Argumentation, die man natürlich aufstellen kann. Aber wenn man ernst genommen werden will, dann kann man nicht davon ausgehen, dass die MaiSteuerschätzung 2002 uns Reichtum beschert, und man kann noch weniger davon ausgehen, dass ich den Schuldenabbau beginne, indem ich zunächst neue Schulden mache.

Die November-Steuerschätzung letztes Jahr hat uns gezeigt, dass unsere Position richtig gewesen ist, dass wir die Steuerreform zu Recht abgelehnt haben, weil die Folgen mit dafür verantwortlich sind, dass wir niedrigere Einnahmen haben, dass es in der Arbeitslosigkeit in der Tat ein Malheur ist, dass wir 400.000 Arbeitslose mehr haben als beim Amtsantritt der Regierung Schröder und dass es ein Malheur ist, dass die Chefsache Ost nichts gewesen ist.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt müssen wir, meine Damen und Herren, diesen Nachtrag machen und deswegen also etwas vorsichtig mit dem ganz großen Lärm der 360 Mio. %   % hier richtig gerechnet worden ist - unter 3 Prozent des Haushalts. Übrigens, im Einzelplan 15: Der Wissenschaftsetat steigt, die Aufwendungen für Forschungen steigen und nehmen nicht ab.

(Beifall bei der CDU)

Sie steigen zwar, wie vorhin vermerkt worden ist, auch wegen eines höheren Bundeszuschusses, der aber einen höheren Landeszuschuss ausgelöst hat. Das geht doch wohl nicht, dass wir das nicht mit berechnen, wenn wir durch den Bund auf milde Weise gezwungen werden, hier mehr zu tun. Sie können nicht hierher gehen und können sagen, der Haushalt von Frau Schipanski sei in besonderem Maße betroffen. Nein, er ist in besonderem Maße geschont worden. Das ist auch unsere Politik, weil wir das tatsächlich so wollen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Höhn hat das angesprochen, wenn man gar nichts mehr zur Verteidigung der eigenen Position weiß - ich kenne das aus eigener Erfahrung -, dann waren halt die Vorgänger schuld. Jetzt, Herr Höhn, die Regierung Kohl hat das alles so hinterlassen, dass es leider nicht möglich war, man war so schlecht informiert, man hat sich so schlecht vorbereitet, dass man Versprechungen gemacht hat, die man jetzt alle nicht halten kann, weil man sich vorher nicht kundig gemacht hat.

Ich will hier nur einmal eines feststellen, Herr Ramelow, 16 Jahre Kohl, 1982 hat die Regierung Kohl eine Staatsquote von 56 Prozent übernommen, eine Situation im Haushalt und in der Wirtschaft übernommen, die ähnlich desolat ist, wie sie jetzt wieder ist. Nach wenigen Jahren, 1998, war das aufgearbeitet. Unter der Führung von Herrn Stoltenberg waren wir fast bei null Mark Neuverschuldung und bei einer Staatsquote deutlich unter 50 Prozent. Dann kam

die Wiedervereinigung. Gott sei Dank war die Bundesrepublik Deutschland so aufgestellt, dass wir die Folgen der Wiedervereinigung, was die finanziellen Belastungen betraf, tragen konnten.

(Beifall bei der CDU)

Im Jahr 1982 wären wir beispielsweise für die erheblichen Zahlungen an die Sowjetunion nicht in der Lage gewesen und das war doch auf Deutsch gesagt eine Freikaufaktion von vielen Milliarden an die Sowjetunion zur Freigabe der DDR in der damaligen Situation. Wer jetzt daherkommt und beschuldigt die alte Bundesregierung dafür, dass nach 1988 neue Schulden gemacht worden sind, der versündigt sich an dem Gedanken der Wiedervereinigung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Aber jetzt wieder zurück zum üblichen Ritual. Wir reden also über dieses minimale Volumen des Nachtragshaushalts, der heute zur Debatte steht. Da beginnt jedes Mal dieses Ritual: Ihr spart an der falschen Stelle; die richtige Stelle wird nicht genannt. Ihr setzt die falschen Prioritäten; die Prioritäten, die falsch gesetzt werden, werden nicht genannt. Ihr schichtet nicht um; wohin wir schichten sollen, wird uns zwar gesagt, woher wir aber schichten sollen, wird uns nicht gesagt.

