Protocol of the Session on March 14, 2002

Denn das sind die absehbaren Folgen des so genannten Tariftreuegesetzes, das zurzeit in Berlin beraten wird. Dieses Gesetz - ich habe es hier schon einmal gesagt - wird, wenn es so kommt, wie es zurzeit vorgesehen ist, zum Totengräber der mittelständisch geprägten Thüringer Bauunternehmen werden.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wo ist Matschie...?)

(Beifall bei der CDU)

Und da geht es mir gar nicht darum, dass auch manche unionsgeführten Länder im Westen aus falsch verstandener Abgrenzung

(Zwischenruf Abg. Lippmann, SPD: Welche?)

vor den Bauunternehmen im Osten ihre Regionen abgrenzen wollen. Es geht mir vor allem darum, dass in Thüringen beim staatlichen Hochbau bei öffentlichen Aufträgen der Kommunen die 80 Prozent unserer Bauunternehmen, die keinen Tarif bezahlen, nicht mehr beteiligt werden dürfen. Das ist der Entwurf des jetzigen Gesetzes. Da muss man uns wenigstens die Chance lassen, dass wir in Thüringen in unserer öffentlichen Auftragsvergabe unsere Thüringer Bauunternehmer mit beschäftigen können. Das verwehrt momentan dieses Gesetz,

(Beifall bei der CDU)

ganz abgesehen davon, dass es die Baukosten erhöhen wird und damit wieder weniger Arbeitsplätze, sondern nur mehr Geld und es wird den Verwaltungsaufwand erhöhen und somit auch die Verwaltungskosten der öffentlichen Auftraggeber. Ausgerechnet diese Politik wird vom DGB unterstützt. Das steht im krassen Missverhältnis zu seinen Forderungen in Richtung zweiter Arbeitsmarkt. Auch seine Forderung nach einem Sonderprogramm ist überholt. Der staatliche Hochbau fährt seit Mitte der 90er Jahre ein Bausonderprogramm, um den Abschmelzungsprozess in der Bauwirtschaft im Rahmen seiner Möglichkeiten abzufedern. Durch diese privat vorfinanzierten Bauinvestitionen sind bis Ende des letzten Jahres rund 500 Mio.    #

liche Mittel aktiviert worden und es umfasst insgesamt ein Bauvolumen von knapp 900 Mio. &23  # den wir alle Bewilligungen unterschreiben, wenn nächste Woche unser Schulbausonderprogramm, dieses Jahr mit einem Volumen von rund 90 Mio.   wird.

Lassen Sie mich noch etwas zum zweiten Arbeitsmarkt sagen: Die Diskussion der letzten Wochen um arbeitsmarktpolitische Maßnahmen hat gezeigt, dass es nicht mehr darum gehen kann, nur darauf zu achten, dass Gelder abfließen. Es muss vor allem auf die Qualität geachtet und die Effizienz des Mitteleinsatzes verbessert werden. An dieser Bewertung und Ausrichtung der Programme wird sich Herr Gerster messen lassen müssen. Ich will nur noch einmal eines sagen, weil immer wieder die Kürzungen auf dem zweiten Arbeitsmarkt als so gravierend dargestellt werden.

Ich habe gestern den Bericht der Bundesregierung zum Jahresabschluss 2001 an den Bundestag auf den Tisch bekommen, wo die wesentlichen Mehrausgaben und Mindereinnahmen enthalten sind. Da ist vermerkt bei der Bundesanstalt für Arbeit: Entlastet wurde die Bundesanstalt insbesondere durch Minderausgaben bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Meine Damen und Herren, wenn hier steht "Minderausgaben bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik", da geht es um Milliardenbeträge. Das ist die Ursache, warum weniger auf dem zweiten Arbeitsmarkt möglich ist, nicht die Kürzungen der 9 Mio. 4   # dern es geht dorthin, wo die großen Beträge herkommen, nämlich von der Bundesanstalt für Arbeit.

(Beifall bei der CDU)

Übrigens steht in dem Bericht auch etwas Bemerkenswertes, weil am Wochenende gerade die ICE-Strecke angeblich wieder finanziert werden kann. Die Minderausgaben bei den Schienenweginvestitionen werden wie folgt begründet: Die zusätzlich bereitgestellten Investitionsmittel konnten wegen fehlender Planungskapazität der Deutschen Bahn AG nicht gänzlich verausgabt werden.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Das kann doch nicht wahr sein!)

