Protocol of the Session on December 13, 2001

einmal darauf verweisen - Kollege Schemmel, damals sind wir Ihnen nicht gefolgt - an das so genannte kommunale Entlastungsgesetz, was die PDS vor einigen Monaten eingebracht hatte. Da haben Sie, die SPD, das mit Bausch und Bogen abgelehnt und gesagt, solchen Quatsch und solches Zeug, was hier vorgelegen hat, genauso etwas Ähnliches wie jetzt heute hier auf dem Tisch liegt, wo mehrere Dinge einfach in den Topf hineingeschmissen werden, einmal rumgerührt wird und dann versucht man, irgendwo etwas daraus zu machen. Damals haben wir gesagt, immer wenn es um kommunale Entlastung geht, da geht es um die Beiträge, Gebühren usw. Da haben wir gesagt, wir nehmen es in den Ausschuss, wir haben es

ausgiebig diskutiert, wir haben uns ausgiebig damit befasst. Am Ende kam raus, es war nichts Brauchbares dabei und das Ganze wurde vom hohen Hause abgelehnt. Die SPD hat es damals schon gesagt, wir haben das trotzdem nicht gemacht. In diesem Fall, nachdem dieses uns hier vorgelegt wurde, haben wir uns das natürlich angeschaut.

Meine Damen und Herren, Sie versuchen das hier darzustellen, als ob wir das nicht lesen würden. Natürlich haben wir uns damit befasst und uns die Dinge angeschaut. Wir haben aber festgestellt, genau, wie es Kollege Schemmel gesagt hat, hier sind zu viele Dinge wieder hineingebracht worden, dass dieses einfach so überhaupt nicht beratungsfähig ist. Weil es nicht beratungsfähig ist, haben wir gesagt, wir nehmen es gar nicht erst in den Ausschuss. Wir sagen das ganz klar und deutlich, wir lehnen es politisch ab. Deswegen wird es von uns nicht behandelt. Sie wissen aber auch, dass insbesondere die Kommunalordnung ja gerade in Arbeit ist und dass die Landesregierung - wir haben allein hier in diesem Raum schon drei Anhörungen dazu gemacht. Der Raum war gekrachte voll, wo die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und die Verantwortlichen hier waren. Wir setzen uns intensiv mit den Dingen auseinander. Nicht nur die Frau Sedlacik ist Bürgermeister, es gibt noch mehr Bürgermeister. Hier steht auch einer und ich brauche keinen Petitionsausschuss, zu mir kommen die Leute Sonntagvormittag in die Stube.

(Beifall bei der CDU)

Frau Abgeordnete Dr. Wildauer, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ja, ich wollte eigentlich nicht mehr dazu reden, und ich hätte mir auch gewünscht, dass wir sofort abstimmen und auch erreichen, dass wir das Gesetz dann doch noch an die Ausschüsse überweisen können. Nun gut.

(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Das ist eine unsinnige Sache.)

Herr Minister, diese unsinnige Sache, es ist heute dreimal so gefallen, dass es eine unsinnige Sache wäre.

(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Ich sage auch, warum.)

Gut, dann bin ich darauf gespannt, dass Sie es sagen. Ich und meine Fraktion halten es bisher für keine unsinnige Sache.

(Beifall bei der PDS)

Wir meinen, und das ist unser Ausgangspunkt, dass Thüringen ein modernes Kommunalrecht braucht. Wir meinen auch, dass das gegenwärtige diesem Anspruch nicht voll gerecht wird,

(Beifall bei der PDS)

deswegen muss es geändert werden. Wir haben hier ein Diskussionsangebot unterbreitet. Wir waren davon ausgegangen, dass dieses Diskussionsangebot auch als solches genutzt wird und wir uns darüber streiten. Wir gehen nicht davon aus, dass wir den Stein der Weisen erfunden und gefunden haben. Wir wissen schon, dass es neben den Dingen, die wir als Änderungen vorschlagen, auch noch andere Änderungsmöglichkeiten gibt usw., aber so etwas lässt sich doch in der Diskussion beraten. Da kann man auch von bestimmten Dingen Abstand nehmen und sich auch noch auf etwas anderes einigen. Aber, ich denke, dass unser Grundanliegen stimmt. Ich möchte mich im Grunde genommen eigentlich am liebsten heute schon, Herr Minister, mit dem auseinander setzen, was bezüglich des Kommunalrechts Landesregierung und CDU-Fraktion wollen. Dazu haben wir sicher ausreichend Zeit zu Beginn des neuen Jahres, um uns damit zu beschäftigen.