Es gibt zwei Antworten, meine Damen und Herren, die der PDS: die Erhöhung der Neuverschuldung. Dazu ist genug gesagt, das brauche ich nicht zu wiederholen. Es gibt dann auf der anderen Seite die immer große Versuchung bei der SPD, wenn es gar nicht mehr reicht, setzt man eine globale Minderausgabe ein.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist ein- fach falsch, Herr Ministerpräsident, Sie haben es einfach nicht verstanden.)

Sie haben eine globale Minderausgabe in dieser Sache eingesetzt, natürlich. Schauen Sie sich den Antrag an.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Da haben Sie vorhin nicht zugehört.)

Herr Höhn, Entschuldigung, von der Forderung globaler Minderausgaben durch die Thüringer SPD verstehe ich etwas; damit haben wir sehr viel Erfahrung.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Punkt bin ich nahezu unschlagbar. Ich will nur eines sagen, Herr Höhn, Sie müssen sich entscheiden, wenn Sie glaubhaft sein wollen. Entweder beklagen Sie, dass der Landtag nicht mitreden darf, oder Sie machen auch nicht die kleinste Summe globale Minderausgabe, denn globale Minderausgabe heißt immer, Verantwortung auf den Finanzminister zu schieben und vom

Landtag wegzuschieben. Das geht nicht auf.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt ja, Gott sei Dank, nicht nur die SPD, sondern es gibt auch noch den Bund der Steuerzahler und der fordert einen sofortigen Stopp der Neuverschuldung in Thüringen. Also, meine Sympathie, entschuldigen Sie, Herr Höhn, gilt in dem Fall eher dem Bund der Steuerzahler.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das wech- selt aber auch.)

Aber auch die größte Sympathie für den Bund der Steuerzahler lässt mich ausdrücklich sagen, dass das natürlich im vollen Umfang nicht geht. Was geht, und damit keine Verwirrung herrscht: Seit Beginn dieser 3. Landtagsperiode sind ernsthafte Anstrengungen des Sparens und der Senkung der Neuverschuldung unternommen worden und sie werden fortgesetzt. Was das Ende der Fahnenstange betrifft, so gilt, was ich in der Regierungserklärung gesagt habe: Wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland stimmen, hat die Landesregierung die Chance, für 2005 und 2006 einen ausgeglichenen Landeshaushalt vorzulegen.

Meine Damen und Herren, das habe ich im März gesagt. Es haben nicht alle, die über diese Frage schreiben, gelesen, das wiederhole ich jetzt und damit bin ich im besten Einklang mit Herrn Eichel, sogar ein Stück besser. Herr Eichel hat gestern für 2006 einen ausgeglichenen Haushalt angekündigt. Ich bin nicht ganz sicher, ob er ihn vorlegen wird. Aber ich hoffe, dass der jeweilige Finanzminister ihn vorlegt.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt bitte eine Bemerkung zu dem Vorwurf, dass wir arrogant seien und dass wir uns nicht der Diskussion stellten. Meine Damen und Herren, dass wir in dieser Frage so stur sind, hat nichts mit Arroganz zu tun, sondern damit, dass wir mit dieser Sturheit erreicht haben, unter den neuen Ländern eine ganz hervorragende Position zu haben und nicht zu den Rote-Laterne-Trägern zu gehören.