Meine Damen und Herren, das kann doch wohl nicht wahr sein. Wir brauchen für die ICE-Strecke keine Planungskapazitäten, man hätte doch den Baustopp auch schon ein halbes Jahr früher aufheben können,

(Beifall bei der CDU)

anstatt im Jahr 2002 Wahlgeschenke zu verkünden.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Das hätte gar nicht kommen müssen.)

Und noch eines ist unwahr, was immer wieder behauptet wird, wir würden die Gegenfinanzierung der Gemein

schaftsaufgabe nicht mehr voll etatisieren. Genau das Gegenteil ist der Fall, alle Bundesmittel sind gegenfinanziert, die Reduzierung im Nachtrag ist nur eine Folge der Reduzierung des Thüringer Anteils durch den Bund. Wir haben darüber hinaus im Etatentwurf die Auflösung der zweckgebundenen Rücklagen aus Erstattungen an die Wasserund Abwasserzweckverbände für Beitragsstundungen vorgesehen. Das bedeutet nicht, dass die Landesregierung der Trinkwasserversorgung und Abwasserbehandlung weniger Bedeutung beimisst; die Ausgaben für Finanzhilfen, Beitragsstundungen, Strukturhilfen für Wasserver- und Abwasserentsorgung betragen insgesamt 34,8 Mio. und durch zusätzliche Verpflichtungsermächtigungen schaffen wir die notwendige Planungssicherheit.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Nachtragshaushalte wie beispielsweise 1998, wo zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt wurden, sind leicht umsetzbar. Wir stehen heute vor einer weitaus komplizierteren Situation: Wir sind alle dazu aufgerufen, mit weniger Aufwand die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in unserem Land zu gestalten und die Lebensbedingungen unserer Bürger in den Städten und Gemeinden weiter zu verbessern. In diesem Sinne fordere ich Sie auf, gemeinsam mit unseren Bürgern alles Mögliche zu tun, damit unser Landeshaushalt 2002 mit Leben erfüllt wird.

Der laufende Etat stellt nach wie vor ein Zukunftsprogramm dar. Die Prioritäten sind von der Landesregierung weiter geschärft worden. Achten Sie bei Ihren Überlegungen einfach darauf, dass die Methode "He, Finanzminister, wir brauchen mehr Geld" sich dem Ende zuneigt. In Zukunft muss der effektive Mitteleinsatz stärker in den Mittelpunkt der Betrachtungen gerückt werden. Ich habe das hier auch schon einmal gesagt: Es bleibt bei dem Grundsatz "Nicht jeder, der spart, wird reich, aber fast alle, die nicht sparen, bleiben arm." In diesem Sinne wünsche ich uns anregende und dem Wohle Thüringens zugewandte Beratungen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Huster, Sie haben als Erster in der Aussprache das Wort, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Gegensatz zu unserem Finanzminister werde ich Äußerungen von ihm, die ich nicht teile, ausdrücklich nicht als Blödsinn, Schwachsinn u.ä. bezeichnen.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU:... was alles auf dem Zettel steht!)

Meine Damen und Herren, ist es Zufall, dass die erste Lesung zum zweiten Nachtrag und die Halbzeitbilanz der Landesregierung auf eine Plenarsitzung zusammenfallen? Nein, ich denke nicht, dass wir heute über einen zweiten Nachtragshaushalt beraten, hat nicht nur, aber auch mit Ihrer katastrophalen Politik zu tun, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Heiterkeit und Unruhe bei der CDU)

Dass wir uns bei dieser These wie auch bei einem folgenden Grundsatz unterscheiden, ist doch nicht verwunderlich. Daran sollten wir uns auch schon gewöhnt haben. Die Argumentation der Landesregierung lautet verkürzt: Wir sind auf Kurs, haben alles richtig gemacht, Schuld am Nachtragshaushalt ist allein der Bund, also die Bundesregierung, also Rotgrün. Wir teilen die Kritik an der Bundesregierung in vielen Punkten, wie noch zu zeigen sein wird. Allerdings fordert die PDS-Fraktion auch aus einem anderen Grund einen Nachtragshaushalt seit langem, weil wir der Auffassung sind, dass Sie mit Ihrem ersten Doppelhaushalt tatsächlich gescheitert sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