Sie haben in beiden Lesungen an unserem Gesetzentwurf wirklich kein gutes Haar gelassen. Ich möchte deswegen der Begründung Ihrer ablehnenden Haltung doch einige Anmerkungen entgegensetzen. Ich behaupte, dass unsere Fraktion kritikfähig ist, wenn die Kritik sachlich begründet ist. Aber Ihre Kritik, die Sie hier geübt haben, hat mit Sachlichkeit nicht einmal ansatzweise etwas zu tun.

(Beifall bei der PDS)

Herr Böck, der in der ersten Lesung und auch heute für die Fraktion sprach - aus dem heute konnte ich nichts Weiteres herausnehmen -, hatte offenbar keine Zeit oder auch keine Lust, behaupte ich, unseren Gesetzentwurf ganz zu lesen.

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Vielleicht kann er nicht lesen.)

Seine Kritik bezog sich auf die Problemdarstellung und das Regelbedürfnis. Also zwei Punkte, die eigentlich jedem Gesetzentwurf vorangestellt werden. Auf den eigentlichen Gesetzentwurf ging er nur am Rande ein - auf zwei Probleme. So meinte Herr Böck, dass die PDS eine kommunale Wirklichkeit beschreibt, die es in Thüringen nicht gibt. Er hat gesagt, die in Thüringen nicht existiert. Dieser Behauptung steht der Fakt entgegen, dass sich eine Vielzahl von Kommunen und Kommunalpolitikern an die PDS-Fraktion wenden, um genau auf die Probleme hinzuweisen, die wir unserem Gesetzentwurf vorangestellt haben. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf eine Vielzahl der Entschließungsanträge von Gemeinden verweisen, die diese an den Landtag im Zusammenhang mit dem Doppelhaushalt 2001/2002 gerichtet haben. Unse

rer Fraktion liegen einhundert derartiger Entschließungsanträge aus den Kommunen vor. Wir gehen davon aus, dass auch die CDU-Fraktion diese Materialien hat und ich würde Herrn Böck empfehlen, diese vielleicht doch noch einmal zu lesen. Sie unterstellen der PDS-Fraktion, dass Sie ein tiefes Misstrauen gegenüber demokratisch gewählten Gremien hätte.

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Klar haben Sie das.)

Dies hat Herr Böck begründet mit dem Vorschlag unserer Fraktion zur Schaffung weiterer Beiräte. Ich möchte sagen, dass er hier mehreren Irrtümern unterliegt. Beiräte sind zunächst keine Erfindung der PDS-Fraktion. Sie gibt es schon lange und sie gibt es auch in vielen Kommunen. Beiräte sind demokratisch legitimiert, wenn auch nicht in dem Umfange, wie die eigenen kommunalen Organe. Dies ist jedoch auch nicht erforderlich, weil doch Beiräte nur beratende Funktion haben,

(Beifall bei der PDS)

demnach also keine Beschluss- und auch keine Vollzugsorgane sind. Ich weiß überhaupt nicht warum Sie sich daran immer wieder so furchtbar aufregen und hochziehen. Die Beiräte werden vom Gemeinderat gebildet und sind schon deshalb demokratisch legitimiert. Die gesellschaftlich bedeutsamen Gruppen können ihre Vertreter für die Mitarbeit in den Beiräten dem Gemeinderat vorschlagen. Letztlich trifft doch die Entscheidung der Gemeinderat oder der Stadtrat bzw. der Kreistag selbst. Das soll ein undemokratisches Verfahren sein? Sagen Sie ja? Dann muss ich fragen, wie die Arbeit der jetzt bestehenden Beiräte in den Kommunen zu bewerten ist, wenn man die CDUMaßstäbe zu Grunde legt. Bestehen denn in diesen Kommunen diktatorische Verhältnisse? Werden hier etwa die Bürgermeister und Landräte in ihrer Entscheidungskompetenz beschnitten? Wohl kaum. Vielmehr wird darauf hingewiesen, dass diese Beiräte die gemeindlichen Entscheidungsprozesse positiv befördern. Die CDU hat im Bereich der Wasserver- und Abwasserentsorgung im Juli vergangenen Jahres die Bildung von Verbraucherbeiräten geregelt im Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit. Also ich muss jetzt fragen: Gilt auch hier die generelle Auffassung der CDU bezüglich der Wirksamkeit und Einflussnahme auf gemeindliche Entscheidungsprozesse? Eines gestehe ich allerdings ein, wer Beiräte will und sie schafft, der hat mehr Arbeit. Er hat aber auch mehr Zugewinn an neuen Ideen und an bürgerschaftlichem Engagement.