(Beifall bei der CDU)

Ich verspreche Ihnen, dass wir diesen Kurs halten werden. Weil andere Länder schlecht regiert werden, lassen wir uns nicht Ratschläge geben, auch schlecht zu regieren, meine Damen und Herren. Sie machen uns im Grund den Vorwurf, dass wir dem schlechten Beispiel anderer nicht folgen. Herr Gentzel spricht von einer Schande für dieses Haus; Herr Huster sagt, das sei dem Parlament unwürdig. Meine Damen und Herren, es ist dem Parlament würdig, Kurs zu halten und den Leuten zu sagen, wie die Situation ist und was zu machen ist. Deswegen bin ich der Fraktion der CDU dankbar, dass sie diesen süßen Versuchungen des einen oder anderen, was am Ende nicht aufgeht, widerstan

den hat und ich drücke das auch ausdrücklich so aus.

Herr Höhn, Sie haben sich auf ein glattes Parkett begeben, indem Sie das Wort "Wechselstimmung" in den Mund genommen haben.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie eben auch!)

Lieber Herr Höhn, das meine ich jetzt einmal ausdrücklich ernst, Vorsicht, Vorsicht, in Thüringen hätten Sie das Wort gern, in Berlin haben Sie es, glaube ich, nicht so gern.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wir haben über den Landeshaushalt geredet!)

Gehen Sie mit dem Wort "Wechselstimmung" ein bisschen anders um. Im Übrigen gibt es auch gar keine Wechselstimmung, sondern, entgegen dem, was Herr Gentzel gesagt hat, eine Serie, und diese Serie, ohne jede Unterbrechung, besteht - und gestatten Sie mir, dass ich sogar "bedauerlicherweise" sage, ich werde das "bedauerlich" aber noch begründen - in dem Absturz der SPD in allen neuen Ländern unter die 20-Prozent-Marke oder auf die 20-ProzentMarke: Brandenburg minus 14 Prozent, Sachsen minus 6 Prozent, Thüringen minus 11 Prozent, Berlin, wo sie einmal 60 hatten, noch 29 Prozent, Sachsen-Anhalt minus 15,9 Prozent. Das ist eine Serie. Ich habe ja nun als CDU-Politiker nicht die erste Aufgabe, mich um die SPD zu sorgen, aber ich sage Ihnen frei heraus, eine Entwicklung, wo diese große, wichtige, traditionsreiche Volkspartei, die ich nicht wähle, aber die ich akzeptiere, auf die dritte Position im ganzen Osten Deutschlands absinkt, halte ich aus staatspolitischen Überlegungen für schlecht.

(Unruhe bei der SPD)

(Beifall bei der CDU)

Tun Sie etwas dagegen. Sie müssen es ja nicht auf Kosten der CDU-Wähler tun. Sie können es ja vielleicht auf Kosten anderer Wählerschaften oder der Nichtwähler tun, Herr Vorsitzender. Die wirtschaftliche Lage ist schwierig. Nicht nur in der Bundesrepublik anderswo, sondern in der ganzen Bundesrepublik und auch hier in Thüringen. Gott sei Dank gibt es gewisse Hoffnungszeichen, es könnte Licht am Ende des Tunnels geben. Ich hoffe, dass sie sich bewahrheiten. Alle Gutachter, die europäischen, die deutschen, die Forschungsinstitute, alle gehen davon aus, dass diese Zeichen in den jungen Ländern langsamer wirksam werden als in den alten und dass es deswegen auf der Hand liegt zu sagen: Leute, ihr müsst für die neuen Länder mehr tun als für die alten, sonst schaffen wir das nicht. Da kann ich nur sagen, wie man auf die Idee kommen kann, mir bei jeder Gelegenheit zu sagen, für das Sonderprogramm Ost ist kein Geld da, aber jetzt nimmt man 4 Mrd. mehr Bundesbankgewinne ein und man verspricht sie für Ganztagsförderung der Schulen, das ist ein ausgesprochenes Westprogramm; in Berlin sollte man einmal zur Kenntnis nehmen, wir haben

diese Förderung und die 4 Mrd., die Milliarde jährlich wird ausschließlich nach Westdeutschland gehen. Das ist in dieser Lage ein Skandal, sie muss hierher gehen, damit wir schneller wachsen.