(Unruhe bei der CDU)

Mit der Aufstellung des ersten Doppelhaushalts 2001/2002 hat diese Landesregierung ein Kürzungsprogramm beschlossen und dies unter die Losung "Sparen und Gestalten" gestellt. Dieser Losung wird mein Kollege Mohring sicher gleich ein lautes "Hurra" hinzufügen. Aber Sie sollten ehrlich sein, meine Damen und Herren, reden Sie nicht vom Sparen, wenn Sie "kürzen und schrumpfen" meinen.

(Beifall bei der PDS)

Tun Sie nicht weiter so, als ob Sie gestalten, wenn Sie in Zukunftsbereichen versagen. Was Sie tun, ist nicht "Sparen und Gestalten", sondern "Streichen und Spalten".

(Beifall bei der PDS)

Mit dem Doppelhaushalt hat die Landesregierung klare Ziele verbunden. So wollte sie die Arbeitslosigkeit nachhaltig senken, ein zukunftsfähiges Thüringen schaffen mit großem Engagement beispielsweise in Bildung und Kultur. Sie wollte etwas gegen die zunehmende Abstimmung junger Menschen mit den Füßen, nämlich der Besorgnis erregenden Abwanderung, tun. Man muss ganz klar sagen: Diese Ziele haben Sie nicht erreicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Ich bin auch überzeugt, dass Sie das morgen in der Regierungserklärung anders darstellen werden, aber nur, weil Sie so verfahren wie der Altkanzler Kohl: "Die Wirklichkeit ist nicht die Realität."

(Beifall bei der PDS)

Ich möchte Ihnen in Erinnerung rufen: Die PDS brachte 20 Änderungskomplexe zu den Beratungen des Doppelhaushalts ein. Die ausführliche Nennung will ich Ihnen an dieser Stelle ersparen. Ich will Ihnen aber unseren Anspruch an die Beratung des Nachtrags hier klar benennen. Dieser Nachtrag muss helfen, Arbeit zu schaffen, soziale Sicherheit zu erhalten, die kommunale Selbstverwaltung stärken, Bildung, Forschung und Entwicklung voranbringen. Unser Herangehen an den Nachtrag begründet sich einerseits aus der Steuerschätzung vom November 2001, andererseits aber wollen wir mit diesem Nachtrag auch und gerade die Korrektur Ihres Kurses versuchen, und zwar die Korrektur Ihres Kurses in den Politikbereichen, die unserer Auffassung nach am dringendsten einer Lösung bedürfen und keinen Aufschub bis zum nächsten Doppelhaushalt dulden, weil Probleme im Land gelöst werden müssen, die Sie nicht lösen wollen oder nicht lösen können.

Meine Damen und Herren, die PDS hat sich der Debatte seit Monaten gestellt und hat verschiedene Anträge ins Plenum eingebracht, die allesamt darauf zielen, die derzeitige Situation zu verbessern. Ich will beispielhaft die Bereiche ansprechen: Arbeits- und Ausbildungsbereich, Sozial- und Kulturbereich. Wir haben Anträge gestellt, um die schlimmsten Schmerzen im Thüringer Schulsystem zu lindern. Wir haben Anträge gestellt, die schwere finanzielle Lage der Kommunen in Thüringen zu verbessern. All diese Anträge wurden von der unendlichen Weisheit des "Schwarzen Blocks" in der Mitte des Hauses abgelehnt.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Richtig originell sind Sie heute.)

Herr Seela, Ihren Kurs, Probleme des Landes zu ignorieren und schönzureden, setzen Sie auch mit diesem Nachtragshaushalt fort.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Ja!)

Ich möchte an Bernhard Vogel in der Regierungserklärung 1999 erinnern, der gesagt hat: "Wir wollen dienen und nicht herrschen, ohne Überheblichkeit und ohne Arroganz."

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Auch nicht schwätzen!)

Meine Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zu einzelnen Punkten. Die Thüringer Kommunen haben die