(Beifall bei der PDS)

Innenstaatssekretär Scherer hat in der ersten Lesung ausgeführt, dass die Arbeit von Beiräten Verfahren verzögert und Geld kostet. Würde man diese Aussage verallgemeinern, müsste man zum Schluss kommen, dass demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten, die über die Wahl hinausgehen, grundsätzlich abzulehnen wären. Eine interes

sante Auffassung eines Regierungsvertreters, die mehr als zum Nachdenken herausfordert. Diese Auffassung ist in meinen Augen, verzeihen Sie, wenn ich das so ausspreche, demokratiefeindlich.

(Beifall bei der PDS)

Nun hat Herr Böck dem Ganzen noch was aufgesetzt, er sagt, die PDS will Kommissare zur Kontrolle und Lenkung der Demokratie.

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Da hat er nicht ganz Unrecht.)

Also, mal abgesehen von der Wortwahl, die er gebrauchte, schließt Demokratie letztendlich auch Kontrolle und Öffentlichkeit mit ein, Herr Wunderlich. Vermutlich unterscheiden wir uns auch in diesem Punkt und haben offenbar andere Auffassungen von Demokratie.

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Sie sind sehr gute Lehrmeister.)

Ich möchte noch etwas sagen, weil das heute wieder eine Rolle gespielt hat, dass wir letztendlich wieder Fragen des Kommunalabgabengesetzes mitgeregelt haben wollen. Dabei geht es um die Gebühren, um die Gebührenbelastung und um die Gegenfinanzierung. Unserer Meinung nach, wenn es um die Mehrbelastung der Kommunen geht, dann sagen wir, eigentlich ist es keine Mehrbelastung, weil die Gegenfinanzierung nach unserem Vorschlag geregelt ist. Wir wollen sie zwar aus dem kommunalen Finanzausgleich, aber wir wollen auch, dass vorher die Auftragskostenpauschale aus dem kommunalen Finanzausgleich herausgenommen wird. Dies will man Ihrerseits und auch bei der SPD nicht zur Kenntnis nehmen, auch der Innenminister hat diese Gegenfinanzierung so nicht gesehen. Einzig und allein der Finanzminister, der hat das gleich begriffen und hat dann auf die Mehrbelastung des Landes dadurch hingewiesen. Letztendlich, wenn die Auftragskostenpauschale von anderer Seite gelöst wird, muss es geklärt werden. Die Mehrbelastungen für das Land sind aus unserer Sicht doch zeitlich begrenzt, weil die Förderung an die Konsolidierung der Zweckverbände gebunden ist. Vielleicht dauert diese Konsolidierung gar nicht so lange, wie wir vermutet haben, denn dafür sprechen erste bekannt gewordene Ergebnisse der derzeit laufenden Tiefenprüfungen in den Zweckverbänden. Diese ersten Ergebnisse der Tiefenprüfungen zeigen, dass die Verbände bisher offensichtlich zu hohe Beiträge und Gebühren erhoben haben.

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Eine Unterstellung.)

Ach, Herr von Krone, Sie könnten das hier doch klarstellen.

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Das ist eine Unterstellung, was Sie behaupten.)

Vermutlich habe ich gesagt. Wir brauchen ja erst einmal das genaue Ergebnis der Tiefenprüfung. Wir wissen aber, dass aufgrund der Tiefenprüfung oder nach der Tiefenprüfung bei Ihnen Beiträge und Gebühren enorm gesenkt wurden.

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Erzählen Sie doch nicht so einen Unsinn, Sie kennen sich doch gar nicht aus in unserem System.)

Herr Abgeordneter von der Krone, wenn Sie noch einen Beitrag anmelden wollen, können Sie das gerne tun, jetzt spricht Frau Dr. Wildauer.

Ich will damit nur noch einmal sagen, dass der von uns zunächst errechnete finanzielle Mehraufwand vermutlich gar nicht so hoch ausfallen wird und ausfallen muss, wenn nämlich die Ergebnisse der Tiefenprüfung generell so viel bringen. Also zum Zeitpunkt der Erarbeitung des Gesetzes wussten wir das noch nicht. Wenn sich diese Ergebnisse bestätigen sollten, würde deutlich, dass die Förderung besonders durch Strukturmaßnahmen sichtbare Wirkungen zur Gebührenreduzierung zeigt.

Gut, meine Damen und Herren, wir haben in unserem Entwurf wirklich viele Probleme angeschnitten. Ich denke, und da hat Herr Böck Recht, wir werden nicht lockerlassen, diese Probleme auf die Tagesordnung zu setzen. Wir haben die Gelegenheit - und die bietet uns zum Glück dann doch der Gesetzgeber - im Zusammenhang mit dem Regierungsentwurf, der sicher bald eingebracht wird, diese zu diskutieren, uns zu streiten und vielleicht kommen wir doch zu dem einen oder anderen Punkt, den wir gemeinsam annehmen. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Ich bitte doch noch einmal um Überweisung an den Innenausschuss und an den Justizausschuss.

(Unruhe im Hause)

Frau Zimmer, es ist in diesem Hause unüblich, das Handy klingeln zu lassen. Ich werde berechtigt darauf hingewiesen, dass das verboten ist. Wir haben uns vereinbart, dass es kein Handy im Hause gibt und dass das Ertönen eines Handys und beim Herausfinden der dazugehörigen Person dieses Verhalten gerügt wird.

Frau Dr. Wildauer, ich war jetzt etwas auf das Handy fixiert, Sie hatten Innen- und Justizausschuss gesagt. Ich wollte nur nach der Federführung noch fragen.

Ja, Federführung Innenausschuss.

Ja. Gibt es jetzt weitere Redeanmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt? Der Innenminister, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Frau Sedlacik hat sich uns zugemutet und wollte sich uns nicht ersparen. Es wäre vielleicht besser gewesen, sie hätte dies nicht getan. Aber weil Frau Dr. Wildauer, aber auch Frau Sedlacik den Eindruck zu erwecken versuchten, als würde man sich nicht mit ihren Vorschlägen intensiv auseinander gesetzt haben und als hätte man die nicht diskutiert, soll ich doch noch einige Worte, so denke ich, sagen.

Erstens: Lesen Sie mal das Protokoll der ersten Lesung. Da haben Sie schon einiges an Gegenargumenten aufgeführt. Ich möchte noch einmal zu einigen Schwerpunkten wiederholend kommen. Sie erheben mit Ihrem Gesetzentwurf den Eindruck, eine moderne Kommunalverfassung schaffen zu wollen. Das hört sich auch immer gut an, das Wort "modern". Wenn man sich das genau ansieht, dann ist das ein Lehrbeispiel dafür, was Sie unter "Modernität" verstehen. Einer der Schwerpunkte des Gesetzentwurfs ist, Frau Dr. Wildauer ging intensiv darauf ein, der massive Ausbau des Instituts der Beiräte und Interessenvertretungen. Diese Beiräte und Interessenvertretungen werden gleichzeitig ausgestattet mit ganz erheblicher Verfahrensmacht, die eben nicht demokratisch legitimiert ist. Beiräten und sogar Vertretern von so genannten gesellschaftlich bedeutsamen Gruppen, deren Legitimität im Übrigen im Dunkeln bleibt, wird in diesem Gesetzentwurf ein erheblicher Umfang an Verfahrensmacht eingeräumt und natürlich - Frau Dr. Wildauer, dem mögen Sie vielleicht widersprechen - führt dies zu Verfahrensverzögerungen. Es kann auch zu Verhinderungen führen, aber es provoziert auf jeden Fall Mehrkosten. Dann wundert man sich schon, dass Frau Sedlacik ihren eigenen Gemeinderat, sie hat sich als Bürgermeisterin von Hohenleuben hier auch hingestellt, offensichtlich als einen ganz drögen Verein ansieht. Dort wird augenscheinlich nicht diskutiert, dort wird augenscheinlich auch nicht gestritten. Offensichtlich kommen die Bürger auch nicht mehr in ihren Gemeinderat, um an der öffentlichen Sprechstunde teilzunehmen.

(Beifall bei der CDU)